Entscheidungsdatum: 20.12.2016
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 25. Mai 2016 wird als unzulässig verworfen.
Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen.
Das Landgericht hat den Angeklagten des Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung schuldig gesprochen, ihn verwarnt und ihm auferlegt, innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Urteils 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach Weisung der Jugendgerichtshilfe zu erbringen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.
Die Revision des Angeklagten ist unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO).
1. Der Angeklagte hat ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nach Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung in Anwesenheit seiner beiden Verteidiger ausdrücklich, eindeutig und vorbehaltlos Rechtsmittelverzicht erklärt. Diese Prozesserklärung ist auch in Fällen, in denen - wie hier - Jugendstrafrecht auf einen Heranwachsenden angewendet wird (vgl. dazu Eisenberg, Jugendgerichtsgesetz, 14. Aufl., § 55 Rn. 11 ff. mwN), grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 1986 - 1 StR 589/85, NStZ 1986, 277, 278).
2. Gründe, die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts des Angeklagten führen könnten, liegen nicht vor. Die Verzichtserklärung ist - in entsprechender Anwendung des § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO - auch nicht deshalb unwirksam, weil dem Urteil unter Umgehung des § 257c StPO eine informelle Verständigung (vgl. Senat, Beschluss vom 24. September 2013 - 2 StR 267/13, BGHSt 59, 21, 26) zugrunde liegt.
a) Zwar behauptet die Revision, dem Urteil sei eine außerhalb der Hauptverhandlung erfolgte Verständigung im Sinne des § 257c StPO zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung vorausgegangen, dem der Vorsitzende in einem fernmündlichen Gespräch mit der Verteidigerin beigetreten sei; Staatsanwaltschaft und Verteidigung hätten sich im Rahmen einer „über den Herrn Kammervorsitzenden“ geführten Korrespondenz dahin geeinigt, dass die Staatsanwaltschaft der von der Verteidigung nach 20 Verhandlungstagen erstrebten Abtrennung des Verfahrens gegen den Angeklagten von dem gegen weitere sechs Angeklagte geführten Verfahren nicht entgegen treten werde, wenn die Verteidigung erkläre, auf die Stellung etwaiger Beweisanträge zu verzichten. Der Vorsitzende der Jugendkammer sei dieser Verständigung - konkludent - beigetreten („so machen wir es“) und habe der Verteidigerin geraten, den Antrag auf Verfahrensabtrennung in der Hauptverhandlung zu wiederholen.
b) Dieses Revisionsvorbringen steht in Widerspruch zu dem in das Hauptverhandlungsprotokoll aufgenommenen Negativattest, gegen das der Einwand der Fälschung (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 31. März 2010 - 2 StR 31/10, NStZ-RR 2010, 213) nicht erhoben worden ist. Darüber hinaus ist das Revisionsvorbringen durch die vom Vorsitzenden der Jugendkammer abgegebene dienstliche Erklärung widerlegt. Darin hatte der Vorsitzende erklärt, dass die Verteidigerin schriftlich die Abtrennung des Verfahrens gegen ihren Mandanten beantragt habe, nachdem die umfangreiche Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte dafür erbrachte, dass ihr Mandant über das von ihm abgelegte Geständnis hinaus die ihm zur Last liegenden drei Taten nicht allein, sondern in arbeitsteiligem Zusammenwirken mit Dritten begangen habe. Dieses Schreiben habe er an die Staatsanwaltschaft mit der Bitte um Kenntnis- und Stellungnahme weitergeleitet. Die Staatsanwaltschaft sei der begehrten Verfahrensabtrennung entgegen getreten, habe jedoch ihre Bereitschaft zu einem zeitnahen Plädoyer signalisiert, wenn die Verteidigung erkläre, auf die Stellung von Beweisanträgen zu verzichten. Die Verteidigung habe sich damit einverstanden erklärt. Er selbst habe in den mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung geführten fernmündlichen Gesprächen erklärt, dass er „die von der Staatsanwaltschaft für die Zustimmung zur Abtrennung geforderte Erklärung der Verteidigung, keine Beweisanträge zu stellen, für unzulässig erachte“. Zugleich habe er in Aussicht gestellt, dass die Kammer, die bereits im Zwischenverfahren die Abtrennung des Verfahrens gegen den heranwachsenden Angeklagten beschlossen hatte, einem solchen Antrag positiv gegenüber stehe. Deshalb habe er der (Instanz-)Verteidigerin geraten, den Antrag auf Abtrennung des Verfahrens in der Hauptverhandlung zu wiederholen. Vor dem Hintergrund dieser dienstlichen Stellungnahme, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, hält es der Senat für erwiesen, dass dem Urteil eine Verständigung im Sinne des § 257c StPO nicht vorausgegangen ist.
3. Infolge des wirksamen Rechtsmittelverzichts ist das Urteil des Landgerichts Gera vom 25. Mai 2016 rechtskräftig. Die Revision des Angeklagten war daher als unzulässig zu verwerfen.
4. Der Senat hat davon abgesehen, dem Angeklagten die Verfahrenskosten aufzuerlegen (§ 74 JGG i.V.m. § 109 Abs. 2 JGG).
Fischer |
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Eschelbach |
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Zeng |
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Bartel |
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Grube |
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