Entscheidungsdatum: 27.03.2012
1. Auch ein gemäß § 267 Abs. 4 StPO in abgekürzter Form abgesetztes Strafurteil hat Bindungswirkung im Sinne von § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO (juris: WDO 2002).
2. Verweist ein in abgekürzter Form abgesetztes Strafurteil nur auf den zugelassenen Anklagesatz, sind auch nur die dort angeführten Tatsachen von der Bindungswirkung erfasst. Die Bindungswirkung erfasst nicht hypothetisch die tatsächlichen Feststellungen, die das Strafurteil enthalten müsste, um den Schuldspruch rechtsfehlerfrei zu begründen. Lücken im Strafurteil muss das Wehrdienstgericht durch eigene Ermittlungen füllen.
Der 31 Jahre alte Soldat ist seit 2001 Soldat auf Zeit. Seine Dienstzeit wurde 2003 auf zwölf Jahre verlängert und wird voraussichtlich mit Ablauf des 28. Februar 2013 enden. Er wurde regelmäßig befördert, zuletzt 2009 zum Hauptfeldwebel.
Der Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 10. März 2011 weist einen rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 30. April 2007, mit dem der Soldat wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a Abs. 1 Nr. 1, § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, und das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts ... vom 4. Oktober 2010 im mit diesem Disziplinarverfahren sachgleichen Strafverfahren aus, durch das er wegen eines fahrlässigen Vollrausches ebenfalls zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 5. April 2011 enthält neben den beiden strafgerichtlichen Verurteilungen auch den Eintrag einer am 10. Juni 2009 verhängten Disziplinarbuße wegen "Disziplinlosigkeit und Sachbeschädigung nach übermäßigem Alkoholgenuss". Während des anhängigen Disziplinarverfahrens ist dem Soldaten am 21. Dezember 2011 eine förmliche Anerkennung wegen vorbildlicher Pflichterfüllung erteilt worden.
1. Im sachgleichen Strafverfahren wurde der Soldat mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 4. Oktober 2010, rechtskräftig seit dem 12. Oktober 2010, wegen fahrlässigen Vollrausches (§ 323a StGB) zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50 € verurteilt. Das in abgekürzter Form nach § 267 Abs. 4 StPO begründete Urteil verweist wegen des Sachverhaltes auf die zugelassene Anklage vom 5. Mai 2010. Dort heißt es zum Sachverhalt:
"I.
Am 5.2.2010 gegen 00.30 Uhr befand sich der Angeschuldigte im Mannschaftsheim des ... in ..., ... . Vor der Tür zum Mannschaftsheim würgte der Angeschuldigte den Hauptgefreiten A ohne rechtfertigenden Grund. Anschließend schlug er dem Geschädigten A kräftig auf den Brustkorb. Unmittelbar darauf wollte der Angeschuldigte mit seinen Kampfstiefeln in das Gesicht des Geschädigten A treten. Diesem gelang es jedoch, dem Tritt auszuweichen. In Bezug auf die Treppe zum Mannschaftsheim äußerte der Angeschuldigte zum Geschädigten A: 'Wenn ich dich jetzt hier runterschmeiße, bist du tot!'. Der Geschädigte nahm diese Drohung ernst. Dem Angeschuldigten war hierbei bewusst, dass zwischen ihm und dem Hauptgefreiten A ein Vorgesetztenverhältnis im Sinne von § 1 Abs. 4 Soldatengesetz in Verbindung mit § 4 Abs. 3 der Verordnung über die Regelung des militärischen Vorgesetztenverhältnisses bestand. Durch die Übergriffe des Angeschuldigten zog sich der Geschädigte A Prellungen zu. Ferner erlitt der Geschädigte durch den Schlag gegen den Brustkorb Atemnot.
II.
Anschließend begab sich der Angeschuldigte gegen 1.00 Uhr in die Wache des ... . Der OvWa (Offizier vom Wachdienst) Oberfeldwebel B bot dem Angeschuldigten, welcher an der Hand blutete, an, ihn in den Sanitätsbereich zu fahren. Dies nahm der Angeschuldigte zum Anlass, Oberfeldwebel B zu würgen. Ferner wollte der Angeschuldigte den Geschädigten B mit der Faust schlagen, dieser konnte jedoch ausweichen. Dem Angeschuldigten war hierbei bewusst, dass Oberfeldwebel B aufgrund seiner Tätigkeit als Offizier vom Wachdienst - als solches war er aufgrund der OvWa-Schnur deutlich zu erkennen - Vorgesetzter des Angeschuldigten war.
Strafantrag wurde durch den Geschädigten A form- und fristgerecht gestellt."
2. Mit Anschuldigungsschrift vom 1. September 2010 legte die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten folgenden Sachverhalt als Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1, § 10 Abs. 3, § 12 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 (2. Alt.) SG unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SG zur Last:
"1. Der Soldat griff dem Hauptgefreiten A am 05.02.2010 gegen 00:30 Uhr, nach dem Genuss einer nicht mehr genau feststellbaren Menge Alkohol, vor dem Mannschaftsheim in der Artilleriekaserne, ..., an den Hals und würgte ihn. Anschließend drückte er ihn gegen das Treppengeländer des Mannschaftsheims und äußerte zumindest sinngemäß: 'Wenn ich dich jetzt hier runter schmeiße, bist Du tot.' Im Anschluss hieran schlug er ihm mit der Faust gegen den Brustkorb und versucht, mit seinem beschuhten Fuß, diesen ins Gesicht zu treten. Durch den Schlag auf den Brustkorb, konnte der Hauptgefreite A für einen Zeitraum von einer Minute nur schwer atmen.
2. Der Soldat äußerte am 05.02.2010 etwa gegen 01:00 Uhr, nach dem Genuss einer nicht mehr genau feststellbaren Menge Alkohol, im Wachlokal der Artilleriekaserne ... gegenüber dem auf einem rollenden Bürostuhl sitzenden Wachsoldaten Gefreiter C zumindest sinngemäß: 'C, ich werde Dir jetzt weh tun müssen'; setzte sich auf den Schoß des Gefreiten C und drückte den Bürostuhl mit hoher Geschwindigkeit gegen die Wand.
Den hinzukommenden Wachsoldaten Obergefreiten D griff er an dessen Koppel und drückte ihn gegen die Heizung wobei er wusste, dass er weder die Erlaubnis hatte, die Soldaten anzufassen, noch hierzu ein dienstlicher Zweck bestand.
3. Kurze Zeit später griff er im Wachlokal der Artilleriekaserne ... den diensthabenden und als solcher erkennbaren Offizier vom Wachdienst Oberfeldwebel B an den Hals, würgte diesen und äußerte ihm gegenüber zumindest sinngemäß: 'Wenn der Oberstabsfeldwebel E nicht gleich da ist, hau ich Dir eine rein'. Weiterhin versuchte er, den Oberfeldwebel B mit der Faust zu schlagen."
Hilfsweise wurde als Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1, § 17 Abs. 2 Satz 1 (2. Alt) SG unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SG folgender Sachverhalt angeschuldigt:
"Der Soldat versetzt sich in der Nacht vom 04.02.2010 zum 05.02.2010 in der Betreuungseinrichtung der Artilleriekaserne ... durch den Genuss alkoholischer Getränke zumindest fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich in einen die Schuldfähigkeit ausschließenden Zustand und beging die unter Erstens bis Drittens dargestellten Handlungen."
Mit Urteil vom 8. Dezember 2010 hat die 7. Kammer des Truppendienstgerichts Süd gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von vier Jahren in Verbindung mit einer Kürzung seiner monatlichen Dienstbezüge um jeweils ein Fünfzehntel für die Dauer von fünf Jahren verhängt.
In den Gründen der Entscheidung wird berichtet, das Amtsgericht ... habe den Soldaten im sachgleichen Strafverfahren "wegen Misshandlung eines Untergebenen in Tateinheit mit Bedrohung in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit einem tätlichen Angriff gegen einen Vorgesetzten (§§ 30 Abs. 1, 25 Abs. 1 WStG, 241, 224 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1, 52, 53 StGB)" zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Anschuldigungsschrift vom 1. September 2010 wird nur teilweise wiedergegeben. Die hilfsweise erhobene Anschuldigung ist nicht erwähnt.
In den Entscheidungsgründen heißt es weiter auszugsweise: Ihrer Entscheidung lege die Kammer die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts ... aus dem Urteil vom 4. Oktober 2010 zugrunde, an die sie sich nach § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO gebunden sehe. Das Urteil nehme die Sachverhaltausführungen der Anklageschrift vom 5. Mai 2010 in Bezug. Es gebe keine Anhaltspunkte, eine Lösung von den Feststellungen im sachgleichen Strafurteil zu erwägen.
Durch den festgestellten Sachverhalt habe der Soldat objektiv seine Kameradschaftspflicht nach § 12 Satz 2 SG, seine innerdienstliche Wohlverhaltspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG und durch das Tatgeschehen unter Nr. 1 zusätzlich seine Fürsorgepflicht aus § 10 Abs. 3 SG verletzt.
Der Soldat habe angegeben, fünf 0,5 Liter-Gläser-Weizenbier zu sich genommen und dann einen "Blackout" bzw. einen "Filmriss" erlitten zu haben. Diese Einlassung werde durch die mit Zustimmung der Beteiligten verlesene Meldung des Zeugen A, die Protokolle der Vernehmungen der Zeugen A, F und G und die dienstliche Erklärung des Zeugen B bestätigt. Hiernach sei der Soldat schuldunfähig gewesen, sodass nur der in der Anschuldigungsschrift hilfsweise erhobene Vorwurf zum Tragen komme. Der Soldat sei für die im Vollrausch begangenen objektiv pflichtwidrigen Handlungen verantwortlich. Er habe sich in vorwerfbarer Weise in den Rauschzustand versetzt, indem er in der Nacht vom 4. auf den 5. Februar 2010 ausgiebig und unkontrolliert alkoholhaltige Getränke zu sich genommen habe. Für Art und Menge der alkoholhaltigen Getränke sei er voll verantwortlich. Als erfahrener Unteroffizier mit Portepee habe er wissen können und müssen, welche negativen Folgen der unkontrollierte Konsum einer so großen Menge von Weizenbier und anderer alkoholhaltiger Getränke habe, zumal er einschlägige Erfahrungen besessen habe. Der Soldat habe sich fahrlässig in den Rauschzustand versetzt. Anhaltpunkte für eine actio libera in causa gebe es nicht. Im Folgenden wird dann die Maßnahmebemessung begründet.
Zu dem Urteil ist am 5. Januar 2011 durch den Vorsitzenden der Truppendienstkammer ein Berichtigungsbeschluss ergangen. In diesem wird "wegen eines offenkundigen Versehens" zunächst die Wiedergabe des sachgleichen Strafurteils korrigiert: Das Strafgericht habe den Soldaten anders als im Urteilstext wiedergegeben "wegen fahrlässigen Vollrausches (§ 323a StGB)" zu einer Geldstrafe verurteilt. Zudem wird die Wiedergabe des Inhalts der Anschuldigungsschrift vom 1. September 2010 um den hilfsweise erhobenen Vorwurf ergänzt.
3. Gegen das ihr am 4. Januar 2011 zugestellte Urteil richtet sich die in vollem Umfang zuungunsten des Soldaten eingelegte und am 28. Januar 2011 beim Truppendienstgericht eingegangene Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft.
In der Begründung ist unter anderem ausgeführt, das Urteil leide an schweren Verfahrensmängeln im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO. Die Feststellungen der Kammer seien hinsichtlich des Inhalts der Anschuldigungsschrift und des sachgleichen Strafurteils lückenhaft. Die Ergänzung bzw. der Austausch wesentlicher tragender Bestandteile eines Urteils sei keine Berichtigung eines offenkundigen Versehens. Ein schwerer Verfahrensfehler liege auch darin, dass die Kammer die Feststellungen des Strafurteils zugrunde gelegt habe. Das Amtsgericht habe wegen eines fahrlässigen Vollrausches verurteilt, sich aber nicht zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 323a StGB geäußert. Feststellungen, die sich in den angewandten Strafvorschriften nicht widerspiegelten, könnten keine bindende Wirkung entfalten. Es hätte ein Lösungsbeschluss nach § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO ergehen müssen.
Unter dem 8. Juni 2011 ist den Beteiligten Gelegenheit gegeben worden, sich zu einer Zurückverweisung durch Beschluss nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO zu äußern.
Der Bundeswehrdisziplinaranwalt hat ergänzend zum Vorliegen der von der Wehrdisziplinaranwaltschaft angeführten Verfahrensmängel vorgetragen, sieht eine Zurückverweisung der Sache aber unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes nicht als geboten an. Zum objektiven Geschehensablauf lägen bindende strafgerichtliche Feststellungen vor. In subjektiver Hinsicht könne der Senat zum Alkoholisierungsgrad auf der Grundlage der Angaben des Soldaten und einschlägigen Berechnungsformeln selbst Feststellungen treffen, dann das Tatgeschehen rechtlich würdigen und die erforderliche Maßnahme verhängen.
Der Soldat überlässt es dem Senat zu entscheiden, ob eine Zurückverweisung sachgerecht sei. Er hält die verhängte Maßnahme für angemessen und tritt den Ausführungen zu einem Verfahrensmangel entgegen, verweist aber auch auf sein Interesse an einem schnellen Verfahrensabschluss.
Die zulässige Berufung (§ 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO) führt zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts Süd zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung, weil ein schwerer Mangel des Verfahrens vorliegt und weitere Aufklärungen erforderlich sind (§ 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO). Die Entscheidung ergeht durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (§ 120 Abs. 1 WDO) in der Besetzung mit drei Richtern (§ 80 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 WDO).
1. Es liegt kein schwerer Verfahrensfehler oder erheblicher Aufklärungsmangel darin, dass die Truppendienstkammer keine Lösung von bindenden Feststellungen des Strafurteils nach § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO beschlossen hat, um für eine rechtsfehlerfreie Entscheidung hinreichende tatsächliche Feststellungen selbst treffen zu können (vgl. Beschluss vom 19. August 2009 - BVerwG 2 WD 31.08 - Buchholz 450.2 § 121 WDO 2002 Nr. 1 Rn. 16).
a) Da die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Strafurteils nach § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO nur seine tatsächlichen Feststellungen betrifft, besteht keine Bindungswirkung, soweit das Strafurteil tatsächliche Feststellungen nicht enthält. Ob das Fehlen von tatsächlichen Feststellungen den Schuldspruch des Strafurteils unschlüssig macht, ist unerheblich. Denn die Bindungswirkung erfasst nicht - gleichsam hypothetisch - die tatsächlichen Feststellungen, die das Strafurteil enthalten müsste, um den Schuldspruch rechtsfehlerfrei zu begründen.
Die Wehrdisziplinaranwaltschaft weist zutreffend darauf hin, dass auch ein - wie hier - in abgekürzter Form nach § 267 Abs. 4 StPO abgesetztes Urteil Bindungswirkung entfaltet (vgl. Dau, WDO 5. Auflage 2009, § 34 Rn. 4 m.w.N.). Verweist das Urteil wegen der Tatsachen aber nur auf den zugelassenen Anklagesatz, sind auch nur die dort angeführten Tatsachen von der Bindungswirkung umfasst. Der Gesetzgeber hat die Bindung der Wehrdienstgerichte an die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im sachgleichen Strafverfahren bestimmt, um vor allem im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sicherzustellen, dass zu einem historischen Geschehensablauf nicht in verschiedenen gerichtlichen Verfahren rechtskräftig unterschiedliche Feststellungen getroffen werden (stRspr, vgl. grundlegend Beschluss vom 1. Dezember 1987 - BVerwG 2 WD 66.87 - BVerwGE 83, 373 <375> m.w.N. und zuletzt Beschluss vom 28. September 2011 - BVerwG 2 WD 18.10 - Rn. 17). Damit setzt die Bindungswirkung des § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO voraus, dass den schriftlichen Urteilsgründen eines rechtskräftigen Strafurteils eindeutig zu entnehmen ist, von welchem Geschehensablauf das Strafgericht für seine Entscheidung ausgegangen ist. Soweit unklar ist, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen das Strafgericht ausgeht, kann von davon abweichenden Feststellungen im Disziplinarverfahren nicht gesprochen werden. Lücken im Strafurteil kann und muss das Wehrdienstgericht durch eigene Ermittlungen füllen.
b) So liegt der Fall auch hier: Durch die Bezugnahme auf den Anklagesatz enthält das Strafurteil Feststellungen zu Rauschtaten. Es fehlt aber vollständig an Feststellungen zur Tathandlung des Versetzens in den Rauschzustand und an tatsächlichen Feststellungen zum subjektiven Tatbestand bezüglich der Berauschung in der Anklageschrift. Daher musste das Truppendienstgericht diese Teile des Geschehensablaufes eigenständig in vollem Umfang aufklären, ohne hierfür Bezug auf das Strafurteil nehmen zu können und ohne zuvor eine Lösung von diesem beschließen zu müssen.
Dass ohne Nachtragsanklage auf den bloßen rechtlichen Hinweis hin dennoch eine Verurteilung wegen eines fahrlässigen Vollrausches strafprozessual zulässig war, wie der Verteidiger zutreffend ausführt, ändert nichts daran, dass die Anklageschrift - und damit durch die Bezugnahme auch das Strafurteil - entsprechende Sachverhaltsfeststellungen nicht enthält. Denn die Zulässigkeit einer Verurteilung nach einer anderen als den in der zugelassenen Anklage genannten Strafvorschriften betrifft nur die Frage nach der Reichweite der Prüfungspflicht des Strafgerichts. Wird das Strafgericht seiner der Prüfungspflicht entsprechenden Begründungspflicht nicht im vollen Umfang gerecht, fehlt es an den Voraussetzungen für das Eingreifen von § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO.
2. Ein schwerer Verfahrensfehler und erheblicher Aufklärungsmangel im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO liegt hier aber in der wegen der fehlenden tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils den Anforderungen aus § 106 Abs. 1 WDO nicht genügenden Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils durch eigene Ermittlungen der Truppendienstkammer. Es kommt daher nicht mehr auf die von der Wehrdisziplinaranwaltschaft weiter aufgeworfene Frage an, ob ein schwerer Verfahrensfehler auch darin liegt, dass die Entscheidungsgründe des Urteils ohne die Ergänzungen und Änderungen des Beschlusses vom 5. Januar 2011 widersprüchlich oder lückenhaft sind.
a) Weitere Aufklärungen sind im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO erforderlich, wenn es in dem angefochtenen Urteil des Truppendienstgerichts ganz oder teilweise an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehlt, die für die Entscheidung erheblich sind. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn - wie hier - eine unbeschränkte Berufung eingelegt worden ist und der Wehrdienstsenat damit an sich die notwendigen Sachverhaltsfeststellungen selbst treffen könnte (vgl. dazu Beschluss vom 13. Januar 2009 - BVerwG 2 WD 5.08 - NVwZ-RR 2009, 522 Rn. 15; Dau, WDO 5. Aufl. 2009, § 120 Rn. 5 m.w.N.). Die Truppendienstkammer hat gemäß § 106 Abs. 1 WDO zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Dieses dem § 244 Abs. 2 StPO entsprechende Rechtsgebot verpflichtet das Wehrdienstgericht, alle sachlich oder verfahrensrechtlich erheblichen Tatsachen unabhängig von Beweisanträgen der Beteiligten von Amts wegen aufzuklären (Beschlüsse vom 28. April 1993 - BVerwG 2 WD 68.91 - und vom 30. Oktober 2007 - BVerwG 2 WD 22.06 - Buchholz 450.2 § 120 WDO 2002 Nr. 1 Rn. 10). Dazu gehören nicht nur die den äußeren Geschehensablauf des angeschuldigten Dienstvergehens kennzeichnenden Tatsachen, sondern auch Schuldausschließungsgründe sowie gegebenenfalls Umstände, die für die Maßnahmebemessung von Bedeutung sind (Urteil vom 9. Oktober 1985 - BVerwG 2 WD 25.85 - und Beschluss vom 30. Oktober 2007 - BVerwG 2 WD 22.06 - Buchholz 450.2 § 120 WDO 2002 Nr. 1).
b) Ein solcher Fall ist hier deshalb gegeben, weil die Ermittlungen des Truppendienstgerichts zum Rauschzustand des Soldaten (unten aa) und zu den Rauschtaten (unten bb) unzureichend sind.
aa) Das Truppendienstgericht hat zwar auf der Grundlage der Einlassung des Soldaten und verschiedener verlesener Vernehmungsprotokolle, einer Meldung und einer Dienstlichen Erklärung festgestellt, dass der Soldat "fünf 0,5 Liter-Gläser-Weizenbier" zu sich genommen habe und sich an die anschließenden Ereignisse nicht erinnern könne. Diese Feststellung ist aber für sich genommen noch nicht geeignet, den Schluss auf die Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB zu tragen. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten mussten sich dem Truppendienstgericht aufdrängen. Die Amtsermittlungspflicht ist auch dann verletzt, wenn "im Zweifel für den beschuldigten Soldaten" entschieden wird, ohne zuvor alle zur Verfügung stehenden entscheidungserheblichen Beweismittel auszuschöpfen (vgl. Beschluss vom 8. Dezember 2009 - BVerwG 2 WD 36.09 - Buchholz 450.2 § 106 WDO 2002 Nr. 1 Rn. 14).
Ob durch einen Trunkenheitszustand nach Alkoholkonsum die Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit aufgehoben ist, ist grundsätzlich ausgehend von der Höhe der Blutalkoholkonzentration (BAK) zu prüfen, wobei ein BAK-Wert ab 3 ‰ in der Regel die Prüfung einer Aufhebung der Steuerungsfähigkeit veranlasst, jedoch insbesondere bei trinkgewohnten Personen noch keine Vermutung für die Schuldunfähigkeit begründet (Fischer, StGB, Kommentar, 59. Auflage 2012, § 20 Rn. 12, 20 m.w.N.). Bei niedrigeren BAK-Werten kann Schuldunfähigkeit im Einzelfall unter besonderen Umständen angenommen werden (Fischer, a.a.O., Rn. 20a m.w.N.).
Ist - wie hier - eine Blutprobe unmittelbar nach der Tat nicht entnommen worden und kann daher die Blutalkoholkonzentration nicht durch Rückrechnung auf dieser Grundlage bestimmt werden, ist ausgehend von Feststellungen zur Trinkmenge ein BAK-Wert nach der Widmark-Formel (vgl. Fischer a.a.O. Rn. 14) zu berechnen. Eine Berechnung der Blutalkoholkonzentration ist aufgrund von Schätzungen unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes auch dann vorzunehmen, wenn die Einlassung des Soldaten sowie gegebenenfalls die Bekundungen von Zeugen zwar keine sichere Berechnungsgrundlage ergeben, jedoch eine ungefähre zeitliche und mengenmäßige Eingrenzung des Alkoholkonsums ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2010 - 5 StR 135/10 - NStZ-RR 2010, 257 ff. = juris Rn. 13). Sind Art und Gesamtmenge des konsumierten Alkohols und eine noch eingrenzbare Konsumzeit feststellbar, liegen als Berechnungsgrundlage nicht offensichtlich ungeeignete Tatsachen vor (BGH a.a.O.).
Hiernach sind vorliegend Ermittlungen zu den für die Anwendung der Widmark-Formel zur Bestimmung des BAK-Wertes erheblichen Parametern - insbesondere der Trinkmenge, der Art der konsumierten Getränke, der Trinkzeit und des Körpergewichts des Soldaten zum Tatzeitpunkt - erforderlich. Hierzu hat das Truppendienstgericht bislang nur in Ansätzen Ermittlungsbemühungen unternommen. Es hat zwar die Einlassungen des Soldaten zugrunde gelegt und auf der Grundlage von § 106 Abs. 2 Satz 5 WDO, § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO Schriftstücke zu den Angaben der Zeugen A, F, G und B ausgewertet: Der Zeuge B hat nach seiner Dienstlichen Erklärung vom 5. Februar 2010 den Alkoholkonsum des Soldaten vor den angeschuldigten Taten aber nicht beobachtet und keine konkreten Angaben zu seinem Umfang gemacht. Die dienstliche Meldung des Zeugen A vom 8. Februar 2010 spricht zwar von überhöhtem Alkoholkonsum durch den Soldaten, enthält aber keine konkreten Angaben zu Art und Menge der konsumierten Getränke. Die Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen F vom 11. Februar 2010 enthält zwar Angaben zu Art und Menge der konsumierten Alkoholika, ist aber ausdrücklich nur auf einen Teil des gesamten Konsumzeitraums beschränkt, in dem der Soldat hiernach ein Bier-Mixgetränk und fünf Biere getrunken hatte, also insgesamt noch keine Menge, die das Erreichen eines BAK- Wertes von über 3 ‰ auch nur nahe legt, zumal der Zeuge hiernach weder einen aggressiven noch einen verwirrten Eindruck des Soldaten bestätigen konnte. Die Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen G vom 11. Februar 2010 enthält ebenfalls nur Angaben zu Art und Umfang des Konsums über einen Teil des Abends ("eine Geißenmaß und mit Sicherheit mindestens vier Weißbier"), wobei der Zeuge ausdrücklich angab, der Soldat habe auf ihn "keinen unkontrollierten, gar aggressiven oder lallenden Eindruck" gemacht.
Hiernach durfte das Truppendienstgericht trotz des Einverständnisses der Beteiligten mit der Verlesung der genannten Schriftstücke nicht davon absehen, zumindest den Zeugen A persönlich zu vernehmen und ergänzend zu befragen. Denn zum einen ist nicht auszuschließen, dass er über die vagen Angaben in der verlesenen Dienstlichen Erklärung hinaus genauere Angaben zu den konsumierten Getränken während des Essens machen kann. Zum anderen ist er nach den Angaben des Soldaten aus der Niederschrift seiner Vernehmung vom 9. Februar 2010 auch nach dem Essen im weiteren Verlauf des Abends, während dessen der Soldat weiteren Alkohol konsumiert hat, anwesend gewesen. Daher muss der Versuch unternommen werden, zu klären, was der Soldat an diesem Teil des Abends weiter konsumiert hat, zu dem er selbst keine Angaben über seine Trinkmenge gemacht hat. Hinzu kommt noch, dass der Soldat in der genannten Vernehmung die Anwesenheit weiterer möglicher Zeugen angeführt hat, nämlich des Oberfeldwebel E und des Obergefreiten H. Letzterer war hiernach gemeinsam mit dem Zeugen A auch an dem Teil des Abends in Gesellschaft des Soldaten, für den der Soldat keine genauen Angaben über seine Trinkmenge gemacht hat. Auch diese beiden Zeugen wären daher zu befragen. Zu der für die Rückrechnungswerte ggf. erheblichen Trinkzeit und zu dem Körpergewicht des Soldaten hat das Truppendienstgericht überhaupt nicht ermittelt.
Hinzu kommt weiter, dass die Angaben des Soldaten in der Hauptverhandlung Anhaltspunkte dafür enthalten, dass besondere Umstände vorliegen könnten, unter denen auch eine geringere Blutalkoholkonzentration schon zu einem die Schuldfähigkeit ausschließenden Bewusstseinszustand geführt haben könnte. Der Soldat hatte angegeben, sich in psychologischer Behandlung zu befinden, und versucht, in eigenen Worten laienhaft eine Erkenntnis des behandelnden Psychologen wiedergegeben. Hiernach könne ein geringer Alkoholkonsum zu einem kompletten Gedächtnisverlust führen, "weil etwas im Kopf nicht arbeitet." Diesem Hinweis ist zur Klärung der Schuldfähigkeitsfrage ebenfalls nachzugehen, denn er könnte auf physische oder psychische Umstände in der Person des Soldaten hindeuten, die für eine besondere Empfindlichkeit auch schon gegen geringe Mengen von Alkohol sprechen. Wenn die noch zu ermittelnde Trinkmenge für sich genommen nicht ausreicht, um eine Schuldunfähigkeit indiziert zu sehen, wird es hiernach erforderlich, zunächst den behandelnden Psychologen nach Entbindung von der Schweigepflicht um detaillierte Auskunft zu bitten und einen Sachverständigen zur Prüfung der Frage hinzuziehen, ob jedenfalls bei Hinzutreten dieser Umstände angesichts der nach der Überzeugung des Gerichts zugrunde zu legenden Trinkmenge die Urteils- oder Steuerungsfähigkeit ausgeschlossen gewesen sein könnte.
bb) Die Truppendienstkammer geht bei ihrer Bemessungsentscheidung - in Übereinstimmung mit der Anschuldigungsschrift - davon aus, dass mehrere Angriffe auf Wachsoldaten in Rede stehen. Bindende strafgerichtliche Feststellungen liegen aber nur bezüglich einer Attacke auf den Offizier vom Wachdienst vor: Dem Strafurteil lag nur die Anklage wegen der Angriffe gegen den dem Soldaten untergebenen Hauptgefreiten A und den Offizier vom Wachdienst Oberfeldwebel B zugrunde. Von der Anschuldigungsschrift umfasst sind dagegen auch Angriffe gegen die Wachsoldaten C und D, zu denen sich das Strafurteil nicht verhält. Das Strafurteil schließt die Feststellungen solcher zusätzlicher Attacken aber nicht aus, sodass insoweit ergänzende Feststellungen der Truppendienstkammer möglich, aber auch notwendig waren.
Das Truppendienstgericht hat aber keine Tatzeugen vernommen und auch die Niederschriften der Vernehmungen der Zeugen C und D nicht im Einverständnis der Beteiligten verlesen und so zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht. Es durfte auch nicht davon ausgehen, dass ein Geständnis des Soldaten weitere Ermittlungen nicht erforderlich machte. Denn dieser hat in der Hauptverhandlung nur ausgeführt, sich an den Abend nicht mehr erinnern zu können, sich gleichwohl bei allen Beteiligten entschuldigt zu haben. Mangels bindender strafgerichtlicher Feststellungen war vor diesem Hintergrund noch nicht geklärt, welche konkreten Verletzungshandlungen gegen die Zeugen C und D der Bemessungsentscheidung zugrunde zu legen waren.
3. Diese schwerwiegenden Mängel der Sachaufklärung führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts Süd.
Allerdings steht die Entscheidung darüber, ob der Senat bei Vorliegen eines Aufklärungsmangels oder eines schweren Verfahrensmangels ungeachtet dessen in der Sache selbst entscheidet oder ob er das Urteil der Truppendienstkammer aufhebt und die Sache an eine andere Kammer desselben Truppendienstgerichts oder eines anderen Truppendienstgerichts zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverweist, nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO in seinem Ermessen. Bei der pflichtgemäßen Ausübung dieses Ermessens kommt dem Normzweck regelmäßig eine entscheidende Bedeutung zu. Wurde eine Sachverhaltsaufklärung erstinstanzlich gar nicht erst begonnen (vgl. dazu Beschlüsse vom 28. April 1993 - BVerwG 2 WD 68.91 - und vom 16. September 1996 - BVerwG 2 WD 30.96 - BVerwGE 103, 386 = Buchholz 235.0 § 115 WDO Nr. 1 = NZWehrr 1997, 115) oder war sie weitgehend unzulänglich (vgl. dazu u.a. Beschlüsse vom 14. September 1988 - BVerwG 2 WD 17.88 -, vom 15. April 1992 - BVerwG 2 WD 13.92 - und vom 25. März 1997 - BVerwG 2 WD 4.97 -), ist in aller Regel auch in Ansehung des Beschleunigungsgebotes eine Zurückverweisung durch das Berufungsgericht geboten (vgl. dazu auch Beschlüsse vom 30. Oktober 2007 - BVerwG 2 WD 22.06 - Buchholz 450.2 § 120 WDO 2002 Nr. 1 Rn. 15 - und vom 13. Januar 2009 - BVerwG 2 WD 5.08 - Rn. 14
Es ist nach der Wehrdisziplinarordnung nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, anstelle der primär dazu berufenen Truppendienstkammer notwendige gerichtliche Feststellungen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt erstmals zu treffen. Sowohl der angeschuldigte Soldat wie auch die Wehrdisziplinaranwaltschaft haben zudem Anspruch darauf, dass bereits im ersten Rechtszug nach Maßgabe der prozessrechtlichen Vorschriften alle erforderlichen Maßnahmen zur hinreichenden Aufklärung der Sach- und Rechtslage ordnungsgemäß getroffen und die erhobenen Beweise nachvollziehbar gewürdigt werden und dass das Ergebnis der Beweiswürdigung in den Urteilsgründen niedergelegt wird. Denn nur bei einer auf dieser Grundlage ergehenden Entscheidung der Truppendienstkammer werden der Soldat und die Wehrdisziplinaranwaltschaft in die Lage versetzt, verantwortlich darüber zu befinden, ob Berufung eingelegt werden soll oder nicht.
Hier sind die Ermittlungsansätze des Truppendienstgerichts wegen der geschilderten Defizite unzulänglich, sodass eine Zurückverweisung geboten ist. Trotz des Hinweises des Verteidigers auf das Interesse des Soldaten an einem schnellen Verfahrensabschluss hält der Senat eine Zurückverweisung nicht zuletzt deshalb für erforderlich, weil einiges dafür spricht, dass eine weitaus härtere Maßnahme als ein Beförderungsverbot verbunden mit einer Kürzung der Dienstbezüge zu verhängen sein wird, wenn nicht zumindest nach dem in-dubio-Grundsatz von einer zur Schuldunfähigkeit führenden Berauschung auszugehen ist.
Denn schon allein wegen einer körperlichen Misshandlung eines Untergebenen - hier des Hauptgefreiten A - ist als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen regelmäßig die Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad in den Blick zu nehmen (vgl. Urteil vom 11. Juni 2002 - BVerwG 2 WD 38.01 - juris Rn. 6). Hier kommt erschwerend noch (zumindest) eine körperliche Misshandlung eines Vorgesetzten, des Oberfeldwebel B, hinzu. Angeschuldigt sind darüber hinaus auch weitere Angriffe auf Wachsoldaten, den Gefreiten C und den Obergefreiten D, zu denen im rechtskräftigen Strafurteil - wie bereits ausgeführt - keine tatsächlichen Feststellungen enthalten sind. Sollte der Grad der Trunkenheit nur zu einer Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB geführt haben, so ist zu berücksichtigen, dass bei selbstverschuldeter Trunkenheit und dadurch bewirkter verminderter Schuldfähigkeit eine im Ermessen des Gerichts stehende Maßnahmemilderung nicht geboten ist, weil eine solche sonst der Prämierung des Fehlverhaltens nahe käme, also mit dem legislatorischen Zweck der Milderungsvorschrift des § 21 StGB (analog) nicht vereinbar ist (vgl. Urteile vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 WD 12.06 - juris Rn. 82 - und vom 2. April 2008 - BVerwG 2 WD 13.07 - Rn. 36 f.). Ein Fall selbstverschuldeter Trunkenheit liegt jedenfalls dann vor, wenn der betreffende Soldat für Art und Umfang des Alkoholgenusses selbst verantwortlich war, was hier - wie die Truppendienstkammer mit Recht ausführt - wegen der einschlägigen Erfahrungen des Soldaten nahe liegt. Erschwerend sind außerdem auch die durch das Disziplinarbuch und den Bundeszentralregisterauszug nachgewiesenen Vorbelastungen zu berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund hätte die für die Bemessung relevante Feststellung, ob der Soldat bei der Begehung der Rauschtaten im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat und die Schuld weniger schwer wiegt, weil er sich nur fahrlässig in den Vollrausch versetzt hatte, erhebliche Bedeutung für den Status und die berufliche Zukunft des Soldaten, weil voraussichtlich allein im Falle einer entsprechenden Feststellung von einer weitgehenden Degradierung Abstand genommen werden kann. Daher erscheint es nicht geboten, ihm für die Feststellung des wesentlichen Teils bemessungsrelevanter Umstände eine Instanz zu nehmen.
Für eine Zurückverweisung an ein anderes Truppendienstgericht sieht der Senat keine Veranlassung.