Entscheidungsdatum: 01.02.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2008 026 128
( hier: Löschungsverfahren S 67/14)
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Oktober 2014 aufgehoben, soweit dem Löschungsantrag entsprochen und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke in Bezug auf die Waren der Klasse 3 „Weihrauch“ und der Klasse 5 „Arzneimittel; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke“ angeordnet worden ist.
Der Löschungsantrag wird auch in Bezug auf diese vorgenannten Waren zurückgewiesen.
2. Die wechselseitigen Anträge der Verfahrensbeteiligten, dem jeweiligen Verfahrensgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, werden zurückgewiesen.
I.
Die am 21. April 2008 angemeldete Buchstaben-Zahlenfolge
H 15
ist am 2. Oktober 2008 für die Waren
Klasse 3:
Weihrauch; kosmetische Mittel, Parfümeriewaren, Präparate für die Gesundheitspflege als Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;
Klasse 5:
Insektenabwehrmittel mit Weihrauch; Arzneimittel; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke
unter der Nummer 30 2008 026 128 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden.
Am 27. Januar 2014 hat die Antragstellerin die Löschung der Marke gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG mit dem für Löschungsanträge vorgesehenen amtlichen Formblatt mit der Begründung beantragt, dass diese entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Mit dem dem Formblatt beigefügten Schriftsatz hat sie den Löschungsantrag mit der Bösgläubigkeit der Anmelderin bei der Anmeldung (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG) begründet.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat dem Löschungsantrag, der ihr am 20. Februar 2014 zugestellt worden ist, mit Schriftsatz vom 15. April 2014, eingegangen am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt, widersprochen.
In einem weiteren Schriftsatz vom 7. Juli 2014 hat die Löschungsantragstellerin ihren Vortrag dahingehend ergänzt, dass das angegriffene Zeichen auch zur Bezeichnung der Beschaffenheit weihrauchhaltiger Produkte dienen könne und es sich um eine Angabe handele, die nach den ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung von Produkten mit indischem Weihrauch üblich geworden sei, so dass der Eintragung auch die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr. 2 MarkenG sowie des § 8 Abs. 2 Nr.3 MarkenG entgegenstünden.
Mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, und zwar für die Waren der
Klasse 3: Weihrauch;
Klasse 5: Arzneimittel; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke
und den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, der Eintragung der Wortmarke habe im Umfang der angeordneten Löschung zum Zeitpunkt der Anmeldung am 21. April 2008 und auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen gestanden. „H 15“ sei mindestens seit Ende der 1990er Jahre und bis heute die Bezeichnung eines für medizinische Zwecke verwendeten Harzextrakt des indischen Weihrauchs (Boswellia serrata). Dies belegten zahlreiche medizinische Fachpublikationen, von denen die Markenabteilung eine beispielhafte Auswahl anführt. Das Zeichen „H 15“ stelle für die von der Löschungsanordnung umfassten Waren, die allesamt Weihrauchextrakt enthalten könnten, eine die stoffliche Beschaffenheit unmittelbar beschreibende Angabe dar. Von einer beschreibenden Angabe sei offenbar auch das Landgericht München ausgegangen, wenn es in dem Urteil vom 20. Oktober 2009 (Aktenzeichen 33 O 18465/08) im Markenverletzungsverfahren den dortigen Klagemarken „H 15“ und „Weihrauch H 15“ für den Produktbereich der Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel eine allenfalls unterdurchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft zuspreche. Für die übrigen Waren, bei denen es sich um nicht medizinische Waren und um äußerlich anzuwendende Produkte handele, sei eine unmittelbar beschreibende Eignung des Zeichens „H 15“ aber nicht anzunehmen, da das Weihrauchextrakt H 15 bislang nur für medizinische Zwecke als oral einzunehmendes Präparat angeboten werde.
Die Markenabteilung hat dahingestellt sein lassen, ob „H 15“ auch eine üblich gewordene Bezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG darstellt.
Die Voraussetzungen für das Vorliegen der Bösgläubigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG im Zeitpunkt der Anmeldung hat die Markenabteilung verneint. Die Anmeldung stelle weder einen Eingriff in einen schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers dar, denn es habe nicht festgestellt werden können, dass ein Dritter das Zeichen „H 15“ vorbenutzt und deshalb an dem Zeichen einen schutzwürdigen Besitzstand erworben habe, in den die Markenanmeldung hätte eingreifen können. Zwar sei bis zum 1. Dezember 2010 die von der Firma H… AG an-gemeldete und im November 2003 auf die Antragstellerin umgeschriebene Marke 395 39 263 H 15 eingetragen gewesen. Dass die Antragstellerin diese Marke auch für Weihrauchprodukte benutzt habe, habe die Antragstellerin aber weder vorgetragen, noch sei dies ersichtlich. Die Firma A… GmbH & Co. KG habe
„H 15“ lediglich als Bestandteil der Kennzeichnung „H 15 Ayurmedica“ benutzt. Ein schutzwürdiger Besitzstand, der allein auf den Zeichenbestandteil „H 15“ beschränkt sei, leite sich hieraus nicht ab. Auch fehlten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Markenanmeldung zu Spekulationszwecken. Die Markeninhaberin habe nicht versucht, Dritte zum Erwerb der Rechte an dem Zeichen „H 15“ zu nötigen und sie auch nicht mit rechtsmissbräuchlichen Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen überzogen. Die Markeninhaberin habe zwar im Rahmen eines zwischen den Beteiligten geführten zivilgerichtlichen Verfahrens vor dem Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 327 O 301/09) mit der Widerklage erfolgreich bewirkt, dass die Löschungsantragstellerin in die Löschung der für sie mit dem Anmeldetag vom 26. September 1995 eingetragenen Marke 395 39 263 „H 15“ einwilligt. Nach den Ausführungen des Landgerichts Hamburg stelle dies aber keine rechtsmissbräuchliche Handlung der Markeninhaberin dar. Die langjährige und andauernde Verwendung der Bezeichnung H 15 als Element von „H 15 Ayurmedica“ bzw. von „H 15 Gufic“ belege den konstanten Benutzungswillen der Markeninhaberin, die das Präparat unter der Bezeichnung „H 15 Gufic“ in Deutschland in den Verkehr gebracht und im Anmeldezeitpunkt auch angeboten habe (laut eidesstattlicher Versicherung des Präsidenten der Gufic Ltd.).
Gegen den ihr am 14. November zugestellten Beschluss der Markenabteilung hat die Inhaberin der angegriffenen Marke am 10. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt.
Zum Hintergrund des Löschungsantrags führt die Markeninhaberin aus, die Löschungsantragstellerin habe in unlauterer Weise versucht, von dem Erfolg des Weihrauchpräparats der aus Indien stammenden Markeninhaberin zu profitieren. Die Antragstellerin habe sich die Markenrechte für Deutschland bösgläubig gesichert und in den Jahren 2000 bis 2003 eine Reihe von Kennzeichenrechten unter anderem an der Bezeichnung „H 15“ erworben. Sie habe die Arzneimittel der Markeninhaberin mit eigenen Verpackungen versehen und als Nahrungsergänzungsmittel (mit niedrigerer Dosierungsanweisung) vermarktet und gleichzeitig die Abnehmer der Markeninhaberin abgemahnt, um deren Umsatz zu blockieren. Deswegen sei es zu zahlreichen zwischen den Beteiligten geführten Verletzungsprozessen, die unter anderem vor dem Landgericht Hamburg und dem hanseatischen Oberlandesgericht geführt wurden bzw. werden, gekommen. Dabei habe die Markeninhaberin mit einer erfolgreichen Widerklage die Einwilligung der Löschungsantragstellerin in die Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Marken 300 30 250 „Weihrauch H15“ und 300 30 362 „Hecht H 15“ erwirkt (Anlage M 3 zum Schriftsatz der Markeninhaberin vom 15. April 2014).
Die Markeninhaberin ist der Auffassung, bei der Kombination „H 15“ handele es sich um eine von ihr im Rahmen der früheren Vertriebskooperation mit der Firma A… GmbH als Produktkennzeichen eingeführte Phantasiebezeichnung, die hinreichend kennzeichnungskräftig sei. Die von der Markenabteilung genannten Unterlagen belegten in keiner Weise, dass es sich bei „H 15“ um eine glatt beschreibende oder gattungsmäßige Bezeichnung für einen Weihrauchextrakt handele. Die generischen Begriffe lauteten vielmehr „Weihrauch“, „Weihrauchharz“, „Weihrauchharzextrakt“, „Weihrauchtrockenextrakt“, „Boswellia serrata“ oder „Olibanum“. „H 15“ hingegen sei ein Arzneimittel eines bestimmten indischen Herstellers, der in Indien das Präparat unter der Bezeichnung „Sallaki“ vertreibe und das die zuvor genannten Inhaltsstoffe zwar enthalte, aber nicht mit diesen gleichzusetzen sei. In den von der Markenabteilung als Belege herangezogenen Dissertationen und wissenschaftlichen Fachartikeln werde häufig von „H 15“ als „Produktname“ oder „Handelsname“ in Sinn des laienhaft verwendeten Synonyms für den Begriff der „Marke“ gesprochen, es werde darin durchaus differenziert zwischen dem Inhaltsstoff des Präparats, dem Weihrauch-Extrakt/Trockenextrakt aus dem Rohharz von Boswellia serrata, und der Kennzeichnung „H 15“. Die Bezeichnung werde zudem teilweise mit dem ® Symbol - unmittelbar an „H 15“ angefügt - wiedergegeben. Es würde jeweils nicht der Wirkstoff selbst als H 15 bezeichnet werden, sondern das Fertigarzneimittel bzw. das Präparat und Produkt mit der Bezeichnung „H 15“, was diese eindeutig als Marke ausweise. Allenfalls seien einige der von Naturwissenschaftlern formulierten Beiträge zum Teil missverständlich formuliert.
In Ergänzung der von der Markenabteilung getroffenen Auswahl an Dokumenten legt die Beschwerdeführerin und Markeninhaberin zahlreiche Veröffentlichungen aus Fachzeitschriften (z. B. Deutsches Ärzteblatt, Fachzeitschrift Planta Medica; Pharmazeutische Zeitung; Klinische Pädiatrie) und Dissertationen, die bis zum Eintragungszeitpunkt publiziert worden sind, vor, aus denen ihrer Auffassung nach eine kennzeichenmäßige Verwendung der Bezeichnung „H 15“ hervorgeht.
Auch fehle es an einem Freihaltebedürfnis der Mitbewerber. Weihrauchpräparate würden als Nahrungsergänzungsmittel in der Regel mit Verweis auf die Inhaltsstoffe als „Weihrauch“ oder „Boswellia (serata)“ angeboten. Die Stoffliste des Bundes und der Bundesländer für die Kategorie „Pflanzen u Pflanzenteile“ verwende gleichermaßen die für (indischen) Weihrauch generischen Begriffe „Boswellia serrata ROXB“ oder entsprechende Synonyme, nicht aber die Bezeichnung „H 15“.
Das Verhalten der Antragstellerin sei im Übrigen insoweit widersprüchlich, als sie einerseits selbst Markenrechte an H 15 innehabe bzw. hatte und ihre Produkte mit H 15® (Darstellung des Produkts H 15 ® Seite 21 des Schriftsatzes der Markeninhaberin vom 10. Dezember 2014) kennzeichne und andererseits vortrage, bei H 15 handele sich um eine Gattungsbezeichnung.
Da der Löschungsantragstellerin die Feststellungslast für das Vorliegen der absoluten Schutzhindernisse zum Zeitpunkt Anmeldung obliege und tragfähige Anhaltspunkte für das Vorliegen von Eintragungshindernissen im Anmeldezeitpunkt fehlten, sei der Löschungsantrag auch hinsichtlich der Waren, für welche die Markenabteilung des DPMA die Löschung angeordnet habe, nicht begründet.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Oktober 2014 insoweit aufzuheben, als die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist und den Löschungsantrag auch insoweit zurückzuweisen.
Zudem stellt sie den Antrag, der Löschungsantragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Löschungsantragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Außerdem erhebt sie die Einrede der Nichtbenutzung, weil die Bezeichnung „H 15“ immer nur in Verbindung mit dem Geschäftszeichen als „H 15 Gufic“ verwendet werde, nicht aber in Alleinstellung und begründet ihr Löschungsbegehren zudem mit dem Löschungsgrund des Verfalls nach § 49 MarkenG.
Sie regt darüber hinaus an, dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV Fragen zur Auslegung der Markenrechtsrichtlinie, die die Anwendbarkeit der Schutzschranke des § 23 MarkenG betreffen, vorzulegen.
Die Bezeichnung „H 15“ eigne sich nicht mehr dazu, die Hauptfunktion einer Marke, nämlich die Herkunftsfunktion, zu erfüllen. Denn unstreitig werde die Bezeichnung „H 15“ von unterschiedlichen Unternehmen verwendet, so beispielsweise auch von der Firma A…, die mit der Markeninhaberin nicht verbun-
den sei, die aber drei Marken mit dem jeweiligen Wortbestandteil „H 15“ und ihrer Firmenbezeichnung „Ayurmedica“ besäße (Registernummern 305 385372, 30 2014 026 111, UM 012 660 131). Bei diesen Marken führe allein der jeweils weitere Zusatz der jeweiligen Firmenbezeichnung, respektive „Gufic“ für die Markeninhaberin bzw. „Ayurmedica“, zur Unterscheidungskraft. Die seitens der Markeninhaberin eingereichten Unterlagen, insbesondere die zum Beschwerdeschriftsatz vom 10. Dezember 2014 eingereichten Anlagen M 6 bis M 8, bei denen es sich um medizinische Dissertationen handele, richteten sich schon nicht an die maßgeblichen Verkehrskreise und seien darüber hinaus auch nicht dazu geeignet, ein Verständnis als Marke in den einschlägigen Verkehrskreisen zu begründen. Vielmehr ergäbe sich unter anderem aus den seitens der Löschungsantragstellerin vorgelegten Unterlagen (Anlagenkonvolut A 11 bis A 16 zum Schriftsatz vom 13. April 2015), dass es sich bei der Bezeichnung „Sallaki“ um die indische Bezeichnung für Weihrauch-Extrakt handele und die Bezeichnung „H 15“ mit Sallaki gleichzusetzen sei. Beide Begriffe würden als Gattungsbezeichnung für Boswellia serrata-Extrakte benutzt werden. Dies belegten aus Sicht der Löschungsantragstellerin auch schon die seitens der Markeninhaberin zum Beschwerdeschriftsatz vom 10. Dezember 2014 als Anlagen M 9 bis M 11 eingereichten Unterlagen. Denn bei den relevanten Verkehrskreisen handele es sich um Ärzte, denen die Bezeichnung „H 15“ aufgrund der zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten, die teilweise bereits im angegriffenen Beschluss der Markenabteilung genannt worden waren, ausschließlich als Bezeichnung für einen Extrakt, also einen Inhaltsstoff, bekannt sei, nicht aber als Produktname (Anlagen A 13 bis A 16 zum Schriftsatz vom 13. April 2015).
Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin erhebt die Einrede der Nichtbenutzung. Die Bezeichnung H 15 sei von der Beschwerdeführerin und Markeninhaberin nicht in Alleinstellung als Marke benutzt worden. Vielmehr benutze sie diese Bezeichnung allein mit dem Unternehmensbestandteil „Gufic“, was allein deswegen schon zur Löschungsreife führe. Auch habe die Markeninhaberin bösgläubig gehandelt, weil sie die Marke „H 15“ ohne eigene Benutzungsabsicht habe eintragen lassen, um den Marktzutritt von Dritten zu verhindern. Im Zusammenhang mit den zahlreichen zwischen den Beteiligten geführten Zivilprozessen ging es letztlich darum, ob die Löschungsantragstellerin die aus ihrer Sicht beschreibende Bezeichnung H 15, die noch immer als Marke eingetragen sei, gemäß § 23 MarkenG benutzen dürfe. Die Löschungsantragstellerin verweist insbesondere auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2010 (AZ: 2 U 87/09), die vom Bundesgerichtshof bestätigt worden sei (BGH Urteil vom 30. Januar 2014 - I ZR 107/10), wonach festgestellt worden sei, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Angabe „H 15“ der übliche Begriff für den Weihrauchextrakt Boswella serrata und dieser rein beschreibend sei.
Ein missbräuchliches Verhalten der Markeninhaberin sei auch darin zu sehen, dass sie in den unterschiedlichen Verfahren zur Bezeichnung H 15 aus Gründen des Erfolges im jeweiligen Verfahren, jeweils gegensätzliche Rechtsstandpunkte vertrete.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat auch in der Sache Erfolg. Aus den im Verfahren vorgelegten bzw. ermittelten Unterlagen geht nach Auffassung des Senats nicht hinreichend eindeutig hervor, dass die Bezeichnung „H 15“ in den angesprochenen Verkehrskreisen zu den maßgeblichen Zeitpunkten der Anmeldung (21. April 2008) und dem Zeitpunkt der Entscheidung (= Schluss der mündlichen Verhandlung am 29. September 2016) als Synonym für einen „Extrakt des Boswellia serrata“ und damit als Sachangabe für Weihrauchextrakt verstanden wurde bzw. wird und sich aus diesem Grund als Sachangabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eignet. Ausgehend von der fehlenden Eignung der angegriffenen Marke als Sachangabe zu dienen, konnten auch die Schutzhindernisse fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht festgestellt werden. Soweit die Löschungsantragstellerin ihren Löschungsantrag ursprünglich auf § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gestützt hatte und diesen Antrag im Beschwerdeverfahren letztlich in erster Linie mit dem in diesem Verfahren unzulässigen Argument fehlender Benutzung weiterverfolgt hat, sind auch die Voraussetzungen für eine bösgläubige Marken-anmeldung nicht dargetan, so dass der Löschungsantrag auch unter diesem Gesichtspunkt keinen Erfolg haben kann und deshalb auch die Löschungsanordnung durch die Markenabteilung nicht trägt. Die verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten der Löschungsantragstellerin, die in Bezug auf das Vorliegen von Schutzhindernissen als Voraussetzung für eine Löschung nach §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 MarkenG die Feststellungslast trägt.
1. Der Löschungsantrag bzw. die Löschungsanträge sind zulässig. Soweit der Löschungsantrag gemäß Schriftsatz vom 7. Juli 2014 auf § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG gestützt wird, ist er auch innerhalb der 10-Jahresfrist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt worden. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag auch rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen, so dass die Voraussetzung für die Durchführung des Löschungsverfahrens mit inhaltlicher Prüfung nach § 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG erfüllt sind.
1.1 Die Löschungsanordnung ist auch nicht bereits deshalb aufzuheben, weil die Markenabteilung die Löschung auf §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG gestützt hat, obwohl der am 27. Januar 2014 unter Verwendung des vom DPMA herausgegebenen Formblatts (gemäß §§ 42, 41 MarkenV) erhobene Antrag auf Löschung (mit als Löschungsgrund angekreuzter dritter Alternative Eintragung entgegen § 8 MarkenG) in der zusätzlich eingereichten Begründung zunächst ausdrücklich nur auf § 50 Abs. 1 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gestützt war und erst mit Schriftsatz vom 7. Juli 2014 auf den Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG erweitert worden war.
Sofern trotz der im Formblatt pauschal geltend gemachten Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG von einer Erweiterung auszugehen ist, erachtet der Senat diese Erweiterung in entsprechender Anwendung der §§ 263, 264 ZPO jedenfalls als sachdienliche Erweiterung des ursprünglichen Gegenstands des Löschungsverfahrens. Die Bestimmungen über die Klageänderung gemäß §§ 263, 264 ZPO sind entsprechend anwendbar (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 54 Rn. 9 m. w. N., insbesondere BGH GRUR 2003, 342 - Winnetou). Nach § 263 ZPO ist eine Erweiterung bzw. Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Eine Erweiterung des ursprünglich ausdrücklich nur auf § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gestützten Löschungsantrags auf den Löschungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 bzw. Nr. 3 MarkenG ist ohne weiteres sachdienlich und prozeßökonomisch, weil er unter Vermeidung weiterer Löschungsverfahren der abschließenden Klärung der zwischen den Beteiligten bestehenden Streitpunkte dient.
1.2 Bei einer sachdienlichen und damit zulässigen Antragserweiterung im Rahmen eines bereits laufenden Löschungsverfahrens bedarf es auch keines weiteren Widerspruchs nach § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG (vgl. dazu BPatG GRUR 2004, 685, 687 unter I.1. - LOTTO).
2. Der Löschungsantrag erweist sich aber als nicht begründet, weil weder im Zeitpunkt der Anmeldung, noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden konnte, dass der Eintragung der Marke „H 15“ die Eintragungshindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 MarkenG entgegen gestanden haben (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG), noch dass eine bösgläubige Markenanmeldung gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG vorliegt, §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG. Da sich die verbleibenden Zweifel zu Lasten der Antragstellerin auswirken, kann der Löschungsantrag keinen Erfolg haben, so dass insoweit auf die Beschwerde der Markeninhaberin hin die Entscheidung der Markenabteilung aufzuheben war, soweit sie die teilweise Löschung der Marke „H 15“ verfügt hat.
2.1 Die Eintragung der angegriffenen Marke für die gelöschten Waren stand weder zum Zeitpunkt der Anmeldung am 21. April 2008 noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag (Zeitpunkt Schluss der mündlichen Verhandlung 29. September 2016) das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, §§ 54, 50 Abs. 1, Abs. 4 MarkenG, wobei die Löschungsantragstellerin die Feststellungslast für das Vorliegen eines Schutzhindernisses grundsätzlich für beide Zeitpunkte trägt und schon die fehlende Feststellung in Bezug auf einen der beiden Zeitpunkte zur Zurückweisung des Löschungsantrags führen muss.
Nach §§ 8 Abs. 2 Nr. 2, 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG sind Zeichen auf Antrag zu löschen, welche zu den vorstehend genannten maßgeblichen Zeitpunkten ausschließlich aus Angaben bestanden bzw. bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt vor allem das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben können, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen und Angaben infolge ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 25, 30, 32 – Chiemsee; GRUR 2004, 146 Rn. 31 f. – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2012, 272 Rn. 9, 17 – Rheinpark-Center Neuss).
Für die Beurteilung der Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH a. a. O. Rn. 29 – Chiemsee; GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord). Ist die Eignung für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Produkte festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH a. a. O. Rn. 30 – Chiemsee; a. a. O. Rn. 32 – DOUBLEMINT, GRUR 2004, 674 Rn. 98 – Postkantoor).
Streitgegenständlich sind die Waren „Klasse 3: Weihrauch; Klasse 5: Arzneimittel; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke“ so dass einerseits breite Verkehrskreise und andererseits die im medizinischen Bereich tätigen Fachkreise (Ärzte, Apotheker, Physiotherapeuten etc.) angesprochen sind, wobei allein ein entsprechendes Verständnis der Fachleute von ausschlaggebender Bedeutung sein kann und damit die Kenntnisse eines unter Umständen relativ kleinen Teil des beteiligten Verkehrs den Ausschlag geben kann (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8, Rn. 427; vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 411, Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla).
Aus Sicht des Senats ist den von den Beteiligten jeweils eingereichten Unterlagen und nach den ergänzenden Recherchen des Senats jedenfalls nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass die oben genannten Verkehrskreise die Bezeichnung H 15 zu den genannten Zeitpunkten tatsächlich ausschließlich als Wirkstoffangabe im Sinn eines Weihrauchextraktes verstehen.
Bei den jeweils von Seiten der Beteiligten zur Untermauerung des jeweiligen Vorbringens eingereichten Unterlagen handelt es sich zum Großteil um medizinische bzw. naturwissenschaftliche Dissertationen, um Berichte über bzw. um Zusammenfassungen von medizinischen Studien sowie Artikel in medizinischen Fachzeitschriften aus den Jahren 1998 bis 2008. Ausgangspunkt und Ziel der darin geschilderten Studien und medizinischen Berichte ist es, die Wirksamkeit von „Weihrauch“ bei bestimmten Krankheiten zu untersuchen. Damit richten sich die Unterlagen in erster Linie an die Fachkreise, so dass ein entsprechendes beschreibendes Verständnis sich bei den Fachkreisen als Leser dieser Fachpublikationen herausgebildet haben kann. Für die angesprochenen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher stellt sich nach Auffassung des Senats die Buchstaben-Zahlenkombination H 15 von vorn herein als reine Phantasiebezeichnung dar.
Im Kreis der Fachleute, also der Mitglieder der Heilberufe und des pharmazeutischen Vertriebs (z. B. Ärzte, Apotheker, Physiotherapeuten etc.), dürfte die Bezeichnung H 15 angesichts einer nicht unerheblichen Zahl von Veröffentlichungen unter Verwendung dieser Bezeichnung jedenfalls seit den späten 1990iger Jahren mit dem Wirkstoff Weihrauch in Zusammenhang gebracht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Markeninhaberin unstreitig seit dem Jahr 1989 unter der Bezeichnung „H 15 Ayurmedica“ ein pharmazeutisches Weihrauchprodukt in Deutschland vertrieben hat, seit dem Jahr 2001 unter der Bezeichnung „H 15 Gufic“ auch in Kooperation mit weiteren Vertriebspartnern (vgl. Anlage A 10 zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 7. März 2014 = eidesstattliche Versicherung des Präsidenten eines zum Konzern der Markeninhaberin gehörenden Unternehmens vom 18. Februar 2009).
Aus den vorgelegten Unterlagen, auch aus den im angegriffenen Beschluss vom 22. Oktober 2014 exemplarisch Bezug genommenen Fundstellen, bleibt letztlich aber offen, ob die Bezeichnung H 15 zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke am 21. April 2008 tatsächlich als Wirkstoffangabe verwendet und vom Verkehr auch so verstanden worden ist. Auch eine kennzeichnende Verwendung etwa auf einem Produkt der Inhaberin der angegriffenen Marke und ein entsprechendes Verkehrsverständnis kommen in Betracht.
Ausgehend davon verbleiben noch deutliche Zweifel an der Eignung der Bezeichnung H 15 als beschreibende Sachangabe für die streitgegenständlichen Waren i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Denn die Unterlagen zeigen diesbezüglich kein einheitliches Bild. Hierauf hat die Markeninhaberin im Beschwerdeschriftsatz, dem sie einen Teil der Unterlagen, aus denen bereits die Markenabteilung zitiert hatte, beigefügt hat, auch zu Recht hingewiesen. In einigen Fällen scheint die Bezeichnung „H 15“ der Bezeichnung „indischer Boswellia serata“ Weihrauch zwar gleichgestellt zu sein. Hintergrund dessen kann aber auch die Tatsache sein, dass die Markeninhaberin jedenfalls zu Beginn des Produktvertriebs eine gewisse Monopolstellung beim Vertrieb des indischen Weihrauchextrakts innehatte.
Soweit es sich bei den Unterlagen, aus denen die Markenabteilung in ihrem Beschluss zitiert hatte, um Dissertationen vor dem Anmeldezeitpunkt bzw. kurz danach handelt, wird schon innerhalb der jeweiligen Ausarbeitung selbst eine unterschiedliche Diktion verwendet. Teilweise wird von „dem Produktnamen H 15“, von „H 15®“ bzw. von „… Therapie mit dem Boswellia serrata Extrakt H15 …“, von „H 15 Therapie“, “dem „Weihrauch-Extrakt H 15“, dem „Fertigarzneimittel H 15 Ayurmedica“ gesprochen (Bouhmidi-Boumariz: Veränderungen der Knochendichte bei der Therapie mit dem Boswellia-serrata-Extrakt H15 bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen; Dissertation 2003 - zitiert im angefochtenen Beschluss vom 22. Oktober 2014 Seite 7 Spiegelstrich 1 = Anlage M 11 zum Beschwerdeschriftsatz der Markeninhaberin vom 10. Dezember 2014; Heidemeier, Entwicklung und Anwendung von Methoden zur pharmakokinetischen Untersuchung von Boswelliasäuren; Dissertation, 2006 - zitiert im angefochtenen Beschluss vom 22. Oktober 2014 Seite 7 Spiegelstrich 2 = Anlage M 6 zum Beschwerdeschriftsatz der Markeninhaberin vom 10. Dezember 2014; zeitlich etwas nach dem Anmeldezeitpunkt: Sarikaya-Seiwert: Einfluss des Weihrauchextraktes H15 auf die Wachstumskinetik hirneigener Tumoren bei Wistar-Ratten; Dissertation, 2009 - zitiert im angefochtenen Beschluss vom 22. Oktober 2014 Seite 7 Spiegelstrich 3 = Anlage M 8 zum Beschwerdeschriftsatz der Markeninhaberin vom 10. Dezember 2014).
Soweit es sich um Beiträge in medizinischen Zeitschriften handelt, ist auch diesen nicht zweifelsfrei eine Verwendung der Bezeichnung „H 15“ in der Weise zu entnehmen, dass ein kennzeichnender Charakter ausgeschlossen werden kann. Teilweise handelt es sich um Berichte über klinische Studien oder deren Auswertung, bei denen es um die Wirksamkeit und den Heilerfolg des pflanzlichen Wirkstoffs „Weihrauch“ bei bestimmten Krankheiten ging. Bei dem getesteten Weihrauchpräparat handele es sich jeweils um „H 15 Tabletten“, so dass im Text teilweise die Begriffe H 15, Boswellia serrata (Extrakt) oder Weihrauchextrakt synonym verwendet werden, auch wenn möglicherweise das spezielle Präparat H 15 (teilweise, aber nicht durchgängig auch mit H 15 TM bzw. ® dargestellt) gemeint ist (Sander/Herborn/Rau: Ist H15 (Harzextrakt von Boswellia serrata, „Weihrauch“) eine sinnvolle Ergänzung zur etablierten medikamentösen Therapie der chronischen Polyarthritis? - Ergebnisse einer doppelblinden Pilotstudie; Zeitschrift für Rheumatologie; März 1998, - zitiert im angefochtenen Beschluss vom 22. Oktober 2014 Seite 6 Spiegelstrich 2; Gerhard/Seifert/Buvari/Vogelsang/Repges: Therapie des aktiven Morbus Crohn mit Boswellia-serrata-Extrakt H15, Zeitschrift für Gastroenterol, Januar 2001 - zitiert im angefochtenen Beschluss vom 22. Oktober 2014 Seite 6 Spiegelstrich 3; Krieglstein/Schürmann/u. a.: Acetyl-11-keto-ß-boswellic acid, a constituent of a herbal medicine from Boswellia serrata resin, attenuates experimental ileitis; International Journal of Colorectal Disease, April 2001 - zitiert im angefochtenen Beschluss vom 22. Oktober 2014 Seite 6, Spiegelstrich 5 = Anlage M 9 zum Beschwerdeschriftsatz der Markeninhaberin vom 10. Dezember 2014, Gerhard: „Komplementäre“ H15-Therapie bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen; Mitgliederzeitschrift der M.S.K. e.V., Blickpunkt; Heft 4/2002 - zitiert im angefochtenen Beschluss vom 22. Oktober 2014 Seite 6, Spiegelstrich 6 = Anlage M 10 zum Beschwerdeschriftsatz der Markeninhaberin vom 10. Dezember 2014).
Auch den weiter eingereichten Unterlagen der Markeninhaberin (insbesondere Anlagen M 14, M 16, M 17, M 18, M 19 zum Beschwerdeschriftsatz der Markeninhaberin vom 10. Dezember 2014), bei denen es sich sowohl um Veröffentlichungen in medizinischen bzw. pharmazeutischen Fachzeitschriften als auch um chemische oder naturwissenschaftliche Dissertationen über Untersuchungen zum Harz des Weihrauchbaumes/Boswellia Extrakten vor dem Anmeldezeitpunkt handelt, kann nicht zweifelsfrei entnommen werden, dass die Bezeichnung H 15 in den Fachkreisen als Sachangabe mit Weihrauchextrakt gleichgesetzt wird und ein kennzeichnendes Verständnis ausgeschlossen ist.
Schließlich ergeben die seitens der Löschungsantragstellerin eingereichten Unterlagen insoweit kein anderes Bild. Denn insbesondere bezieht sich die zum Schriftsatz vom 13. April 2015 übermittelte Anlage A 11 (zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 13. April 2015) bereits nicht auf die streitgegenständliche Bezeichnung H 15, sondern auf die indische Bezeichnung „Sallaki“, zum anderen sind den weiteren Unterlagen, Veröffentlichungen in medizinischen Fachzeitschriften jeweils von demselben (Mit)Autor aus einer medizinischen Klinik, letztlich ebenso wenig wie den zahlreichen weiteren im Verfahren eingereichten Unterlagen ebenso wenig eindeutig zu entnehmen, ob die Begrifflichkeit „Therapie des aktiven Morbus Crohn mit dem Boswellia-serrata-Extrakt H 15 “ (Anlagen A 13, A 15, A 16 zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 13. April 2015) die Bezeichnung H 15 als Wirkstoffangabe oder als konkretes Kennzeichen umfasst. Ganz im Gegenteil stützt das gänzliche Fehlen der Bezeichnung „H 15“ in der von der Löschungsantragstellerin ebenso vorgelegten Monographie der WHO zu der Definition, den Synonymen und den traditionellen bzw. landessprachlichen Namen des Gummi Boswellii aus dem Jahr 2009 (WHO monographs on selected medicinal plants Volume 4, 2009, Gummi Boswellii – Anlage A 12 zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 13. April 2015) die Auffassung, wonach im Zeitpunkt der Anmeldung von einem Verständnis oder einer Gebräuchlichkeit von „H 15“ als Wirkstoffbezeichnung gerade nicht auszugehen ist.
Jedenfalls fehlt es zum Zeitpunkt der Anmeldung an ausreichend aussagekräftigen Unterlagen, wie beispielsweise Einträgen in medizinischen Lexika, Heilpflanzenkatalogen, Medizinischen Wörterbüchern etc., die hinreichend belastbar belegen, dass im medizinischen oder pharmazeutischen Bereich die Bezeichnung „H 15“ als Synonym für ein aus Indien stammendes Weihrauchextrakt verstanden wird. An dieser Einschätzung hat sich bis zum Entscheidungszeitpunkt nichts geändert, insbesondere ist weder den eingereichten Unterlagen eine nunmehr eindeutige beschreibende Verwendung zu entnehmen, noch gibt es heute entsprechende objektive Belege, die ein verändertes Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise belegen (vgl. hierzu insbesondere auch die aus dem Jahr 2014 stammende Stoffliste des Bundes und der Bundesländer, Kategorie „Pflanzen und Pflanzenteile“ Anlage M 27 zum Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 10. Dezember 2014, die nicht „H 15“ unter „Boswellia serrata“ aufführt), was im Übrigen einen Erfolg des Löschungsantrag nicht rechtfertigen würde, weil schon die fehlende Feststellung des Schutzhindernisses zu einem der beiden maßgeblichen Zeitpunkte zur Zurückweisung des Löschungsantrags führen muss.
Auch der Umstand, auf den die Löschungsantragstellerin hingewiesen hat, dass nämlich die Bezeichnung „H 15“ regelmäßig zusammen mit anderen verschiedenen Bezeichnungen der Vertriebspartner, so u. a. den Unternehmensnamen „Ayurmedica“ oder „Gufic“ bzw. auch einem Namensteil der Antragstellerin selbst verwendet wurde und noch wird (vgl. auch die bildliche Wiedergabe der im Jahr 2012 und noch aktuell vertriebenen Weihrauchprodukte Seiten 2, 3, 9 des Urteils des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2016, AZ 3 U 99/14, Anlage M 37 zum Schriftsatz der Markeninhaberin vom 31. März 2016), führt zu keiner abweichenden Beurteilung. So ist es im Bereich der medizinischen und pharmazeutischen Produkte zwar nicht unüblich, zur Kennzeichnung eines Produkts eine Wirkstoffangabe zusammen mit einer Herstellerbezeichnung zu verwenden. Es ist aber mindestens ebenso üblich, dass zur Kennzeichnung eines Produkts mehrere Kennzeichen verwendet werden, z. B. eine Herstellerangabe mit einer Produktkennzeichnung. Ausgehend davon ist es durchaus möglich oder sogar eher naheliegend, dass die angesprochenen Verkehrskreise in den vorgenannten Bezeichnungen zwei voneinander unabhängige Kennzeichen wahrnehmen, denen jeweils eine kennzeichnende Funktion zukommt (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2009, 755 Rn. 51 - Stofffähnchen). Ein solches Verständnis drängt sich vorliegend insbesondere in den Fällen der nachgewiesenen Verwendung des ® (oder des vergleichbaren ™ Symbols) hinter dem Bestandteil „H 15“ auf (vgl. Anlage M 30 zum Schriftsatz der Markeninhaberin vom 3. August 2015 = Snapshot aus dem Internetauftritt der Löschungsantragstellerin „H 15 ® Weihrauch 350 mg Kapseln“; Anlage M 37 zum Schriftsatz der Markeninhaberin vom 21. März 2016 = Urteil des Hanseatischen OLG vom 28. Januar 2016 mit Abbildungen der Bezeichnungen und Verpackungen der Nahrungsergänzungsmittel verschiedener beklagter Hersteller). Die Bedeutung dieses Symbols ist nicht nur im Markenrecht tätigen Juristen vertraut. Auch die allgemeinen Verkehrskreise, also Endverbraucher sowie die Fachkreise der Ärzte und Apotheker, entnehmen der Beifügung des Zusatzes ® zu einem Zeichen den Hinweis, dass es eine Marke genau dieses Inhalts gibt (vgl. BGH, GRUR 2013, 840 Rn. 35 – PROTI II; GRUR 2014, 662 Rn. 25 – Probiotik). Auch wenn „H 15“ in anderem Zusammenhang auch ohne Zufügung des ® wiedergegeben wird oder Teile der angesprochenen Verkehrskreise bei der zusammengesetzten Wiedergabe im Zusammenhang mit verschiedenen Herstellernamen in H 15 eine Wirkstoffangabe vermuten könnten, geben diese Umstände keinen ausreichenden sicheren Anhalt dafür, dem Bestandteil „H 15“ deswegen den Charakter einer eigenständigen Kennzeichnung abzusprechen (vgl. hierzu auch BGH, GRUR 2013, 840 Rn. 22 – PROTI II, wobei die als Abkürzung für „Protein“ verwendete Bezeichnung „PROTI” bei „PROTI ® plus 80“ als eigenständiges Zeichen aufgefasst wurde).
2.2 Verbleibende Zweifel am Vorliegen eines Schutzhindernisses zu den maßgeblichen Zeitpunkten der Anmeldung der Marken bzw. der Entscheidung über die Beschwerde gehen zu Lasten des Löschungsantragstellers (stRspr. vgl. BGH GRUR 2009, 669 Rn. 31 - POST II; GRUR 2010, 138 Rn. 48 - ROCHER-Kugel; GRUR 2014, 565 Rn. 18 - smartbook). Der Antragsteller des Löschungsverfahrens trägt für die Voraussetzungen einer ihm günstigen Rechtsnorm – hier des Vorliegens eines Schutzhindernisses im Löschungsverfahren – die Feststellungslast (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 54 Rn. 21; Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, § 59 MarkenG Rn. 14).
2.3 Der Eintragung stand zum Zeitpunkt der Anmeldung und der Entscheidung über die Beschwerde auch nicht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41 - 57 – Flugbörse). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006).
Einer Buchstaben-Zahlen-Kombination kommt grundsätzlich dann Unterscheidungskraft zu, soweit sie keine sachbezogene Bedeutung aufweist. Soweit in den oben gemachten Ausführungen bereits festgestellt worden ist, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung der zunächst grundsätzlich unterscheidungskräftigen Angabe nicht zweifelsfrei erwiesen ist, fehlt der angegriffenen Bezeichnung auch insoweit nicht die Unterscheidungskraft (vgl. auch BGH GRUR 2014, 565 Rn. 19 - smartbook). Das Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG muss zuverlässig festgestellt werden und in Zweifelsfällen darf ein Löschung der Marke nicht erfolgen.
2.4 Auch kann nicht einwandfrei festgestellt werden, dass der angegriffenen Bezeichnung H 15 zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt bzw. dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entgegengestanden hat bzw. entgegensteht. Danach ist ein Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, das im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Waren üblich geworden ist. Von einer Entwicklung der Bezeichnung „H 15“ zu einer allgemein sprachgebräuchlichen oder verkehrsüblichen Bezeichnung für die betroffenen Waren kann auch unter Verweis auf die oben gemachten Ausführungen nicht ausgegangen werden.
3. Soweit die Löschungsantragstellerin den Löschungsantrag damit begründet, dass die Markeninhaberin die Marke im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG bösgläubig angemeldet hat, führt auch dies nicht zum Erfolg.
Nach der ständigen Rechtsprechung ist von einer Bösgläubigkeit des Anmelders im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Eine bösgläubige Markenanmeldung kommt danach insbesondere in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben und wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstands des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen oder aber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH, GRUR 2009, 780 Rn. 13 – Ivadal I; GRUR 2010, 1034 Rn. 13 – LIMES LOGISTIK; GRUR 2012, 429 Rn. 10 – Simca; GRUR 2016, 378 Rn. 17 – LIQUIDROM). Als bösgläubig kann danach eine Markenanmeldung zu beurteilen sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen (vgl. EuGH, GRUR 2009, 763 – Lindt & Sprüngli/Hauswirth; BGH, GRUR 2001, 242 – Classe E; GRUR 2012, 428 Rn. 10 – Simca).
Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Bösgläubigkeit ist der Zeitpunkt der Anmeldung, vorliegend also der 21. April 2008.
Die Markenanmeldung der Markeninhaberin stellt sich nicht als Eingriff in den schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers dar. Zwar war die Löschungsantragstellerin Inhaberin der seit dem 26. September 1995 angemeldeten und am 7. November 1996 eingetragenen und seit dem 3. Dezember 2003 mit dem Umschreibungsantrag vom 22. Oktober 2003 auf sie umgeschriebenen Wortmarke „H 15“, Registernummer 395 39 263. Diese jedenfalls für die identischen Waren in der Klasse 5 geschützte Marke ist aber mit Wirkung zum 22. Oktober 2003 wegen bösgläubigen Erwerbs und Einsatzes durch die Löschungsantragstellerin rechtskräftig gelöscht worden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2014 – I ZR 107/10, GRUR 2014,385 Rn. 15). Denn nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Hamburg hat der Erwerb der Marke durch die Löschungsantragstellerin dazu gedient, durch eine breit angelegte Belegung identischer oder verwechslungsfähiger Bezeichnungen für Nahrungsergänzungsmittel Vorbereitungen dafür zu treffen, mit den Mitteln des Markenrechts in wettbewerbswidriger Weise den Vertrieb der Arzneimittel einer mit der Markeninhaberin zusammenhängenden Gesellschaft (Gufic Limited) in Deutschland zu vereiteln (siehe BGH, a. a. O. Rn. 21). In Anbetracht dieser Feststellungen kommt eine Störung des Besitzstands Dritter an dem Kennzeichen H 15 zum Anmeldezeitpunkt nicht in Betracht.
Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Markenanmeldung allein zu dem Zweck vorgenommen wurde, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern ohne eine generellen eigenen Benutzungswillen zu haben. Denn bis zum Zeitpunkt der Anmeldung hat die Markeninhaberin ausweislich der von Seiten der Löschungsantragstellerin eingereichten eidesstattlichen Versicherung des Präsidenten der zum Konzern der Gufic Gesellschaften gehörenden Gufic Limited (Anlage A 10 zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 4. März 2014, insbesondere dort Ziffer 11) über verschiedene Vertriebspartner auch unter der Bezeichnung „H 15 Gufic“ Tabletten mit Weihrauchextrakt vertrieben. Vor diesem Hintergrund erweist sich eine Anmeldung der Kennzeichnung „H 15“ ohne Hinzufügung eines oder des Unternehmenskennzeichens „Gufic“ für den auch zukünftig beabsichtigten Vertrieb des Weihrauchpräparats in Deutschland nicht als bösgläubig. Der Benutzungswille eines Markenanmelders muss sich nach der Rechtsprechung nicht einmal auf eine Verwendung der Marke durch den Markeninhaberin selbst beziehen, ausreichend ist insoweit sogar die Absicht, die Marke einer Benutzung durch Dritte zuzuführen (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 853 f.).
Auch eine Bösgläubigkeit unter dem von der Löschungsantragstellerin geltend gemachten Gesichtspunkt der Anmeldung der Bezeichnung durch die Anmelderin in Kenntnis ihrer Schutzunfähigkeit als Gattungsbezeichnung für „indischen Weihrauch“ kommt nicht in Betracht. Ungeachtet der Richtigkeit eines solchen Verständnisses, kommt es für die Beurteilung der Bösgläubigkeit grundsätzlich nicht darauf an, ob die angefochtene Marke eintragungsfähig ist oder nicht. Denn letztlich kann es sich dabei auch nur um eine persönliche Auffassung des Anmelders handeln. Die Beurteilung der Schutzfähigkeit eines Zeichens obliegt allein dem DPMA als der vom Gesetz bestimmten Prüfungsbehörde. Eine Anmeldung, die vorgenommen wird, obwohl der Anmelder Zweifel bezüglich der Schutzfähigkeit hegt, erfüllt als solches nicht den Tatbestand einer bösgläubigen Anmeldung, sondern gibt dem Anmelder nach Zahlung der vorgesehenen Gebühren das Recht, die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Marke durch die dafür vorgesehene Behörde überprüfen zu lassen (vgl. auch Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 900).
Schließlich vermag der Verweis der Antragstellerin auf ein widersprüchliches Verhalten der Markeninhaberin in den zwischen den Beteiligten geführten Prozessen und Vertretung eines nach jeweiliger Interessenslage ausgerichteten rechtlichen Standpunktes die Bösgläubigkeit schon deswegen nicht zu begründen, weil dies Umstände sind, die jedenfalls im Zeitpunkt der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke, auf den es aber ankommt, noch nicht bestanden haben (Landgericht München: Anträge vom 12. Februar 2009 und 18. Februar 2009 – Anlage B1 zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 8. Juni 2008; Landgericht Hamburg Klage am 9. April 2009).
Anhaltspunkte für ein ansonsten bösgläubiges Verhalten der Markeninhaberin zum Zeitpunkt der Anmeldung fehlen vorliegend, insbesondere enthält auch das von der Löschungsantragstellerin monierte Verwenden der Bezeichnung möglicherweise unter Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften keine als bösgläubig zu beurteilende Komponente. Insoweit kann auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen werden.
4. Soweit die Löschungsantragstellerin zur Begründung ihres Löschungsantrags auf die fehlende Benutzung der Marke abstellt und die Nichtbenutzungseinrede erhebt, macht sie Gründe geltend bzw. erhebt sie Einreden, die im Rahmen des Löschungsverfahrens nach § 54 Abs. 1, § 50 Abs. 1, Abs. 2 MarkenG nicht zu prüfen bzw. nicht vorgesehen sind. Insoweit handelt es sich um Löschungsgründe, die nur im Rahmen einer Verfallslöschung nach §§ 53, 49 MarkenG bzw. in einem Widerspruchs- oder Verletzungsverfahren geltend gemacht werden können. Soweit die Löschungsantragstellerin im vorliegenden Verfahren mit dem Schriftsatz vom 3. August 2016 das Löschungsbegehren auch mit der Verfallslöschung nach § 49 MarkenG begründet hat, setzt dieses Verlangen aber einen gesonderten Antrag beim Deutschen Patentamt- und Markenamt voraus (§ 53 Abs. 1 MarkenG, § 41 MarkenV), für den eine Gebühr nach § 2 PatKostG (Gebührentatbestand 333400 der Anlage (zu § 2 Abs. 1) Gebührenverzeichnis) zu zahlen ist. Zudem ist die Löschung einer Marke wegen Verfalls nach § 53 MarkenG vor dem DPMA und die entsprechend mögliche Überprüfung der Entscheidung durch das Bundespatentgericht nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. § 53 Rn. 6) auf die formelle Prüfung nach § 53 Abs. 3 MarkenG beschränkt, die materiell-rechtliche Prüfung der Voraussetzungen der Verfallslöschung bei rechtzeitigem Widerspruch durch den Markeninhaber ist allein den ordentlichen Gerichten vorbehalten, § 53 Abs. 4 MarkenG.
Nach alldem war der Beschluss der Markenabteilung insoweit aufzuheben, als die Markenabteilung des DPMA die Teillöschung der angegriffenen Marke angeordnet hat. Der Löschungsantrag ist auch insoweit zurückzuweisen.
5. Gründe für die von beiden Beteiligten beantragte Auferlegung der Verfahrenskosten aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG auf den jeweils anderen Beteiligten sind nicht gegeben.
Gegen eine Kostenauferlegung zu Lasten der Markeninhaberin spricht bereits der Erfolg der Beschwerde der Markeninhaberin.
Umgekehrt besteht aber auch kein Anlass der Löschungsantragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Denn der Fall, dass der Antragsteller in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation versucht, die Löschung der angegriffenen Marke zu erwirken (vgl. BPatG, Beschluss vom 10. August 2015 - 24 W (pat) 35/13; Beschluss vom 17.03.2016 – 24 W (pat) 22/15; zugänglich jeweils über die Entscheidungsdatenbank des BPatG) ist vorliegend nicht gegeben. Auch eine Antragstellung wider besseres Wissens liegt nicht vor. Zwar liegt es vorliegend angesichts der zwischen den Beteiligten zahlreich geführten Verletzungs- und Schadensersatzprozesse durchaus nahe, dass die Löschungsantragstellerin den Löschungsantrag jedenfalls auch unter dem Gesichtspunkt einer Abwehr von markenrechtlichen Verbietungsrechten in den Streitigkeiten zwischen den Beteiligten bzw. zwischen mit den Beteiligten in Verbindung stehenden Unternehmen erhoben hat, andererseits kann angesichts der Marktgegebenheiten ein durchaus legitimes Bedürfnis der Antragstellerin die Schutzfähigkeit bzw. den Bestand der Eintragung von H 15 als Marke überprüfen zu lassen, nicht in Abrede gestellt werden. Dementsprechend war der Kostenantrag der Markeninhaberin zurückzuweisen.
6. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren stellen sich keine entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV erfordern. Die Frage, welche Anforderungen an die Löschung eingetragener Marken zu stellen sind und wer im Löschungsverfahren die Löschungsvoraussetzungen, also das Vorhandensein von Schutzhindernissen, zu beweisen hat, also die Feststellungslast trägt, ist durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt (vgl. EuGH GRUR 1999, 729 - Chiemsee; GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR Int. 2002, 842 Rn. 30, 33 - Phillips). Soweit die Anregung der Löschungsantragstellerin darauf abzielt, Fragen zur Benutzung beschreibender Angaben nach § 23 MarkenG auf ihre Übereinstimmung mit Unionsrecht zu überprüfen, kommt es im Streitfall darauf nicht an.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist ebenso wenig veranlasst. Es war weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Der Senat hat die Frage nach dem Vorliegen der Löschungsgründe auf der Grundlage der nach der Rechtsprechung des EuGH und BGH maßgeblichen Kriterien beurteilt.