Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.03.2016


BPatG 17.03.2016 - 24 W (pat) 22/15

Markenbeschwerdeverfahren – Beschwerde gegen Kostenentscheidung im Löschungsverfahren - "PCG-KUNSTSTOFF-PFLEGE" – zu den Voraussetzungen für eine Kostenauferlegung im Löschungsverfahren - keine Kostenauferlegung im Löschungsverfahren vor der Markenabteilung und im Beschwerdeverfahren


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
17.03.2016
Aktenzeichen:
24 W (pat) 22/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2014 021 003

(hier: Beschwerde gegen Kostenentscheidung im Löschungsverfahren)

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am

17. März 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie des Richters Schmid und der Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 16. Januar 2014 angemeldete Wortmarke

2

PCG-KUNSTSTOFF-PFLEGE

3

ist am 28. April 2014 unter der Nummer 30 2014 021 003 für die Waren

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Klasse 1:

5

Kunststoffdispersionen; chemische Lederauffrischungsmittel; Konservierungsmittel für Kautschuk; Ölreinigungsmittel;

6

Klasse 3:

7

Glanzmittel; Lederkonservierungsmittel [Wichse]; Öle für Reinigungszwecke; Poliermittel; Poliercreme; Polierwachs;

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Klasse 35:

9

Dienstleistungen des Einzelhandels über das Internet in den Bereichen: chemische Erzeugnisse, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör; Dienstleistungen des Großhandels über das Internet in den Bereichen: chemische Erzeugnisse, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör; Einzelhandelsdienstleistungen in den Bereichen: chemische Erzeugnisse, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör; Einzelhandelsdienstleistungen mittels Teleshopping-Sendungen in den Bereichen: chemische Erzeugnisse, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör;

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in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden.

11

Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt gestützt auf § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 - 3 MarkenG die Löschung dieser Marke beantragt. Die angegriffene Marke erschöpfe sich in Bezug auf die eingetragenen Waren in einer bloßen Beschaffenheitsangabe, die Kunststoffpflegemittel im Bereich „Plastik, Cockpit, Gummi“ bezeichne. Die Buchstabenfolge „PCG“ sei ausweislich diverser Verwendungen durch Wettbewerber eine übliche Abkürzung der Angabe „Plastik, Cockpit, Gummi“.

12

Nachdem die Markeninhaberin dem Löschungsantrag widersprochen hatte, hat die Markenabteilung 3.4. des DPMA den Löschungsantrag mit Beschluss vom 28. Januar 2015 zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, die durch die Antragstellerin geltend gemachten absoluten Eintragungshindernisse hätten dem Schutz der angegriffenen Marke weder zum Zeitpunkt der Anmeldung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag entgegengestanden. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich die angegriffene Marke in der Gesamtheit als beschreibende Angabe eigne, bestünden nicht. Es könne nämlich nicht festgestellt werden, dass der Bestandteil „PCG“ der angegriffenen Marke eine gebräuchliche oder jedenfalls eine verständliche Abkürzung der Angabe „Plastik, Cockpit, Gummi“ sei.

13

Dagegen hat die Markenabteilung den Antrag der Markeninhaberin, der Löschungsantragstellerin auch die Verfahrenskosten aufzuerlegen, zurückgewiesen. Besondere Umstände, die eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG rechtfertigten, seien nicht gegeben. Insbesondere sei  der Löschungsantrag nicht willkürlich gestellt worden. Da die Antragstellerin Argumente zur Schutzunfähigkeit vorgetragen und auch Beispiele zur Verwendung des Zeichenbestandteils „PCG“ benannt habe, habe eine insofern ausreichende Erfolgsaussicht bestanden.

14

Gegen die Kostenentscheidung hat die Markeninhaberin „Erinnerung gemäß § 11 PatKostG oder das ansonsten vorgesehene Rechtsmittel (Beschwerde)“ eingelegt. Die Markenabteilung habe vorliegend unzutreffend von einer Kostenauferlegung zulasten der Antragstellerin abgesehen. Die Stellung des Löschungsantrags sei nicht mit der üblichen prozessualen Sorgfalt zu vereinbaren, da der Antrag kaum Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Es habe von vornherein an Indizien, die eine tatsächliche beschreibende Benutzung des Wortbestandteils „PCG“ der eingetragenen Marke in der Bedeutung „Plastik Cockpit Gummi“ belegten, gefehlt. Vielmehr zeigten die von der Antragstellerin vorgelegten Belege entweder nur Typenbezeichnungen oder Abkürzungen mit gänzlich anderer Bedeutung.

15

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 28. Januar 2015 insoweit aufzuheben, als der Kostenantrag der Markeninhaberin zurückgewiesen worden ist, und anzuordnen, dass die Antragstellerin die Kosten des Löschungsverfahrens trägt.

17

Die Antragstellerin beantragt,

18

die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.

19

Die Markenabteilung habe zu Recht angenommen, dass der Löschungsantrag nicht in einer nach anerkannten Beurteilungsgrundsätzen erkennbar aussichtslosen oder zumindest kaum Erfolg versprechenden Situation gestellt wurde. Sie habe sogar Belege für ihren Standpunkt vorgelegt.

20

Ergänzend wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

22

1. Zugunsten der Markeninhaberin kann vom Vorliegen einer ausreichend bestimmten Beschwerdeerklärung ausgegangen werden. Denn bei einer interessenorientierten Auslegung ihres Rechtsschutzersuchens, das auf eine Überprüfung der durch die Markeninhaberin beanstandeten Entscheidung über die beantragte Kostenauferlegung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gerichtet war, war für eine Erinnerung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PatKostG, auf die die Markeninhaberin sich vorrangig bezogen hat, von vornherein kein Raum. § 11 Abs. 1 Satz 1 PatKostG eröffnet die Erinnerung nämlich lediglich in Bezug auf Maßnahmen nach § 5 Abs. 1 bzw. § 8 PatKostG, die nicht die Kostentragung unter den Beteiligten, sondern insbesondere den Kostenansatz einschließlich der Kostenhöhe betreffen.

23

2. Die somit gegen den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 28. Januar 2015 in Bezug auf die Zurückweisung des Kostenantrags der Markeninhaberin erhobene Beschwerde ist statthaft (vgl. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) und auch ansonsten zulässig. Insbesondere ist angesichts der Besonderheiten des patentgerichtlichen Verfahrens eine isolierte Beschwerde nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nicht durch die Regelung nach § 99 Abs. 1 ZPO, § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ausgeschlossen. Denn das markenrechtliche Beschwerdeverfahren ist kein Rechtsmittelverfahren i. S. d. ZPO, weil das Bundespatentgericht als erste gerichtliche Instanz entscheidet, so dass insoweit schon im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG eine isolierte Anfechtungsmöglichkeit auch in Bezug auf Kostenentscheidungen eröffnet sein muss (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 82 Rn. 12 und 41, § 71 Rn. 9; vgl. auch BPatG, Beschluss vom 10. August 2010, 33 W (pat) 9/09 – IGEL PLUS / PLUS).

24

3. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist aber unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass im Löschungsverfahren vor der Markenabteilung keine Billigkeitsgründe gegeben waren, aufgrund derer es geboten war, der Antragstellerin gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen.

25

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen besteht, wovon hier auch die Beteiligten ausgehen, nur dann Anlass, wenn die Antragstellerin versucht hätte, in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation die Löschung der angegriffenen Marke zu erwirken (vgl. BPatG, Beschluss vom 10. August 2015 – 24 W (pat) 35/13; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71, Rn. 11 ff.). Selbst wenn insofern nicht auf die objektive Sachlage (vgl. zum Untersuchungsgrundsatz im Amtsverfahren § 59 Abs. 1 MarkenG), sondern allein auf das Vorbringen der Löschungsantragstellerin zur Begründung ihres Antrags abgestellt wird, waren diese Voraussetzungen für eine Kostenauferlegung zulasten der Antragstellerin vorliegend nicht gegeben.

26

Die Antragstellerin hat nämlich in der Begründung ihres Löschungsantrags auf Dokumente hingewiesen (vgl. Schriftsatz vom 5. August 2014), aus denen sich gewisse Anhaltspunkte für einen zum Zeitpunkt der Anmeldung beschreibenden Gebrauch der Abkürzung „PCG“ im Bereich der für die angegriffene Marke geschützten Waren, etwa für „Kunststoffdispersionen, Glanzmittel, Poliermittel“ ergeben. Insbesondere in Bezug auf dort genannten Bezeichnungen „P.C.G.-Pflege“ (vgl. fahrzeugaufbereitung-oehmke.de) und „Kunststoffpflege ´PCG`“ (vgl. 4care-shop.de), die gleichgeordnet neben verschiedenen Produkthinweisen verwendet werden, kann ein tatsächlicher Gebrauch als beschreibende Sachangabe jedenfalls nicht offenkundig ausgeschlossen werden, auch nicht eine tatsächliche Verwendung als Kurzform der nach den bestehenden Hinweisen möglicherweise als Bestimmungsangabe eingeführten Aufzählung „Plastik, Cockpit, Gummi“ (vgl. dazu die Anlage zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 5. August 2014, z. B. olmo.de, merz-cleantec.de). Denn das mit der Angabe „P.C.G.-Pflege“ versehene Kraftfahrzeugpflegeprodukt, das nach der angegeben Quelle der „Kunststoff- und Gummipflege im Außenbereich (bedingt auch im Innenbereich)“ dient, und ferner das als „Kunststoffpflege ´PCG`“ ausgewiesene Produkt, das zur Behandlung von „Kunststoff, Gummi, Vinyl und Kunstleder“ bestimmt ist, können gegebenenfalls im spezifischer umschriebenen Bereich „Plastik, Cockpit, Gummi“ anzuwenden sein. Daher war das durch die Antragstellerin geltend gemachte Löschungsbegehren der angegriffenen Marke „PCG-KUNSTSTOFF-PFLEGE“ im Hinblick auf den Löschungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 50 Abs. 1, 2 MarkenG  für einen Teil der eingetragenen Waren und Dienstleistungen jedenfalls nicht von vornherein aussichtslos.

27

4. Im Beschwerdeverfahren bestand zur Auferlegung der Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ebenfalls keine Veranlassung.

28

5. Über die Beschwerde konnte im schriftlichen Verfahren entschieden werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war weder beantragt, vgl. § 69 Nr. 1 MarkenG, noch aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, vgl. § 69 Nr. 3 MarkenG.