Entscheidungsdatum: 20.10.2010
Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Begrenzung der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten nach § 33c des Einkommensteuergesetzes - EStG - in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung vom 16. August 2001 (BGBl I S. 2074). Nach dieser Regelung können zusammenlebende, beiderseitig berufstätige Eltern Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung ihrer im Haushalt lebenden Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, als außergewöhnliche Belastung abziehen, soweit die Aufwendungen 1.548 € je Kind übersteigen. Der abzuziehende Betrag darf 1.500 € je Kind nicht übersteigen.
1. Die verheirateten Beschwerdeführer sind beide berufstätig und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 machten sie Kosten für die Betreuung ihrer 1989 und 1994 geborenen Kinder in Höhe von insgesamt 16.646 € steuermindernd geltend. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Festsetzung der Einkommensteuer lediglich Freibeträge in Höhe von 5.808 € je Kind (insgesamt 11.616 €) sowie Kinderbetreuungskosten gemäß § 33c EStG in Höhe von 1.500 € je Kind (insgesamt 3.000 €).
2. Das Finanzgericht Hamburg wies mit Urteil vom 27. Juni 2006 - 7 K 119/05 - (EFG 2008, S. 1358 ff.) die Klage der Beschwerdeführer ab, mit der sie die Verfassungswidrigkeit des § 33c EStG insoweit geltend machten, als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten erst ab einem Betrag in Höhe von 774 € je Kind und Elternteil und nur bis zu einem Betrag in Höhe von 1.500 € pro Kind steuerlich berücksichtigt werden. Die von den Beschwerdeführern gegen das finanzgerichtliche Urteil erhobene Revision wurde vom Bundesfinanzhof mit Urteil vom 29. Mai 2008 - III R 108/07 - (BFH/NV 2008, S. 1822 f.) als unbegründet zurückgewiesen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs war die Begrenzung der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten gemäß § 33c EStG im Zusammenspiel mit dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf gemäß § 32 Abs. 6 EStG noch verfassungsgemäß.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde machen die Beschwerdeführer geltend, die Regelung des § 33c EStG verstoße gegen das aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Gebot der horizontalen Steuergleichheit und gegen das Verbot der Benachteiligung von Eltern gegenüber Kinderlosen (Art. 6 Abs. 1 GG). Der Ausschluss eines Abzuges von Betreuungsaufwendungen bei Berufstätigkeit beider Eltern mindere mittelbar die Berufschancen von Frauen und verstoße damit auch gegen den in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG verankerten Gleichheitsanspruch der Frau. Die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs sowie des Finanzgerichts Hamburg seien daher aufzuheben.
Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine grundsätzliche Bedeutung hat und ihre Annahme auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Rechte der Beschwerdeführer angezeigt ist (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die Begrenzung der steuerlichen Berücksichtigung erwerbsbedingten Betreuungsaufwands für Kinder nach § 33c EStG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Betreuungsbedarf als notwendiger Bestandteil des familiären Existenzminimums (vgl. BVerfGE 82, 60 <85>; 87, 153 <169 ff.>) einkommensteuerlich stets unbelastet bleiben, ohne dass danach unterschieden werden dürfte, in welcher Weise dieser Bedarf gedeckt wird (vgl. BVerfGE 99, 216 <234>). Danach führt die Gewährung des Betreuungsfreibetrags nach § 32 Abs. 6 EStG sowohl bei persönlicher Betreuung als auch bei einer Fremdbetreuung von Kindern nicht - mit Wirkung auch auf die Regelung des § 33c EStG - zu einer gleichheitswidrigen Benachteilung der Beschwerdeführer.
2. Auch die Regelung des § 33c Abs. 1 EStG, nach der Kinderbetreuungskosten nur insoweit berücksichtigt werden, als sie je Kind bei zusammenlebenden, beiderseitig berufstätigen Eltern den Betrag von 1.548 € und bei nicht zusammenlebenden Elternteilen den Betrag von 774 € je Elternteil übersteigen, ist verfassungsgemäß, denn sie schließt lediglich eine doppelte steuerliche Berücksichtigung von Betreuungsaufwand durch § 32 Abs. 6 EStG und § 33c EStG aus. Zudem liegt der Pauschbetrag des § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von 1.080 € je Kind und Elternteil bei zusammen veranlagten Ehegatten über der Grenze, ab der die Kinderbetreuungskosten nach § 33c Abs. 1 EStG berücksichtigungsfähig sind.
3. § 33c EStG verstößt schließlich auch insoweit nicht gegen das Grundgesetz, als der steuerlich zu berücksichtigende Betrag für die tatsächlich entstandenen Kinderbetreuungskosten auf einen Höchstbetrag von 1.500 € je Kind begrenzt wird. Zwar müssen erwerbsbedingt notwendige Kinderbetreuungskosten zumindest als zwangsläufige Aufwendungen der grundrechtlich geschützten privaten Lebensführung in realitätsgerechter Höhe abziehbar sein. Jedoch ist der Gesetzgeber berechtigt, mit einer sachgerechten Pauschalierung eine Obergrenze festzulegen und damit zu bestimmen, wieweit die dem Grunde nach zwangsläufigen Kinderbetreuungskosten im typischen Fall auch der Höhe nach zwangsläufig sind (vgl. BVerfGE 112, 268 <282>). Es ist nicht ersichtlich, dass der von dem Gesetzgeber im Jahr 2002 gewährte steuerliche Abzugsbetrag bei zusammenlebenden, zusammenveranlagten Eltern mit zwei Kindern in Höhe von insgesamt 7.320 € (Summe des Betreuungsfreibetrags nach § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von 1.080 € je Kind und Elternteil sowie Höchstbetrag der steuerlich zu berücksichtigenden Kinderbetreuungskosten nach § 33c Abs. 2 EStG in Höhe von 1.500 € je Kind) bei typisierender Betrachtung nicht ausreichend wäre, um die zwangsläufig notwendigen Kinderbetreuungskosten zu decken (vgl. auch BVerfGE 99, 216 <244 f.>).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.