Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 20.03.2014


BPatG 20.03.2014 - 23 W (pat) 9/10

Patentbeschwerdeverfahren – "Zickzackabtastpfad" - Inlandsvertreter - zum Erfordernis der Vorlage einer schriftlichen Vollmacht


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
23. Senat
Entscheidungsdatum:
20.03.2014
Aktenzeichen:
23 W (pat) 9/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Zickzackabtastpfad

Der in § 97 Abs. 6 Satz 2 2. Hs. PatG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke, wonach die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nicht erforderlich ist, wenn als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt oder ein Patentanwalt auftritt und weder Anhaltspunkte für einen Mangel der Vollmacht erkennbar sind noch ein solcher gerügt wurde, ist auch anwendbar, wenn es gem. § 25 PatG eines Inlandsvertreters bedarf und vor dem Bundespatentgericht ein Rechts- oder Patentanwalt als Bevollmächtigter auftritt (entgegen BPatG 21 W (pat) 1/07, Beschluss vom 11.01.2011, Rn. 15, 17; BPatG 21 W (pat) 10/08, Beschluss vom 16.11.2010, Rn. 13).

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2007 023 500.5-55

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner, sowie der Richter Guth, Dr. Friedrich und Dr. Zebisch

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2007 023 500.5-55 und der Bezeichnung „Bildanzeigeverfahren und –systeme“ wurde am 18. Mai 2007 in englischer Sprache unter Inanspruchnahme der US-amerikanischen Priorität US 11/687,045 vom 16. März 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet. Gleichzeitig mit der Anmeldung wurde Prüfungsantrag gestellt. Mit der Eingabe vom 2. August 2007, am darauffolgenden Tag vorab per Fax beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, wurde eine deutsche Übersetzung der ursprünglichen Unterlagen eingereicht, welche am 18. September 2008 mit der DE 10 2007 023 500 A1 veröffentlicht wurde.

2

Die Prüfungsstelle für Klasse G 09 G hat im Prüfungsverfahren in einem Bescheid auf den Stand der Technik gemäß den folgenden vor dem Prioritätszeitpunkt veröffentlichten Druckschriften verwiesen:

3

D1 Skript „Grafische Hardware”, TU-Cottbus, 2003, S. 1-53 und Screenshot der 1. Seite, http://www-gs.informatik.tu-cottbus.de/ ~wwwgs/cg2_v03.pdf, Bibliographie gemäß Internet-Waybackmachine: http://web.archive.org;

4

D2 US 6 131 151 A

5

D3 US 5 625 778 A.

6

Sie hat in diesem Bescheid ausgeführt, dass der zu diesem Zeitpunkt geltende Anspruch 1 bereits mangels hinreichend vollständiger und klarer technischer Lehre nicht gewährbar sei, da der im Anspruch verwendete Begriff „Zickzack-Abtastpfad“ nicht klar sei. Zudem lasse der zu diesem Zeitpunkt geltende Anspruch 1 gegenüber der Druckschrift D1 keine erfinderische Leistung erkennen. Werde das Patentbegehren in der zu diesem Zeitpunkt geltenden, einer inhaltlich gleichen oder nur unwesentlich geänderten Fassung aufrechterhalten, müsse mit der Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden.

7

Die Anmelderin widersprach den Ansichten der Prüfungsstelle in einer Eingabe vom 4. März 2008, mit der sie auch einen neuen Satz Patentansprüche eingereicht hat, in dem der bemängelte Begriff „Zickzack-Abtastpfad“ durch eine exaktere Definition klargestellt sei, die auch die Patentfähigkeit gegenüber dem ermittelten Stand der Technik begründe.

8

In der Folge hat die Prüfungsstelle die Anmeldung mit Beschluss vom 14. Oktober 2009 zurückgewiesen, da der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der Lehre der Druckschrift D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhe (§ 4 PatG).

9

Gegen diesen, der Anmelderin am 6. November 2009 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 30. November 2009, am selben Tag über Fax beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, fristgemäß Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 19. Februar 2010 begründet hat. Mit der Beschwerdebegründung hat die Anmelderin einen neuen Satz Patentansprüche 1 bis 22 als Hilfsantrag 1 eingereicht, der auch Ausgangspunkt für zwei weitere Hilfsanträge 2 und 3 ist.

10

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Senat die Anmelderin noch auf den weiteren Stand der Technik gemäß den Druckschriften

11

D4 US 7 143 264 B2  und

12

D5 US 2005/0 254 715 A1

13

hingewiesen und ausgeführt, dass die Druckschrift D4 möglicherweise das Verfahren des Anspruchs 1 des Hauptantrags und aller drei Hilfsanträge neuheitsschädlich vorwegnehmen und zudem auch für die anderen selbständigen Ansprüche der einzelnen Anträge hinsichtlich der Patentfähigkeit eine Rolle spielen könnte.

14

Zur mündlichen Verhandlung am 20. März 2014 erschien, wie mit Schriftsatz vom 19. Februar 2014 angekündigt, seitens der ordnungsgemäß geladenen Anmelderin niemand. Damit bleiben die in der am 18. März 2010 eingegangenen Beschwerdebegründung gestellten Anträge weiterhin gültig, so dass die Anmelderin sinngemäß beantragt hat,

15

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 09 G des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. Oktober 2009 aufzuheben;

16

2. ein Patent zu erteilen

17

- mit der Bezeichnung „Bildanzeigeverfahren und -systeme“,

18

- dem Anmeldetag 18. Mai 2007 und der

19

- US-amerikanischen Priorität US 11/687,045 vom 16. März 2007

20

auf der Grundlage folgender Unterlagen:

21

- Ansprüche 1 bis 22, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 13. März 2008,

22

hilfsweise

23

- Ansprüche 1 bis 22, eingegangen am 18. März 2010 als Hilfsantrag 1,

24

weiter hilfsweise

25

- noch auszuformulierende Ansprüche, wobei Ansprüche 1 und 2, 6 und 9 sowie 14 und 18 des Hilfsantrags 1 kombiniert werden (Hilfsantrag 2),

26

weiter hilfsweise

27

- noch auszuformulierende Ansprüche, wobei Ansprüche 1 mit 2 und 3, 6 mit 9 und 10 sowie 14 mit 18 und 19 des Hilfsantrags 1 kombiniert werden (Hilfsantrag 3).

28

sowie jeweils

29

- Beschreibung, Seiten 1 bis 8, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 18. März 2010,

30

- Zeichnungen, Figuren 1 bis 10 (9 Blatt), eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 6. August 2007.

31

Der am 13. März 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Gliederung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):

32

„1. Ein Verfahren

33

1.1 zum Zugriff auf einen Speicherpuffer mit H horizontalen Linien und L vertikalen Linien,

34

1.2 wobei ein Linienabtastpfad in einer horizontalen Richtung oder in einer vertikalen Richtung implementiert ist umfassend:

35

1.3 Schreiben von M Datensätzen in einen Speicherpuffer in einem Linienabtastpfad, entlang einer Vielzahl von H horizontalen Linien; und

36

1.4 Lesen der M Datensätze von dem Speicherpuffer in einem Zickzack-Abtastpfad, umfassend eine Vielzahl von diagonalen Linien die Verbunden sind durch horizontale H Linien oder vertikale L Linien.“

37

Beim Anspruch 1 gemäß dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrag 1 wurde ein weiteres, den Linienabtastpfad näher beschreibendes Merkmal 1.2.1 eingefügt, so dass Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet (Gliederung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):

38

„1. Ein Verfahren

39

1.1 zum Zugriff auf einen Speicherpuffer mit H horizontalen Linien und L vertikalen Linien,

40

1.2 wobei ein Linienabtastpfad in einer horizontalen Richtung oder in einer vertikalen Richtung implementiert ist,

41

1.2.1 wobei der Linienabtastpfad nacheinander die Linien durchläuft, ohne beim Wechseln der Linie einen diagonalen Abtastpfad zu bilden, indem der horizontale Linienabtastpfad am jeweiligen Anfang der Linie beginnt und an dessen jeweiligen Ende endet, umfassend:

42

1.3 Schreiben von M Datensätzen in einen Speicherpuffer in einem Linienabtastpfad, entlang einer Vielzahl von H horizontalen Linien; und

43

1.4 Lesen der M Datensätze von dem Speicherpuffer in einem Zickzack-Abtastpfad, umfassend eine Vielzahl von diagonalen Linien die Verbunden sind durch horizontale H Linien oder vertikale L Linien.“

44

Die Ansprüche der Hilfsanträge 2 und 3 wurden nicht ausformuliert. Zum Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wurde nur angegeben, dass dieser eine Kombination des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 mit Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 ist. Letzterer lautet:

45

„2. Das Verfahren nach Anspruch 1, wobei der Schritt des Lesens der M Datensätze beginnt, nachdem mindestens eine vorbestimmte Anzahl von Datensätzen aus den M Datensätzen in den Speicherpuffer geschrieben wurden.“

46

Beim Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 wird zu Anspruch 1 und 2 des Hilfsantrags 1 noch Anspruch 3 des Hilfsantrags 1 hinzukombiniert. Dieser lautet:

47

„3. Das Verfahren nach Anspruch 2, wobei die vorbestimmte Anzahl gleich zu M/2 ist.“

48

Hinsichtlich der nebengeordneten Ansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge und der den selbständigen Ansprüchen der verschiedenen Anträge untergeordneten Ansprüche sowie der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

49

1. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere bedurfte es nicht der Vorlage einer schriftlichen Vollmacht des als Inlandsvertreter der ausländischen Anmelderin bestellten Patentanwalts (§ 97 Abs. 6 Satz 2 PatG).

50

Zwar wird in der Literatur und vereinzelt in der Rechtsprechung die Meinung vertreten, dass die Vorschrift des § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG, wonach im Verfahren vor dem Bundespatentgericht die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nicht erforderlich ist, wenn als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt oder ein Patentanwalt auftritt und ein Mangel der Vollmacht nicht gerügt ist, nicht für den Inlandsvertreter gemäß § 25 Abs. 1 PatG gilt. Begründet wird dies damit, dass § 25 Abs. 1 PatG eine von Amts wegen zu beachtende Sachurteilsvoraussetzung aufstelle und der Regelung des § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG als lex specialis vorgehe (vgl. Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 97 Rn. 5; Busse/Baumgärtner, Patentgesetz, 7. Aufl., § 25 Rn. 28, 42 ff.; BPatG 21 W (pat) 1/07 Beschluss vom v. 11.1.2011 Rn. 15, 17; BPatG 21 W (pat) 10/08 Beschluss vom 16.11.2010 Rn. 13, jeweils veröffentlich in juris; Engels/Morawek GRUR 2012, 674; Engels/Morawek GRUR 2013, 550).

51

Dieser Ansicht kann sich der Senat nicht anschließen.

52

Zwar bestimmt § 97 Abs. 1 Satz 2 PatG, dass § 25 PatG unberührt bleibt. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der in § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG und § 88 Abs. 2 2. Hs. ZPO zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke für den Fall des Inlandsvertreters nicht anwendbar ist. Denn § 25 Abs. 1 PatG trifft in Bezug auf die Vorlage einer Vollmachtsurkunde keine Regelung, die als lex specialis der allgemeinen Regelung des § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG vorgehen könnte. § 25 PatG bestimmt lediglich, dass ein Ausländer am Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Bundespatentgericht nur teilnehmen oder Rechte aus dem Patent nur geltend machen kann, wenn er im Inland einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Vertreter bestellt und bevollmächtigt hat. § 25 Abs. 1 PatG sagt aber nichts darüber aus, in welcher Form die Vollmacht zu erteilen oder wie die Bestellung nachzuweisen ist. Insbesondere findet sich in § 25 PatG keine Regelung, dass die Inlandsvollmacht schriftlich vorgelegt werden muss. Eine Vorschrift über den Nachweis der Vollmacht enthalten allein § 97 Abs. 5 und 6 PatG.

53

Eine andere Rechtsauslegung würde auch zu einem Wertungswiderspruch in Bezug auf die im Wortlaut fast übereinstimmende Regelung des § 88 Abs. 2 ZPO führen, der § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG nachgebildet ist. Nach § 88 Abs. 2 ZPO ist selbst dann die Vorlage einer schriftlichen Prozessvollmacht für einen Rechtsanwalt nicht erforderlich, wenn der Vertretene - etwa im Verfahren vor dem Landgericht - nicht postulationsfähig ist, also selbst keine Prozesshandlungen vornehmen kann (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 33. Aufl., § 88 Rn. 5). Im Falle des notwendigen Inlandsvertreters (§ 25 Abs. 1 PatG) ist zwar die Bestellung eines Vertreters erforderlich, der Vertretene ist aber prozessual selbst voll handlungsfähig (vgl. Schulte, a. a. O., § 25 Rn. 36; Busse, a. a. O., § 25 Rn. 34). Es ist darum nicht einzusehen, warum im Verfahren vor dem Bundespatentgericht strengere Voraussetzungen gelten sollten als im Zivilprozess mit Anwaltszwang. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber sowohl in § 88 Abs. 2 ZPO als auch § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG davon ausgeht, dass ein Rechts- oder Patentanwalt schon aus standesrechtlichen  und wirtschaftlichen Gründen nicht für einen Dritten als Vertreter auftritt, ohne von diesem mandatiert und ordnungsgemäß bevollmächtigt zu sein. Aus diesem Grund ist das Gericht gem. § 97 Abs. 6 ZPO ebenso wie gem. § 88 Abs. 2 ZPO davon entbunden, das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Vollmacht von Amts wegen zu prüfen. Zwar sind Zulässigkeitsvoraussetzungen grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen, das bedeutet indes nicht, dass ohne konkrete Veranlassung gerichtliche Nachforschungen angestellt werden müssten.

54

Aus allen diesen Gründen ist die in § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung im Verfahren vor dem Bundespatentgericht auch dann anwendbar, wenn es gemäß § 25 PatG eines Inlandsvertreters bedarf und vor dem Bundespatentgericht ein Rechts- oder Patentanwalt als Bevollmächtigter auftritt.

55

2. Die Beschwerde der Anmelderin erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2014 als nicht begründet, weil die Lehren der Ansprüche 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 gegenüber der Druckschrift D4 nicht neu sind (§ 3 PatG), sowie die Lehre des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 dem Fachmann durch Druckschrift D4 nahegelegt wird (§ 4 PatG), so dass die Verfahren der Ansprüche 1 aller Anträge nicht patentfähig sind.

56

Bei dieser Sachlage kann die Erörterung der Zulässigkeit der Ansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge, sowie die Frage der Technizität der in ihnen beanspruchten Verfahren dahingestellt bleiben (vgl. GRUR 1991, 120, 121, II.1 - „Elastische Bandage“).

57

2.1. Die Erfindung betrifft ein Datenleseverfahren, das auf einen Speicherpuffer angewendet wird, und das Daten in einem Zickzack-Abtastpfad (Zick-Zack Scanning path) liest (vgl. S. 1, Z. 16 bis 18 der geltenden Beschreibung).

58

Elektronische Systeme mit einer Anzeigefunktion decodieren ein Eingabebild über einen Videodecoder, um eine Vielzahl von Bilddatensätzen zu erzeugen, oder zeigen eine direkt von einem Bildsensor empfangene Vielzahl von Bilddatensätzen an. Die Bilddatensätze werden dabei in einen Speicher eines Anzeigegeräts, wie z. B. Flüssigkristallanzeigegerät (LCD-Gerät), geschrieben und innerhalb des elektronischen Systems des Anzeigegeräts in einer horizontalen Scanrichtung gelesen, um so ein Ausgabebild anzuzeigen. Die Bilddatensätze vom Videodecoder oder Bildsensor werden dabei zuerst in einen Bildpuffer gespeichert, von diesem dann gelesen und in einem Anzeigepuffer gespeichert, der dann für die eigentliche Bildanzeige genutzt wird (vgl. S. 1, Z. 21 bis 29 der geltenden Beschreibung).

59

Einige elektronische Systeme mit Anzeigefunktion, wie z. B. mobile Telefone, umfassen ein vertikales Display bzw. Anzeigepanel. In einigen Anwendungen eines mobilen Telefons wird deshalb ein Eingabebild rotiert, um ein Ausgabebild zu bilden, und das Ausgabebild wird dann auf dem Displaypanel angezeigt. Wenn z. B. ein mobiles Telefon ein Eingabebild in einer horizontalen Richtung erlangt, wird das Eingabebild um 90° rotiert, um ein Ausgabebild auf einem vertikalen Anzeigepanel mit einem besseren Sichtwinkel darzustellen (vgl. S. 1, Z. 30 bis S. 2, Z. 2 der geltenden Beschreibung).

60

Die Rotation des Bildes kann durch Anpassen der Lese- und Schreibsequenz eines Quellpuffers und eines Zielpuffers erreicht werden. So kann die Lesesequenz eines Quellpuffers, der in einer horizontalen Richtung beschrieben wurde, auf acht Arten in einem Linienabtastpfad ausgelesen werden, was in acht verschiedenen Bildrotationen und Bildspiegelungen resultiert. Dabei sind Bildrotationen um 0°, 90°, 180° und 270° jeweils einmal mit und einmal ohne eine nachfolgende Spiegelung möglich (vgl. S. 2, Z. 3 bis 12 der geltenden Beschreibung).

61

So werden für eine 90°-Rotation eines Bildes in einem konventionellen elektronischen System mit Anzeigefunktion eine Vielzahl von Bilddatensätzen eines Eingabebildes in einer horizontalen Scanrichtung in einen Bildpuffer geschrieben und  in einer vertikalen Scanrichtung gelesen. Die vom Bildpuffer gelesenen Bilddatensätze werden anschließend in den Anzeigepuffer in einer horizontalen Scanrichtung geschrieben. Aus diesem Anzeigepuffer werden die Daten dann wiederum in einer horizontalen Scanrichtung gelesen, um so das Ausgabebild auf einem Displaypanel anzuzeigen. Da sich die Schreib- und Leserichtung kreuzen, können die Schreib- und die Leseoperation nicht gleichzeitig ausgeführt werden. Im schlimmsten Fall kann es die doppelte Zeit benötigen, um sowohl das Datenlesen als auch das Schreiben vom Bildpuffer zu vervollständigen. Deshalb werden üblicherweise zum Zwecke des Vermeidens von Abrisseffekten oder Zeitverlusten zwei Bildpuffer verwendet. Auf diese Weise können die Bildschreibe- und Leseoperation simultan auf den jeweils anderen der beiden Bildpuffer durchgeführt werden. Die Verwendung von zwei Puffern erhöht jedoch die Kosten des elektrischen Geräts wesentlich (vgl. S. 2, Z. 13 bis 31 der geltenden Beschreibung).

62

Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine zeit- und kosteneffiziente Lösung bereitzustellen, die das genannte Lese- und Schreibproblem löst (vgl. S. 2, Z. 31 bis 33 der geltenden Beschreibung).

63

Diese Aufgabe wird durch die Verfahren und Bilddarstellungssysteme der selbständigen Ansprüche des geltenden Hauptantrags und der geltenden Hilfsanträge 1 bis 3 gelöst.

64

Wesentlich für das Verfahren des Anspruchs 1, aber auch für das Bilddarstellungsverfahren des selbständigen Anspruchs 6 und das Bilddarstellungssystem des selbständigen Anspruchs 14 des Hauptantrags ist somit, dass ein in einer zweidimensionalen Matrix organisierter Speicherpuffer mit H horizontalen Linien und L vertikalen Linien mit M Datensätzen beschrieben wird und diese Daten dann wiederum aus dem Speicherpuffer gelesen werden. Dabei erfolgt das Beschreiben in einem Linienabtastpfad entlang den horizontalen Linien, während das Lesen in einem Zickzack-Abtastpfad erfolgt. Sowohl die Angabe „Linienabtastpfad“ als auch „Zickzack-Abtastpfad“ stellen Fachbegriffe dar, die eine bestimmte Art der Adressfolge beim Beschreiben oder Lesen eines Speichers angeben. Dabei gibt der Begriff „Zickzack-Abtastpfad“ ebenfalls eine ganz bestimmte Gruppe von zickzackförmigen Abtastpfaden an, und umfasst keineswegs beliebige zickzackförmige Abtastwege. Dennoch wird in den selbständigen Ansprüchen der Anträge genauer spezifiziert, welche wesentlichen Elemente ein Zickzackabtastpfad umfasst. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass er eine Vielzahl von diagonalen Linien umfasst, die durch horizontale H Linien oder vertikale L Linien verbunden sind.

65

In den selbständigen Ansprüchen der Hilfsanträge wird zudem noch definiert, was unter einem Linienabtastpfad zu verstehen ist, nämlich, dass der Linienabtastpfad nacheinander die Linien durchläuft, ohne beim Wechseln der Linie einen diagonalen Abtastpfad zu bilden, indem der horizontale Linienabtastpfad am jeweiligen Anfang der Linie beginnt und an deren jeweiligem Ende endet. Damit wird der Linienabtastpfad auch auf einen horizontalen Linienabtastpfad eingeschränkt.

66

Bei den Hilfsanträgen 2 und 3 werden außerdem noch Angaben gemacht, dass das Lesen erst nach dem Schreiben einer bestimmten Anzahl von Datensätzen der M Datensätze beginnt. Da in Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 die bestimmte Anzahl nicht angegeben wird, dürfte dieser Anspruch den Anspruch 1 nicht weiterbilden, denn die bestimmte Anzahl könnte auch 1 sein, was zu der platt selbstverständlichen Angabe führt, dass ein Datensatz erst aus einem Speicher gelesen werden kann, nachdem er dorthin geschrieben wurde. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich inhaltlich demnach nicht von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1.

67

Anders dürfte dies bei Anspruch 3 und damit Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 sein, denn dort wird die vorbestimmte Anzahl gleich M/2 gesetzt. Doch auch dies lässt auf Grund der Angabe „mindestens eine vorbestimmte Anzahl“ in Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 weiterhin zu, dass erst alle M Datensätze geschrieben und dann gelesen werden.

68

2.2. Als zuständiger Fachmann zur Beurteilung der Erfindung ist hier ein berufserfahrener Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder ein Informatiker mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss zu definieren, der mit der Entwicklung von Geräten und Verfahren zur Bildverarbeitung und Bilddarstellung betraut ist.

69

2.3. Das Verfahren des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist gegenüber der Lehre der Druckschrift D4 nicht neu (§ 3 PatG), so dass es nicht patentfähig ist.

70

So ist aus der Druckschrift D4 in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Anspruchs 1

71

ein Verfahren (vgl. Titel: „Apparatus and method for performing data access in accordance with memory access patterns”)

72

1.1 zum Zugriff auf einen Speicherpuffer (image block, siehe Fig. 5) mit H horizontalen Linien (cache lines 354 (354-1, …, 354-4) und L vertikalen Linien (vgl. Fig. 5; die vertikalen Linien ergeben sich aus der Anordnung der Zellen übereinander),

73

1.2 wobei ein Linienabtastpfad in einer horizontalen Richtung oder in einer vertikalen Richtung implementiert ist (vgl. Fig. 5. Dieses Merkmal gibt nur an, dass Linien entlang einer horizontalen Richtung oder einer vertikalen Richtung oder sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung gegeben sind. Aus Fig. 5 ist ersichtlich, dass dem so ist.) bekannt, umfassend:

74

1.3 Schreiben von M Datensätzen in einen Speicherpuffer in einem Linienabtastpfad, entlang einer Vielzahl von H horizontalen Linien (vgl. Sp. 9, Z. 65 bis Sp. 10, Z. 3: „Current raster-scan memory arrangement 300 for image/video applications place pixel data 302 across image planes in a linear fashion, as depicted in FIG. 4. As a result, in the conventional raster scan memory arrangement 300, a cache line typically holds some parts of several basic image blocks (e.g., 8×8 or 16×16).)”; siehe auch Fig. 4); und

75

1.4 Lesen der M Datensätze von dem Speicherpuffer in einem Zickzack-Abtastpfad, umfassend eine Vielzahl von diagonalen Linien die verbunden sind durch horizontale H Linien oder vertikale L Linien (vgl. Fig. 5 i. V. m. Sp. 10, Z. 10 bis 13: „Referring now to FIG. 5, FIG. 5 depicts a block diagram 350 illustrating a memory read operation according to a memory access pattern in accordance with one embodiment of the present invention.”, Sp. 11, Z. 50 bis 63: „In the embodiment depicted in FIG. 6, CPU 110 may require cache data according to a non-horizontally/non-vertically sequential access pattern. As such, in accordance with one embodiment of the present invention, CPU 110 will determine the desired access pattern, and along with a CP load instruction, transmit the access pattern (or reference thereto) and load instruction to cache processor 400. In turn, cache processor 400 will gather the desired data from either level 1 (L1) cache 160-1, second level cache (L2) 160-2 or main memory 104. Once the desired data is gathered, CaPro 400 reorganizes the desired data to enable CPU 110 to access the desired data utilizing traditional sequential memory access.”, Sp. 12, Z. 53 bis 62: „As described above, utilizing the CP load operations as well as CaPro 400, the embodiments of the present invention can shield CPU 110 from memory access time required for accessing data according to random memory access patterns required by, for example, video/image processing operations. Hence, image video processing/coding operations are simplified by utilizing non-horizontally/non-vertically sequential memory access, such as for example, reading data from an image block in a zig-zag scan order, as illustrated in FIG. 5.”).

76

Da das Verfahren des Anspruchs 1 des Hauptantrags keine weiteren Merkmale aufweist, ist es gegenüber dem aus Druckschrift D4 bekannten Verfahren nicht neu (§ 3 PatG) und damit nicht patentfähig.

77

2.4. Auch das Verfahren des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ist gegenüber der Lehre der Druckschrift D4 nicht neu (§ 3 PatG), denn im Merkmal 1.2.1 ist nur die Definition des Begriffs „Linienabtastpfad“ enthalten, die dem üblichen Verständnis des Fachmanns entspricht und auch in Druckschrift D4 offenbart ist (vgl. Fig. 4). Damit ist Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nicht anders als Anspruch 1 des Hauptantrags zu beurteilen, was wiederum heißt, dass das Verfahren des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 nicht neu und damit nicht patentfähig ist.

78

2.5. Im Hilfsantrag 2 wurde ein nicht ausformulierter selbständiger Anspruch 1 angegeben, der neben den Merkmalen des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 das weitere Merkmal, dass der Schritt des Lesens der M Datensätze beginnt, nachdem mindestens eine vorbestimmte Anzahl von Datensätzen aus den M Datensätzen in den Speicherpuffer geschrieben wurden, aufweist. Dieses Merkmal ist, da die vorbestimmte Anzahl nicht genauer angegeben wird, für den Fachmann selbstverständlich. So beinhaltet dieses Merkmal auch, dass die vorbestimmte Anzahl eins ist, was die selbstverständliche Tatsache ausdrückt, dass ein Datum aus einem Speicher erst gelesen werden kann, nachdem es in ihn hineingeschrieben wurde. Da das neu aufgenommene Merkmal den Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 somit nicht weiter einschränkt, ist auch Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 genau wie Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nicht anders als Anspruch 1 des Hauptantrags zu beurteilen. Dies bedeutet, dass das Verfahren des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 ebenfalls gegenüber der Lehre der Druckschrift D4 nicht neu (§ 3 PatG) und damit nicht patentfähig ist.

79

2.6. In den selbständigen Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 ist neben dem Merkmal des Anspruchs 2 auch noch das Merkmal des Anspruchs 3 des Hilfsantrags 1 aufgenommen. Dies bedeutet, dass eine Einschränkung dadurch erfolgt, dass die vorbestimmte Anzahl gleich M/2, also gleich der Hälfte der zu schreibenden Datensätze ist. Dieses zusätzliche Merkmal kann eine erfinderische Tätigkeit jedoch nicht begründen, denn es umfasst, da M > M/2 ist, auch, dass mit dem Lesen erst begonnen wird, wenn alle M Datensätze geschrieben wurden. Dies ist für den Fachmann die übliche Vorgehensweise und auch im Falle der Druckschrift D4 gibt es keinen Anlass anzunehmen, dass dort von dieser üblichen Vorgehensweise abgewichen wird. Damit liegt das Verfahren des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 für den Fachmann nahe (§ 4 PatG), weshalb es nicht patentfähig ist.

80

2.7. Die zu den Ansprüchen 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 3 jeweils nebengeordneten Ansprüche, sowie die den selbständigen Ansprüchen untergeordneten Ansprüche fallen auf Grund der Antragsbindung mit den Ansprüchen 1 des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge 1 bis 3 (vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863, Tz. 18, „Informationsübermittlungsverfahren II“).

81

2.8. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.