Entscheidungsdatum: 03.12.2013
Satz aus Mauersteinen
Die Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des als Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG erlassenen Gebührenverzeichnisses enthält bezogen auf den Fall einer Mehrheit von Beschwerdeführern die eindeutige und klare Festlegung, dass die Beschwerdegebühr entsprechend mehrfach zu zahlen ist. Eine Unterscheidung danach, ob es sich bei den Beschwerdeführern um die Schutzrechtsinhaber oder die Personen handelt, die mit dem Rechtsbehelf gegen das Schutzrecht vorgehen, hat der Gesetzgeber bei den Fallgruppen des Gebührentatbestandes Nr. 401 100 nicht vorgenommen. Damit scheidet auch eine gebührenrechtliche Privilegierung von Patentinhabern, die sich mit einer gemeinsamen Beschwerde gegen den Widerruf ihres Patents wehren, aus.
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2006 002 825
…
…
hat der vormals 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts - nunmehr 10. Senat - auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Eisenrauch und Dr.-Ing. Großmann
beschlossen:
Die Beschwerde gilt als nicht erhoben.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die Beschwerdeführerinnen sind die Inhaberinnen des mit Beschluss vom 27. Februar 2008 ihnen erteilten Patents 10 2006 002 825 mit der Bezeichnung „Satz aus Mauersteinen“. Auf den zulässigen Einspruch zweier Einsprechenden hin hat die Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) das Patent mit Beschluss vom 7. Juli 2009 widerrufen. Gegen diesen Beschluss haben die beiden Patentinhaberinnen mit Schriftsatz ihres gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten vom 9. Oktober 2009 - „Namens und im Auftrag der Patentinhaberinnen …“ - Beschwerde eingelegt und hierzu die in der Rechtsmittelbelehrung genannte Gebühr in Höhe von 500,-- € entrichtet.
Sowohl die Patentinhaberinnen als auch die Einsprechende haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht (BPatG) Anträge zur Sache gestellt. Die Einsprechende hat darüber hinaus sinngemäß beantragt, festzustellen, dass die Beschwerde wegen fehlender bzw. nicht vollständiger Zahlung der Beschwerdegebühr als nicht eingelegt gelte.
Die Patentinhaberinnen sind dagegen der Auffassung, dass die Zahlung der Gebühr in Höhe der entrichteten 500,-- € ausreichend gewesen sei. Dies folge bereits aus dem Umstand, dass sie als gemeinschaftliche Schutzrechtsinhaberinnen notwendige Streitgenoss(inn)en seien. Erstmals mit Schriftsatz vom 29. November 2013 haben sie zudem vorgetragen, sie seien - jedenfalls in der Beschwerdeinstanz - als eine Rechtsperson, nämlich als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) anzusehen. Für den Fall, dass der Senat dennoch der Auffassung sei, dass eine Beschwerdegebühr „fehle“, werde nachträglich die Beschwerdeführerin zu 1.) als alleinige Beschwerdeführerin benannt. Nur diese sei auch in der Einzugsermächtigung, die der Beschwerdeschrift beigefügt gewesen sei, in der Rubrik „Name des Schutzrechtsinhabers“ genannt worden. Eine entsprechende Kopie der Einzugsermächtigung haben die Patentinhaberinnen in der mündlichen Verhandlung vorgelegt.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
1. Gemäß § 6 Abs. 2 des Patentkostengesetzes (PatKostG) war durch Beschluss festzustellen, dass die vorliegende Beschwerde als nicht erhoben gilt.
Diese Rechtsfolge ergibt sich aus dem Umstand, dass die Patentinhaberinnen ihrer nach dem Patentkostengesetz (PatKostG) obliegenden Zahlungsverpflichtung nicht in vollem Umfang nachgekommen sind, indem sie zu ihrer gemeinsam eingelegte Beschwerde die Gebühr Nr. 401 100 gemäß dem Gebührenverzeichnis (Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) in Höhe von 500,-- € nur einmal entrichtet haben.
a) Die Patentinhaberinnen sind zwei „Antragsteller“ im Sinne von Absatz 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des als Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG erlassenen Gebührenverzeichnisses (im Folgenden: „die genannte Regelung“), wonach die Beschwerdegebühr gemäß Nr. 401 100 „für jeden Antragsteller gesondert erhoben“ wird. Hiernach hätten die beiden Patentinhaberinnen zu ihrer am 9. Oktober 2009 gemeinsam beim DPMA erhobene Beschwerde zwei Beschwerdegebühren in Höhe von insgesamt 1.000,-- € zahlen müssen, was jedoch ersichtlich unterblieben ist.
aa) Nicht gefolgt werden kann den Patentinhaberinnen in der Auffassung, allein aus dem Umstand, dass sie als notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 ZPO gemeinsam das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt hätten, folge, dass sie in der Beschwerdeinstanz als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) anzusehen seien. Dieser Vortrag wäre grundsätzlich beachtlich, weil nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine GbR durchaus ein teilrechtsfähiges Gebilde darstellen kann, selbst Rechte erwerben sowie Verbindlichkeiten eingehen kann (vgl. z. B. BGH NJW 2009, 594, 595, Rz. 10 ff. - m. w. N.). Die gemeinsame Einlegung eines Rechtsmittels als notwendige Streitgenossen erfolgt aber nicht notwendigerweise in der Rechtsform einer GbR. Mangels anderweitiger Anhaltspunkt stellen die Patentinhaberinnen eine Schutzrechtsinhabergemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne von §§ 741 ff. BGB dar, der keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt (vgl. Hövelmann, Mitt. 1999, 129 - m. w. N.). Damit sind die Patentinhaberinnen vorliegend auch in dieser Rechtsform Rechtsmittelführer.
bb) Im Übrigen wäre auch der Einwand der beiden Patentinhaberinnen, sie seien von Anfang an in der Rechtsform einer GbR organisiert, unbeachtlich. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass dieser Gesichtspunkt erstmals mit Schriftsatz vom 29. November 2013 und damit verspätet ins Feld geführt wurde. Das Bestehen einer gebührenrechtlich privilegierten Rechtsgemeinschaft muss innerhalb der Beschwerdefrist vorgetragen worden sein, um Berücksichtigung finden zu können (vgl. BGH GRUR 1984, 36, 38 - „Transportfahrzeug“). Dabei wäre ein solcher mit Schriftsatz vom 29. November 2013 erfolgter Vortrag selbst dann als verspätet zu bewerten, wenn man die dem vorliegend angefochtenen Beschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung wegen eines unvollständigen oder missverständlichen Gebührenhinweises als fehlerhaft ansehen müsste (vgl. hierzu BGH GRUR 1982, 414, 416 f. - „Einsteckschloss“). Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 59 Abs. 5 PatG wäre die Beschwerdefrist in diesem Falle nicht völlig entfallen, sondern allenfalls auf ein Jahr ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Beschlusses verlängert worden.
cc) Auch eine Auslegung der Beschwerde dahingehend, nur die Beschwerdeführerin zu 1.) sei Rechtsmittelführerin geworden, kommt nicht in Betracht. Der eindeutige Wortlaut der Beschwerdeschrift, wonach „Namens und im Auftrag der Patentinhaberinnen …“ Beschwerde eingelegt werde, lässt eine solche Auslegung - auch unter Berücksichtigung des Inhalts der beigefügten Einzugsermächtigung - nicht zu. Darüber hinaus ist zu beachten, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Person des Beschwerdeführers innerhalb der Beschwerdefrist erkennbar sein muss. Ist innerhalb dieser Frist nicht feststellbar, welchem der möglichen Beschwerdeführer die Einzahlung der Beschwerdegebühr zuzuordnen ist, gelten sämtliche Beschwerden als nicht erhoben (vgl. BGH GRUR 1984, 36, 38 - „Transportfahrzeug“; Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., Anhang 15, § 2 PatKostG, Rn. 11).
b) Die genannte Regelung enthält bezogen auf den Fall einer Mehrheit von Beschwerdeführern die eindeutige und klare Festlegung, dass die Beschwerdegebühr entsprechend mehrfach zu zahlen ist. Eine Unterscheidung danach, ob es sich bei den Beschwerdeführern um die Schutzrechtsinhaber oder die Personen handelt, die mit dem Rechtsbehelf gegen das Schutzrecht vorgehen, hat der Gesetzgeber bei den Fallgruppen des Gebührentatbestandes Nr. 401 100 nicht vorgenommen. Damit scheidet auch eine gebührenrechtliche Privilegierung von Patentinhabern, die sich mit einer gemeinsamen Beschwerde gegen den Widerruf ihres Patents wehren, aus.
aa) Die genannte Regelung ist durch das „Gesetz zur Änderung des patentamtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes“ vom 21. Juni 2006 in das PatKostG eingefügt worden und am 1. Juli 2006 in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 28 vom 26. Juni 2006, S. 1318 ff.; Bl.f.PMZ 2006, 225 ff.). Durch die Verweisung von Absatz 1 innerhalb der genannten Regelung auf die Fallgruppen des Gebührentatbestands Nr. 401 100 ergibt sich, dass die Formulierung „für jeden Antragsteller“ den Bedeutungsinhalt „für jeden Beschwerdeführer“ hat. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass für ein Beschwerdeverfahren, das von mehreren Beteiligten gemeinsam vor dem BPatG betrieben wird, jeder Beteiligte die Gebühr für das Beschwerdeverfahren zu zahlen hat (vgl. die Gesetzesbegründung: Bl.f.PMZ 2006, 225, 229, li. Sp. oben, und 235, li. Sp.). Die genannte Regelung ordnet somit eine Mehrfachzahlung der Beschwerdegebühr entsprechend der Anzahl der Rechtsmittelführer an - und zwar insbesondere auch für den Fall, dass eine Beschwerde gemeinsam durch einen Vertreter eingelegt wird (vgl. hierzu auch: BGH GRUR 2011, 509, 510, Rz. 14 ff. - „Schweißheizung“; Busse/Engels, PatG, 7. Aufl., § 73 Rn. 24).
bb) Entgegen der Auffassung der Patentinhaberinnen und wohl auch entgegen der Meinung einiger technischer Beschwerdesenate des BPatG ist davon auszugehen, dass die genannte Regelung keine Rücksicht darauf nimmt, dass es sich bei einer Mehrheit von Schutzrechtsinhabern in prozessualer Hinsicht um notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 ZPO handelt.
aaa) Die genannte Gegenmeinung argumentiert - soweit ersichtlich - damit, der Gesetzgeber habe die Formulierung, dass die Beschwerdegebühr „für jeden Antragsteller gesondert erhoben“ werde, möglicherweise bewusst gewählt, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass eine Mehrfachzahlung von Gebühren aus Gründen der Billigkeit dann nicht geboten sei, wenn der prozessuale Erfolg der Beschwerdeführer von einer einheitlichen Antragstellung abhängig sei und daher regelmäßig mit einer solchen Antragstellung gerechnet werden könne.
Zutreffend ist hieran, dass bei solchen Patentinhabern, die sich - wie vorliegend - als notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 ZPO mit dem Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Widerruf ihres Patents wehren, eine Obliegenheit zur einheitlichen Antragstellung besteht (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 73 Rn. 103; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 33. Aufl., § 62 Rn. 7). Allerdings muss beachtet werden, dass ein bestimmter materiell-rechtlicher oder prozessualer Umstand nur dann auch als gebührenrechtlicher Sonderfall berücksichtigt werden darf, wenn dies so durch eine ausdrückliche und unzweideutige, gebührenrechtliche Regelung bestimmt wird (vgl. BGH GRUR 1984, 36, 37, re. Sp. - „Transportfahrzeug“). Gemessen an diesen Anforderungen ist die in der genannten Regelung enthaltene Formulierung, dass die Beschwerdegebühr „für jeden Antragsteller gesondert erhoben“ wird, zu unspezifisch, um ihr eine Privilegierung solcher Patentinhaber, die sich mit einer gemeinsamen Beschwerde gegen den Widerruf ihres Patents wehren, entnehmen zu können.
bbb) Nebenbei bemerkt sind auch keine überzeugenden Sachargumente ersichtlich, weshalb die genannte Regelung eine Mehrheit von Patentinhabern gegenüber einer Mehrheit von Einsprechenden gebührenrechtlich privilegieren sollte. Auch bei notwendigen Streitgenossen im Sinne von § 62 ZPO gilt, dass jeder einzelne Genosse berechtigt ist, das gegebene Rechtsmittel einzulegen, und jeder für sich allein entscheiden kann, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen möchte. Legt nur einer der Genossen Beschwerde ein, werden zwar auch die anderen Verfahrensbeteiligte (Partei), aber nicht Beschwerdeführer - d. h. sie sind zwar im Beschwerdeverfahren gemäß § 62 Abs. 2 ZPO zuzuziehen, können aber keine Anträge stellen (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 73 Rn. 55; Hövelmann, Mitt. 1999, 129, 134). Dabei ist die Parteistellung des untätigen, notwendigen Streitgenossen, der nicht Rechtsmittelführer ist, auch insoweit unvollkommen, als seine Verfahrensbeteiligung ohne weiteres mit der Zurücknahme der Beschwerde durch den Rechtsmittelführer oder mit der Verwerfung der Beschwerde als unzulässig endet (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 62 Rn. 32; Hövelmann, a. a. O.). Ausgangspunkt muss somit auch hier die Überlegung sein, dass einer von mehreren Patentinhabern, der sich eine optimale Einflussmöglichkeit auf das Beschwerdeverfahren sichern möchte, an sich zur Einlegung einer eigenen Beschwerde - unter Zahlung der entsprechenden Gebühr - gezwungen wäre. Damit beurteilen sich aber die prozessualen Gegebenheiten bei einem Patentinhaber von mehreren nicht wesentlich anders als bei einem Einsprechenden von mehreren. Beim Einsprechenden ist in solchen Fällen die Beschwerdeeinlegung nur insoweit von größerer verfahrensrechtlicher Bedeutung, als für diesen die Einlegung einer eigenen Beschwerde eine notwendige Bedingung für die Beteiligung an einem Beschwerdeverfahren darstellt.
2. Der vorliegende Sachverhalt wirft eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Daneben ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die Rechtsbeschwerde war somit zuzulassen (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PatG).