Entscheidungsdatum: 13.03.2018
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
I.
1. Gegen den Beschwerdeführer wurde bei der Staatsanwaltschaft München I ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges geführt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht München am 2. Mai 2014 gemäß § 102, § 105 Abs. 1 StPO einen Durchsuchungsbeschluss, in dem der gegen den Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt bestehende Tatverdacht wie folgt geschildert wird:
"Am 18.08.2011 erwarb die Firma H... e.K., vertreten durch den Zeugen W..., zwei Kopiergeräte des Herstellers X... zum Preis von 17.850 € von der Firma B... GmbH, vertreten durch den Beschuldigten. Der Firmensitz des Beschuldigten befindet sich in der M-Straße,... .
Hierbei täuschte der Beschuldigte vor, dass es sich bei den beiden Kopiergeräten um Neugeräte der Firma X... handelt. Da der Zeuge W... diesen Angaben glaubte, erwarb er für die Firma die beiden Geräte und zahlte den Kaufpreis. Hätte er den wahren Sachverhalt gekannt, hätte er die Geräte nicht erworben. Tatsächlich verkaufte der Beschuldigte keine Neugeräte, sondern ältere Geräte mit ausgetauschten Platinen, einer neuen Software, die nicht von der Firma X... stammt, und einer gefälschten Seriennummer. Der geschädigten Firma entstand daher ein Schaden in Höhe des Kaufpreises."
Angeordnet wurde nach dem Wortlaut des Durchsuchungsbeschlusses "die Durchsuchung der Person, der Geschäftsräume mit Nebenräumen, Garagen und der Fahrzeuge des Beschuldigten B... […]". Nach den Angaben zu Geburtsdatum und -ort und vor den Angaben zu Staatsangehörigkeit, Familienstand und Beruf des Beschwerdeführers sind folgende Adressen aufgeführt:
"wohnhaft: M-Straße,... (bei Fa. B...),
Nebenwohnung: A-Straße,... .
Ziel der Durchsuchung sollte laut Beschluss das Auffinden manipulierter Kopiergeräte, das Auffinden von Unterlagen, die auf den Ankauf oder Verkauf von manipulierten Kopiergeräten hindeuten, sowie das Auffinden von Gegenständen, die für die Manipulation von Kopiergeräten verwendet werden, wie entsprechende Software, Aufkleber von Seriennummern und Platinen, sein.
2. Die Durchsuchung fand am 28. August 2014 statt. Nach dem Durchsuchungs-/Sicherstellungsprotokoll wurden zum einen Firmenräume und Keller sowie das Lager in der M-Straße,... durchsucht. Dort wurden unter anderem Eingangsrechnungen und eine Platine sichergestellt. Zum anderen wurden etwa zur gleichen Uhrzeit auch die Wohnräume des Beschwerdeführers und von dessen Familie in der A-Straße in ... von Beamten der Kriminalpolizei durchsucht. Bei der letztgenannten Durchsuchung wurde nichts Verdächtiges aufgefunden.
3. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 30. Oktober 2014 legte der Beschwerdeführer "gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 2. Mai 2014 sowie die bereits erfolgte Beschlagnahme der Geschäftsunterlagen" Beschwerde ein mit dem Antrag, den genannten Beschluss aufzuheben. Zur Begründung der Beschwerde führte er unter anderem aus, dass sich der Durchsuchungsbeschluss "ausdrücklich und ausschließlich nur auf die Durchsuchung der Person, der Geschäftsräume mit Nebenräumen, Garagen und der Fahrzeuge" beziehe. Von Wohnräumen sei nicht die Rede. Die Durchsuchung seines Privathauses unter der Adresse A-Straße,..., sei somit nicht vom Durchsuchungsbeschluss gedeckt gewesen und daher rechtswidrig erfolgt.
4. Durch Beschluss vom 20. November 2014 verwarf das Landgericht München I die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet.
Hinsichtlich des räumlichen Umfangs der Durchsuchungsanordnung führt das Landgericht aus, dass in Anbetracht der ausdrücklichen Bezeichnung sowohl der Adresse in U... als auch der Adresse in B... die Auffassung des Beschwerdeführers, dass sich der Beschluss nicht auf sie beziehe, nicht nachvollzogen werden könne. Auf die Adresse in U... beziehe sich der Beschluss schon deshalb, weil diese Adresse als Firmenadresse bezeichnet worden sei und gemäß dem Beschluss in Geschäftsräumen und Nebenräumen durchsucht werden sollte. Dass auch die Adresse des Nebenwohnsitzes in B... in den Beschluss aufgenommen worden sei, könne nur damit erklärt werden, dass auch dort durchsucht werden sollte, da ansonsten die zusätzliche Angabe dieser Adresse schlicht überflüssig gewesen wäre.
II.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer insbesondere eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG. Er beanstandet, dass sowohl die Durchsuchung seiner Wohnung in B... als auch die Durchsuchung seiner Wohnräume am Sitz der Firma B... in U... nicht vom Durchsuchungsbeschluss abgedeckt gewesen sei. Die in dem Durchsuchungsbeschluss bei den Angaben zur Person des Beschwerdeführers aufgeführten beiden Adressen hätten ersichtlich nicht der Bezeichnung der Durchsuchungsgegenstände, sondern vielmehr der Identifizierung des Beschwerdeführers als Beschuldigten gedient. Hinsichtlich der M... Adresse werde dies anhand des Zusatzes, dass sich die Wohnung des Beschwerdeführers "bei Fa. B..." befinde und somit gerade nicht "in" den zu durchsuchenden Geschäftsräumen, deutlich. Indem die Adresse in B... als "Nebenwohnung" bezeichnet worden sei, sei sie ebenfalls von den zu durchsuchenden Geschäftsräumen abgegrenzt worden.
Art. 13 GG verlange, dass gerade bei Wohnungsdurchsuchungen das Ausmaß der Durchsuchung - insbesondere die zu durchsuchenden Räume - genau bezeichnet werden. Sofern Staatsanwaltschaft und Polizei auch die Wohnräume des Beschwerdeführers durchsuchen wollten, hätten sie einen entsprechenden ergänzenden Durchsuchungsbeschluss beim Ermittlungsrichter beantragen müssen.
Die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts verletzten somit insbesondere das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG, indem in ihnen die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers für rechtmäßig erklärt werde. Auch die Wohnungsdurchsuchungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft verletzten den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten, da ihnen keine richterliche Anordnung zugrunde gelegen habe.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits geklärt (§ 93a Abs. 2 Buchst. a BVerfGG). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchst. b BVerfGG). Zwar verletzt der Beschluss des Landgerichts den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG (1.). Es ist jedoch abzusehen, dass seine Beschwerde auch im Falle einer Zurückverweisung an das Landgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (2.). Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig (3.).
1. Der Beschluss des Landgerichts, mit dem seine Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss zurückgewiesen worden ist, verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG.
a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Hierdurch erfährt die räumliche Lebenssphäre des Einzelnen einen besonderen grundrechtlichen Schutz, in den mit einer Durchsuchung schwerwiegend eingegriffen wird (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 f.>; 59, 95 <97>; 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>). Entsprechend dem Gewicht des Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre behält Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vor. Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss dient dazu, die Durchführung der Maßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220>; 103, 142 <151>). Dazu muss der Beschluss den Tatvorwurf und die konkreten Beweismittel so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist (vgl. BVerfGE 42, 212 <220 f.>; 50, 48 <49>; 103, 142 <151>). Der Richter muss die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220 f.>). Nichts anderes gilt für die Umschreibung der räumlichen Sphäre, in der die Durchsuchung stattfinden soll.
b) Der Beschwerdeführer geht zutreffend davon aus, dass der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 2. Mai 2014 hinreichend bestimmt zwar eine Durchsuchung seiner Geschäftsräume, nicht aber seiner Wohnräume gestattete.
In dem Beschluss wird das Durchsuchungsobjekt vor den Angaben zur Person des beschuldigten Beschwerdeführers bezeichnet: Neben seiner Person ist die Durchsuchung seiner Geschäftsräume mit Nebenräumen, seiner Garagen und seiner Fahrzeuge angeordnet worden. Im Umkehrschluss ergibt sich zugleich, dass sich die Durchsuchungsanordnung nicht auf Wohnräume erstreckt. Soweit die Anschriften der beiden Wohnungen des Beschwerdeführers in U... und B... im Rahmen der Angaben zu seiner Person genannt werden, dient dies erkennbar nicht der Bestimmung der zu durchsuchenden Objekte, sondern vielmehr bloß der Identifizierung des Beschwerdeführers. Eine Auslegung dahingehend, dass sich die Durchsuchung auch auf diese Wohnräume erstrecken soll, lässt der Wortlaut des Beschlusses nicht zu. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ermittlungsrichterin tatsächlich auch hinsichtlich dieser Wohnräume die Durchsuchung anordnen wollte. Ein etwaiger diesbezüglicher Wille ist in der Formulierung der Durchsuchungsanordnung jedenfalls nicht mit hinreichender Bestimmtheit zum Ausdruck gebracht worden. Dass die Durchsuchung der ausdrücklich benannten Objekte erfolgen sollte, wird dadurch indes nicht in Frage gestellt.
c) Die von diesem Inhalt abweichende Auslegung des Durchsuchungsbeschlusses durch das Landgericht, nach der sich die amtsgerichtliche Durchsuchungsanordnung auch auf die Wohnräume des Beschwerdeführers in U... und B... beziehen soll, bedeutet daher eine nachträgliche Erweiterung der Durchsuchungsobjekte nach dem Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses. Eine solche nachträgliche Erweiterung ist mit der Funktion des Richtervorbehalts in Art. 13 Abs. 2 GG, der eine vorbeugende Kontrolle der Durchsuchung durch eine unabhängige und neutrale Instanz gewährleisten soll, nicht vereinbar. Sie verbietet schon, Mängel, die die Begrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses betreffen, nachträglich zu heilen (vgl. BVerfGK 5, 84 <88 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Juli 2016 - 2 BvR 1710/15 -, juris, Rn. 13). Erst recht verbietet sie, eine mangelfreie Begrenzung der Durchsuchungsobjekte durch den amtsgerichtlichen Beschluss im Nachhinein dadurch zu entwerten, dass diesem ein aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht erkennbarer, weitergehender Inhalt beigemessen wird.
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist dennoch nicht zur Durchsetzung des Rechts des Beschwerdeführers aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG angezeigt, weil deutlich abzusehen ist, dass seine Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss auch im Falle einer Zurückverweisung an das Landgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 211/12 -, juris, Rn. 16; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 2016 - 1 BvR 1225/15 -, juris, Rn. 19; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Juli 2017 - 2 BvR 2157/15 -, juris, Rn. 32). Rechtsschutzziel des Beschwerdeführers ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung seiner Wohnräume. Dieses Ziel kann er mit einer Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 StPO gegen den Durchsuchungsbeschluss vom 2. Mai 2014 nicht erreichen.
Der Einwand, die Durchsuchung sei in Bezug auf die Wohnräume ohne eine richterliche Anordnung und ohne das Vorliegen von Gefahr im Verzug rechtswidrig erfolgt, betrifft allein die Art und Weise der Durchsuchung. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Auffassung in der Literatur muss der Betroffene, der sich gegen die Art und Weise der Durchsuchung wehren will, dies durch die Stellung eines Antrags entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO beim Amtsgericht tun (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 2007 - 2 BvR 1681/07 -, juris, Rn. 2; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. April 2004 - 2 BvR 2224/03 -, juris, Rn. 5). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die beanstandete Art und Weise des Vollzugs nicht in der richterlichen Durchsuchungsanordnung selbst geregelt ist oder dies zumindest zweifelhaft erscheint (vgl. BGHSt. 45, 183 <187>; vgl. auch: Hadamitzky, in: Kleinknecht/Müller/Reitberger, StPO, Bd. 2, § 105 Rn. 43 [Mai 2012]; Hauschild, in: Münchener Kommentar zur StPO, Bd. 1, 1. Aufl. 2014, § 105 Rn. 43).
Der Beschwerdeführer muss daher zunächst einen Antrag entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO stellen und sodann gegen eine etwaige Zurückweisung dieses Antrags durch das Amtsgericht Beschwerde einlegen. Seine Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung müsste das Landgericht dagegen auch bei zutreffender Auslegung des Durchsuchungsbeschlusses als unbegründet verwerfen, da der Beschwerdeführer durchgreifende Einwände nur gegen die Art und Weise der Durchsuchung, nicht aber gegen die richterliche Durchsuchungsanordnung selbst vorgebracht hat.
3. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig.
a) Da sich der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde allein gegen die von dem Durchsuchungsbeschluss vom 2. Mai 2014 nicht erfasste Durchsuchung seiner Wohnräume wendet und Einwände gegen die Durchsuchung der Geschäftsräume nicht erhebt, hat er die Möglichkeit einer Verletzung seines Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG durch den Durchsuchungsbeschluss selbst entgegen § 23 Abs. 1 Satz 2, § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG nicht dargelegt. Deshalb kann auch dahingestellt bleiben, ob das Amtsgericht die Durchsuchung der Geschäftsräume der B... GmbH auf der Grundlage des § 102 StPO anordnen durfte, oder ob insoweit § 103 StPO als Ermächtigungsgrundlage heranzuziehen gewesen wäre.
b) Soweit sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen die Durchsuchung seiner Wohnräume wendet, hat er bisher den Rechtsweg analog § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.