Entscheidungsdatum: 02.02.2015
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Handhabung der Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV in zivilrechtlichen Verfahren mit Blick auf die Rechtsfrage, ob § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. den Anforderungen des Unionsrechts genügt und ob eine Rückforderung von Versicherungsprämien und Nutzungsersatz wegen widersprüchlichen Verhaltens ausgeschlossen werden kann, weil die Berufung auf die Unwirksamkeit des Versicherungsvertrags gegen Treu und Glauben verstößt.
1. § 5a des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG) sah im Geltungszeitraum vom 29. Juli 1994 bis 31. Dezember 2007 (im Folgenden: VVG a.F.) die Möglichkeit vor, Versicherungsverträge im sogenannten Policenmodell abzuschließen. Dieses Verfahren war dadurch gekennzeichnet, dass der potentielle Versicherungsnehmer zunächst das von ihm unterzeichnete Antragsformular auf Abschluss des Versicherungsvertrags an den Versicherer übermittelte und dieser dem Versicherungsnehmer die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F. erst zusammen mit der Versicherungspolice zukommen ließ. Widersprach der Versicherungsnehmer nicht innerhalb der Widerspruchsfrist nach Überlassung der Unterlagen schriftlich, so galt der Vertrag auf Grundlage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen (§ 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.). In dem Antrag des Versicherungsnehmers war das Vertragsangebot, in der nachfolgenden Übersendung der Vertragsunterlagen die Annahme durch den Versicherer zu sehen. Außerdem setzte der wirksame Vertragsschluss das Unterbleiben des Widerspruchs innerhalb der Widerspruchsfrist voraus; bis zu diesem Zeitpunkt war der Versicherungsvertrag nach herrschender Meinung schwebend unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2010 - IV ZR 252/08 -, VersR 2011, S. 337 <338> Rn. 22 m.w.N.). Die Widerspruchsfrist begann nach dieser Regelung erst zu laufen, wenn der Versicherungsnehmer mit Aushändigung der Versicherungspolice über sein Widerspruchsrecht belehrt worden war; abweichend hiervon erlosch das Widerspruchsrecht - auch bei fehlender Belehrung - nach § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie.
2. § 5a VVG a.F. wurde durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG) vom 21. Juli 1994 (BGBl I S. 1630) in das Gesetz über den Versicherungsvertrag eingefügt und ist am 29. Juli 1994 in Kraft getreten. Er lautete, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung:
(1) Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterlagen schriftlich widerspricht. […]
(2) Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen obliegt dem Versicherer. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. Abweichend von Satz 1 erlischt das Recht zum Widerspruch jedoch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie.
Nach Änderungen durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl I S. 1542) und das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl I S. 3102), mit denen die Widerspruchsfrist bei Lebensversicherungen von 14 auf 30 Tage bei Lebensversicherungen verlängert wurde, wurde das "Policenmodell" durch die Einfügung des § 7 Abs. 1 Satz 1 VVG im Rahmen einer Ge-samtreform des Gesetzes über den Versicherungsvertrag durch das Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007 (BGBl I S. 2631) mit Wirkung zum 1. Januar 2008 abgeschafft. § 5a VVG a.F. gilt jedoch für das Zustandekommen von Versicherungsverträge fort, die in seinem Geltungszeitraum vom 29. Juli 1994 bis zum 31. Dezember 2007 in einer Vielzahl von Fällen nach dem "Policenmodell" abgeschlossen worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, WM 2014, S. 644 <645> m.w.N.).
3. Bereits die Erste Richtlinie 79/267/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung (Lebensversicherung) (ABl. EG Nr. L 63 vom 13. März 1979, S. 1 ff.; im Folgenden: Erste Lebensversicherungsrichtlinie) enthielt Regelungen für den Bereich der Lebensversicherung. Sie wurde durch die Zweite Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (ABl. EG Nr. L 330 vom 29. November 1990, S. 50 ff.; im Folgenden: Zweite Lebensversicherungsrichtlinie) geändert und ergänzt. Die Zweite Lebensversicherungsrichtlinie wiederum wurde geändert durch die Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (ABl. EG Nr. L 360 vom 9. Dezember 1992, S. 1 ff.; im Folgenden Dritte Lebensversicherungsrichtlinie). Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie in der durch Art. 30 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie geänderten Fassung hatte folgenden Wortlaut:
(1) Jeder Mitgliedstaat schreibt vor, dass der Versicherungsnehmer eines individuellen Lebensversicherungsvertrags von dem Zeitpunkt an, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist, über eine Frist verfügt, die zwischen 14 und 30 Tagen betragen kann, um von dem Vertrag zurückzutreten.
Die Mitteilung des Versicherungsnehmers, dass er vom Vertrag zurücktritt, befreit ihn für die Zukunft von allen aus diesem Vertrag resultierenden Verpflichtungen.
Die übrigen rechtlichen Wirkungen des Rücktritts und die dafür erforderlichen Voraussetzungen werden gemäß dem auf den Versicherungsvertrag nach Artikel 4 anwendbaren Recht geregelt, insbesondere was die Modalitäten betrifft, nach denen der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist.
(2) Bei Verträgen mit einer Laufzeit von höchstens sechs Monaten oder wenn der Versicherungsnehmer aufgrund seines Status oder wegen der Umstände, unter denen der Vertrag geschlossen wird, dieses besonderen Schutzes nicht bedarf, können die Mitgliedstaaten von der Anwendung von Absatz 1 absehen. Die Mitgliedstaaten legen in ihren Rechtsvorschriften die Fälle fest, in denen Absatz 1 nicht zur Anwendung gelangt.
In Art. 31 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie war die Verpflichtung geregelt, dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrags bestimmte Angaben mitzuteilen:
(1) Vor Abschluss des Versicherungsvertrags sind dem Versicherungsnehmer mindestens die in Anhang II Buchstabe A aufgeführten Angaben mitzuteilen.
(2) Der Versicherungsnehmer muss während der gesamten Vertragsdauer über alle Änderungen der in Anhang II Buchstabe B aufgeführten Angaben auf dem Laufenden gehalten werden.
(3) Der Mitgliedstaat der Verpflichtung kann von den Versicherungsunternehmen nur dann die Vorlage von Angaben zusätzlich zu den in Anhang II genannten Auskünften verlangen, wenn diese für das tatsächliche Verständnis der wesentlichen Bestandteile der Versicherungspolice durch den Versicherungsnehmer notwendig sind.
(4) Die Durchführungsvorschriften zu diesem Artikel und zu Anhang II werden von dem Mitgliedstaat der Verpflichtung erlassen.
In Anhang II war eine Aufzählung der Informationen aufgeführt, die dem Versicherungsnehmer "entweder (A) vor Abschluss des Vertrages oder (B) während der Laufzeit des Vertrages mitzuteilen" waren. Die Informationen waren "eindeutig und detailliert schriftlich in einer Amtssprache des Mitgliedstaats der Verpflichtung abzufassen". Buchstabe A enthielt eine Tabelle, in deren linker Spalte die Informationen über das Versicherungsunternehmen und in deren rechter Spalte die Informationen über die Versicherungspolicen selbst genannt waren.
Die am 20. Dezember 2002 in Kraft getretene Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen (ABl. EG L 345 vom 19. Dezember 2002, S. 1 ff.) sah in ihren Art. 35 und Art. 36 vergleichbare Regelungen vor. Durch sie wurden zugleich die Erste, Zweite und Dritte Lebensversicherungsrichtlinie einschließlich ihrer Änderungen aufgehoben. Die Richtlinie 2002/83/EG wurde ihrerseits durch die Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. EU Nr. L 335 vom 17. Dezember 2009, S. 1 ff.) mit Wirkung zum 1. November 2012 aufgehoben.
4. Der Beschwerdeführer beantragte am 14. August 1998 den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung im Wege des "Policenmodells". Er erhielt mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG und eine schriftliche Belehrung über sein Widerspruchsrecht gemäß § 5a VVG. Aufgrund eines Änderungsantrags des Beschwerdeführers im Januar 2004 wurde ihm ein neuer Versicherungsschein ausgestellt, den der Beschwerdeführer mit den Versicherungsbedingungen, einer Verbraucherinformation und einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung erhielt. Von September 1998 bis März 2004 zahlte er Prämien in Höhe von insgesamt 17.128,55 €. Nachdem er den Vertrag im März 2004 gekündigt hatte, kehrte ihm das beklagte Versicherungsunternehmen den Rückkaufswert in Höhe von 12.481,57 € aus. Erst mehrere Jahre später, mit Schreiben vom 8. März 2011, erklärte der Beschwerdeführer gegenüber dem Versicherungsunternehmen den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.
a) Der Beschwerdeführer klagte vor dem Landgericht Gießen auf Zahlung der Differenz zwischen den gezahlten Prämien und dem ausgekehrten Rückkaufswert sowie auf Nutzungsersatz. Das Landgericht Gießen wies die Klage mit Urteil vom 21. März 2012 ab. Das Widerspruchsrecht sei unter Anwendung der Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. erloschen.
b) Die Berufung des Beschwerdeführers wies das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 18. Januar 2013 zurück. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Der Widerruf habe den Vertrag jedenfalls deshalb nicht ex tunc zum Erlöschen gebracht, weil dem Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt ein Widerspruchsrecht nicht mehr zugestanden habe. Das Widerspruchsrecht sei gemäß § 5a Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 bis 3 VVG a.F. erloschen.
c) Mit Urteil vom 16. Juli 2014 wies der Bundesgerichtshof die Revision zurück. Der Kläger könne nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1, § 818 Abs. 1 BGB Rückzahlung der Prämien und Nutzungsersatz verlangen.
aa) Er habe die Prämien mit Rechtsgrund an die Beklagte geleistet. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Lebensversicherungsvertrag sei auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. wirksam zustande gekommen. Hinsichtlich der Wirksamkeit des so geschlossenen Versicherungsvertrags bestünden entgegen der Auffassung der Revision im Hinblick auf die Vereinbarkeit von § 5a VVG a.F. mit dem Gemeinschaftsrecht keine Zweifel. Die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts stehe bei Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezogen auf das "Policenmodell" außer Zweifel, so dass eine Vorlagepflicht gemäß Art. 267 AEUV entfalle. Das "Policenmodell" stehe nach Auffassung des Senats in Einklang mit den - für den streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen - Bestimmungen der Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie und Art. 31 Abs. 1 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie und den inhaltsgleichen Bestimmungen der Art. 35 Abs. 1, Art. 36 Abs. 1 der späteren Richtlinie 2002/83/EG. Zwar habe ein Teil der Literatur Bedenken gegen die Richtlinienkonformität des "Policenmodells" geäußert. Diese Zweifel würden aber in der Instanzrechtsprechung und im weiteren Schrifttum (zu Recht) nicht geteilt. Die Widerspruchslösung des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sei vor allem deshalb nicht zu beanstanden, weil die Erste und Zweite Lebensversicherungsrichtlinie keine Vorgaben zum Zustandekommen des Versicherungsvertrags enthielten. Sie verfolgten zudem kein auf das materielle Versicherungsvertragsrecht bezogenes Harmonisierungsziel. Verstöße gegen die Vorgaben des § 10a VAG a.F. zur Gestaltung von Verbraucherinformationen seien auch in Bezug auf das "Policenmodell" zu ahnden gewesen. Die Konstruktion eines schwebend unwirksamen Vertrags habe gewährleistet, dass der Versicherungsnehmer über sein Widerspruchsrecht belehrt worden sei, bevor der Vertrag habe wirksam werden können. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass § 5a VVG a.F. dem Versicherungsnehmer eine - von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften beanstandete - "Widerspruchslast" auferlege und ihn damit zu einem Handeln verpflichtet habe, um nach Erhalt der erforderlichen Verbraucherinformationen das Zustandekommen des Vertrags in der Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. zu verhindern. Die Verhinderung des Wirksamwerdens eines Vertrags durch Widerspruch oder Widerruf genüge auch in anderen Fällen europarechtlichen Vorgaben beziehungsweise beruhe sogar auf solchen (mit Verweis auf § 7 VerbrKrG und § 1 HWiG). Wenn der Versicherungsnehmer vor Abgabe einer Vertragserklärung die Leistungen verschiedener Versicherer miteinander habe vergleichen wollen, sei er nicht gezwungen gewesen, den Abschluss mehrerer Versicherungen zu beantragen und nach Erhalt der Policen seine Auswahlentscheidung zu treffen. Vielmehr habe er auch mehrere Versicherer um entsprechende Informationen oder konkrete Angaben bitten und sich dann für eine Versicherung entscheiden können. Im Übrigen habe dem Versicherungsnehmer eine zeitlich unbegrenzte Wahlfreiheit auch bei einem Vertragsschluss nach dem sogenannten Antragsmodell oder vergleichbaren Vertragsgestaltungen nicht zur Verfügung gestanden. Von einem wirksam zustande gekommenen Vertrag habe er sich auch insoweit nur durch eine Widerrufs- oder Rücktrittserklärung lösen können.
bb) Unabhängig davon sei dem Kläger die Berufung auf die Unwirksamkeit des Versicherungsvertrags aber auch nach Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt.
(1) Der Kläger verhalte sich treuwidrig, weil er nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang durchgeführt habe. Dabei komme es nicht darauf an, dass der Kläger nicht sicher habe wissen können, ob das "Policenmodell" gemeinschaftsrechtswidrig gewesen sei und ihm - wenn es so wäre - der geltend gemachte bereicherungsrechtliche Anspruch auf Rückzahlung der Prämien zustünde. Ein Rechtsverlust durch widersprüchliches Verhalten könne wegen der an Treu und Glauben ausgerichteten objektiven Beurteilung selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung habe. Ebenso wenig seien für den aus widersprüchlichem Verhalten hergeleiteten Einwand des Rechtsmissbrauchs unredliche Absichten oder ein Verschulden des Klägers erforderlich. Die Beklagte habe durch die Wahl des "Policenmodells" zwar die Ursache für die vom Kläger behauptete Unwirksamkeit des Vertrags gesetzt; ihr Vertrauen sei gleichwohl schutzwürdig, weil sie dem Kläger den gesetzlichen Vorgaben des nationalen Rechts entsprechend eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung und auch die weiteren Informationen erteilt habe. Dem Vertrauensschutz der Beklagten stehe auch nicht entgegen, dass die Richtlinienkonformität des "Policenmodells" im Schrifttum in Zweifel gezogen worden sei. Das "Policenmodell" habe dem damals geltenden nationalen Recht entsprochen; seine etwaige Gemeinschaftsrechtswidrigkeit habe nicht festgestanden und habe der Beklagten nicht positiv bekannt sein können.
(2) Der Einwand von Treu und Glauben greife auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des "Policenmodells" durch. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unterlägen nationale Rechtsmaximen, die einem Anspruch entgegengehalten werden könnten, dem nationalen Recht, das unter Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes angewandt werden müsse. Diese Grundsätze seien gewahrt. Der Versicherungsnehmer, dem nach jahrelanger Durchführung des Vertrags die Berufung auf dessen Unwirksamkeit wegen Richtlinienwidrigkeit des "Policenmodells" nach Treu und Glauben versagt sei, werde nicht ungünstiger gestellt als bei alleiniger Anwendung des deutschen Rechts. Das in Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie vorgesehene und in § 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sätze 1 bis 3 VVG a.F. umgesetzte Recht, sich vom Vertrag zu lösen, werde dem Versicherungsnehmer dadurch nicht unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert, da der Gesichtspunkt von Treu und Glauben keineswegs stets bei ordnungsgemäßer Belehrung greife, sondern nur in Fällen einer jahrelangen Durchführung des Vertrags.
(3) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union sei auch insoweit nicht erforderlich. Die Maßstäbe für eine Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben seien in der Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt. Hiernach sei die missbräuchliche Berufung auf Gemeinschaftsrecht nicht gestattet. Dies habe der Gerichtshof nicht davon abhängig gemacht, ob dem Berechtigten die Rechtslage bekannt gewesen sei. Die nationalen Gerichte könnten vielmehr das missbräuchliche Verhalten des Betroffenen auf der Grundlage objektiver Kriterien in Rechnung stellen, um ihm gegebenenfalls die Berufung auf die geltend gemachte Bestimmung des Gemeinschaftsrechts zu verwehren. Dabei müssten sie jedoch die mit dieser Bestimmung verfolgten Zwecke beachten. Die Anwendung einer nationalen Vorschrift - wie hier § 242 BGB - dürfe somit die Wirksamkeit und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen. Es obliege dem nationalen Gericht, im bei ihm anhängigen Rechtsstreit festzustellen, ob die Anwendung der nationalen Vorschrift mit dieser Anforderung vereinbar sei. Hier beeinträchtige die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben weder die Wirksamkeit noch die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts. Der vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 19. Dezember 2013 (Endress, C-209/12, Rn. 25) dargelegte Zweck der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie, eine genaue Belehrung des Versicherungsnehmers über sein Rücktrittsrecht vor Abschluss des Vertrags sicherzustellen, werde nicht berührt, wenn einem Versicherungsnehmer, der vom Versicherer dem geltenden nationalen Recht entsprechend ordnungsgemäß belehrt worden sei, nach jahrelanger Durchführung des Vertrags die Geltendmachung eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs unter Berufung auf ein gemeinschaftsrechtswidriges Zustandekommen des Vertrags verwehrt werde.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Der Bundesgerichtshof hätte die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Maßgabe des Art. 267 Abs. 3 AEUV vorlegen müssen.
1. Der Bundesgerichtshof hätte bei hinreichender Befassung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erkennen müssen, dass die Frage der Unionsrechtskonformität des "Policenmodells" vom Gerichtshof noch nicht entschieden sei. Dieser habe im Fall Endress die Frage, ob das "Policenmodell" unionsrechtswidrig sei, offen gelassen. Aufgrund dieser Feststellung sei die Frage weiterhin klärungs- und vorlagebedürftig. Die in der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie geregelten vorvertraglichen Informationspflichten sollten sicherstellen, dass potenzielle Versicherungsnehmer den angestrebten Vertragsinhalt in den für sie willensbildungsrelevanten Regelungen erfassen könnten. Ziel der Auskunftspflicht sei somit, den Versicherungsnehmer in den Besitz der nötigen Informationen zu setzen, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auswählen und so die Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb im Versicherungsbinnenmarkt nutzen zu können. Dies setze voraus, dass der Versicherungsnehmer die erforderlichen Informationen erhalte, bevor er eine Auswahlentscheidung für oder gegen einen angebotenen Vertrag treffe. Es sei richtig, dass die einschlägigen Richtlinien keine Vorgaben zum Zustandekommen des Versicherungsvertrags enthielten. Relevant sei aber nicht die Frage, wann ein Versicherungsvertrag abgeschlossen werde, sondern zu welchem Zeitpunkt die Verbraucherinformationen übermittelt werden müssten. Die vom Bundesgerichtshof angestellte Erwägung, mit der Richtlinie werde nur die Vereinheitlichung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen angestrebt, nicht aber eine Harmonisierung der versicherungsvertragsrechtlichen Regelungen, sei vom Bundesverfassungsgericht bereits verworfen worden. Die mit § 5a VVG a.F. verbundene "schwebende Unwirksamkeit" des Versicherungsvertrags ändere nichts am Umstand, dass der Versicherungsnehmer an einen Vertrag gebunden werde, obwohl er vor Abgabe seiner Willenserklärung keine Verbraucherinformationen erhalten habe. Dies habe das Bundesverfassungsgericht unter Bezugnahme auf das Vertragsverletzungsverfahren ausdrücklich hervorgehoben. Das Argument, dass den Versicherungsnehmer beim "Policenmodell" eine Widerspruchslast treffe, werde von der Kommission im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens vorgetragen. Das Bundesverfassungsgericht habe sich dieser Auffassung angeschlossen. Die Erwägung des Bundesgerichtshofs, der Versicherungsnehmer hätte mehrere Versicherer um entsprechende Informationen oder konkrete Angaben bitten können, trage nicht. Die Versicherungsgesellschaften seien überhaupt nicht bereit gewesen, unverbindliche Anfragen des Versicherungsnehmers zu beantworten. Da sich das Preis-Leistungsverhältnis von Versicherungen nach der individuellen Risikosituation des Versicherungsnehmers richte, seien Versicherer erst nach einer Risikoprüfung bereit gewesen, eine bindende Willenserklärung abzugeben. Eine solche Risikoprüfung sei in der Praxis aber erst dann vorgenommen worden, wenn der Versicherungsnehmer bereits selbst - dem "Policenmodell" entsprechend - ein bindendes Angebot unterbreitet hätte. Andernfalls habe sich der Aufwand für die Versicherungsgesellschaften nicht gelohnt. Genau aus diesem Grund habe sich die Versicherungswirtschaft auch gegen die Abschaffung des "Policenmodells" gewehrt.
2. Es liege allein in der Kompetenz des Gerichtshofs der Europäischen Union, zu entscheiden, welche allgemeinen Kriterien bei der Anwendung des Missbrauchsverbots zu beachten seien. Allein der Gerichtshof könne über den Inhalt der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte entscheiden. Ob verbraucherschützende Widerrufsrechte aus unionsrechtlicher Perspektive durch nationale Vorschriften zur Verwirkung beschränkt werden dürften, sei unionsrechtlich ungeklärt. Der Bundesgerichtshof verkenne, dass gerade kein "acte clair" vorliege. Ferner setze sich der Bundesgerichtshof mit seiner Auffassung, dass ein missbräuchliches Verhalten des Betroffenen auf der Grundlage objektiver Kriterien festgestellt werden könne, ganz offensichtlich in Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs. Für das Rechtsmissbrauchsverbot habe dieser ganz im Gegenteil festgestellt, dass eine Privatperson nur dann missbräuchlich handele, wenn das Verhalten von der Absicht getragen sei, sich einen Vorteil zu verschaffen. Außerdem verstoße die Annahme einer (objektiv eintretenden) Verwirkung gegen Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts. Der Versicherer habe durch eine rechtzeitige Übermittlung der Verbraucherinformationen vor Auswahlentscheidung klare Verhältnisse schaffen können. Es sei treuwidrig, wenn sich der Unternehmer auf das Rechtsinstitut der Verwirkung berufen könnte, obwohl er selbst durch eine verspätete Information die rechtzeitige Kenntnis des Verbrauchers von seinen Rechten und Pflichten verhindert habe. Auch stehe die Annahme einer Verwirkung im Widerspruch zu der gesetzlichen Vorgabe, dass der Verbraucher auf seine Rechte nicht verzichten könne.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Die Voraussetzungen für eine notwendige Annahme liegen nicht vor (§ 93a Abs. 2 BVerfGG); die Annahme ist auch im Übrigen nicht angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die für die Entscheidung im Wesentlichen maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 73, 339 <369>; 126, 286 <315>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 108, 129 <136>). Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Zwar ist die Auffassung des Bundesgerichtshofs, das durch § 5a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. eröffnete "Policenmodell" sei eindeutig richtlinienkonform, objektiv unvertretbar und willkürlich, mit der Folge, dass er durch die unterlassene Vorlage zur Unionsrechtskonformität des "Policenmodells" zum Gerichtshof der Europäischen Union gegen das Recht des Beschwerdeführers auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen hat. Allerdings beruht das angegriffene Urteil nicht auf diesem Verfassungsverstoß. Der Bundesgerichtshof stützt seine Entscheidung ebenfalls auf die Erwägung, dass es gegen Treu und Glauben verstoße, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrags auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen. Diese Ansicht ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof durch die unterlassene Vorlage zum Gerichtshof im Hinblick auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen. Er hat unter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts die vertretbare Überzeugung gebildet, dass die Maßstäbe für eine Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs in einer Weise geklärt sind, die keinen vernünftigen Zweifel offenlässt.
1. Der Gerichtshof der Europäischen Union ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 73, 339 <366>; 82, 159 <192>; 126, 286 <315>; 128, 157 <186 f.>; 129, 78 <105>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>). Unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV sind die nationalen Gerichte von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>; 128, 157 <187>; 129, 78 <105>; stRspr). Kommt ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des Gerichtshofs im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens daher nicht nach oder stellt es ein Vorabentscheidungsersuchen, obwohl eine Zuständigkeit des Gerichtshofs nicht gegeben ist (vgl. BVerfGE 133, 277 <316 Rn. 91>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>), kann dem Rechtsschutzsuchenden des Ausgangsrechtsstreits der gesetzliche Richter entzogen sein (vgl. BVerfGE 73, 339 <369>; 126, 286 <315>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>).
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, C.I.L.F.I.T., C-283/81, Slg. 1982, 3415, Rn. 21) muss ein letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. auch BVerfGE 82, 159 <193>; 128, 157 <187>; 129, 78 <105 f.>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>).
b) Durch die grundrechtsähnliche Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wird das Bundesverfassungsgericht allerdings nicht zu einem Kontrollorgan, das jeden die gerichtliche Zuständigkeitsordnung berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste. Es muss vielmehr dem Umstand Rechnung tragen, dass die Kontrolle der gerichtlichen Zuständigkeitsverteilung in erster Linie in den Händen der Fachgerichte liegt (vgl. BVerfGE 82, 159 <194>). Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Normen, die die gerichtliche Zuständigkeitsverteilung regeln, daher nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind (vgl. BVerfGE 29, 198 <207>; 82, 159 <194>).
Diese Grundsätze gelten auch für die unionsrechtliche Zuständigkeitsvorschrift des Art. 267 Abs. 3 AEUV (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>). Daher stellt nicht jede Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht zugleich einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 126, 286 <315>). Das Bundesverfassungsgericht überprüft nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 126, 286 <315 f.>; 128, 157 <187>; 129, 78 <106>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>). Durch die zurückgenommene verfassungsrechtliche Prüfung behalten die Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung von Unionsrecht einen Spielraum eigener Einschätzung und Beurteilung, der demjenigen bei der Handhabung einfachrechtlicher Bestimmungen des nationalen Rechts entspricht. Das Bundesverfassungsgericht wacht allein über die Einhaltung der Grenzen dieses Spielraums (vgl. BVerfGE 126, 286 <316> m.w.N.). Ein "oberstes Vorlagenkontrollgericht" ist es nicht (vgl. BVerfGE 126, 286 <316>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>; BVerfGK 13, 506 <512>; 14, 230 <233>; 16, 328 <336>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 1987 - 2 BvR 808/82 -, NJW 1988, S. 1456 <1457>).
aa) Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt und das Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>).
bb) Gleiches gilt in den Fällen, in denen das letztinstanzliche Gericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>).
cc) Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hingegen noch nicht vor, hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit (Unvollständigkeit der Rechtsprechung), wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, wenn das letztinstanzliche Gericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschreitet (vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>). Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Fachgerichte das Vorliegen eines "acte clair" oder eines "acte éclairé" willkürlich bejahen (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>). Das Gericht muss sich daher hinsichtlich des materiellen Unionsrechts hinreichend kundig machen. Etwaige einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs muss es auswerten und seine Entscheidung hieran orientieren (vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; 128, 157 <189>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>). Auf dieser Grundlage muss das Fachgericht unter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts (vgl. BVerfGE 75, 223 <234>; 128, 157 <188>; 129, 78 <107>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>) die vertretbare Überzeugung bilden, dass die Rechtslage entweder von vornherein eindeutig ("acte clair") oder durch Rechtsprechung in einer Weise geklärt ist, die keinen vernünftigen Zweifel offenlässt ("acte éclairé"; vgl. BVerfGE 129, 78 <107>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>). Unvertretbar gehandhabt wird Art. 267 Abs. 3 AEUV im Falle der Unvollständigkeit der Rechtsprechung insbesondere dann, wenn das Fachgericht ohne sachlich einleuchtende Begründung eine von vornherein eindeutige oder zweifelsfrei geklärte Rechtslage bejaht (vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561, 1562, 1563, 1564/12 -, NVwZ 2014, S. 646 <657>; zum Vorliegen eines solchen Falles, wenn mögliche Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts gegenüber der vom Gericht zugrunde gelegten Meinung eindeutig vorzuziehen sind, vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; 126, 286 <317>).
2. Nach diesen Maßstäben verletzt das Urteil des Bundesgerichtshofs den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 267 Abs. 3 AEUV. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs, das "Policenmodell" sei eindeutig richtlinienkonform, ist objektiv unvertretbar (a). Die Verfassungsbeschwerde hat gleichwohl keinen Erfolg, weil der Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter nach der insoweit vertretbaren Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht entscheidungserheblich war. Der Bundesgerichtshof stützt seine Entscheidung zugleich und unabhängig von der Frage der Richtlinienkonformität auf die Erwägung, dass es gegen Treu und Glauben verstoße, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrags auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen. Diese Begründung ist mit Blick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 267 Abs. 3 AEUV verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (b).
a) Die Auffassung des Bundesgerichtshofs, die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts stehe, bezogen auf das "Policenmodell", außer Zweifel, so dass die Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchstabe b, Abs. 3 AEUV entfalle, ist nicht vertretbar und verletzt den Beschwerdeführer daher in seinem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
aa) Die Frage der Richtlinienkonformität des durch § 5a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. eröffneten "Policenmodells" ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bisher nicht beantwortet, in seinem Urteil vom 19. Dezember 2013 (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013, Endress, C-209/12, Rn. 20 f.) hat er von einer Stellungnahme zu dieser Frage abgesehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, WM 2014, S. 644 <646>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2083/11 -, WM 2014, S. 647 <648>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 723/12, 2 BvR 724/12, 2 BvR 725/12 -, juris, Rn. 37; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 892/12, 2 BvR 893/12, 2 BvR 1969/12, 2 BvR 1990/12 -, juris, Rn. 40).
bb) Ein "acte clair" liegt nicht vor. Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs sind auch nicht geeignet, die richtige Anwendung des Unionsrechts als derart offenkundig erscheinen zu lassen, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt.
(1) Der Bundesgerichtshof geht davon aus, das "Policenmodell" sei deshalb nicht zu beanstanden, weil die Zweite und Dritte Lebensversicherungsrichtlinie keine Vorgaben zum Zustandekommen des Versicherungsvertrags enthielten. Diese Erwägung ist nicht geeignet, die Richtlinienkonformität des durch § 5a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. eröffneten "Policenmodells" als "acte claire" erscheinen zu lassen. Dass den Mitgliedstaaten ein Ermessen zukommt, wie sie den Abschluss des Versicherungsvertrags ausgestalten, bedeutet nicht, dass jede Ausgestaltung des Vertragsschlusses ohne weiteres zulässig wäre. Art. 31 Abs. 1 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie zieht dem Ermessen der Mitgliedstaaten vielmehr gerade dadurch eine Grenze, dass die Verbraucherinformationen dem Versicherungsnehmer "vor Abschluss des Versicherungsvertrags" mitzuteilen sind. Diese Klausel ist unter Berücksichtigung der Ziele der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie auszulegen, zu denen auch der Verbraucherschutz gehört (Erwägungsgründe Nr. 20 und Nr. 23 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie). Bedenken an der unionsrechtlichen Zulässigkeit des "Policenmodells" lassen sich daher nicht einfach unter Verweis auf ein Ermessen der Mitgliedstaaten beiseiteschieben (vgl. Roth, VersR 2015, S. 1 <5 f., 7>).
(2) Auch die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Zweite und Dritte Lebensversicherungsrichtlinie verfolgten kein auf das materielle Versicherungsvertragsrecht bezogenes Harmonisierungsziel, lässt seine Auslegung des Unionsrechts nicht als offenkundig erscheinen. Nach seiner Ansicht sind Verstöße gegen die Vorgaben des zur Umsetzung der genannten Richtlinien erlassenen § 10a VAG a.F. zur Gestaltung von Verbraucherinformationen auch in Bezug auf das "Policenmodell" zu ahnden gewesen. Diese Annahme gibt für die Auslegung des Unionsrechts freilich nichts her. Zwar war die Informationspflicht "vor" Abschluss des Vertrags in § 10a VAG a.F. aufsichtsrechtlich normiert; ihr Inhalt war jedoch durch die versicherungsvertragsrechtliche Regelung des § 5a VVG a.F. geprägt. Da Maßstab für die Versicherungsaufsicht ausweislich des § 81 Abs. 1 VAG allein die "Einhaltung der aufsichtsrechtlichen, der das Versicherungsverhältnis betreffenden und aller sonstigen die Versicherten betreffenden Vorschriften" sind, bestand für ein Einschreiten der Aufsichtsbehörden kein Anlass, solange das Versicherungsvertragsrecht das "Policenmodell" als Möglichkeit für den Abschluss eines Versicherungsvertrags vorsah (vgl. nur Ebers, in: Micklitz, Verbraucherrecht in Deutschland - Stand und Perspektiven, 2005, S. 253, 260 ff. <266 f.>). Sollte die Praxis der Informationserteilung im Rahmen des "Policenmodells" nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. der Richtlinie daher nicht entsprochen haben, hätte die Bundesrepublik Deutschland der Richtlinie auch durch das Aufsichtsrecht mithin keine praktische Wirksamkeit verschafft (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, WM 2014, S. 644 <647>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2083/11 -, WM 2014, S. 647 <649>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. Mai 2014 - 1 BvR 1408/11, 1 BvR 1415/11 -, WM 2014, S. 1270 <1272>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. Mai 2014 - 1 BvR 2020/11 -, WM 2014, S. 1183 <1184>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Juni 2014 - 1 BvR 669/14 -, juris, Rn. 16; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. Juli 2014 - 1 BvR 543/12, 1 BvR 544/12, 1 BvR 545/12, 1 BvR 892/12, 1 BvR 894/12, 1 BvR 2476/12 -, juris, Rn. 19; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17. September 2014 - 2 BvR 64/12 -, juris, Rn. 42; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 723/12, 2 BvR 724/12, 2 BvR 725/12 -, juris, Rn. 42 f.; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 892/12, 2 BvR 893/12, 2 BvR 1969/12, 2 BvR 1990/12 -, juris, Rn. 46; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Dezember 2014 - 2 BvR 655/14 -, juris, Rn. 20).
(3) Die Erwägung des Bundesgerichtshofs, die Konstruktion eines schwebend unwirksamen Vertrags habe gewährleistet, dass der Versicherungsnehmer über sein Widerspruchsrecht belehrt worden sei, bevor der Vertrag habe wirksam werden können, ist ebenfalls nicht geeignet, die Richtlinienkonformität des "Policenmodells" als "acte claire" erscheinen zu lassen. Die Europäische Kommission hatte in ihrer Stellungnahme vom 12. Oktober 2006 zum im Jahre 2005 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2005/ 5046) darauf hingewiesen, dass der Versicherungsnehmer nach der deutschen Regelung bereits eine Auswahlentscheidung für eine Versicherung treffen müsse, bevor ihm die notwendigen Informationen erteilt würden. Nach Erhalt der Information müsse er sodann durch fristgemäßes Erheben eines Widerspruchs aktiv werden, um eine Bindung an den Vertrag zu verhindern. Es spreche daher Einiges dafür, dass dies die Zielsetzung der Richtlinie, den Versicherungsbinnenmarkt zu stärken, vereitle. Der Verbraucher solle nämlich gerade deshalb umfassend informiert werden, um die Vielfalt der Angebote im Binnenmarkt und den verstärkten Wettbewerb der Versicherer untereinander besser nutzen und einen seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auswählen zu können (siehe die Erwägungsgründe Nr. 46 und Nr. 52 der Richtlinie 2002/83/EG bzw. die Erwägungsgründe Nr. 20 und Nr. 23 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie; vgl. dazu weiter und ebenso die Generalanwältin Sharpston bei Rn. 59 ihrer Schlussanträge vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-209/12 - Endress; vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, WM 2014, S. 644 <646>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2083/11 -, WM 2014, S. 647 <649>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 723/12, 2 BvR 724/12, 2 BvR 725/12 -, juris, Rn. 40; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 892/12, 2 BvR 893/12, 2 BvR 1969/12, 2 BvR 1990/12 -, juris, Rn. 43).
Nach dem "Policenmodell" musste ein Versicherungsnehmer in der Tat möglicherweise gegenüber mehreren Versicherern zunächst Anträge auf Abschluss eines Versicherungsvertrags stellen, um erst mit der Versicherungspolice die spezifischen Informationen zu erhalten, die ihm eine sachgerechte Auswahlentscheidung ermöglichten. Damit wurden ihm nicht nur eine mit erheblichen Risiken - etwa dem der Fristversäumnis - behaftete "Widerrufslast" aufgebürdet; es erscheint auch lebensfremd, dass er die nicht immer zeitgleich bei ihm eingehenden Versicherungsbedingungen während der regelmäßig unterschiedlich laufenden Widerspruchsfristen eingehend vergleichen konnte (so auch Berg, VuR 1999, S. 335 <341 f.>; Osing, Informationspflichten des Versicherers und Abschluss des Versicherungsvertrages, 1996, S. 92 f.; Rehberg, Der Versicherungsabschluss als Informationsproblem, 2003, S. 109 ff. <113 f.>). Dass die Verträge vor Ablauf der Widerspruchsfrist rechtsdogmatisch noch "schwebend unwirksam" sind, ist insoweit nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr, dass dem Versicherungsnehmer angesonnen wurde, mehrere auf Abschluss verschiedener Verträge gerichtete Willenserklärungen abzugeben, von vornherein jedoch mit der Absicht, alle Erklärungen bis auf eine später zu widerrufen, nur um vor dem Wirksamwerden der Verträge in den Besitz der gebotenen Verbraucherinformation zu gelangen. Art. 31 Abs. 1 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie beziehungsweise Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG stellen demgegenüber auf einen Zeitpunkt "vor Abschluss des Versicherungsvertrags" ab, nicht fernliegender Weise also auf den Zeitpunkt der maßgeblichen, zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, WM 2014, S. 644 <646 f.>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2083/11 -, WM 2014, S. 647 <649>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 723/12, 2 BvR 724/12, 2 BvR 725/12 -, juris, Rn. 41; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 892/12, 2 BvR 893/12, 2 BvR 1969/12, 2 BvR 1990/12 -, juris, Rn. 44).
Auch der Einwand des Bundesgerichtshofs, ein Wirksamwerden des Vertrags durch Widerspruch oder Widerruf zu verhindern, genüge auch in anderen Fällen europarechtlichen Vorgaben beziehungsweise beruhe sogar auf solchen (mit Verweis auf § 7 VerbrKrG und § 1 HWiG), lässt die Auslegung des Unionsrechts nicht als offenkundig erscheinen. Dass das Unionsrecht in bestimmten Bereichen keine vorvertragliche Informationspflicht kennt beziehungsweise kannte (vgl. die vorvertraglichen Informationspflichten in Art. 3 ff. Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. Nr. L 271 vom 9. Oktober 2002, S. 16 ff.; Art. 36 f., 41 f. Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG, ABl. Nr. L 319 vom 5. Dezember 2007, S. 1 ff.; Art. 5 f. Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. EU Nr. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66 ff.; Art. 4 Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen, ABl. Nr. L 33 vom 3. Februar 2009, S. 10 ff.; Art. 5 f. Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EU Nr. L 304 vom 22. November 2011, S. 64 ff.; Art. 14 Richtlinie 2014/17/ЕU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung
Soweit der Bundesgerichtshof einwendet, der Versicherungsnehmer sei, wenn er vor Abgabe einer Vertragserklärung die Leistungen verschiedener Versicherer miteinander habe vergleichen wollen, nicht gezwungen gewesen, den Abschluss mehrerer Versicherungen zu beantragen und nach Erhalt der Policen eine Auswahlentscheidung zu treffen, ist dies ebenfalls nicht geeignet, die Auslegung des Unionsrechts als offenkundig erscheinen zu lassen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs habe der Interessent mehrere Versicherer um entsprechende Informationen oder konkrete Angebote bitten und sich für eine Versicherung entscheiden können; es ist jedoch fraglich, ob und inwieweit die Versicherungsgesellschaften in der Praxis überhaupt bereit waren, unverbindliche Anfragen von Interessenten zu beantworten und ob es sich bei der vom Bundesgerichtshof beschriebenen Option nicht lediglich um eine theoretische Möglichkeit gehandelt hat. Dafür spricht, dass § 5a VVG a.F. auf einen Vorschlag des Finanzausschusses des Bundestages zurückgeht, der damit einer Stellungnahme der Versicherungswirtschaft Rechnung tragen wollte, wonach Informationsverpflichtungen vor Vertragsabschluss in der Praxis auf zum Teil unüberwindbare Schwierigkeiten stießen (vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, BTDrucks 12/7595, S. 74, 102).
Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Aus dem Umstand, dass der Versicherungsnehmer nicht gezwungen war, den Abschluss mehrerer Versicherungen zu beantragen und nach Erhalt der Policen eine Auswahlentscheidung zu treffen, folgt schon nicht, dass die Versicherer nicht trotzdem verpflichtet waren, dem Interessenten die entsprechenden Informationen vor Abgabe der maßgeblichen, zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung zukommen zu lassen. Der Bundesgerichtshof unterstellt, dass es sich bei der Informationspflicht aus Art. 31 Abs. 1 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie beziehungsweise Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG um eine disponible Pflicht handelt, selbst wenn der Interessent - wie im Ausgangsverfahren - ein Verbraucher war. Diese Annahme erscheint schon mit Blick auf den einschränkungslosen Wortlaut der Vorschrift und die Erwägungsgründe der einschlägigen Richtlinien, die ausdrücklich auf den Schutz des Verbrauchers Bezug nehmen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 52 der Richtlinie 2002/83/EG bzw. Erwägungsgrund Nr. 23 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie), problematisch. Der Bundesgerichtshof geht hierauf jedoch nicht ein.
Nicht überzeugen kann auch der Einwand, dem Versicherungsnehmer habe eine zeitlich unbegrenzte Wahlmöglichkeit auch bei einem Vertragsschluss nach dem Antragsmodell oder vergleichbaren Vertragsgestaltungen nicht offen gestanden, weil er, wenn er in diesem Fall nach Annahme eines Angebots ein besseres habe annehmen wollen, ebenfalls durch eine Widerrufs- oder Rücktrittserklärung habe tätig werden müssen. Das geht an der Frage, auf welchen Zeitpunkt es für die Informationspflicht der Art. 31 Abs. 1 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie bzw. Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG ankommt, vorbei. Nach der Zielsetzung der Richtlinie soll dem Verbraucher nicht eine zeitlich unbegrenzte Wahlmöglichkeit eingeräumt werden; er soll, um die Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll nutzen zu können, lediglich im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen (siehe die Erwägungsgründe Nr. 46 und Nr. 52 der Richtlinie 2002/83/EG bzw. die Erwägungsgründe Nr. 20 und Nr. 23 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie).
(4) Gegen die Annahme eines "acte clair" spricht nicht zuletzt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, WM 2014, S. 644 <647>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2083/11 -, WM 2014, S. 647 <649>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17. September 2014 - 2 BvR 64/12 -, juris, Rn. 43; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 723/12, 2 BvR 724/12, 2 BvR 725/12 -, juris, Rn. 44; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 892/12, 2 BvR 893/12, 2 BvR 1969/12, 2 BvR 1990/12 -, juris, Rn. 47), dass der Gesetzgeber ausweislich der Begründung zu der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Reform des Versicherungsvertragsgesetzes die Vereinbarkeit des - abgeschafften - "Policenmodells" mit unionsrechtlichen Vorgaben als "nicht zweifelsfrei" eingeschätzt hat (vgl. BTDrucks 16/3945, S. 60) und dass die Richtlinienkonformität des "Policenmodells" im Schrifttum außerordentlich umstritten war (die Richtlinienkonformität bezweifeln: Berg, VuR 1999, S. 335 <341 f.>; Dörner, in: Brömmelmeyer/Heiss/ Meyer/Rückle/Schwintowski/Wallrabenstein, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Private Krankenversicherung und Gesundheitsreform, Schwachstellen der VVG-Reform, 2009, S. 137 <145 f.>; Dörner/Staudinger, WM 2006, S. 1710 <1712>; Ebers, in: Micklitz, Verbraucherrecht in Deutschland - Stand und Perspektiven, 2005, S. 253 <260 ff.>; Lenzing, in: Basedow/Fock, Europäisches Versicherungsvertragsrecht, Band I, 2002, S. 139 <164 f.>; Micklitz/Ebers, in: Basedow/Meyer/Rückle/Schwintowski, Verbraucherschutz durch und im Internet bei Abschluss von privaten Versicherungsverträgen - Altersvorsorgeverträge - VVG-Reform, 2003, S. 43 <82 f.>; Osing, Informationspflichten des Versicherers und Abschluss des Versicherungsvertrages, 1996, S. 92 f.; Rehberg, Der Versicherungsabschluss als Informationsproblem, 2003, S. 109 ff. <116 f.>; Schwintowski, VuR 1996, S. 223 <238 f.>; die Übereinstimmung mit den Richtlinienvorgaben bejahen: Herrmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, 9. Aufl. 2009, § 7 Rn. 65; Lorenz, VersR 1995, S. 616 <625 f.>; ders., VersR 1997, S. 773 <780 f.>; Prölss, in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl. 2004, VVG § 5a Rn. 8; Reiff, VersR 1997, S. 267 <271>; Schirmer, VersR 1996, S. 1045 <1056>; Wandt, Verbraucherinformation und Vertragsschluss nach neuem Recht - Dogmatische Einordnung und praktische Handhabung -, 1995, S. 31 ff.). Auf die Bedenken in der Literatur weist der Bundesgerichtshof selbst hin, so dass der Verweis auf die Instanzrechtsprechung und Teile des Schrifttums, die von einer Unionsrechtskonformität des "Policenmodells" ausgehen, nicht geeignet ist, die richtige Anwendung des Unionsrechts als derart offenkundig erscheinen zu lassen, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, WM 2014, S. 644 <646 f.>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 2083/11 -, WM 2014, S. 647 <648 f.>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. Mai 2014 - 1 BvR 1408/11, 1 BvR 1415/11 -, WM 2014, S. 1270 <1271 f.>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. Mai 2014 - 1 BvR 2020/11 -, WM 2014, S. 1183 <1184>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Juni 2014 - 1 BvR 669/14 -, juris, Rn. 14 ff.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. Juli 2014 - 1 BvR 543/12, 1 BvR 544/12, 1 BvR 545/12, 1 BvR 892/12, 1 BvR 894/12, 1 BvR 2476/12 -, juris, Rn. 19; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17. September 2014 - 2 BvR 64/12 -, juris, Rn. 41 f.; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 723/12, 2 BvR 724/12, 2 BvR 725/12 -, juris, Rn. 38 ff.; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. November 2014 - 2 BvR 892/12, 2 BvR 893/12, 2 BvR 1969/12, 2 BvR 1990/12 -, juris, Rn. 41 ff.).
b) Auch wenn der Bundesgerichtshof mit Blick auf die unterlassene Vorlage zum Gerichtshof der Europäischen Union zur Richtlinienkonformität des "Policenmodells" gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 267 Abs. 3 AEUV verstößt, beruht das angegriffene Urteil doch nicht auf diesem Verfassungsverstoß (vgl. BVerfGE 3, 213 <220>; 134, 106 <120 Rn. 42>; stRspr). Der Bundesgerichtshof stützt seine Entscheidung zugleich und selbständig auf die Erwägung, dass es gegen Treu und Glauben verstoße, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrags auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen. Diese Auffassung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Maßstäbe für eine Berücksichtigung der Gerichtspunkte von Treu und Glauben seien in der Rechtsprechung geklärt, ist vertretbar. Er hat die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgewertet (vgl. BGH, Urteil des 4. Zivilsenats vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13 -, NJW 2014, S. 2723 <2728 Rn. 41 f.>) und seine Entscheidung hieran orientiert. Außerdem hat er seine Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauch aufgrund widersprüchlichen Verhaltens auf die Vereinbarkeit mit dem unionsrechtlichen Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 41) beziehungsweise auf die Vereinbarkeit mit den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelten Maßstäben für eine Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben überprüft (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 42). Auf dieser Grundlage hat er unter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts die vertretbare Überzeugung gebildet, dass die Rechtslage durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs in einer Weise geklärt ist, die keinen vernünftigen Zweifel offenlässt ("acte éclairé").
aa) Soweit der Beschwerdeführer vorträgt, es sei unionsrechtlich ungeklärt, ob verbraucherschützende Widerrufsrechte durch nationale Vorschriften zum Rechtsmissbrauch beschränkt werden dürften, berührt dies zwar das Gebot der praktischen Wirksamkeit. Der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben und des Verbots widersprüchlicher Rechtsausübung (§ 242 BGB) steht dies jedoch nicht entgegen, weil zum einen die Ausübung dieser Rechte in das nationale Zivilrecht eingebettet bleibt und weil zum anderen die nationalen Gerichte ein missbräuchliches oder betrügerisches Verhalten auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union berücksichtigen dürfen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 2. Mai 1996, Paletta, C-206/94, Slg. 1996, I-2357, Rn. 25; Urteil vom 21. Juli 2011, Oguz, C-186/10, Slg. 2011, I-6957, Rn. 25 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund und angesichts der Besonderheiten des konkreten Falles - die dem Beschwerdeführer vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss 1998 und im Zuge der vom Beschwerdeführer eingeleiteten Vertragsänderung 2004 ungenutzt verstreichen; bis zur Kündigung im Jahr 2004 zahlte er regelmäßig die vereinbarten Versicherungsprämien, die von dem Versicherer auch entgegengenommen wurden; nach der Kündigung vergingen sieben Jahre, bis er sich entschloss, dem Vertragsschluss zu widersprechen und sich hilfsweise darauf zu berufen, ein Vertrag sei nicht wirksam zustande gekommen - ist es jedenfalls nicht unhaltbar, dass der Bundesgerichtshof insoweit davon ausgegangen ist, dass die Ausübung eines möglichen Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich wäre.
bb) Auch die Auffassung, dass ein missbräuchliches Verhalten allein auf der Grundlage objektiver Kriterien festgestellt werden könne und unredliche Absichten oder ein Verschulden insoweit nicht erforderlich seien, steht nicht in einem erkennbaren Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 2. Mai 1996, Paletta, C-206/94, Slg. 1996, I-2357, Rn. 25; Urteil vom 21. Juli 2011, Oguz, C-186/10, Slg. 2011, I-6957, Rn. 25 m.w.N.). Soweit dort darauf hingewiesen wird, dass ein Missbrauch die Feststellung auch eines subjektiven Elements in dem Sinne erforderlich mache, dass aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein müsse, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen worden seien, um sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteil zu verschaffen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2000, Emsland-Stärke, C-110/99, Slg. 2000, I-11569, Rn. 53; Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax, C-255/02, Slg. 2006, I-1609, Rn. 75; Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas, C-196/04, Slg. 2006, I-7995, Rn. 64), betrifft dies die spezielle Frage, wann mit Unionsrecht unvereinbare missbräuchliche Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern vorliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2000, Emsland-Stärke, C-110/99, Slg. 2000, I-11569, Rn. 51; Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax, C-255/02, Slg. 2006, I-1609, Rn. 69; Urteil vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas, C-196/04, Slg. 2006, I-7995, Rn. 64), das heißt Vorgänge, die nur zu dem Zweck stattfinden, missbräuchlich Vorteile aus dem Unionsrecht zu ziehen oder Vorschriften des Unionsrechts zu umgehen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2000, Emsland-Stärke, C-110/99, Slg. 2000, I-11569, Rn. 51; Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax, C-255/02, Slg. 2006, I-1609, Rn. 75; EuGH, Urteil vom 6. April 2006, Agip Petroli, C-456/04, Slg. 2006, I-3395, Rn. 20; Urteil vom 13. März 2014, SICES, C-155/13, Rn. 30). Darum geht es hier aber nicht.
Dass die Literatur die Rechtsprechung des Gerichtshofs unterschiedlich interpretiert (vgl. nur Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, Buch 2, 2015, § 242 Rn. 1245; Roth/Schubert, in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl. 2012, § 242 BGB Rn. 156, 158; Englisch, StuW 2009, S. 3 <5 ff., 20>; Baudenbacher, ZfRV 2008, S. 205 <216>; Fleischer, JZ 2003, S. 865 <872>; Zimmermann, Das Rechtsmissbrauchsverbot im Recht der Europäischen Gemeinschaften, 2002, S. 227; Schön, in: Festschrift für Wiedemann, 2002, S. 1271 <1285 f.>) führt, für sich genommen, nicht dazu, dass der Bundesgerichtshof an der Bejahung eines "acte éclairé" gehindert wäre.
cc) Schließlich hat der Bundesgerichtshof den ihm zukommenden Beurteilungsrahmen nicht deshalb in unvertretbarer Weise überschritten, weil die Anwendung von § 242 BGB gegen Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts verstieße. Seine Erwägung, der Zweck der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie, eine genaue Belehrung des Versicherungsnehmers über sein Rücktrittsrecht vor Abschluss des Vertrags sicherzustellen, werde nicht berührt, wenn einem Versicherungsnehmer, der vom Versicherer dem geltenden nationalen Recht entsprechend ordnungsgemäß belehrt worden sei, nach jahrelanger Durchführung des Vertrags die Geltendmachung eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs unter Berufung auf ein gemeinschaftsrechtswidriges Zustandekommen des Vertrags verwehrt werde, ist verständlich und nicht offensichtlich unhaltbar. Das gilt auch für die Einwände des Beschwerdeführers, der Versicherer hätte durch eine rechtzeitige Übermittlung der Verbraucherinformationen vor Auswahlentscheidung klare Verhältnisse schaffen können, und die Annahme eines Rechtsmissbrauchs stehe im Widerspruch zu der gesetzlichen Vorgabe, dass der Verbraucher auf seine Rechte nicht verzichten könne. Auch wenn der Versicherer durch die Wahl des "Policenmodells" zwar die Ursache für die Unwirksamkeit des Vertrags gesetzt hat und die Informationspflicht nach Art. 31 Abs. 1 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie zwingend ausgestaltet ist, folgt hieraus nicht, dass das Vertrauen des Versicherers in den Bestand des Vertrags im Einzelfall nicht gleichwohl vorrangig schutzwürdig sein kann (vgl. auch EuGH, Urteil vom 10. April 2008, Hamilton, C-412/06, Slg. 2008, I-2383, Rn. 49; Art. 10 Abs. 1 und Abs. 2 Richtlinie 2011/83/EU).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.