Entscheidungsdatum: 27.06.2014
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine strafrechtliche Verurteilung wegen verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen (§ 353d Nr. 3 StGB).
I.
1. a) Die Staatsanwaltschaft Bückeburg erhob am 17. April 2009 gegen den Beschwerdeführer Anklage wegen des Verdachts des gewerbsmäßig begangenen Betrugs in Tateinheit mit gewerbsmäßig begangener Urkundenfälschung in 167 Fällen sowie gewerbsmäßig begangener Urkundenfälschung in weiteren 34 Fällen und beantragte die Eröffnung des Hauptverfahrens. Im Mai 2009 wurde über das Verfahren vereinzelt medial berichtet.
b) Mit Beschluss vom 1. Dezember 2009 ließ das Landgericht Bückeburg die Anklage in 34 Fällen zu und eröffnete insoweit das Hauptverfahren. Im Übrigen lehnte das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen ab. In der ersten Dezemberhälfte 2009 stellte der Beschwerdeführer diesen Beschluss sowie die Teile der Anklageschrift, hinsichtlich derer das Hauptverfahren eröffnet worden war, auf seiner Homepage als Download zur Verfügung. Dort konnten sie jedenfalls bis zum 17. Dezember 2009 im vollen Wortlaut eingesehen werden.
2. Durch Urteil vom 8. April 2010 sprach das Amtsgericht Rinteln den Beschwerdeführer deswegen der verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen (§ 353d Nr. 3 StGB) schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von zehn Tagessätzen à 16 Euro.
3. Die Berufung des Beschwerdeführers blieb erfolglos und wurde durch das Landgericht Bückeburg mit Urteil vom 26. Mai 2011 als unbegründet verworfen. Zur Begründung verwies das Landgericht unter anderem darauf, dass die Strafbarkeit des Beschwerdeführers nicht schon deshalb entfalle, weil er mit der eigenhändigen Veröffentlichung faktisch seine Einwilligung zu dieser erteilt habe. Dies wäre nur der Fall, wenn die Norm ausschließlich den Schutz des von der Veröffentlichung Betroffenen bezwecken würde. Die in § 353d Nr. 3 StGB ausgesprochene Sanktion schütze jedoch auch die Unbefangenheit weiterer Verfahrensbeteiligter, insbesondere die der Laienrichter und der Zeugen. Nichts anderes ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 353d Nr. 3 StGB (BVerfGE 71, 206 ff.). Diese konkrete Normenkontrolle habe nur die Vereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz bei Veröffentlichungen zum Gegenstand gehabt, die gegen oder ohne den Willen des Betroffenen erfolgt sind.
4. a) Mit seiner Revision rügte der Beschwerdeführer unter anderem, dass die Anwendung von § 353d Nr. 3 StGB auf seinen Fall gegen verschiedene Grundrechte verstoße. Auch habe sich das Landgericht über § 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG hinweggesetzt, da sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 1985 herauslesen lasse, dass § 353d Nr. 3 StGB verfassungswidrig sei, wenn die Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen erfolge.
b) Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Celle verwarf das Oberlandesgericht Celle die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO durch Beschluss vom 16. November 2011 einstimmig als unbegründet. Zur ergänzenden Begründung führte das Oberlandesgericht aus, dass die Feststellungen des Berufungsurteils den Schuldspruch jedenfalls insoweit trügen, als der Beschwerdeführer Teile der Anklageschrift veröffentlicht habe. Der Umstand, dass die Veröffentlichung durch ihn selbst erfolgt sei, stehe auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Verurteilung nicht entgegen, da § 353d Nr. 3 StGB auch die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten schütze.
II.
Mit seiner fristgerecht eingelegten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer sinngemäß eine Verletzung von Art. 103 Abs. 2 GG durch die Entscheidungen der Strafgerichte sowie Verletzungen der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) unmittelbar durch die Entscheidungen und mittelbar durch § 353d Nr. 3 StGB in der Fassung vom 13. November 1998 (BGBl I S. 3322).
1. a) Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 1985 könne herausgelesen werden, dass die Strafnorm nicht mit dem Grundgesetz in Einklang stehe, sofern die Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen erfolge. Entsprechend sei § 353d Nr. 3 StGB verfassungskonform auszulegen. Jede Verurteilung, der ein Sachverhalt zu Grunde liege, in dem der Betroffene selbst die Veröffentlichung vorgenommen habe, verstoße gegen Art. 103 Abs. 2 GG.
b) Der Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG sei eröffnet. Er habe mit der Veröffentlichung den Zweck verfolgt, einer Vorverurteilung entgegenzutreten und die öffentliche Meinung durch Präsentation entlastender Unterlagen zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Ein Eingriff in diesen Schutzbereich sei im konkreten Fall nicht gerechtfertigt, da keine überwiegenden Interessen anderer erkennbar seien. § 353d Nr. 3 StGB diene ausschließlich dem Interesse des Beschuldigten, einerseits durch Schutz vor vorzeitiger öffentlicher Verurteilung und Bloßstellung und andererseits durch Sicherung eines fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens. Der Schutz der Rechtspflege habe bestenfalls untergeordnete Bedeutung.
c) Sein allgemeines Persönlichkeitsrecht sei verletzt, da er durch die strafrechtliche Sanktionierung daran gehindert werde, sich der Öffentlichkeit zu stellen und die in der Anklage enthaltene Darstellung seiner Person zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion zu machen. Dies sei ein legitimes Interesse. Immerhin habe die ursprüngliche Anklage der Staatsanwaltschaft Bückeburg zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz geführt. In Abwägung zu dem mit § 353d Nr. 3 StGB verfolgten Schutzzweck stelle die Sanktionierung eine "aberwitzige Entmündigung" seiner Person dar. Es liege auf der Hand, dass der Grund für die Strafverfolgung lediglich darin liege, dass die Staatsanwaltschaft nicht im Internet öffentlich vorgeführt werden wolle.
2. In Anbetracht des Vorstehenden sei § 353d Nr. 3 StGB verfassungswidrig, soweit die Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen erfolge. Die Norm sei ungeeignet, den von ihr verfolgten gesetzgeberischen Zweck zu erreichen. Der Schutz der Unvoreingenommenheit von Verfahrensbeteiligten müsse auch außerhalb des Strafrechts gewährleistet werden. Für diese Fälle sei eine Strafbarkeit jedoch nicht vorgesehen. Auch könne durch § 353d Nr. 3 StGB nicht der Schutz des Beschuldigten vor Vorverurteilung effektiv bezweckt werden. Durch das einseitige Verbot, entlastendes Material selbst zu veröffentlichen, bestehe die Gefahr einer unzumutbaren Verzerrung der Berichterstattung.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen einer notwendigen Annahme (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor; eine Annahme ist auch nicht aus anderen Gründen angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie teilweise unzulässig (1.) und im Übrigen offensichtlich unbegründet ist (2.).
1. Soweit der Beschwerdeführer die erstinstanzliche Entscheidung angreift, fehlt ihm das Rechtsschutzbedürfnis. Das Urteil des Amtsgerichts ist durch die nachfolgende Berufungsentscheidung des Landgerichts vom 26. Mai 2011 prozessual überholt (vgl. BVerfGK 10, 134 <138>; 13, 231 <233>).
2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet. Die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ist nicht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG erfolgt (a.). § 353d Nr. 3 StGB ist mit der Verfassung auch vereinbar, wenn die Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen erfolgt (b.). Verletzungen der Meinungsfreiheit oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Entscheidungen der Strafgerichte sind auch bezogen auf den konkreten Einzelfall nicht erkennbar (c.).
a) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG durch die gerichtlichen Entscheidungen ist nicht gegeben.
aa) Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Für die Rechtsprechung folgt aus diesem Erfordernis ein Verbot strafbegründender oder strafverschärfender Analogie (vgl. BVerfGK 4, 261 <265>; 9, 169 <170>; 14, 12 <15>). Dabei ist Analogie nicht im engeren technischen Sinne zu verstehen; ausgeschlossen ist vielmehr jede Rechtsanwendung, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht (vgl. BVerfGE 71, 108 <115>). Da gemäß § 31 Abs. 2 BVerfGG bestimmte Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in Gesetzeskraft erwachsen, liegt demnach auch ein Verstoß gegen das Analogieverbot vor, wenn ein Gericht eine strafrechtliche Verurteilung ausspricht, die auf der Anwendung einer Norm des materiellen Strafrechts beruht, welche zuvor durch das Bundesverfassungsgericht als nichtig oder mit dem Grundgesetz als unvereinbar erklärt worden ist.
bb) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich jedoch aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 1985 (BVerfGE 71, 206 ff.) keine der Gesetzeskraft gemäß § 31 Abs. 2 BVerfGG unterfallende Feststellung, dass § 353d Nr. 3 StGB mit dem Grundgesetz unvereinbar oder nichtig ist, sofern die Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen erfolgt. Gesetzeskraft besitzt lediglich die im Tenor enthaltene Feststellung der Gültigkeit oder Ungültigkeit eines Gesetzes; die Gründe der Entscheidung können demgegenüber nur zur Auslegung des Tenors herangezogen werden (vgl. Lenz/Hansel, BVerfGG, 1. Aufl. 2013, § 31 Rn. 42).
Gemessen hieran entfaltet ausschließlich die im Tenor der Entscheidung vom 3. Dezember 1985 enthaltene Feststellung, dass § 353d Nr. 3 StGB "mit dem Grundgesetz vereinbar [ist], soweit die in dieser Bestimmung unter Strafe gestellte wörtliche öffentliche Mitteilung der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke ohne oder gegen den Willen des von der Berichterstattung Betroffenen erfolgt ist", Gesetzeskraft. Eine ausdrückliche Feststellung, dass die Norm in jedem anderen Anwendungsfall - namentlich bei Sachverhalten, in denen die Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen erfolgt - unvereinbar mit der Verfassung sei, wird nicht getroffen. Diese Feststellung kann auch nicht im Wege des Umkehrschlusses abgeleitet werden. Aus den Gründen der verfassungsgerichtlichen Entscheidung geht - worauf schon das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - klar hervor, dass das Bundesverfassungsgericht bereits seinen Prüfungsumfang auf die im Tenor ausgesprochene Feststellung beschränkt hat, da nur diese im Sinne des Art. 100 Abs. 1 GG entscheidungserheblich war (vgl. BVerfGE 71, 206 <213>). Über andere Sachverhaltskonstellationen - einschließlich der vorliegenden - sollte demnach gerade keine Feststellung getroffen werden.
b) Eine Verletzung der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) durch § 353d Nr. 3 StGB ist auch in Fällen, in denen die Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen erfolgt, nicht gegeben.
aa) Der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist eröffnet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können auch Tatsachenmitteilungen - hier die Anklageschrift und der Eröffnungsbeschluss - dem Schutz der Meinungsfreiheit unterfallen, weil und wenn sie Voraussetzung der Bildung von Meinungen sind (vgl. BVerfGE 54, 208 <219 f.>; 61, 1 <8>; 85, 1<15>). Soweit Tatsachenbehauptungen aber nicht schon von vornherein wegen erwiesener oder bewusster Unrichtigkeit außerhalb des Schutzbereichs von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verbleiben, sind sie jedoch Einschränkungen aufgrund von allgemeinen Gesetzen (Art. 5 Abs. 2 GG) leichter zugänglich als dies bei Meinungsäußerungen der Fall ist (vgl. BVerfGE 61, 1 <8>).
bb) § 353d Nr. 3 StGB ist ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG. Bedenken, es handele sich um ein Sondergesetz, bestanden bereits im Jahr 1985 nicht mehr (vgl. BVerfGE 71, 206 <214 f.>).
cc) § 353d Nr. 3 StGB ist - auch bei Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen - geeignet, den Schutz verfassungsrechtlich relevanter Rechtsgüter zu bewirken.
(1) Bei der verfassungsgerichtlichen Kontrolle der Zwecktauglichkeit von Gesetzen gebietet die Funktionenteilung zwischen gesetzgebender und rechtsprechender Gewalt Zurückhaltung (vgl. BVerfGE 71, 206 <215>, m.w.N.). Es ist prinzipiell Aufgabe des Gesetzgebers, zu entscheiden, mit welchen Mitteln der von einer Regelung verfolgte Zweck zu erreichen sei. Das Bundesverfassungsgericht kann die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen und Wertungen nicht beanstanden, solange nicht eindeutig erwiesen ist, dass sie von unrichtigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgingen oder mit der Verfassung in Widerspruch stehen (vgl. BVerfGE 13, 97 <113>). Gesetze werden daher nur einer beschränkten Kontrolle unterzogen und lediglich darauf geprüft, ob das eingesetzte Mittel "objektiv" oder "schlechthin" ungeeignet ist (vgl. BVerfGE 30, 250 <263 f.>, m.w.N.). Dies gilt auch für materielle Strafgesetze (vgl. BVerfGE 47, 109 <117>; 50, 142 <163>; 71, 206 <215 f.>). Die Geeignetheit wäre demnach im vorliegenden Fall nur zu verneinen, wenn § 353d Nr. 3 StGB und die mit dieser Vorschrift verbundene Grundrechtseinschränkung zum Schutz der Rechtsgüter, dem sie dienen, schlechthin ungeeignet wären.
(2) Dies ist nicht der Fall. § 353d Nr. 3 StGB verfolgt nach einhelliger Auffassung eine doppelte Schutzrichtung (vgl. statt vieler: Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 353d Rn. 1; Schmedding, in: Dölling/Duttge/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 2. Aufl. 2011, § 353d StGB Rn. 1). Deren Elemente stehen in einem Alternativverhältnis zueinander (vgl. Vormbaum, in: LK-StGB, 12. Aufl. 2009, § 353d Rn. 39).
Die Strafvorschrift soll in erster Linie verhindern, dass Beteiligte an Verfahren, die straf- oder disziplinarrechtlicher Aufklärung und Ahndung dienen, insbesondere Laienrichter und Zeugen, durch die vorzeitige Veröffentlichung amtlicher Schriftstücke in ihrer Unbefangenheit beeinträchtigt werden (vgl. BTDrucks 7/550, S. 282 f.; Graf, in: MüKo StGB, 1. Aufl. <2006>, § 353d Rn. 5).Der durch eine vorweggenommene öffentliche Diskussion amtlichen Prozessmaterials - oft verbunden mit einseitigen Stellungnahmen oder gar unmittelbar auf Einflussnahme angelegten Wertungen - drohenden Voreingenommenheit und den darin liegenden Gefahren für die Wahrheitsfindung und für ein gerechtes Urteil soll entgegengetreten werden (vgl. Vormbaum, in: LK-StGB, 12. Aufl. 2009, § 353d Rn. 39). Damit dient die strafrechtliche Sanktionierung mittelbar einerseits der Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne den sich das materielle Schuldprinzip, auf dem das gesamte Strafrecht beruht (vgl. BVerfGE 123, 267 <413>; 133, 168 <199>), nicht verwirklichen lässt (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 122, 248 <270>; 130, 1 <26>; 133, 168 <199>). Andererseits gewährleistet das strafbewehrte Verbot der Veröffentlichung bestimmter amtlicher Schriftstücke die unbedingte Neutralität und Distanz des Gerichts gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand, die zentraler Bestandteil der rechtsstaatlichen Gesamtkonzeption des Grundgesetzes sind (vgl. BVerfGE 4, 412 <416>; 23, 321 <325>; 82, 286 <298>; 89, 28 <36>; 133, 168 <202>). Beides hat zudem mittelbaren Einfluss auf die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege, die ihrerseits Verfassungsrang genießt (vgl. BVerfGE 107, 104 <118 f.>; 113, 29 <54>).
Daneben treten als Schutzgut des § 353d Nr. 3 StGB die Persönlichkeitsrechte der vom Verfahren Betroffenen und - hinsichtlich des Angeklagten - die Aufrechterhaltung der bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu seinen Gunsten bestehenden Unschuldsvermutung, die nicht durch Vorabveröffentlichungen amtlicher Schriftstücke gefährdet werden sollen (vgl. Graf, in: MüKo StGB, 1. Aufl. 2006, § 353d Rn. 5).
Aufgrund dieser doppelten Schutzrichtung des § 353d Nr. 3 StGB entfällt die Zwecktauglichkeit der Vorschrift nicht allein dadurch, dass sich ein durch das Verfahren Betroffener durch die verfrühte Veröffentlichung amtlicher Schriftstücke derjenigen Rechte begibt, soweit sie seinem Schutz dienen und damit zu seiner Disposition stehen können. Bedeutung und Tragweite des materiellen Schuldprinzips und der Neutralität des Gerichts für das rechtsstaatliche Strafverfahren rechtfertigen bereits isoliert betrachtet die Strafbarkeit seines Handelns (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 353d Rn. 6; Vormbaum, in: LK-StGB, 12. Aufl. 2009, § 353d Rn. 39 a.E.; Graf, in: MüKo StGB, 1. Aufl. 2006, § 353d Rn. 63; Kuhlen, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 4. Aufl. 2013, § 353d Rn. 28 f.; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl. 2011, § 353d Rn. 4; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 353d Rn. 40). Daneben steht weiterhin der Schutz der Persönlichkeitsrechte von anderen durch das Strafverfahren betroffenen Personen, etwa von Mitangeklagten oder Nebenklägern. Auch diese können dadurch beeinträchtigt werden, dass ein Angeklagter ihn entlastende amtliche Mitteilungen vor dem Verfahren im Wortlaut veröffentlicht. Ohne die strafrechtliche Sanktionierung dieses Handelns bestünde die Gefahr, dass Angeklagte und Nebenkläger durch gezielte und möglicherweise entstellte Informationen, die aber den Eindruck amtlicher Authentizität erwecken, wechselseitig versuchen, die Stimmung der Öffentlichkeit und die Einstellung des Gerichts zum Sachverhalt vor Beginn der Hauptverhandlung gezielt in ihrem Interesse - oder auch zu Lasten etwa eines Mitangeklagten - zu beeinflussen.
(3) Zur Erreichung dieser Ziele ist § 353d Nr. 3 StGB trotz bestehender Umgehungsmöglichkeiten nicht schlechterdings ungeeignet. Die hierzu durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 1985 aufgestellten Grundsätze sind auf den vorliegenden Sachverhalt und vergleichbare Konstellationen insoweit uneingeschränkt übertragbar.
Dies gilt insbesondere, soweit der Gesetzgeber nur die Veröffentlichung im Wortlaut unter Strafe gestellt, aber Wiedergaben in indirekter Rede vom Tatbestand ausgenommen hat. Die hierdurch bestehenden Umgehungsmöglichkeiten sind der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) geschuldet, die es gebietet, nur absolut notwendige Einschränkungen vorzunehmen. Veröffentlichungen im Wortlaut bilden eine deutlich größere Gefahr für die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und die vom Verfahren Betroffenen als eine lediglich inhaltlich berichtende Veröffentlichung in nichtwörtlicher Rede (vgl. BVerfGE 71, 206 <216>). Gegenüber der erkennbaren Meinungsäußerung kommt dem Zitat die besondere Überzeugungs- und Beweiskraft des Faktums zu (vgl. BVerfGE 54, 208 <217>). Nur eine wortgetreue Wiedergabe von Aktenteilen erweckt den Eindruck amtlicher Authentizität und bezweckt diesen regelmäßig auch. Sie wird deshalb in der Regel weitergehende Wirkung haben als die bloße Mitteilung eines Dritten, in der über den Inhalt amtlicher Akten berichtet wird.
Gerade für den Schutz der Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten ist dieser Unterschied wesentlich. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass Laienrichter, welche vorgelagerten Veröffentlichungen bereits vor Prozessbeginn den Inhalt der Akten im Wortlaut haben entnehmen können, ihr Urteil nicht mehr allein auf der Grundlage der Hauptverhandlung bilden, wie die Prozessordnung es im Interesse eines rechtsstaatlichen Verfahrens voraussetzt. Ebenso kann die Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen unter vorzeitiger Unterrichtung leiden. Diese Gefahr besteht in besonderem Maße, wenn der öffentlichen Mitteilung das Gewicht amtlicher Authentizität zukommt (vgl. BVerfGE 71, 206 <216 ff.>). Erfüllt ein Strafgesetz jedoch trotz bestehender - den Grundrechten geschuldeter - Einschränkungen im Übrigen weitgehend seinen Zweck, kann seine generelle Geeignetheit nicht verneint werden (vgl. BVerfGE 47, 109 <118 f.>; 71, 206 <217 f.>).
Die Geeignetheit wird konzeptionell auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass § 353d Nr. 1 StGB nur für amtliche Dokumente gilt, die den Strafprozess oder vergleichbare Verfahren betreffen. Zwar sehen auch andere Prozessordnungen die Beteiligung von Laienrichtern (vgl. etwa § 16, § 35 Abs. 2, § 41 Abs. 2 ArbGG, § 5 Abs. 3 Satz 1, § 9 Abs. 3 Satz 1 VwGO, § 3, § 12 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 1 Satz 1, § 40 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGG) und das Beweismittel des Zeugenbeweises vor. Allerdings sind gerade Straf- und Disziplinarverfahren in der Regel mit besonders tiefgreifenden Grundrechtseingriffen verbunden, so dass der Erforschung der materiellen Wahrheit eine überragende Bedeutung zukommt. Gerade der Strafprozess ist in der Praxis zudem in besonderem Maße auf den Zeugenbeweis angewiesen, so dass bei diesen Verfahren die Gefahr besonders groß ist, dass durch die nicht autorisierte Veröffentlichung amtlicher Dokumente die Zeugenaussagen in ihrer konkreten Ausgestaltung oder das Erinnerungsvermögen des Zeugen beeinträchtigt werden (vgl. Graf, in: MüKo StGB, 1. Aufl. 2006, § 353d Rn. 5). Schließlich sichert § 353d Nr. 3 StGB flankierend das nur dem Strafprozess eigene Unmittelbarkeitsprinzip (vgl. § 261 StPO) ab, indem es verhindert, dass das Gericht - insbesondere die Laienrichter - seine Entscheidung auf Umstände stützt, die außerhalb der Hauptverhandlung, welche gerade der Erforschung der materiellen Wahrheit dient, bekannt geworden sind.
dd) § 353d Nr. 3 StGB ist auch bei Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen erforderlich, den Schutz verfassungsrechtlich relevanter Rechtsgüter zu bewirken. Der Gesetzgeber hat sich auf ein befristetes Verbot öffentlicher Mitteilungen im Wortlaut und damit einen den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG so weitgehend wie möglich schonenden objektiven Tatbestand beschränkt. Insbesondere sind mildere Mittel, die einen vergleichbaren Schutz der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege und der Persönlichkeitsrechte von Verfahrensbeteiligten gewährleisten, nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 71, 206 <218>).
ee) Auch die Verhältnismäßigkeitsabwägung im engeren Sinne fällt zu Gunsten der Verfassungsmäßigkeit von § 353d Nr. 3 StGB aus, selbst wenn die Veröffentlichung mit dem Willen eines Betroffenen erfolgt. Maßgebend hierfür sind die Bedeutung der durch den Grundrechtseingriff zu schützenden und der grundrechtlich geschützten Rechtsgüter, die Wirksamkeit des angestrebten Rechtsgüterschutzes und das Ausmaß der zu diesem Zweck normierten Grundrechtsbeschränkung (vgl. BVerfGE 71, 206 <218>).
§ 353d Nr. 3 StGB schränkt einerseits die Meinungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des von der Mitteilung Betroffenen ein. Soweit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG betroffen wird, ist jedoch zu berücksichtigen, dass die durch die Strafvorschrift verbotene Mitteilung bereits begrifflich kein Element des persönlichen Meinens und Dafürhaltens, sondern nur Tatsachenbehauptungen enthält, hinsichtlich derer ein gerechtfertigter Eingriff unter geringeren Voraussetzungen möglich ist. Auch ist in die Abwägung einzustellen, dass der Eingriff zeitlich bis zur Erörterung des Schriftstücks in mündlicher Verhandlung beschränkt ist und nur bestimmte, besonders gefahrträchtige Formen von Veröffentlichungen verbietet, es dem Betroffenen mithin möglich bleibt, seine Meinung durch Formen der indirekten Wiedergabe - wenn auch ohne den Anschein amtlicher Authentizität - zu verbreiten.
Demgegenüber ist § 353d Nr. 3 StGB grundsätzlich geeignet, den Schutz der Rechtspositionen von Mitangeklagten und Nebenklägern, konkret deren allgemeines Persönlichkeitsrecht, und - im Falle der Mitangeklagten - die Unschuldsvermutung, zu stärken. Der ebenfalls bewirkte Schutz der Neutralität des Gerichts und der Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit als Grundlage des den Strafprozess bestimmenden Schuldprinzips (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) dient ebenfalls der Wahrung von Rechtsgütern mit Verfassungsrang.
Allein der Umstand, dass der bewirkte Schutz lückenhaft ist und Umgehungsmöglichkeiten bestehen, rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Diese Lückenhaftigkeit stellt sich als Konsequenz einer möglichst weitreichenden Schonung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG einerseits und - worauf das Bundesverfassungsgericht schon 1985 hingewiesen hat (vgl. BVerfGE 71, 206 <217>) - dem Bestimmtheitserfordernis materieller Strafnormen (Art. 103 Abs. 2 GG) andererseits dar.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass § 353d Nr. 3 StGB für alle Verfahrensbeteiligten des Strafprozesses, einschließlich der Staatsanwaltschaft und Nebenklage, gilt. Auch diese sind gehindert, etwa die Anklageschrift vorzeitig zu veröffentlichen und hierdurch auf die öffentliche Meinung oder das Gericht einzuwirken (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 353d Rn. 6a). Daher ist auch aus Gründen der Waffengleichheit, die ihrerseits dem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) entspringt, kein einseitiges Recht zur Veröffentlichung durch einen Angeklagten geboten. Im Gegenteil widerspräche eine derartige Berechtigung diesem Grundgedanken und könnte zu einer Verzerrung der Berichterstattung führen. Die durch den Beschwerdeführer vertretene Auslegung würde daher die Gefahr einer weitgehenden Vorverlagerung der Meinungsbildung tragen und die Wahrheitsfindung als zentrales Element des Strafprozesses zu Gunsten einer außerprozessualen öffentlichen oder medialen Diskussion zurückdrängen.
ff) Gleiches gilt, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) rügt. Ein etwaiger Eingriff in den Schutzbereich wäre ebenfalls gerechtfertigt.
c) Die im vorliegenden Verfahren zur Entscheidung berufenen Gerichte haben bei der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen gemäß § 353d Nr. 3 StGB nicht Bedeutung und Tragweite grundrechtlicher Gewährleistungen verkannt. Die Umstände des Einzelfalls erforderten keine verfassungskonforme Reduktion oder Auslegung des Tatbestands im konkreten Fall.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben erkannt, dass § 353d Nr. 3 StGB verfassungsrechtliche Rechtspositionen tangiert und sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 1985 auseinandergesetzt, sind jedoch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Entscheidung einer Strafbarkeit des Beschwerdeführers nicht entgegensteht. So bestand im Falle des Beschwerdeführers auch nicht lediglich eine theoretische Gefahr der Beeinflussung von Laienrichtern und Zeugen. Die Anklage war zur Großen Strafkammer erfolgt, die in derartigen Verfahren in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen entscheidet (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 4 GVG). Als Beweismittel waren unter anderem 15 Zeugen vorgesehen.
Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, die ursprüngliche Anklage der Staatsanwaltschaft Bückeburg habe seine wirtschaftliche Existenz vernichtet, so dass die Veröffentlichung des (Nicht-)Eröffnungsbeschlusses faktisch eine Notstandshandlung dargestellt habe, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Eine Agenturmeldung über das Gerichtsverfahren ist praktisch unbeachtet geblieben. Aus dem einzigen Medienbericht ist erkennbar, dass selbst dieser nicht auf einer Pressemitteilung oder sonstigen Information durch die Staatsanwaltschaft, sondern allein auf einem Schreiben des Beschwerdeführers selbst "an die Weltpresse" beruhte. Auch geht aus der Begründung der Verfassungsbeschwerde hervor, dass er schon im Juni 2008 zahlungsunfähig war. Eine Erklärung dafür, wie die Agenturmeldung vom April 2009 diese Zahlungsunfähigkeit kausal hätte verursachen können, bleibt der Beschwerdeführer schuldig.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.