Entscheidungsdatum: 28.11.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2012 056 246
(hier: Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr )
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. November 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Reker und Schödel
beschlossen:
1. Der Antrag des Inhabers der angegriffenen Marke auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird als unzulässig verworfen.
2. Die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. November 2014 gilt als nicht eingelegt.
3. Die Rückzahlung des am 23. Dezember 2014 überwiesenen Betrages in Höhe von 150,00 € wird angeordnet.
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke „Lullababy“ (30 2012 056 246) hat die Antragsgegnerin aus der gleich lautenden deutschen Wortmarke 30 2011 019 528 und der gleich lautenden Unionswortmarke 011 315 744 Widerspruch erhoben.
Der Antragsteller hat am 16. Juli 2014 die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens mit der Begründung beantragt, dass die Widersprechende beim Landgericht Frankfurt am Main eine Klage gegen ihn wegen angeblicher Bevorrechtigung erhoben habe.
Die Beschwerdegegnerin hat diesem Antrag widersprochen mit der Begründung, dass die Rechtslage klar sei.
Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) hat mit Beschluss vom 18. November 2014 die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des vor dem Landgericht Frankfurt am Main anhängigen Verfahrens abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass eine Aussetzung nur dann in Betracht komme, wenn ein vorgreifliches Rechtsverhältnis bestehe, was voraussetze, dass der anderen Entscheidung eine (zumindest teilweise) rechtlich präjudizielle Bedeutung zukomme. Dies sei nur bei einem Verfahren gegen die Widerspruchsmarke, nicht aber bei der hier vorliegenden, sich gegen die angegriffene Marke richtenden Klage vor dem Landgericht Frankfurt der Fall. Der Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 24. November 2014 zugestellt worden.
Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, die am 23. Dezember 2014 beim DPMA eingegangen ist. Mit Schreiben vom 12. Februar 2015, den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zugegangen am 17. Februar 2015, hat die Rechtspflegerin den Antragsteller darauf hingewiesen, dass die tarifmäßige Gebühr für die eingelegte Beschwerde nur in Höhe von 150,00 € und damit nicht vollständig innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat eingezahlt worden sei und dass bei dieser Sachlage festzustellen sein werde, dass die Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht eingelegt gelte.
Auf dieses gerichtliche Schreiben hat der Antragsteller am 17. März 2015 erklärt, dass er der Ansicht sei, die Gebühr rechtzeitig bezahlt zu haben, weil Buchung und Wertstellung auf seinem Konto am 22. Dezember 2014 erfolgt seien. Hilfsweise begehre er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn aufgrund der Weihnachtsfeiertage oder Überlastung des Banksektors eine Verspätung eingetreten sei. Ferner hat er angefragt, wann die Zahlung bei der Bundeskasse eingegangen sei.
Mit Schreiben vom 16. April 2015, zugegangen am 20. April 2015, ist ihm daraufhin mitgeteilt worden, dass bei der Bundeskasse am 23. Dezember 2014 eine Überweisung in Höhe von 150,00 € mit der Angabe des Verwendungszwecks „ERINNERUNGSVERFAHREN ZUM AKTENZEICHEN 30 2012 056 24 6.9 / 20 , STEFFE N VAN“ eingegangen sei. Ferner sei ausdrücklich Beschwerde gegen den Beschluss vom 18. November 2014 eingelegt worden und die Beschwerdegebühr betrage 200,-- €, so dass innerhalb der am 24. Dezember 2014 ablaufenden Beschwerdefrist ein weiterer Betrag von 50,-- € hätte eingezahlt werden müssen, was bisher nicht geschehen sei. Die Stellungnahmefrist zu diesem Schreiben ist auf Wunsch des Beschwerdeführers mehrfach, zuletzt bis zum 30. September 2016, verlängert worden. Das letzte Fristverlängerungsgesuch war wegen Eingangs nach Fristablauf am 4. Oktober 2016 nicht berücksichtigungsfähig (BGHZ 82, 217 = NJW 1982, 1651; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 224 Rdnr. 7).
Am 24. Oktober 2016 hat der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass das Landgericht Frankfurt am Main die Unterlassungsklage der Widersprechenden abgewiesen habe. Am 26. Oktober 2016 hat er das vollständige Urteil vom 21. Oktober 2016 im Frankfurter Verfahren 3 – 10 O 47/14 vorgelegt. Er ist der Ansicht, dass wegen des identischen Streitstoffes diese Klage für das Verfahren vor dem DPMA vorgreiflich sei.
Er beantragt sinngemäß,
1. ihm wegen der Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren;
2. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des DPMA vom 18. November 2014 aufzuheben.
Die Antragsgegnerin hat sich bisher nicht geäußert.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der statthafte Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, weil der Antragsteller die versäumte Restgebührenzahlung nicht innerhalb der Zweimonatsfrist nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt hat. Wegen der Versäumung der Frist zur Zahlung der vollständigen Beschwerdegebühr war festzustellen, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt. Die Rückzahlung des am 23. Dezember 2014 überwiesenen Betrages in Höhe von 150,00 € war anzuordnen.
1. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt, weil der Antragsteller seiner nach dem Patentkostengesetz (PatKostG) obliegenden Verpflichtung zur vollständigen Zahlung der Beschwerdegebühr nicht nachgekommen ist.
Nach § 82 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PatKostG i. V. m. Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zum PatKostG war die Beschwerdegebühr in Höhe von 200,00 € innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle (§ 66 Abs. 2 MarkenG) zu bezahlen.
Der Antragsteller hat den mit Empfangsbekenntnis (§ 5 Abs. 4 VwZG) zugestellten Beschluss am 24. November 2014 erhalten. In der dem Beschluss beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung wurde er darüber informiert, dass die Beschwerdegebühr in Höhe von 200,00 € auf das Konto der Bundeskasse Halle/DPMA innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses zu entrichten sei. Die Frist zur Zahlung dieser Beschwerdegebühr hat am 24. Dezember 2014 geendet. Der Antragsteller hat am 23. Dezember 2014 jedoch nur einen Teilbetrag in Höhe von 150,00 € bezahlt. Den Differenzbetrag in Höhe von 50,00 € hat er nicht mehr entrichtet. Die Rechtsfolge der nicht vollständigen Zahlung ist gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt. Darauf ist der Antragsteller bereits in der Rechtsbehelfsbelehrung des Beschlusses der Markenstelle hingewiesen worden.
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ist zwar statthaft, aber unzulässig.
a) Der Antragsteller hat eine Frist versäumt, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat (§ 91 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Er hat nämlich die vollständige Zahlung der Beschwerdegebühr innerhalb der Beschwerdefrist unterlassen mit der gesetzlichen Folge, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt.
b) Der Antragsteller hat die Wiedereinsetzung innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses schriftlich beantragt (§ 91 Abs. 2 MarkenG) und die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen angegeben (§ 91 Abs. 3 Satz 1 MarkenG). Nachdem die Rechtspflegerin ihn am 17. Februar 2015 darauf hingewiesen hatte, dass die tarifmäßige Gebühr für die eingelegte Beschwerde nur in Höhe von 150,00 € und damit nicht vollständig innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat eingezahlt worden sei und dass bei dieser Sachlage festzustellen sein werde, dass die Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht eingelegt gelte, hat er am 17. März 2015 erklärt, dass er der Ansicht sei, die Gebühr rechtzeitig bezahlt zu haben, weil Buchung und Wertstellung auf seinem Konto am 22. Dezember 2014 erfolgt seien. Hilfsweise hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt, wenn aufgrund der Weihnachtsfeiertage oder Überlastung des Banksektors eine Verspätung eingetreten sei.
c) Allerdings hat er nicht auch die Restzahlung von 50,00 € innerhalb der ab dem 17. Februar 2015 beginnenden und am 17. April 2015 abgelaufenen zweimonatigen Antragsfrist vorgenommen. § 91 Abs. 4 Satz 1 MarkenG verlangt aber als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung, dass innerhalb der Antragsfrist die versäumte Handlung nachgeholt werden muss.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist daher unzulässig.
3. Die Rückzahlung des am 23. Dezember 2014 überwiesenen Betrages in Höhe von 150,00 € war anzuordnen, weil für die als nicht eingelegt geltende Beschwerde eine Gebühr nicht geschuldet und daher die nicht vollständig gezahlte Beschwerdegebühr ohne Rechtsgrund entrichtet worden ist (Ströbele/Hacker/Knoll, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rdnr. 41).
4. Eine Umdeutung der als nicht eingelegt geltenden Beschwerde in die allein statthafte Erinnerung gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG und Zurückverweisung an das DPMA kam nicht in Betracht.
Zwar war die bei der Bundeskasse am 23. Dezember 2014 eingegangene Überweisung in Höhe von 150,00 € mit der Angabe des Verwendungszwecks „ERINNERUNGSVERFAHREN ZUM AKTENZEICHEN 30 2012 056 24 6.9 / 20 , STEFFE N VAN“ versehen, woraus geschlossen werden könnte, dass die Einlegung einer Erinnerung beabsichtigt gewesen ist.
Aber zum einen hat der Antragsteller ausdrücklich eine Beschwerde eingelegt und dies auch auf das gerichtliche Schreiben vom 16. April 2015, in dem darauf hingewiesen worden ist, dass trotz des gegenteiligen Vermerks auf der Überweisung ausdrücklich Beschwerde gegen den Beschluss des DPMA eingelegt worden sei und die Beschwerdegebühr 200,00 € betrage, nicht in Abrede gestellt.
Zum anderen gilt zwar im Verfahrensrecht der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige und wirksame umzudeuten ist (analog § 140 BGB), wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem maßgeblichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (BGH NJW-RR 2001, 279; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., vor § 511 Rdnr. 37), so dass auch bei Rechtsmittelerklärungen ausnahmsweise eine Umdeutung zulässig sein kann. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es sich um vergleichbare Prozesshandlungen handelt, die sich in ihrer Intention und rechtlichen Wirkung entsprechen (BGH NJW-RR 2001, 279).
Das ist für eine Erinnerung nach § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG einerseits und eine Beschwerde nach § 66 Abs. 1 MarkenG andererseits zu verneinen, weil die Erinnerung als Rechtsbehelf ausschließlich die Fortsetzung der Prüfung innerhalb des beim Patentamt bereits anhängigen Verwaltungsverfahrens allerdings nunmehr durch einen Beamten des höheren Dienstes bezweckt, während die Beschwerde ein Rechtsmittel ist, das auf die Abänderung einer patentamtlichen Verwaltungsentscheidung durch eine gerichtliche Instanz, nämlich das Bundespatentgericht, abzielt. Insoweit handelt es sich bei Erinnerung und Beschwerde nicht um vergleichbare Prozesshandlungen, die sich in ihrer rechtlichen Wirkung entsprechen.