Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 15.02.2011


BPatG 15.02.2011 - 23 W (pat) 17/09

Patentbeschwerdeverfahren - "Speicherzelle, Lesevorrichtung für die Speicherzelle sowie Speicheranordnungen mit einer derartigen Speicherzelle und Lesevorrichtung" - zur Sachdienlichkeit einer Anhörung im Prüfungsverfahren


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
23. Senat
Entscheidungsdatum:
15.02.2011
Aktenzeichen:
23 W (pat) 17/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2005 029 872.9-55

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner sowie der Richter Brandt, Metternich und Dr. Friedrich

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 27. Juni 2005 mit der Bezeichnung „Speicherzelle, Lesevorrichtung für die Speicherzelle sowie Speicheranordnungen mit einer derartigen Speicherzelle und Lesevorrichtung“ beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

2

Im Prüfungsverfahren hat die Prüfungsstelle für Klasse G 11 C zum Stand der Technik auf die Druckschriften

3

D1 DE 22 51 640 A1

4

D2 US 2004/0041080 A1

5

D3 W.M. Regitz , J. Karp: „Three-transistor-cell 1024-bit 500 ns MOS RAM“, in: IEEE Journal of Solid-State Circuits, Bd. 5, Nr. 5, Okt. 1970, S. 181 - 186

6

D4 R.A. Abbott, W.M. Regitz , J.A. Karp: „A 4k MOS dynamic random-access memory“, in: IEEE Journal of Solid-State Circuits, Bd. 8, Nr. 5, Okt. 1973, S. 292 - 298,

7

und

8

D5 US 6 347 050 B1

9

hingewiesen und u. a. bemängelt, der auf eine Lesevorrichtung gerichtete Patentanspruch 15 lasse nicht erkennen, wie die Lesevorrichtung zur Erfassung einer Bit-Information das Potential der zwei Eingangsanschlüsse entsprechend ihrem Arbeitspunkt einstellen könne. Ein auf den konkreten Aufbau der Lesevorrichtung gerichteter Patentanspruch gemäß dem von der Prüfungsstelle formulierten Anspruchsvorschlag sei jedoch gewährbar.

10

Nachdem die Anmelderin daraufhin die Patenterteilung mit einem gegenüber diesem Anspruchsvorschlag weitaus allgemeiner abgefassten Anspruch 1 beantragt hat, hat die Prüfungsstelle die Anmeldung mit Beschluss vom 24. Oktober 2006 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Anspruch 1 nicht den Forderungen des § 34 (3) Satz 3 PatG i. V. m. § 9 (4) PatV genüge, weil er nicht die nach §§ 1 - 5 PatG patentfähige Erfindung mit ihren wesentlichen Merkmalen unter Schutz stelle.

11

Den von der Anmelderin gestellten Antrag auf Anhörung hat die Prüfungsstelle mit der Begründung zurückgewiesen, die Beurteilung dessen, was als für die Erfindung wesentlich anzusehen sei, habe sich auf beiden Seiten gefestigt, so dass eine Konsensbildung in der Anhörung höchst unwahrscheinlich sei, womit diese nicht sachdienlich, sondern verfahrensverzögernd sei.

12

Gegen diesen am 23. November 2006 zugestellten Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 22. Dezember 2006, eingegangen am selben Tag.

13

Sie hat in der Beschwerdeschrift beantragt,

14

1. den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle vom 24. Oktober 2006 aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der geltenden Anmeldungsunterlagen, insbesondere der geltenden Ansprüche 1 bis 24 zu erteilen,

15

2. die Zurückzahlung der gemäß § 6 PatKostG fälligen Beschwerdegebühr in Übereinstimmung mit § 73 (3) PatG bzw. § 18 (3) PatG wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels zu veranlassen, und

16

3. eine mündliche Verhandlung gemäß § 78 PatG anzuberaumen, wenn dem Antrag gemäß 1. nicht ohne Weiteres gefolgt werden kann.

17

Als wesentlichen Verfahrensmangel sieht die Anmelderin dabei die Ablehnung der von ihr mehrfach beantragten Anhörung durch die Prüfungsstelle an.

18

Hilfsweise hat die Anmelderin außerdem für den Fall, dass der Senat der Meinung sein sollte, dass zur Erarbeitung einer gewährbaren Anspruchsfassung eine eingehendere Diskussion bzw. Prüfung des Sachverhalts erforderlich ist, beantragt, die Patentanmeldung zur Fortführung des Prüfungsverfahrens an die Prüfungsstelle zurückzuverweisen mit der Maßgabe, mit der Anmelderin zur Klärung des Sachverhalts eine Anhörung gemäß § 46 PatG durchzuführen.

19

Mit der Terminsladung hat der Senat zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung der Anmelderin noch die Druckschriften

20

D6 DE 102 19 649 C1

21

D7 US 4 771 194 und

22

D8 US 4 918 341

23

übermittelt und dargelegt, dass diese im Hinblick auf die Patentfähigkeit der Gegenstände der geltenden Ansprüche von Bedeutung sein dürften.

24

Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2011 hat die Anmelderin daraufhin den Antrag auf Durchführung einer Anhörung gemäß § 46 PatG zurückgenommen und mitgeteilt, dass sie den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrnehmen wird.

25

Mithin liegt von der Anmelderin aus dem schriftlichen Verfahren der Antrag auf Patenterteilung mit den geltenden Unterlagen, nämlich

26

- den Patentansprüchen 1 bis 24, eingereicht mit der Eingabe vom 29. August 2006, eingegangen am selben Tag,

27

- der Beschreibung Seiten 1 bis 9 und 9a, eingereicht mit der Eingabe vom 29. August 2006, eingegangen am selben Tag,

28

- der Beschreibung S. 10 bis 20 vom Anmeldetag, eingegangen am 27. Juni 2005, und

29

- den Figuren 1 bis 7, eingegangen am 13. Juli 2005,

30

sowie der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr vor.

31

Der mit der Eingabe vom 29. August eingereichte geltende Patentanspruch 1 lautet:

32

„Lesevorrichtung mit zwei Eingangsanschlüssen (31, 32) und einem Ausgangsanschluss (34), wobei die Lesevorrichtung (20) derart ausgestaltet ist, dass die Lesevorrichtung (20) über einen Strom, welcher zwischen den zwei Eingangsanschlüssen (31, 32) fließt, eine 1-Bit-Information erfassen und über den Ausgangsanschluss (34) ausgeben kann, dadurch gekennzeichnet, dass die Lesevorrichtung (20) Transistoren (21 - 25) umfasst, und dass die Lesevorrichtung (20) derart ausgestaltet ist, dass die Lesevorrichtung (20) ihren Arbeitspunkt selbst einstellt, indem die Lesevorrichtung (20) das Potenzial der zwei Eingangsanschlüsse (31, 32) entsprechend einstellt.“

33

Hinsichtlich des geltenden nebengeordneten Patentanspruchs 12, der geltenden Unteransprüche 2 bis 11 und 13 bis 24 sowie hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

34

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich als nicht begründet, denn die Lesevorrichtung nach dem geltenden Anspruch 1 ist mangels Neuheit nicht patentfähig.

35

Bei dieser Sachlage kann die Zulässigkeit der geltenden Ansprüche dahingestellt bleiben, vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 - „Elastische Bandage“.

36

Als Fachmann ist im vorliegenden Fall ein in der Halbleiterindustrie tätiger und mit dem schaltungstechnischen Entwurf von Speicherschaltungen und den zugehörigen Lesevorrichtungen betrauter berufserfahrener Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit Hochschulabschluss anzusehen.

37

1. Gemäß den geltenden Beschreibungsunterlagen S. 1, 1. Abs., betrifft die Anmeldung eine Lesevorrichtung für eine Speicherzelle sowie außerdem Speicheranordnungen mit einer derartigen Speicherzelle und einer derartigen Lesevorrichtung.

38

Neben einer kurzen Zugriffszeit und einem geringen Flächenbedarf für die einzelnen Speicherzellen sollen Halbleiterspeicheranordnungen auch einen geringen Energieverbrauch aufweisen und bei niedriger Versorgungsspannung betrieben werden können, um sie problemlos in netzunabhängigen batteriebetriebenen Geräten einsetzen zu können. Diese Anforderungen erfüllen Speicheranordnungen aus sogenannten „3T-Speicherzellen“. Die Angabe „3 T“ charakterisiert dabei den Aufbau der Speicherzelle aus drei MOS-Transistoren. Neben einem ersten MOS-Transistor und einer an diesen angeschlossenen Speicherkapazität weist eine solche Zelle nämlich einen zweiten und dritten MOS-Transistor auf, wobei das Gate des dritten Transistors so mit der Speicherkapazität verbunden ist, dass dieser Transistor abhängig vom Speicherinhalt der Speicherzelle in den leitenden oder den sperrenden Zustand gesteuert wird. Wird der ihm in Reihe vorgeschaltete zweite MOS-Transistor durch eine entsprechende Spannung an seinem Gateanschluss eingeschaltet, so kann der Speicherinhalt der Speicherzelle detektiert werden, indem der Stromfluss durch einen die beiden Transistoren verbindenden Leitungszweig mit Hilfe einer Lesevorrichtung bewertet wird. Hierzu sind die beiden Enden dieses Leitungszweigs an zwei Leseleitungen angeschlossen, die mit einer Lesevorrichtung verbunden sind, vgl. S. 2, 3. Abs., bis S. 3, 1. Abs. i. V. m. Fig. 1 und S. 10, 2. Abs. bis S. 12, 1. Abs. der geltenden Beschreibungsunterlagen.

39

Die oben genannten Vorteile der „3T“-Anordnung ergeben sich daraus, dass der Strom nur während des Lesevorgangs, also nur bei eingeschaltetem zweitem Transistor fließt, dass außerdem die geringe Zahl von Bauelementen kurze Umlade- und damit Zugriffszeiten ermöglicht und dass weiterhin die MOS-Transistoren mit einer niedrigen Steuerspannung betrieben werden können. Außerdem hat die Anordnung aus den drei Transistoren und dem Speicherkondensator nur einen geringen Flächenbedarf.

40

Um bei einer solchen Anordnung die beiden Programmierzustände der Speicherzelle sicher detektieren zu können, muss der Arbeitspunkt der Lesevorrichtung so eingestellt werden, dass diese stets in ihrem empfindlichen Bereich arbeitet, so dass geringe Änderungen der Steuerspannung am Lesetransistor deutliche Stromänderungen im Lesestromkreis bewirken. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die elektrischen Kenngrößen der MOS-Transistoren der Speicherzellen bedingt durch unvermeidbare Herstellungstoleranzen bei der Speicherfertigung mehr oder weniger von ihren Sollwerten abweichen können, so dass eine Vorabeinstellung des Arbeitspunktes zu Problemen bei der Auswertung der Messwerte führen kann.

41

Der Anmeldung liegt angesichts der vorangehend geschilderten Probleme als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine Lesevorrichtung bereitzustellen, welche im Vergleich zum Stand der Technik einen geringen Flächenbedarf und geringen Stromverbrauch aufweist sowie nur eine geringe Versorgungsspannung benötigt, vgl. S. 3, Zeilen 4 bis 8 der geltenden Beschreibungsunterlagen.

42

Im Hinblick auf die geltenden nebengeordneten Ansprüche ist diese Aufgabenstellung im Wege der Auslegung dahingehend zu ergänzen, dass eine Lesevorrichtung und eine Speicheranordnung bereitgestellt werden soll, bei denen die Programmierzustände der Speicherzellen sicher detektiert werden können.

43

Gemäß dem geltenden Anspruch 1 wird diese Aufgabe gelöst durch eine

44

Lesevorrichtung mit zwei Eingangsanschlüssen (31, 32) und einem Ausgangsanschluss (34), wobei die Lesevorrichtung (20) derart ausgestaltet ist, dass die Lesevorrichtung (20) über einen Strom, welcher zwischen den zwei Eingangsanschlüssen (31, 32) fließt, eine 1-Bit-Information erfassen und über den Ausgangsanschluss (34) ausgeben kann,

45

dadurch gekennzeichnet, dass die Lesevorrichtung (20) Transistoren (21 - 25) umfasst, und dass die Lesevorrichtung (20) derart ausgestaltet ist, dass die Lesevorrichtung (20) ihren Arbeitspunkt selbst einstellt, indem die Lesevorrichtung (20) das Potenzial der zwei Eingangsanschlüsse (31, 32) entsprechend einstellt.

46

Gemäß dem nebengeordneten geltenden Patentanspruch 12 wird die Aufgabe im Hinblick auf eine Speichervorrichtung außerdem gelöst durch eine

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Speicheranordnung, welche mindestens eine Lesevorrichtung nach einem der Ansprüche 1 - 11, mehrere Speicherzellen (1) und zwei Leitungen (5, 6) umfasst,

48

wobei die Speicheranordnung (40) derart ausgestaltet ist, dass bei jeder Speicherzelle (1) ein erster der zwei Leseanschlüsse (2, 3) mit einer ersten der zwei Leitungen (5, 6) und ein zweiter der zwei Leseanschlüsse (2, 3) mit einer zweiten der zwei Leitungen (5, 6) verbunden ist,

49

wobei die erste Leitung (5; 6) ebenfalls mit einem der zwei Eingangsanschlüsse (31, 32) der Lesevorrichtung (20) und die zweite Leitung (6; 5) ebenfalls mit dem anderen der zwei Eingangsanschlüsse (31, 32) verbunden ist.

   

50

2. Der geltende Anspruch 1 genügt den Anforderungen des § 34 (3) Satz 3 PatG i. V. m. § 9 (4) PatV.

51

Der geltende Anspruch 1 gibt dem Fachmann die Lehre, dass die Lesevorrichtung den Programmierzustand über den Strom zwischen ihren beiden Eingangsanschlüssen erfasst. Hierzu stellt die Lesevorrichtung ihren Arbeitspunkt selbst ein, indem sie das Potential der beiden Eingangsanschlüsse entsprechend einstellt. Weiterhin umfasst die Lesevorrichtung Transistoren. Damit gibt der geltende Anspruch 1 an, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll, wie es § 34 (3) Satz 3 PatG verlangt. Der erfindungswesentliche Sachverhalt wird gemäß dem Anspruchswortlaut nämlich darin gesehen, dass die Lesevorrichtung den Programmierzustand der Speicherzelle über den Strom zwischen ihren beiden Eingangsanschlüssen erfasst und dabei ihren Arbeitspunkt selbst einstellt, indem sie das Potential der beiden Eingangsanschlüsse entsprechend einstellt, wobei sie Transistoren aufweist. Die mit dem Anspruch 1 unter Schutz gestellte Lehre ist damit zwar sehr allgemein, gewährleistet aber die eindeutige Identifizierbarkeit des Gegenstandes, der unter Schutz gestellt werden soll. Bei dieser Sachlage bestand für die Anmelderin im Prüfungsverfahren kein Anlass, diese Lehre durch Aufnahme von Merkmalen aus dem Ausführungsbeispiel der Anmeldung zu beschränken, solange der nachgewiesene Stand der Technik der Patentfähigkeit der im Anspruch 1 gegebenen allgemeinen Lehre nicht entgegen steht. Angaben, die der Fachmann zur Ausführung der anspruchsgemäßen Lehre benötigt, müssen nicht im Patentanspruch enthalten sein; es genügt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall im Ausführungsbeispiel gemäß der Fig. 7 und der zugehörigen Beschreibung - in den Anmeldungsunterlagen enthalten sind.

52

3. Über den von der Prüfungsstelle ermittelten Stand der Technik hinausgehend wurde vom Senat in der IPC-Klasse G 11 C 7/06, in der auch die Anmeldung klassifiziert ist, u. a. noch die Druckschrift D6 (DE 102 19 649 C1) ermittelt. Die Lesevorrichtung nach dem geltenden Anspruch 1 ist gegenüber der Lesevorrichtung nach dieser Druckschrift nicht neu.

53

Die Druckschrift D6 offenbart eine Speicheranordnung mit einer Lesevorrichtung zum Bewerten des Speicherzustandes der Speicherzellen (Es kann auch vorgesehen sein, dass die Schaltungsanordnung zum Auslesen und Bewerten eines Speicherzustandes der SRAM-Speicherzelle eine erfindungsgemäße differentielle Strombewerterschaltung SBS gemäß Fig. 5, insbesondere mit einem Differenzverstärker DV, welcher eine Zusatzbeschaltung entsprechend der Darstellung in Fig. 6 aufweist, besitzt / Abschnitt [0061]) .

54

Diese Lesevorrichtung weist in Übereinstimmung mit der im Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 gegebenen Lehre zwei Eingangsanschlüsse (Eingang inp mit daran angeschlossener Bitleitung BL, Eingang inn mit daran angeschlossener Bitleitung BLB) und mindestens einen Ausgangsanschluss ( outp , outn ) auf und ist so ausgestaltet, dass sie die in der Speicherzelle gespeicherte 1-Bit-Information über einen Strom erfasst, der zwischen den beiden Eingangsanschlüssen fließt, und die Information über den Ausgangsanschluss ausgeben kann (Eine erfindungsgemäße differentielle Strombewerterschaltung SBS (Fig. 5) weist einen Differenzverstärker DV auf, dessen erster Eingang inp mit einer ersten Bitleitung BL eines Bitleitungspaares elektrisch verbunden ist. Ein zweiter Eingang inn des Differenzverstärkers DV ist mit einer zweiten Bitleitung BLB des Bitleitungspaares elektrisch verbunden. Die beiden Eingänge inp und inn sind zugleich der erste bzw. zweite Eingang der differentiellen Strombewerterschaltung SBS / Sp. 10, Zeilen 4 bis 12; Die an den Ausgängen outp und outn des Differenzverstärkers DV bzw. der differentiellen Strombewerterschaltung SBS erzeugte Spannungsdifferenz Δ V ist ein Maß für den Speicherzellenstrom i  c  sowie für die gespeicherte Information in der Speicherzelle Z und kann durch einen nicht dargestellten Leseverstärker bewertet werden / Sp. 10, Zeile 67 bis Sp. 11, Zeile 5) .

55

Die Lesevorrichtung gemäß der Druckschrift D6 umfasst in Übereinstimmung mit der im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 gegebenen Lehre außerdem Transistoren und ist derart ausgestaltet, dass sie ihren Arbeitspunkt selbst einstellt, indem sie das Potential der zwei Eingangsanschlüsse entsprechend einstellt. Denn bei der Lesevorrichtung nach der Druckschrift D6 werden die Potentiale der beiden Bitleitungen (BL, BLB) so eingestellt, dass in ihnen der Arbeitspunktstrom (I  B  ) fließt, so dass bei einem Lesevorgang der vom Speicherzustand der Zelle abhängige Speicherzellenstrom den Arbeitspunktstrom in einer der beiden Bitleitungen verringert, womit deren Potential abnimmt und die beiden Eingangsanschlüsse „inn, inp“ der Lesevorrichtung „SBS“ eine dem Speicherzellenstrom entsprechende Spannungsdifferenz zwischen den beiden Bitleitungen detektieren (Eine Speicherzelle, die im Ausführungsbeispiel als SRAM-Speicherzelle ausgeführt ist, weist eine erste Verbindung mit der Bitleitung BL und eine zweite Verbindung mit der zweiten Bitleitung BLB auf. Mittels der im Ausführungsbeispiel als p-Kanal-Transistoren ausgeführten Transistoren ML und MLB wird ein Arbeitspunktstrom I  B  an den Bitleitungen BL und BLB eingestellt. Dieser Arbeitspunktstrom fließt durch die Eingangstransistoren MIN und MINB der differentiellen Strombewerterschaltung SBS. Der Spannungsdifferenzverstärker DV erfasst die Spannungsdifferenz zwischen den beiden Bitleitungen BL und BLB. Bei einem Lesevorgang wird der Arbeitspunktstrom I  B  abhängig vom gespeicherten Zustand (logischer Zustand „0“ oder logischer Zustand „1“) auf einer Seite um den Speicherzellenstrom i  c  vermindert. Dadurch verringert sich geringfügig die Spannung an der betroffenen Bitleitung, im Ausführungsbeispiel die Spannung an der Bitleitung BLB. Dadurch verringert sich auch die Spannung am Eingang inn des Differenzverstärkers DV / Sp. 10, Zeilen 31 bis 49 i. V. m. Fig. 5) .

56

Somit offenbart die Druckschrift D6 eine Lesevorrichtung mit allen Merkmalen der Lesevorrichtung nach dem geltenden Anspruch 1. Diese ist damit nicht neu und somit nicht patentfähig.

57

4. Es kann dahingestellt bleiben, dass auch die Speicheranordnung nach dem nebengeordneten Patentanspruch 12 nicht patentfähig ist, denn mit dem Patentanspruch 1 fallen wegen der Antragsbindung sowohl der nebengeordnete Anspruch 1 als auch die Unteransprüche 2 bis 11 und 13 bis 24, vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863 Tz. 18 - „Informationsübermittlungsverfahren II“ m. w. N..

        

58

5. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

        

III.    

59

 Die Beschwerdegebühr ist gemäß § 80 (3) PatG nach billigem Ermessen zurückzuzahlen.

60

Im vorliegenden Fall hätte die Prüfungsstelle bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung die von der Anmelderin beantragte Anhörung durchführen müssen, um die unterschiedlichen Ansichten hinsichtlich der in den Anspruch aufzunehmenden Merkmale im gegenseitigen direkten Austausch von Argumenten zu diskutieren.

61

Bei einer solchen Diskussion ist jede Seite weitaus mehr als im schriftlichen Verfahren gezwungen, ihre Sichtweise zu überdenken und ggfs. Lücken in der eigenen Argumentation zu erkennen. Schon aus diesem Grund ist eine Anhörung grundsätzlich sachdienlich, da sie in der Regel zu einer auf dem Ergebnis der Diskussion aufbauenden tragfähigen abschließenden Verfahrensentscheidung führt, mit der eine Beschwerde und die Zahlung der Beschwerdegebühr vermieden wird, vgl. Schulte PatG, 8. Auflage, § 73, Rdn. 124 und 125.

62

Im vorliegenden Fall ergeben sich aus den Sachumständen auch keine triftigen Anhaltspunkte dafür, dass eine weitere Diskussion der unterschiedlichen Standpunkte nicht sachdienlich gewesen wäre, was nach gefestigter Rechtssprechung des Bundespatentgerichts ein hinreichender Grund für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende Ablehnung einer Anhörung hätte sein können (vgl. Schulte, PatG 8. Auflage, § 46 Rdn. 9 m. w. N., insb. BPatG v. 22.11.2007 - 17 W (pat) 36/05). Denn die Anmelderin hat sich in ihrer Erwiderung auf den Prüfungsbescheid der Prüfungsstelle detailliert und sachbezogen mit den Einwänden der Prüfungsstelle auseinandergesetzt und insbesondere erläutert, warum sie es für nicht gerechtfertigt hielt, den Schutzumfang auf das anhand der Fig. 7 der Anmeldung erläuterte Ausführungsbeispiel zu beschränken, wie es mit dem Anspruchsvorschlag der Prüfungsstelle der Fall war. Dabei hat sie sich konkret mit dem entgegengehaltenen Stand der Technik und dem von der Prüfungsstelle vorgeschlagenen Anspruchswortlaut auseinandergesetzt.

63

Mithin lag eine hinreichende Grundlage für eine sachliche Diskussion in einer Anhörung vor. Die im Zurückweisungsbeschluss als Begründung für die Ablehnung der Anhörung angegebene Begründung, dass aus dem Festhalten der Anmelderin an einem breiter gefassten Anspruch darauf geschlossen werden könne, dass sich die gefestigten Standpunkte auch in einer Anhörung nicht ändern würden, findet in den Schriftsätzen der Anmelderin jedenfalls keine Stütze.

64

Bei dieser Sachlage war die Beschwerdegebühr aus Gründen der Billigkeit zurückzuzahlen.