Entscheidungsdatum: 02.02.2017
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen Beschluss des Bundesgerichtshofs, mit dem dieser ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen hat. Sie rügt eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
Die Beschwerdeführerin ist eine in den Niederlanden ansässige Apotheke, die Medikamente auf Bestellung über Fernkommunikationsmittel (Post, Telefon, Internet) per Kurierdienst an die Kunden übermittelt. Bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel gewährte sie deutschen Kunden sogenannte Boni. Die Beschwerdeführerin machte sich insoweit zunutze, dass sie in den Niederlanden nur Höchstpreise zu beachten hat, wohingegen sich der Abgabepreis bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Deutschland nach der Arzneimittelpreisverordnung richtet (vgl. § 78 Abs. 1 AMG).
1. Die Apothekenkammer Nordrhein klagte gegen die Beschwerdeführerin auf Unterlassung der Werbung mit beziehungsweise der Gewährung von Boni. Mit Urteil vom 6. Juni 2013 verurteilte das Landgericht Köln die Beschwerdeführerin, es zu unterlassen, gegenüber Endverbrauchern mit Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel zu werben oder solche Boni zu gewähren. Der Unterlassungsanspruch folge aus § 3, § 4 Nr. 11, § 8 UWG, § 78 Abs. 1 AMG, § 1, § 3 AMPreisV.
2. Die Berufung der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 19. Februar 2014 zurück. Die Beschwerdeführerin habe mit der beanstandeten Auslobung und Gewährung der Boni den als Marktverhaltensregeln (§ 4 Nr. 11 UWG) anzusehenden Bestimmungen des deutschen Arzneimittelpreisrechts zuwidergehandelt. Die Revision ließ das Oberlandesgericht Köln nicht zu.
3. Die Beschwerdeführerin legte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Sie wies darauf hin, dass die Europäische Kommission durch Mahnschreiben vom 20. November 2013 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland mit Blick auf die Erstreckung der Geltung deutscher Preisbindungsvorschriften auf EU-Apotheken eröffnet habe, weshalb die Voraussetzungen gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gegeben seien. Außerdem beantragte sie im Hinblick auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf über die Vereinbarkeit des deutschen Arzneimittelpreisrechts mit Unionsrecht (C-148/15) gemäß § 148 ZPO, das Verfahren auszusetzen.
Mit Beschluss vom 27. Januar 2016 wies der Bundesgerichtshof die Beschwerde zurück. Die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderten eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
a) Das Beschwerdeverfahren sei nicht in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem anhängigen, die Frage der Vereinbarkeit des deutschen Arzneimittelpreisrechts mit dem primären Unionsrecht betreffenden Vorabentscheidungsverfahren (C-148/15) auszusetzen. Eine Verfahrensaussetzung habe zu erfolgen, wenn die Voraussetzungen vorlägen, unter denen das Gericht ohne die Verfahrensaussetzung zu einer Vorlage nach Art. 267 AEUV verpflichtet wäre. Das sei vorliegend nicht der Fall. Auch aus anderen Gründen sehe der Senat für eine Verfahrensaussetzung keinen Anlass.
aa) Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes habe entschieden, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel gelte, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Wege des Versandhandels nach Deutschland an den Endverbraucher abgäben, und dass seine Anwendung mit dem Primärrecht der Union in Einklang stehe (BGHZ 194, 354 Rn. 21 ff., 34 ff.).
bb) Gründe, nach Art. 267 AEUV den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen, ergäben sich nicht aus dem Schreiben der Europäischen Kommission vom 20. November 2013 an die Bundesrepublik Deutschland.
(1) Die Europäische Kommission vertrete in diesem Schreiben die Ansicht, dass die Bundesrepublik Deutschland mit der Einführung der Regelung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG gegen Art. 34 AEUV verstoße, weil die Preisbindung den Marktzugang für importierte verschreibungspflichtige Arzneimittel tatsächlich wesentlich erschwere. Dieser Argumentation könne nicht zugestimmt werden. Die deutschen Vorschriften über den einheitlichen Apothekenabgabepreis seien lediglich Verkaufsmodalitäten, die den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union rechtlich wie tatsächlich gleichermaßen berührten. Ausländische Versandapotheken würden durch den einheitlichen Apothekenabgabepreis nicht stärker beschränkt als inländische Versandapotheken, die sich - ebenso wie eine inländische stationäre Apotheke - an den einheitlichen Apothekenabgabepreis halten müssten.
(2) Die Europäische Kommission vertrete in dem Schreiben vom 20. November 2013 weiter die Auffassung, die Maßnahme sei nicht aus Gründen des Gesundheitsschutzes gemäß Art. 36 AEUV gerechtfertigt. Dieser Beurteilung schließe sich der Senat nicht an.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sei bei der Prüfung, ob die Mitgliedstaaten die Bestimmungen des Unionsrechts über die Warenverkehrsfreiheit im Rahmen der Zuständigkeit nach Art. 168 Abs. 7 AEUV über die Festlegung der Gesundheitspolitik und die Organisation ihres Gesundheitswesens beachtet hätten, zu berücksichtigen, dass die Gesundheit und das Leben von Menschen den höchsten Rang einnähmen und die Mitgliedstaaten zu bestimmen hätten, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten wollten und wie dies erreicht werden solle. Da sich das Niveau von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden könne, stehe den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zu. Wenn eine Ungewissheit wegen des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren für die menschliche Gesundheit verbleibe, brauchten die Mitgliedstaaten nicht zu warten, bis der Beweis für das Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht sei; vielmehr könnten sie Schutzmaßnahmen treffen. Außerdem könnten die Mitgliedstaaten diejenigen Maßnahmen ergreifen, die eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung einschließlich einer Gefahr für die sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung verringerten. Der dem deutschen Gesetzgeber zuerkannte Wertungsspielraum sei nicht dadurch überschritten, dass er verschreibungspflichtige Arzneimittel im Interesse der sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung einer umfassenden - und damit auch den grenzüberschreitenden Versandhandel einbeziehenden - Preisbildung unterstellt habe, um so der Gefahr eines ruinösen Preiswettbewerbs unter Apotheken entgegenzuwirken, eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung zu sichern und die Gefahr eines Fehl- oder Mehrgebrauchs von Medikamenten zu mindern.
cc) Da nach den vorstehenden Ausführungen § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG nicht im Widerspruch zum primären Unionsrecht stehe, stellten sich keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen zur Auslegung des Unionsrechts, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erforderten. Die sich im Rahmen des primären Unionsrechts stellenden Fragen dazu, unter welchen Voraussetzungen eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit vorliege, seien durch die Rechtsprechung der Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt.
b) Die Beschwerde mache ohne Erfolg geltend, das mit Schreiben der Europäischen Kommission vom 20. November 2013 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland erfordere die Zulassung der Revision, jedenfalls aber eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens nach § 148 ZPO.
aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dürften die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidung treffen, die einer Entscheidung der Kommission zuwiderlaufe, Maßnahmen eines Mitgliedstaates daraufhin zu überprüfen, ob sie eine gemäß Art. 107 AEUV mit dem Binnenmarkt unvereinbare und deshalb verbotene staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe darstellten.
bb) Diese Rechtsprechung sei auf das von der Europäischen Kommission eröffnete Vorverfahren zu einem Vertragsverletzungsverfahren wegen einer ihrer Ansicht nach nicht gerechtfertigten, gemäß Art. 34 AEUV verbotenen Beschränkung des innergemeinschaftlichen Handels nicht übertragbar. Für verbotene Beihilfen bestimme Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV, dass der Mitgliedstaat die Beihilfemaßnahme nicht durchführen dürfe, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen habe. Habe der Mitgliedstaat die nach Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV gebotene Unterrichtung unterlassen und ohne entsprechenden Beschluss der Kommission Maßnahmen vorgenommen, gelte dies ebenfalls, wenn die Kommission die Maßnahme als verbotene Beihilfe gemäß Art. 107 AEUV qualifiziere und ein Verfahren in entsprechender Anwendung von Art. 108 Abs. 3 AEUV eingeleitet habe. Eine Art. 108 Abs. 3 AEUV entsprechende Regelung für das Vertragsverletzungsverfahren, durch das ein Mitgliedstaat verpflichtet wäre, ein nach Ansicht der Europäischen Kommission vertragsverletzendes Verfahren zu unterlassen, bis die Kommission abschließend über die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens entschieden habe, enthalte Art. 258 AEUV dagegen nicht. Vielmehr bänden Entscheidungen der Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens die nationalen Gerichte nicht.
cc) Ob die Zulassung der Revision oder eine Aussetzung des Verfahrens veranlasst wäre, wenn die Kommission in dem Vertragsverletzungsverfahren eine begründete Stellungnahme gemäß Art. 258 Abs. 1 AEUV abgegeben oder gemäß Art. 258 Abs. 2 AEUV den Gerichtshof der Europäischen Union angerufen hätte, bedürfe keiner Entscheidung. Soweit ersichtlich, habe die Kommission das Vorverfahren zu einem Vertragsverletzungsverfahren seit dem Mahnschreiben vom 20. November 2013 nicht weiter betrieben, nachdem die Bundesrepublik Deutschland die beanstandete Regelung mit Schreiben vom 21. Januar 2014 verteidigt habe.
c) Die Beschwerde mache ohne Erfolg geltend, die Zulassung der Revision sei deshalb geboten, weil die Untersagung, einen Bonus oder eine Prämie beim Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu gewähren, eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) darstelle.
1. Die Beschwerdeführerin rügt einen Entzug des gesetzlichen Richters durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde und Nichtvorlage zum Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ob die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel durch § 78 AMG in Verbindung mit der Arzneimittelpreisverordnung auf Versandapotheken, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hätten und verschreibungspflichtige Arzneimittel an Endverbraucher in Deutschland lieferten, anwendbar sei, sei derzeit Gegenstand des durch das Oberlandesgericht Düsseldorf eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahrens C-148/15 beim Gerichtshof der Europäischen Union, Gegenstand eines Vorverfahrens zu einem Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art. 258 AEUV gegen Deutschland und zweier Beschwerden und einer seitens des Europäischen Parlaments für zulässig erachteten Verbraucherpetition. Der Bundesgerichtshof habe verkannt, dass die Erstreckung der Preisbindung auf EU-Versandapotheken offensichtlich gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoße. Er hätte durch Sachstandsanfragen an die Europäische Kommission oder den Gerichtshof der Europäischen Union feststellen können, dass die Kommission im Hinblick auf das Vertragsverletzungsverfahren die Entscheidung des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren C-148/15 abwarte und der Gerichtshof in seiner Ladung den Verfahrensbeteiligten den Hinweis erteilt habe, ihre mündlichen Ausführungen auf eine vermeintliche Rechtfertigung gemäß Art. 36 AEUV zu beschränken, was nahelege, dass der Gerichtshof davon ausgehe, dass die Preisbindung jedenfalls einen Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit darstelle.
a) Die Erstreckung der Preisbindung auf EU-Versandapotheken sei eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV. EU-Versandapotheken würden gegenüber inländischen Apotheken benachteiligt. Die Möglichkeit, von der Preisbindung abzuweichen, stelle für EU-Versandapotheken die einzig wirksame Absatzförderungsmaßnahme dar, sich gegenüber inländischen Apotheken abzuheben. EU-Versandapotheken träfen gegenüber inländischen Apotheken eine Reihe von Nachteilen (z.B. erhöhte Lagerkosten und längere Lieferzeiten).
b) Die Erstreckung der Preisbindung sei nicht gemäß Art. 36 AEUV gerechtfertigt.
aa) Ob es der Erstreckung der Preisbindung auf EU-Versandapotheken aus Gründen des Gesundheitsschutzes bedürfe, sei zweifelhaft. Die Preisbindung sei zur Gewährleistung der Arzneimittelversorgung in der Bundesrepublik ungeeignet. Die bloße Behauptung von Gefahren reiche nicht aus. Die Bundesrepublik habe bisher keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass ohne Preisbindung eine Gefährdung der Arzneimittelversorgung bestehe. In der Bundesrepublik bestehe eine vorbildliche Versorgungssituation. Ferner fördere die Ausschaltung des Preiswettbewerbs nicht die bedarfsgerechte Verteilung der Apotheken. Dass Preisvorteile, die EU-Versandapotheken gewährten, zu einem ruinösen Preiswettbewerb führten, sei auch in Ansehung des geringen Umsatzes des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unwahrscheinlich. Naheliegender Grund für einen vermeintlichen Apothekenrückgang sei die demografische Entwicklung.
bb) Die Preisbindung sei nicht verhältnismäßig. Es existierten Alternativen zur Preisbindung. Eine flächendeckende und gleichmäßige Arzneimittelversorgung wäre am ehesten durch Preisflexibilität zu gewährleisten. Dies würde zugleich zu einer qualitativen Verbesserung der Versorgungssituation führen. Ferner entspreche die Preisflexibilität dem Ziel eines offeneren homogenen Binnenmarktes. EU-Versandapotheken trügen dazu bei, die Arzneimittelversorgung zu sichern und die Versorgungssituation zu verbessern. Einer Arzneimittelunterversorgung sei durch Notstandsregelungen vorgebeugt.
cc) Eine Erstreckung der Preisbindung auf EU-Versandapotheken sei auch nicht aus anderen Gründen des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes gerechtfertigt. Insbesondere sei nicht ersichtlich und nicht von der Bundesrepublik nachgewiesen, dass Preisflexibilität zu einer Gefahr eines Arzneimittelfehl- oder Mehrgebrauchs führe.
c) Der Bundesgerichtshof verkenne, dass er das Verfahren in entsprechender Anwendung der Art. 107 ff. AEUV bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Verfahren C-148/15 aussetzen müsse. Außerdem habe die Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik wegen der Geltung deutschen Arzneimittelpreisrechts für die Beschwerdeführerin ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet. Auch aus diesem Grund bestehe eine Pflicht des nationalen Gerichts zur Aussetzung des Verfahrens. Dies habe der Bundesgerichtshof grob verkannt.
2. Darüber hinaus rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Der Bundesgerichtshof verkenne, dass die Zulassung der Revision, jedenfalls aber die Aussetzung des Verfahrens auch unter diesem Aspekt geboten gewesen wäre. Die territoriale Ausweitung des deutschen Preisrechts treffe die Beschwerdeführerin unmittelbar und imperativ. § 78 Abs. 1 AMG in der geänderten Fassung sei zwar eine Rechtsnorm mit berufsregelnder Tendenz im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Diese Norm sei jedoch in formeller Hinsicht nicht mit dem Grundgesetz vereinbar (Art. 70 ff., Art. 76 ff. GG), weil der Gesetzgeber vorrangiges Unionsrecht nicht beachtet habe. Die Bundesrepublik sei aufgrund der Richtlinie 89/105/EWG (Transformationsrichtlinie) und aufgrund von Art. 116 f. AEUV verpflichtet gewesen, die Änderung des § 78 AMG bei der Europäischen Kommission zu notifizieren. Darüber hinaus sei § 78 AMG materiell verfassungswidrig, weil er gegen die Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. AEUV) verstoße.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen für eine notwendige Annahme liegen nicht vor (§ 93a Abs. 2 BVerfGG); die Annahme ist auch im Übrigen nicht angezeigt. Unabhängig davon, ob die Verfassungsbeschwerde angesichts ihrer weitgehend fehlenden verfassungsrechtlichen Substanz den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügt, hat sie jedenfalls keine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 108, 129 <136>).
1. Die Beschwerdeführerin hat eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Dabei kann dahinstehen, ob sich die Beschwerdeführerin als ausländische juristische Person mit Sitz in der Europäischen Union auf das Bürgerrecht des Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann oder ob das bei inländischen juristischen Personen über Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Schutzniveau über das subsidiär anwendbare allgemeine Freiheitsgrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG sicherzustellen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2015 - 2 BvR 282/13, 2 BvQ 56/12 -, juris, Rn. 10 ff.).
a) Eine substantiierte Begründung erfordert, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte hinreichend deutlich aufzeigt (vgl. BVerfGE 6, 132 <134>; 89, 155 <171>; 108, 370 <386 f.>). Rügt er eine Grundrechtsverletzung in einer Fallgestaltung, zu der einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, muss er sich mit dieser auseinandersetzen, um in seinem Fall die Möglichkeit eines Grundrechtsverstoßes ausreichend darzutun (vgl. BVerfGE 101, 331 <346>; 130, 76 <110>).
b) In der Beschwerdeschrift findet eine nähere Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Einschränkung der Grundrechte nicht statt. Zwar können die Grundrechte nur durch solche Normen eingeschränkt werden, die formell und materiell verfassungsgemäß sind (vgl. nur BVerfGE 6, 32 <37 ff.>; 96, 10 <21>; 121, 317 <369>; 130, 131 <142>). Insofern sind auch die Regelungen der Art. 70 ff. und Art. 76 ff. GG zu beachten. Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Verletzungen einer Notifizierungspflicht gegenüber der Europäischen Kommission und der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV gründen sich dagegen nicht auf Verfassungsrecht und hätten - da dem Unionsrecht kein Geltungsvorrang vor nationalem Recht zukommt - nicht die Nichtigkeit des § 78 Abs. 1 AMG zur Folge. Selbst wenn man derartige Verstöße unterstellte, bliebe die Norm ein den Grundrechtsvorbehalt ausfüllendes Gesetz (vgl. BVerfGE 31, 145 <174 f.>; 82, 159 <191>; 110, 141 <154 f.>; 115, 276 <299 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2015 - 2 BvR 282/13, 2 BvQ 56/12 -, juris, Rn. 15 f., 18 ff.; Beschluss vom 31. März 2016 - 2 BvR 929/14 -, juris, Rn. 23).
Auch auf die Vereinbarkeit der Arzneimittelpreisregulierung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die hierzu bestehende reichhaltige Rechtsprechung (vgl. nur BVerfGE 17, 232 <238 ff.>; 53, 96 <98>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 1990 - 1 BvR 1418/90, 1 BvR 1442/90 -, juris; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. September 2002 - 1 BvR 1385/01 -, juris) geht die Verfassungsbeschwerde nicht ein.
2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Der Bundesgerichtshof hat - worauf es allein ankommt - das Vorliegen der Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO jedenfalls nicht willkürlich verneint.
a) Kommt ein Gericht der gesetzlich vorgesehenen Pflicht zur Zulassung eines Rechtsmittels nicht nach, so verstößt dies gegen die Gewährleistung des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn die Entscheidung insoweit sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 42, 237 <241>; 67, 90 <94 f.>; 87, 282 <284 f.>; 101, 331 <359 f.>; entsprechend zu Art. 19 Abs. 4 GG: BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>); dies gilt auch für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts selbst, mit der es eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels - hier der Revision - zurückweist. Hingegen genügt nicht bereits die einfachrechtlich fehlerhafte Handhabung der maßgeblichen Zulassungsvorschriften (vgl. BVerfGE 67, 90 <95>; 87, 282 <284 f.>; 101, 331 <359 f.>).
aa) Nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Stellt sich eine entscheidungserhebliche und der einheitlichen Auslegung bedürfende Frage des Unionsrechts, ist bereits mit der sich voraussichtlich in einem künftigen Revisionsverfahren ergebenden Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 3 AEUV) auch der Zulassungsgrund der "grundsätzlichen Bedeutung" im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gegeben (vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. Oktober 2015 - 1 BvR 1320/14 -, juris, Rn. 13 m.w.N.).
bb) Die Entscheidung des Revisionsgerichts, die Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, und die ihr zugrunde liegende Annahme, dass sich eine entscheidungserhebliche, einen Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO bildende Frage des Unionsrechts nicht stelle, sind an den vom Bundesverfassungsgericht für die Handhabung des Art. 267 Abs. 3 AEUV herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Kontrollmaßstäben (zuletzt BVerfGE 129, 78 <105 ff.>; 135, 155 <231 f. Rn. 179 ff.>) zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. Oktober 2015 - 1 BvR 1320/14 -, juris, Rn. 14 m.w.N.).
Das Bundesverfassungsgericht überprüft danach nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist. Die Vorlagepflicht wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), oder in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung, vgl. BVerfGE 129, 78 <106 f.>; 135, 155 <231 f. Rn. 179 ff.> m.w.N.).
b) Nach diesem Maßstab hat der Bundesgerichtshof Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt.
aa) Das gilt zum einen, soweit er davon abgesehen hat, das Beschwerdeverfahren bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem anhängigen, die Frage der Vereinbarkeit des deutschen Arzneimittelpreisrechts mit dem primären Unionsrecht betreffenden Vorabentscheidungsverfahren (C-148/15) auszusetzen. Der Bundesgerichtshof hat seine Vorlagepflicht weder verkannt, noch ist er bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu entscheidungserheblichen Fragen abgewichen, ohne vorzulegen. Vielmehr ging er von einer klaren Rechtslage aus. Insoweit hat er das Vorliegen eines "acte clair" jedenfalls nicht willkürlich bejaht. Der Bundesgerichtshof hat sich mit der unionalen Rechtslage intensiv auseinandergesetzt. Er ist insoweit dem Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 22. August 2012 gefolgt, der die Anwendbarkeit der deutschen Vorschriften über den Apothekenabgabepreis für den grenzüberschreitenden Versandhandel bejaht hat (vgl. BGHZ 194, 354 <364 ff. Rn. 34 ff.>). In methodisch nicht zu beanstandender Weise und unter ausführlicher Heranziehung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat der Bundesgerichtshof detailliert dargelegt, warum die Auffassung der Europäischen Kommission im Schreiben an die Bundesrepublik Deutschland vom 20. November 2013 nicht zu überzeugen vermag. Dass die Annahme eines "acte clair" jedenfalls nicht willkürlich war, wird auch dadurch unterstrichen, dass es in der Literatur keine nennenswerten Gegenstimmen zum Beschluss des Gemeinsamen Senats gab (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 31. März 2016 - 2 BvR 929/14 -, juris, Rn. 29).
Vor diesem Hintergrund gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgerichtshof den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum bei der Auslegung von Art. 267 AEUV in unvertretbarer Weise - willkürlich - überschritten hätte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Erste Kammer des Gerichtshofs mit Urteil vom 19. Oktober 2016 in der Rechtssache C-148/15 die unionsrechtliche Beurteilung der Beschwerdeführerin nunmehr bestätigt hat, weil dieses Urteil nach den hier angegriffenen Entscheidungen ergangen ist.
bb) Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass der Bundesgerichtshof § 543 Abs. 2 ZPO insofern objektiv willkürlich gehandhabt hätte, als er die Ansicht vertreten hat, das von der Europäischen Kommission eingeleitete Vorverfahren zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland erfordere weder die Zulassung der Revision noch eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens nach § 148 ZPO, weil die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu der beihilferechtlichen Regelung des Art. 108 Abs. 3 AEUV auf die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV jedenfalls im damaligen Stadium nicht übertragbar gewesen sei.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.