Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 07.06.2016


BPatG 07.06.2016 - 23 W (pat) 18/14

Patentbeschwerdeverfahren – "Verkehrsschild-Einrichtung" – Beschwerde gegen einen Beschluss des DPMA im Anmeldeverfahren – Beschwerdeeinlegung durch mehrere Patentanmelder – Zahlung einer Beschwerdegebühr – Zulässigkeit der Beschwerde – keine zweifelsfreie Erkennbarkeit des Umfangs der Gebührenzahlungspflicht – zum Rechtsstaatlichkeitsgebot


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
23. Senat
Entscheidungsdatum:
07.06.2016
Aktenzeichen:
23 W (pat) 18/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Verkehrsschild-Einrichtung

a) Legen mehrere Patentanmelder eine Beschwerde nach § 73 PatG gegen einen Beschluss einer Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts im Anmeldeverfahren ein und zahlen Sie nur eine Beschwerdegebühr nach Nummer 401 300 des als Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG erlassenen Gebührenverzeichnisses in Höhe von 200 €, ist ihre Beschwerde zulässig.

b) Absatz 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des als Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG erlassenen Gebührenverzeichnisses lässt nicht zweifelsfrei erkennen, ob dann, wenn mehrere Patentanmelder eine Beschwerde gegen einen Beschluss einer Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts im Anmeldeverfahren einlegen, jeder von ihnen eine Gebühr nach Nummer 401 300 des Gebührenverzeichnisses zahlen muss, um zu verhindern, dass die Einlegung der Beschwerde nach § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht vorgenommen gilt.

c) Das Rechtsstaatlichkeitsgebot gebietet den Zugang von Patentanmeldern zu einer gerichtlichen Instanz, wenn für die um Rechtsschutz nachsuchenden Patentanmelder der Umfang ihrer Zahlungspflicht nicht zweifelsfrei erkennbar ist und die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht nur von der Einzahlung einer Gebühr abhängt, sondern die Beschwerde kraft Gesetzes als nicht eingelegt gilt, wenn die Zahlung der Gebühr nicht binnen der vorgesehenen Frist erfolgt (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 – X ZB 43/08, GRUR 2011, 509, Rn. 14 – Schweißheizung).

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2013 103 576.0

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner und der Richter Brandt, Dr. Friedrich und Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Anmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2013 103 576.0 und der Bezeichnung „Verkehrsschild-Vorrichtung mit solarbetriebener Beleuchtung“ wurde am 10. April 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Die Prüfungsstelle für Klasse G09F hat im Prüfungsverfahren u. a. die Druckschrift

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D1 DE 20 2005 010782 U1

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berücksichtigt und im einzigen Prüfungsbescheid vom 2. Dezember 2013 ihre Bedenken hinsichtlich der Patentfähigkeit der beanspruchten Verkehrsschild-Vorrichtung geäußert. In der daraufhin am 26. März 2014 durchgeführten Anhörung hat der Vertreter der Anmelder die Patenterteilung mit einem die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1, 6, 9 und 10 umfassenden Anspruch 1 beantragt, dessen Gegenstand von der Prüfungsstelle jedoch als nicht patentfähig hinsichtlich der Druckschrift D1 angesehen wurde, so dass sie in der Anhörung die Anmeldung mit der Begründung fehlender erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen hat. Ihre Entscheidung hat die Prüfungsstelle mit dem auf den 3. April 2014 datierten Beschluss schriftlich begründet.

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Gegen diesen Beschluss, dem Vertreter der Anmelder am 8. April 2014 zugestellt, richtet sich die am 10. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Beschwerde.

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Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht wurden die Anmelder auch auf die Relevanz der Druckschrift

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D6 KR 20-0448402 Y1

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hingewiesen.

8

Die ordnungsgemäß geladenen Anmelder sind zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

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Sie beantragen mit Schriftsatz vom 8. April 2014 sinngemäß:

1.

10

Den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G09F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. März 2014 aufzuheben.

2.

11

Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Verkehrsschild-Vorrichtung mit solarbetriebener Beleuchtung“, dem Anmeldetag 10. April 2013 auf der Grundlage folgender Unterlagen:

12

- Patentanspruch 1 vom 8. April 2014, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 10. April 2014,

13

- noch anzupassende Unteransprüche,

14

- Beschreibungsseiten 1 bis 8,

15

- 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2, jeweils eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am Anmeldetag.

16

Der geltende Anspruch 1 hat unter Hinzufügung einer Gliederung folgenden Wortlaut:

17

„Verkehrsschild-Vorrichtung (100)

18

a) mit einem Basispaneel (110), dessen Oberfläche zur Aufnahme einer grafischen Gestaltung gemäß einer genormten Vorgabe der STVO dimensioniert ist,

19

b) wobei im Bereich zumindest eines Teils der grafischen Gestaltung der Oberfläche des Basispaneels (110) Leuchtelemente (120) vorgesehen sind,

20

c) wobei mindestens ein mit dem Basispaneel (110) verbundenes Chassis (130) vorgesehen ist,

21

d) dessen Oberfläche mindestens teilweise mit Photovoltaik-Elementen (140) zum Erzeugen von elektrischem Strom bei Tageslicht versehen ist

22

e) und in dessen Inneren eine mit den Photovoltaik-Elementen (140) elektrisch verbundene Stromspeicher-Einrichtung sowie eine Steuereinheit zum Steuern sowohl eines Einschaltvorgangs als auch eines Ausschaltvorgangs der mit der Stromspeicher-Einrichtung zeitweise elektrisch verbindbaren Leuchtelemente (120) untergebracht sind,

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dadurch gekennzeichnet,

24

f) dass ein Chassis (130) in zwei Chassisteile (131) aufgeteilt ist, die durch einen Zwischenraum (132) voneinander getrennt sind,

25

g) wobei die beiden Chassisteile (131) so weit voneinander entfernt angeordnet sind, dass ihre jeweiligen Unterflächen eine stabile Standfläche der insgesamten Verkehrsschild-Vorrichtung (100) bilden,

26

h) wobei die beiden Chassisteile (131) im Querschnitt jeweils im Wesentlichen dreieckförmig ausgebildet sind,

27

i) wobei zumindest eine obere Außenfläche (133) 1 der Außenflächen schräg angeordnet ist derart, dass die Querschnittsfläche eines Chassis-Körpers (131) mit steigendem Abstand von dem Basispaneel (110) abnimmt,

28

j) und ein Photovoltaik-Elemente (140) enthaltendes Photovoltaik-Paneel im Bereich der mindestens einen schräg angeordneten Außenfläche (133) eines Chassis-Körpers (131) angeordnet ist.“

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

30

Die fristgerecht eingelegte Beschwerde der Anmelder ist zulässig aber unbegründet.

31

1. Die Beschwerde der Anmelder ist zulässig.

32

a) Die Anmelder haben am 10. April 2013 – beide vertreten durch Patentanwalt Dipl.-Phys. Ernst Albrecht Bender – Antrag auf Erteilung eines Patents gestellt. In der Anhörung vom 26. März 2014 hat die Prüfungsstelle für Klasse G09F des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) die Patentanmeldung zurückgewiesen. Die Zurückweisung hat die Prüfungsstelle mit Beschluss vom 26. März 2014 begründet. Gegen diesen Beschluss, der dem Vertreter der Anmelder am 8. April 2014 zugestellt worden ist, hat der Vertreter am 10. April 2014 mit folgenden Worten Beschwerde erhoben:

33

„Anmelder: Borst u. a.

34

Gegen den Beschluss vom 26. März 2014… wird Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr in Höhe von € 200,- wird durch anliegende Einzugsermächtigung entrichtet.“

35

In dem Formular „Angaben zum Verwendungszweck des Mandats“ vom 10. April 2014 heißt es:

36

„(1) Das Mandat soll für folgende Verfahren verwendet werden:

37

Amtliches Aktenzeichen: Gebührennummer Betrag in € Erläuterungen

38

10 2013 103 576.0 401 300 200,00 Beschwerdegebühr

39

 Gesamtbetrag: 200,00

40

Name des Schutzrechtsinhabers: Borst, u.a.“

41

Nach Nummer 401 300 des Gebührenverzeichnisses als Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG ist am 10. April 2014 eine Gebühr in Höhe von 200 € entrichtet worden.

42

b) Nach § 73 Abs. 1 PatG findet gegen die Beschlüsse der Prüfungsstellen die Beschwerde statt. Gemäß § 2 Abs. 1 PatKostG werden Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu diesem Gesetz erhoben. In Anlage B des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) sind die Gebühren des Bundespatentgerichts in Form von Gebührentatbeständen aufgelistet. Gemäß Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses werden die Gebühren Nummer 400 000 bis 401 300 für jeden Antragsteller gesondert erhoben. Im Beschwerdeverfahren, das in Abschnitt I geregelt ist, ist nach Gebührennummer 401 300 in anderen als den in den Gebührennummern 400 000, 401 100 und 401 200 behandelten Fällen eine Gebühr von 200 € zu entrichten. Ist für die Stellung eines Antrags oder die Vornahme einer sonstigen Handlung durch Gesetz eine Frist bestimmt, so ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG innerhalb dieser Frist auch die Gebühr zu zahlen. Wird eine Gebühr nach § 6 Abs. 1 PatKostG nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt nach § 6 Abs. 2 PatKostG die Anmeldung oder der Antrag als zurückgenommen, oder die Handlung als nicht vorgenommen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

43

§ 6 Abs. 2 PatKostG unterscheidet zwischen Antrag und sonstiger Handlung. Bei dieser Unterscheidung unterfällt die Beschwerde der letztgenannten Gruppe (BGH, Beschluss vom 18. August 2015 – X ZB 3/14, GRUR 2015, 1255, Rn. 10 – Mauersteinsatz; BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2004 – X ZB 2/04, GRUR 2005, 184, Rn. 7, 8 – Verspätete Zahlung der Einspruchsgebühr).

44

Nach Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses des Patentkostengesetzes werden die dort genannten Gebühren „für jeden Antragsteller gesondert erhoben“. Mit „Antragsteller“ ist der „Beschwerdeführer“ gemeint, weil es in Abschnitt I um „Beschwerdeverfahren“ geht (BPatG, Beschluss vom 3. Dezember 2013, 10 W (pat) 17/14, GRUR-RR 2014, 227, Rn. 12 – Satz aus Mauersteinen; BGH, Mauersteinsatz, a. a. O., Rn. 11).

45

c) Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses ist durch das „Gesetz zur Änderung des patentamtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetz“ vom 21. Juni 2006 in das Patentkostengesetz eingefügt worden und am 1. Juli 2006 in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 28 vom 26. Juni 2006, S. 1318). Im Allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 21. Februar 2006 (BT-Drucks. 16/735, A. Allgemeiner Teil, II. Grundzüge, 2. Änderung des PatKostG, S. 9 li. Sp. unten)

46

„wird klargestellt, dass in bestimmten Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Bundespatentgericht, in denen mehrere Beteiligte gemeinsam einen Antrag stellen oder einen Rechtsbehelf bzw. ein Rechtsmittel einlegen, Gebühren von jedem Beteiligten zu zahlen sind.“

47

Die Einfügung des Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses wird im Besonderen Teil des Gesetzentwurfs der Bundesregierung folgendermaßen begründet (BT-Drucks. 16/735, B. Besonderer Teil, Zu Artikel 6, Zu Nummer 6, Zu Buchstabe b, Zu Doppelbuchstabe aa, S. 17 re. Sp. oben):

48

„Die Vorbemerkung wird neu eingeführt.

49

Nach Absatz 1 sollen in allen Beschwerdeverfahren die Gebühren – ebenso wie im patentamtlichen Verfahren – von jedem Verfahrensbeteiligten erhoben werden (siehe Begründung zur Vormerkung zu Teil A des Gebührenverzeichnisses).“

50

d) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 22. Februar 2011 – X ZB 43/08, GRUR 2011, 509, Rn. 14 – Schweißheizung; ähnlich BGH, Mauersteinsatz, a. a. O., Rn. 17) ist es zur Vermeidung unzumutbarer Härten unabdingbar, dass für den um Rechtsschutz nachsuchenden Bürger der Umfang seiner Zahlungspflicht zweifelsfrei erkennbar ist, wenn die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht nur von der Einzahlung einer Gebühr abhängt, sondern – wie nach § 6 Abs. 2 PatKostG – ohne Weiteres gesetzlich die Rücknahme des entsprechenden Antrags fingiert wird, wenn die Gebührenzahlung nicht binnen der vorgesehenen Frist erfolgt.

51

e) Der Senat ist der Auffassung, dass die Beschwerdeführer nicht zweifelsfrei erkennen konnten, dass jeder von ihnen eine Gebühr nach Nummer 401 300 der Anlage B I zu § 2 Abs. 1 PatKostG in Höhe von 200 € zahlen musste, um zu verhindern, dass die Einlegung ihrer Beschwerde nach § 73 PatG gegen den Beschluss der Prüfungsstelle des DPMA nach § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht vorgenommen gilt.

52

Zwar weist die Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses des DPMA vom 4. Februar 2014 darauf hin, dass die Beschwerdegebühr in Höhe von 200 € für jeden Beschwerdeführer gesondert zu zahlen ist. Auch werden die Gebühren Nummer 400 000 bis 401 300 nach Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses des Patentkostengesetzes ausdrücklich für jeden Antragsteller gesondert erhoben.

53

Gleichwohl meint der Senat, dass die genannte Gesetzesbestimmung auslegungsbedürftig ist und für die Beschwerdeführer Zweifel an dem Erfordernis der Zahlung von zwei Beschwerdegebühren blieben. Denn zum einen sollen die Gebühren nach der genannten Vorschrift für jeden „Antragsteller“ gesondert erhoben werden, was den um Rechtsschutz nachsuchenden Bürger zu der Prüfung zwingt, ob dies auch für jeden Beschwerdeführer gilt, was die schon angesprochene Rechtsprechung (BPatG, Satz aus Mauersteinen, a. a. O., Rn. 12; BGH, Mauersteinsatz, a. a. O., Rn. 11) bejaht.

54

Zweifel an dem Erfordernis der Zahlung von zwei Beschwerdegebühren bestanden für die Beschwerdeführer zum anderen und vor allem deshalb, weil es in der zitierten Begründung zu Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses heißt, dass im Beschwerdeverfahren die Gebühren „ebenso wie im patentamtlichen Verfahren“ von jedem Verfahrensbeteiligten erhoben werden sollen (BT-Drucks. 16/735, S. 17 re. Sp. oben). Wie § 14 DPMAV zu entnehmen ist, können mehrere Personen zusammen eine Erfindung zur Erteilung eines Patents beim DPMA anmelden. Nach Anlage A I 1 des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG), die die Gebühren des DPMA für Patentsachen im Erteilungsverfahren bestimmt, ist bei Anmeldung, Prüfungs- und Rechercheantrag mehrerer Anmelder nur eine Gebühr zu zahlen (BPatG, Beschluss vom 5. August 1977 – 5 W (pat) 417/76, BPatGE 20, 94; Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 34 Rn. 17). Insofern war für die um Rechtsschutz nachsuchenden Beschwerdeführer der Umfang ihrer Zahlungspflicht nicht – wie vom Bundesgerichtshof (Schweißheizung, a. a. O., Rn. 14) gefordert – zweifelsfrei erkennbar. Denn für die Anmeldung ihrer Erfindung zur Erteilung eines Patents beim DPMA sowie für die Stellung eines Prüfungs- und Rechercheantrags fielen nach Anlage A I 1 des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) jeweils nur eine einzige Gebühr an, weshalb die Beschwerdeführer mit Blick auf die Amtliche Begründung, der zufolge im Beschwerdeverfahren die Gebühren „ebenso wie im patentamtlichen Verfahren“ erhoben werden sollen, nicht zweifelsfrei erkennen konnten, dass sie – möglicherweise – jeder eine Beschwerdegebühr nach Nummer 401 300 gemäß Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses des Patentkostengesetzes hätten zahlen müssen, um zu verhindern, dass die Einlegung ihrer Beschwerde nach § 73 PatG gegen den Beschluss der Prüfungsstelle des DPMA nach § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht vorgenommen gilt. Die Beschwerdeführer durften die Amtliche Begründung des „Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes“ berücksichtigen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Schweißheizung, a. a. O., Rn. 14) die Materialien zu einem Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der historischen Auslegungsmethode für die Auslegung der fraglichen Neuregelung heranzuziehen sind.

55

Neben den schon genannten Gründen hält der Senat Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses des Patentkostengesetzes trotz seines scheinbar eindeutigen Wortlauts, Gebühren für jeden „Antragsteller“/Beschwerdeführer gesondert zu erheben, auch deshalb für auslegungsbedürftig, weil die Antwort auf die Frage, ob der Wortlaut eines Gesetzes eindeutig und deshalb nicht auslegungsbedürftig ist, die Auslegung des Wortlauts des Gesetzes erfordert.

56

Der Senat setzt sich mit der geschilderten Auffassung nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in dem Beschluss „Mauersteinsatz“. Denn der Bundesgerichtshof hat dort (a. a. O., Rn. 8) die Auffassung des 10. Senats des Bundespatentgerichts bestätigt, dass im Einspruchsverfahren für die Beschwerde von zwei Patentinhabern zwei Beschwerdegebühren zu entrichten sind. Vorliegend geht es nicht um eine Beschwerde mehrerer Patentinhaber gegen eine Entscheidung einer Patentabteilung des DPMA im Einspruchsverfahren, sondern um die Beschwerde mehrerer Patentanmelder gegen die Entscheidung einer Prüfungsstelle des DPMA im Anmeldeverfahren. Soweit ersichtlich, ist die Frage, ob mehrere Personen, die sich gemeinsam gegen die Nichterteilung des von ihnen angemeldeten Patents wehren, eine oder mehrere Beschwerdegebühren zahlen müssen, gerichtlich noch nicht entschieden (Deichfuß, Gebühren im patentrechtlichen Verfahren bei Beteiligung mehrerer Personen, GRUR 2015, 1170, 1173 li. Sp.).

57

Mehrere Anmelder, die sich zwangsläufig gemeinsam gegen die Zurückweisung ihrer Patentanmeldung durch eine Prüfungsstelle des DPMA beim BPatG beschweren, zur Zahlung mehrerer Beschwerdegebühren zu verpflichten, erscheint in der Sache zudem unberechtigt. Mehrere Einsprechende können gegenüber dem BPatG durchaus unterschiedliche Einwendungen vorbringen und unterschiedliche Anträge stellen und damit einen Mehraufwand verursachen, der die Zahlung mehrerer Beschwerdegebühren rechtfertigt. An einem entsprechenden Mehraufwand seitens des BPatG, der mehrere Beschwerdegebühren rechtfertigen könnte, fehlt es aber, wenn nicht nur einer, sondern mehrere Anmelder Beschwerde gegen die Zurückweisung ihrer Patentanmeldung einlegen. Anders als mehrere Einsprechende sind mehrere Anmelder notwendige Streitgenossen, die einheitliche Anträge stellen müssen. Bei Streit ist das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Prozesses unter ihnen auszusetzen. Bleibt es bei unterschiedlichen Anträgen, ist wegen der Bindung an den Antrag die Beschwerde zurückzuweisen (Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 73 Rn. 103 mit Nachweisen zur Spruchpraxis des BPatG; ähnlich Deichfuß, a. a. O., 1175 li. Sp.).

58

f) Würde(n) die Beschwerde(n) der Anmelder nach § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht eingelegt gelten, weil sie die Beschwerdegebühren nicht bzw. nicht vollständig gezahlt haben, obwohl aus den genannten Gründen die um Rechtsschutz nachsuchenden Beschwerdeführer den Umfang ihrer Zahlungspflicht nicht zweifelsfrei erkennen konnten, würde dies auf eine mit dem Rechtsstaatlichkeitsgebot unvereinbare Erschwerung des Zugangs der Anmelder zu einer gerichtlichen Instanz hinauslaufen (BGH, Schweißheizung, a. a. O., Rn. 14). Darin läge ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, der als wesentliche rechtsstaatliche Verbürgung dem Einzelnen den lückenlosen Rechtsschutz gegen behauptete rechtswidrige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in seine Rechte gewährleistet und dem im Verfassungsgefüge des Grundgesetzes als Grundsatznorm für die gesamte Rechtsordnung überragende Bedeutung zukommt (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1981 – 2 BvR 1107/77, 2 BvR 1124/77, 2 BvR 195/79, NJW 1982, 507, Rn. 105 – Eurocontrol I).

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2. Die Beschwerde erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als nicht begründet, denn die Verkehrsschild-Vorrichtung nach Anspruch 1 wird dem Fachmann durch die Druckschrift D1 in Verbindung mit der Druckschrift D6 nahegelegt, so dass diese gemäß § 4 PatG wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist.

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Bei dieser Sachlage kann die Zulässigkeit des Anspruchs 1 dahingestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120-122, insbesondere 121, II.1 - Elastische Bandage).

61

Der zuständige Fachmann ist hier als ein berufserfahrener Ingenieur der Elektrotechnik mit Fachhochschulabschluss und Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von mit Solarzellen ausgestatteten, beleuchteten Verkehrsschildern zu definieren.

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3. Die Anmeldung betrifft eine Verkehrsschild-Vorrichtung mit einem Basispaneel, dessen Oberfläche zur Aufnahme einer grafischen Gestaltung gemäß einer genormten Vorgabe der STVO dimensioniert ist.

63

Solche Verkehrsschild-Vorrichtungen werden zur Regulierung des Verkehrs von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen verwendet. Die üblicherweise verwendeten Vorrichtungen weisen jedoch den Nachteil auf, dass sie bei Dämmerung oder Dunkelheit für die Fahrer von Fahrzeugen oft nur schwer erkennbar sind.

64

Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine Verkehrsschild-Vorrichtung zu schaffen, deren Erkennbarkeit bei Dämmerung und Dunkelheit gegenüber den bekannten Verkehrsschild-Vorrichtungen verbessert ist, vgl. geltende Beschreibungsseite 1.

65

Gelöst wird diese Aufgabe durch die Vorrichtung des Anspruchs 1.

66

Die beanspruchte Verkehrsschild-Vorrichtung zeichnet sich dadurch aus, dass sie ein Basispaneel und mindestens ein mit dem Basispaneel verbundenes Chassis aufweist, wobei die Oberfläche des Basispaneels zur Aufnahme einer grafischen Gestaltung gemäß einer genormten Vorgabe der STVO dimensioniert ist und im Bereich zumindest eines Teils der grafischen Gestaltung der Oberfläche des Basispaneels Leuchtelemente vorgesehen sind. Zum Erzeugen von elektrischem Strom bei Tageslicht ist die Oberfläche des Chassis mindestens teilweise mit Photovoltaik-Elementen versehen und im Inneren des Chassis ist neben einer mit den Photovoltaik-Elementen elektrisch verbundenen Stromspeicher-Einrichtung auch eine Steuereinheit untergebracht, die zum Steuern sowohl eines Einschaltvorgangs als auch eines Ausschaltvorgangs der mit der Stromspeicher-Einrichtung zeitweise elektrisch verbindbaren Leuchtelemente geeignet ist. Das Chassis ist zudem in zwei Chassisteile aufgeteilt, die durch einen Zwischenraum voneinander getrennt und so weit voneinander entfernt angeordnet sind, dass ihre jeweiligen Unterflächen eine stabile Standfläche der gesamten Verkehrsschild-Vorrichtung bilden. Diese beiden Chassisteile sind im Querschnitt jeweils im Wesentlichen dreieckförmig ausgebildet und zumindest eine obere Außenfläche des Chassis ist schräg angeordnet, so dass die Querschnittsfläche des Chassis-Körpers mit steigendem Abstand von dem Basispaneel abnimmt, wobei zusätzlich ein Photovoltaik-Elemente enthaltendes Photovoltaik-Paneel im Bereich der mindestens einen schräg angeordneten Außenfläche des Chassis-Körpers angeordnet ist.

67

Damit soll die Helligkeit aller oder zumindest wesentlicher Bestandteile der grafischen Gestaltung eines Verkehrsschildes bei Dämmerung und Dunkelheit wesentlich erhöht und eine deutliche Verbesserung der optischen Wahrnehmung des Verkehrsschildes seitens der Verkehrsteilnehmer erreicht werden, vgl. geltende Beschreibungsseite 2, letzter Absatz und Seite 3, erster Absatz.

68

4. Die Druckschrift D1, vgl. deren Fig. 1 bis 4 mit Bezugszeichenliste sowie die Beschreibung in den Abs. [0017] bis [0019], offenbart in Übereinstimmung mit dem Oberbegriff des Anspruchs 1 eine

69

Verkehrsschild-Vorrichtung (Warndreieck 1)

70

a) mit einem Basispaneel (dreieckiger Träger 10, dreieckige Platte 11), dessen Oberfläche zur Aufnahme einer grafischen Gestaltung gemäß einer genormten Vorgabe der STVO dimensioniert ist (Warndreieck 1),

71

b) wobei im Bereich zumindest eines Teils der grafischen Gestaltung der Oberfläche des Basispaneels (10, 11) Leuchtelemente (dreieckige Warnfläche 13, die mittels Elektrolumineszenz bzw. Leuchtdioden beleuchtet wird) vorgesehen sind,

72

c) wobei mindestens ein mit dem Basispaneel (10, 11) verbundenes Chassis (Grundrahmen 12) vorgesehen ist,

73

d) dessen Oberfläche mindestens teilweise mit Photovoltaik-Elementen (Solarzellenplatte 23) zum Erzeugen von elektrischem Strom bei Tageslicht versehen ist

74

e) und in dessen Inneren eine mit den Photovoltaik-Elementen (23) elektrisch verbundene Stromspeicher-Einrichtung (Stromquelle, Batterie, wiederaufladbare Stromversorgungseinrichtung 20, 21, 22 / vgl. Abs. [0019]) sowie eine Steuereinheit (Schaltungen, Steuerkreis / vgl. Abs. [0019]) zum Steuern sowohl eines Einschaltvorgangs als auch eines Ausschaltvorgangs der mit der Stromspeicher-Einrichtung zeitweise elektrisch verbindbaren Leuchtelemente (13) untergebracht sind.

75

Wie zudem in Fig. 3 und 4 der D1 gezeigt, hat der Grundrahmen (12) des Warndreiecks ein nach unten offenes U-förmiges Profil, wobei in den Enden der Schenkel jeweils ein Gegengewicht (40) zur Erhöhung des Standfestigkeit und im Zwischenraum zwischen den Schenkeln eine drehbare Stütze (30) vorgesehen sind, vgl. Abs. [0018]. Damit sind aber auch die weiteren Merkmale f) und g) des Anspruchs 1 aus der D1 bekannt, wonach das Chassis (Grundrahmen 12) in zwei Chassisteile (linker und rechter Schenkel des Grundrahmens 12, vgl. Fig. 5 u. 6) aufgeteilt ist, die durch einen Zwischenraum (Raum für die drehbare Stütze 30) voneinander getrennt sind, wobei die beiden Chassisteile so weit voneinander entfernt angeordnet sind, dass ihre jeweiligen Unterflächen eine stabile Standfläche der insgesamten Verkehrsschild-Vorrichtung (1) bilden.

76

Folglich ist aus der Druckschrift D1 eine Verkehrsschild-Vorrichtung bekannt, die bis auf die Merkmale h) bis j), wonach

77

h) die beiden Chassisteile im Querschnitt jeweils im Wesentlichen dreieckförmig ausgebildet sind,

78

i) zumindest eine obere Außenfläche der Außenflächen schräg angeordnet ist derart, dass die Querschnittsfläche eines Chassis-Körpers mit steigendem Abstand von dem Basispaneel abnimmt,

79

j) und ein Photovoltaik-Elemente enthaltendes Photovoltaik-Paneel im Bereich der mindestens einen schräg angeordneten Außenfläche eines Chassis-Körpers angeordnet ist,

80

sämtliche Merkmale der Verkehrsschild-Vorrichtung des Anspruchs 1 aufweist.

81

Diese verbleibenden Merkmale können jedoch keine erfinderische Tätigkeit des Fachmanns begründen. Denn aus den Figuren der D1 erkennt er sofort, dass die waagerechte Anordnung der Solarzelle im unteren Bereich des Warndreiecks nachteilig ist, da sie dadurch häufig der Beschattung durch das Basispaneel ausgesetzt ist und zudem wegen der waagerechten Platzierung ineffizient arbeitet. Ausgehend von dieser Erkenntnis wird der Fachmann bestrebt sein, die Anordnung der Solarzelle hinsichtlich ihres Ertrags und ihrer Einbindung in das Chassis zu optimieren. In diesem Zusammenhang entnimmt er der Druckschrift D6, vgl. deren Abstract mit Figur, die vorteilhafte Lehre, bei einem Verkehrsschild die Solarzelle an einer erhöhten Stelle und geneigt anzuordnen, indem das Chassis entlang der Rückseite des Verkehrsschildes nach oben hin vergrößert und mit einer geneigten Oberseite ausgebildet wird, auf der sich dann die Solarzelle befindet, was der Fachmann in naheliegender Weise bei dem Verkehrsschild nach der Druckschrift D1 anwendet. Wie aus der Figur des Abstracts von D6 ersichtlich, ergibt sich bei einer solchen Ausgestaltung des Chassis automatisch eine im Querschnitt im Wesentlichen dreieckförmige Ausbildung des Chassis, dessen obere Außenfläche schräg angeordnet ist, wobei die Querschnittsfläche des Chassis-Körpers mit steigendem Abstand von dem Basispaneel abnimmt und ein Photovoltaik-Elemente enthaltendes Photovoltaik-Paneel im Bereich der schräg angeordneten Außenfläche des Chassis-Körpers angeordnet ist. Dabei wird der Fachmann, wie bereits in der D1 angedeutet, das Chassis in zwei Chassisteile im linken bzw. rechten Bereich der Rückseite des Verkehrsschildes aufteilen, um die Stützleiste (33) weiterhin an der Rückseite der Platte (11) schwenkbar befestigen können.

82

Damit ergeben sich die verbleibenden Merkmale (h) bis (j) in naheliegender Weise aus der Druckschrift D6, so dass die Verkehrsschild-Vorrichtung des Anspruchs 1 dem Fachmann durch die Druckschrift D1 i. V. m. der D6 nahegelegt und folglich wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist.

83

5. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelder zurückzuweisen.