Entscheidungsdatum: 14.10.2010
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Besteuerung von Ruhegehaltszahlungen der NATO als Einkünfte im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG - in der für die Jahre 2000 und 2001 geltenden Fassung.
1. Der mit seiner Ehefrau zusammen veranlagte Beschwerdeführer, ein ehemaliger Bediensteter des internationalen Zivilpersonals der NATO, bezog in den Jahren 2000 und 2001 von der NATO Versorgungsbezüge. Zuzüglich erhielt er einen sogenannten "Steuerausgleich" (Tax Adjustment), welcher zum teilweisen Ausgleich der Besteuerung der Ruhegehälter durch die Wohnsitzstaaten und der sich aus den verschiedenartigen Besteuerungssystemen ergebenden Unterschiede bestimmt war. Das Finanzamt ordnete diese Zahlungen in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2000 und 2001 in voller Höhe den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu.
2. Das Finanzgericht Köln gab der hiergegen von dem Beschwerdeführer erhobenen Klage in seinem Urteil vom 4. Juli 2005 - 4 K 1005/02 - (EFG 2005, S. 1695 ff.) statt. Es folgte der Auffassung des Beschwerdeführers, dass die Ruhegehaltszahlungen als Leibrente gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG nur mit dem Ertragsanteil zu besteuern seien, da sie wegen der in den Vorjahren von der NATO einbehaltenen Gehaltsanteile zumindest teilweise auf eigenen Beiträgen des Bezugsberechtigten beruhten.
3. Der Bundesfinanzhof hob mit seinem mit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil vom 22. November 2006 - X R 29/05 - (BStBl II 2007, S. 402 = BFHE 216, 124) das Urteil des Finanzgerichts Köln auf und wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof folgte der Auffassung des Finanzamts, nach der die vom Beschwerdeführer bezogenen Versorgungsleistungen der NATO als Ruhegelder im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im Inland als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern seien. Es handele sich nicht um sonstige Einkünfte in Gestalt wiederkehrender Bezüge im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (Leibrenten), da die Bezüge weder im Ganzen noch teilweise Erträge aus der Nutzung eigenen Vermögens des Beschwerdeführers seien.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer, durch das Urteil des Bundesfinanzhofs sowie die Einspruchsentscheidung und Steuerfestsetzung des Finanzamts in seinen Rechten aus Art. 3 Abs. 1, Art. 14 und Art. 20 Abs. 1 GG verletzt zu sein.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG zur Entscheidung anzunehmen, weil sie keine grundsätzliche Bedeutung hat und ihre Annahme auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>).
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Die Besteuerung des Ruhegehalts des Beschwerdeführers aus dem NATO-Versorgungssystem als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der für die Streitjahre 2000 und 2001 geltenden Fassung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG.
a) Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung der Besteuerung der Alterseinkünfte des Beschwerdeführers gegenüber Renteneinkünften, die aus versteuertem Einkommen aufgebaut worden sind, liegt bereits dem Grunde nach nicht vor.
aa) Der Beschwerdeführer unterliegt nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst der Besteuerung nach dem deutschen Einkommensteuergesetz, das lediglich das in der Bundesrepublik Deutschland übliche Alterssicherungssystem berücksichtigt. Dieses ist im Wesentlichen durch die gesetzliche Rentenversicherung und die Beamtenversorgung gekennzeichnet. Nach der einfachgesetzlichen Systematik des Einkommensteuergesetzes kommt es bei der Zuordnung zu einer der Einkunftsarten nicht auf eine Qualifikation als "Alterseinkünfte" an. Es gilt vielmehr: Was bereits der Einkommensteuer unterlegen hat, darf nicht ein zweites Mal, also doppelt, besteuert werden. Eine "spätere" steuerliche Erfassung einer Vermögensmehrung kommt dagegen in Betracht, wenn die Besteuerung zu einem - möglichen - früheren Zeitpunkt unterblieben ist oder "aufgeschoben" wurde (BVerfGE 105, 73 <122 f.>). Die Rentenbesteuerung ist orientiert am Leitbild des Kaufs einer im Zeitablauf konstanten Leibrente durch eine aus versteuertem Einkommen geleistete einmalige Zahlung (P. Fischer, Altersvorsorge und Altersbezüge, DStJG 24 <2001>, S. 463 <469>). Soweit dieses Leitbild tatsächlich trägt, soweit also die Rente tatsächlich während der Erwerbsphase aus versteuerten Beiträgen des Rentenbeziehers finanziert ist (oder mit solchen Beiträgen korreliert), hat die Ertragsanteilsbesteuerung ihre Berechtigung als eine systemkonforme Erfassung von Einkünften (BVerfGE 105, 73 <123>). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da die Beiträge, die der Beschwerdeführer für seine Alterssicherung erbracht hat, nicht der Besteuerung unterlagen. Das Versorgungssystem der NATO ist vielmehr vergleichbar mit dem der deutschen Beamten, bei dem die Umschichtung von (wirtschaftlichen Beiträgen) der aktiven Beamten zu Versorgungsbezügen der Pensionäre innerhalb des öffentlichen Haushalts stattfindet (vgl. BVerfGE 105, 73 <115>). Statt Beiträge einzubehalten, zahlte die NATO entsprechend geringere Bezüge aus.
bb) Weiter zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer zusätzlich zu den NATO Versorgungsbezügen einen sogenannten "Steuerausgleich" (Tax Adjustment) erhalten hat, welcher zum teilweisen Ausgleich der Besteuerung der Ruhegehälter durch die Wohnsitzstaaten und der sich aus den verschiedenartigen Besteuerungssystemen ergebenden Unterschiede bestimmt ist. Damit ist im Ergebnis eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers im Vergleich zu den Beziehern einer Leib- bzw. Altersrente zu verneinen.
b) Soweit die durch eigene Beiträge erworbene Anwartschaft auf Zahlung eines Ruhegehalts vom Schutzbereich der Eigentumsfreiheit umfasst ist, ist eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG nicht ersichtlich. Dass sich die Besteuerung des Ruhegehalts nach § 19 EStG für den Beschwerdeführer erdrosselnd ausgewirkt hätte (vgl. BVerfGE 87, 153 <169>; 115, 97 <110 ff.>), ist weder vorgetragen worden noch erkennbar. Ebenso wenig ist ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG gegeben.
2. Nach diesen Maßstäben begegnet auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts einschließlich der Wahl der hierbei anzuwendenden Methode ist Sache der Finanzgerichte und vom Bundesverfassungsgericht nicht auf ihre Richtigkeit zu untersuchen. Das Bundesverfassungsgericht hat nur zu gewährleisten, dass dabei die Anforderungen des Grundgesetzes eingehalten werden (vgl. BVerfGE 19, 166 <175>). Der Bundesfinanzhof ist anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gefolgt und hat die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert, dass nur soweit die Rente tatsächlich während der Erwerbsphase aus versteuerten Beiträgen des Rentenbeziehers finanziert wird, die Ertragsanteilsbesteuerung ihre Berechtigung als eine systemkonforme Erfassung von Einkünften hat. Diese Auslegung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 105, 73 <123>).
b) Eine Willkür in dem Sinne, dass die angegriffene Entscheidung unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. BVerfGE 86, 59 <62 f.>), ist nicht erkennbar, so dass auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt ist.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.