Entscheidungsdatum: 11.07.2018
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, ohne dass es einer Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf.
Dem Beschwerdeführer wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Durchsuchung seiner Wohnung.
1. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ordnete das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 18. Oktober 2013 gemäß §§ 102, 105, 162 StPO die Durchsuchung der Wohnräume, einschließlich aller Nebenräume, der Person, der Sachen und Kraftfahrzeuge des Beschwerdeführers an. Der Beschwerdeführer sei verdächtig, in der Zeit von Mai 2009 bis Mai 2011 Gelder der unter seiner Betreuung stehenden und nunmehr verstorbenen Geschädigten veruntreut zu haben. Darüber hinaus sei er verdächtig, im Eigentum der Verstorbenen stehende Schmuck- und Hausratsgegenstände gestohlen zu haben. Der Tatverdacht beruhe auf den bisherigen Ermittlungen, insbesondere den Angaben des Anzeigenerstatters, bei dem es sich um den Sohn der Verstorbenen handelt. Es sei zu vermuten, dass die Durchsuchung zum Auffinden von Beweismitteln, nämlich der "Unterlagen des Betreuungsverhältnisses" und von "Diebesgut" führen werde. Die Durchsuchungsanordnung wurde am 11. November 2013 vollzogen.
2. Mit seiner Beschwerde vom 11. November 2013 rügte der Beschwerdeführer im Wesentlichen, dass der Durchsuchungsbeschluss hinsichtlich etwaiger sicherzustellender oder zu beschlagnahmender Gegenstände nicht hinreichend konkret sei. Zudem machte er geltend, dass die Durchsuchung einer Ausforschung gleichkomme, nicht von notwendigen und konkreten Verdachtsmomenten untermauert und überdies unverhältnismäßig sei.
3. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2013 verwarf das Landgericht Köln die Beschwerde als unbegründet. Der erforderliche Anfangsverdacht habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung vorgelegen und sei im Beschluss auch hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen. Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat hätten aufgrund der Angaben des Anzeigenerstatters und den zu den Akten gereichten Unterlagen vorgelegen. Die gesuchten Beweismittel seien auch hinreichend konkretisiert worden.
II.
1. Mit seiner am 11. Juni 2014 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, von Art. 3 Abs. 1 GG und von Art. 103 Abs. 1 GG.
Die Verfassungsbeschwerde sei fristgerecht erhoben. Die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts sei ihm trotz mehrfacher Erinnerung und Sachstandsanfragen erst am 6. Mai 2014 und im Übrigen auch nur per Telefax übersandt worden. Die vom Beschwerdeführer am 6. Juni 2014 vorab per Telefax übersandte Verfassungsbeschwerde wahre deshalb die Monatsfrist. In diesem Zusammenhang legt der Beschwerdeführer eine Kopie der angeblichen Ausfertigung des Beschlusses des Landgerichts Köln vom 9. Dezember 2013 vor, die in der Kopfzeile das Datum "06.05.2014 - 9:18", die Telefaxnummer des Landgerichts Köln "0221 477 3333" und die Angabe "Landgericht Koeln" enthält.
Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet. Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sei verletzt, da der Durchsuchungsbeschluss rechtsstaatliche Mindestanforderungen nicht wahre, indem er unzureichende tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthalte, und weder Art noch Inhalt der aufzufindenden Beweismittel erkennen lasse. Im Übrigen habe kein Anfangsverdacht bestanden. Im Hinblick auf die Durchsuchung seiner Person sei er außerdem in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.
Die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts verletze ihn auch in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, da das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts rechtsstaatlichen Anforderungen genüge.
2. Auf einen Hinweis des Bundesverfassungsgerichts hin, dass die Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG nicht gewahrt worden sein dürfte, da die Verfassungsbeschwerde entgegen der Angabe des Beschwerdeführers nicht vorab per Telefax am 6. Juni 2014, sondern erst am 11. Juni 2014 auf dem Postweg eingegangen sei, stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 2. Juli 2014 hilfsweise einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
III.
Zu der Verfassungsbeschwerde hat der Generalbundesanwalt Stellung genommen. Er hat unter anderem Zweifel an der Fristwahrung geäußert. Die vom Beschwerdeführer vorgetragene Zustellung ausschließlich per Telefax und mehrere Monate nach Erlass des Beschlusses sei zumindest ungewöhnlich.
Mit Blick darauf, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegte Fassung des Beschlusses vom 9. Dezember 2013 Abweichungen gegenüber der in der Ermittlungsakte befindlichen Beschlussausfertigung enthält, wurde das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen mit Schreiben vom 10. Oktober 2017 um Auskunft gebeten, ob Erkenntnisse darüber bestünden, ob die vom Beschwerdeführer vorgelegte Fassung des Beschlusses vom 9. Dezember 2013 vom Landgericht Köln tatsächlich versandt worden sei. Mit Schreiben vom 9. November 2017 teilte das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen mit, dass Erkenntnisse darüber, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegte Fassung tatsächlich so vom Landgericht Köln per Fax am 6. Mai 2014 versandt worden sei, nicht vorlägen. Der Präsident des Landgerichts Köln habe vielmehr berichtet, dass die mit dem Verfahren befasste Justizobersekretärin bestätigt habe, den Beschluss ausweislich der "Ab-Vermerke" in den Verfahrensakten im Dezember 2013 an den Beschwerdeführer mit einfacher Post versandt zu haben. Es gebe hingegen keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegte Fassung des Beschlusses am 6. Mai 2014 an diesen - nochmals - durch das Landgericht gefaxt worden sein könnte. Ein entsprechender "Ab-Vermerk" befinde sich nicht in der Akte. Die Akten seien bereits am 11. Dezember 2013 wieder bei der Staatsanwaltschaft Köln eingegangen. Darüber hinaus habe eine Einsicht in das Datenverarbeitungsprogramm, das der Schreibwerkerstellung diene, ergeben, dass ausschließlich die in der Gerichtsakte befindliche Fassung gespeichert gewesen sei. Hinzu komme, dass die Ausfertigungen grundsätzlich - auch bei einem Versand per Fax - gesiegelt und vom Urkundsbeamten unterschrieben werden würden.
Der Beschwerdeführer hat auf die eingegangenen Stellungnahmen nicht erwidert.
Die Akten des Ausgangsverfahrens haben der Kammer vorgelegen.
IV.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch dient sie der Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers, da sie bereits unzulässig ist. Sie genügt nicht den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Substantiierungsanforderungen.
a) Die allgemeine Begründungslast des § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG verlangt grundsätzlich auch, dass ein Beschwerdeführer zu den Sachentscheidungs-voraussetzungen der Verfassungsbeschwerde vorträgt, soweit deren Vorliegen nicht aus sich heraus erkennbar ist (Magen, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 92 Rn. 19 f.). Hierzu gehört unter anderem die schlüssige Darlegung, dass die Verfassungsbeschwerdefrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingehalten ist, sofern sich dies nicht ohne Weiteres aus den Unterlagen ergibt (vgl. BVerfGK 14, 468 <469>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Juni 2014 - 2 BvR 1004/13 -, juris, Rn. 3).
Weiterhin setzen die Regelungen in § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG voraus, dass der Beschwerdeführer den der Grundrechtsverletzung zugrundeliegenden Lebenssachverhalt substantiiert, vollständig und wahrheitsgemäß vorträgt, da erst dies eine verantwortbare verfassungsrechtliche Prüfung der Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG sowie der Zulässigkeit und Begründetheit der Verfassungsbeschwerde ohne eigene weitere Nachforschungen ermöglicht (vgl. Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 92 Rn. 37). Hieran fehlt es, wenn ein Beschwerdeführer zur Begründung seiner Verfassungsbeschwerde bewusst oder leichtfertig unrichtige Behauptungen aufstellt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. November 2009 - 2 BvR 1398/09 -, juris, Rn. 11; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. September 2001 - 1 BvR 305/01 -, juris, Rn. 1, 4).
b) Gemessen daran genügt die Verfassungsbeschwerde den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Substantiierungsanforderungen nicht, denn der Vortrag des Beschwerdeführers zu der Einhaltung der Verfassungsbeschwerdefrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG entspricht nach Überzeugung der Kammer nicht der Wahrheit. Ob die Frist eingehalten ist, ist deshalb nicht prüfbar.
Der Beschwerdeführer behauptet, ihm sei der angegriffene Beschwerdebeschluss des Landgerichts Köln vom 9. Dezember 2013 erst knapp fünf Monate später ausschließlich per Telefax übersandt worden. Zum Beleg hat er eine angeblich vom Landgericht versandte "Ausfertigung" des Beschlusses vorgelegt, die den 6. Mai 2014 als das angebliche Datum der Versendung, das "Landgericht Koeln" als angeblichen Absender und die Telefaxnummer des Landgerichts in der Kopfzeile aufweist. Indes weicht die vom Beschwerdeführer vorgelegte "Ausfertigung" ersichtlich von dem sich in der Ermittlungsakte befindlichen Originalbeschluss und der dortigen Ausfertigung ab. So weist die vorgelegte "Ausfertigung" nicht nur eine unterschiedliche Formatierung, sondern auch eine Abweichung in der Interpunktion auf. Überdies ist sie weder gesiegelt noch vom Urkundsbeamten unterzeichnet. Hinzu tritt der Umstand, dass sich die angebliche nachträgliche Übermittlung des Beschlusses per Telefax an den Beschwerdeführer am 6. Mai 2014 nicht aus der Ermittlungsakte ergibt, während die postalische Versendung am 10. Dezember 2013 dort vermerkt ist. Überdies ist aus der Ermittlungsakte ersichtlich, dass sich diese ab dem 11. Dezember 2013 nicht mehr bei dem Landgericht, sondern wieder bei der Staatsanwaltschaft befand. Des Weiteren ist nach Auskunft des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen im Datenverarbeitungsprogramm des Landgerichts Köln ausschließlich die bei der Ermittlungsakte befindliche Fassung des Beschlusses gespeichert. Schließlich ersuchte der Beschwerdeführer ausweislich der Ermittlungsakte und entgegen seiner Angaben das Landgericht lediglich ein einziges Mal um Fortgang der Sache und zwar mit Schreiben vom 9. Dezember 2013, als ihm der erst am Folgetag per Post versandte Beschluss noch nicht vorliegen konnte. Ungeachtet des Umstandes, dass der Beschwerdeführer insoweit erneut falsch vorträgt, deutet dies darauf hin, dass der Beschluss des Landgerichts dem Beschwerdeführer am 10. Dezember 2013 übersandt wurde und dieser hiernach keinen Anlass für (weitere) Erinnerungen oder Sachstandsanfragen mehr hatte. Bei einer Gesamtwürdigung bestehen daher keine vernünftigen Zweifel daran, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer vorgelegten Fassung um eine Fälschung handelt, die dieser (oder ein Dritter) anfertigte, um seinen wahrheitswidrigen Vortrag, ihm sei der für die Wahrung der Verfassungsbeschwerdefrist maßgebliche Beschluss des Landgerichts erst am 6. Mai 2014 zugegangen, zu stützen. Umstände, die dieses Ergebnis in Frage stellen könnten, hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen, sondern hat von einer Erwiderung auf die Stellungnahme des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen abgesehen.
Dieser falsche Vortrag zu einer Sachentscheidungsvoraussetzung führt zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde, so dass es auf den vom Beschwerdeführer hilfsweise - unter Wiederholung seines wahrheitswidrigen Vortrags - gestellten Wiedereinsetzungsantrag nicht mehr ankommt.
2. a) Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Danach kann das Bundesverfassungsgericht eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde einen Missbrauch darstellt. Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, an der Erfüllung seiner Aufgaben durch erkennbar missbräuchliche Verfassungsbeschwerden gehindert zu werden (vgl. BVerfGK 6, 219; 10, 94 <97>). Die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde kann nicht nur dann einen Missbrauch darstellen, wenn sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (stRspr; vgl. etwa BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Oktober 1995 - 2 BvR 2344/95 -, NStZ-RR 1996, S. 112 f.), sondern auch dann, wenn dem Bundesverfassungsgericht falsche Angaben über entscheidungserhebliche Umstände gemacht werden. Dabei genügt es, wenn die Falschangabe unter grobem Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten erfolgt, ein vorsätzliches Verhalten oder gar eine absichtliche Täuschung ist nicht erforderlich (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. November 2009 - 2 BvR 1398/09 -, juris, Rn. 10 m.w.N.).
b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Beschwerdeführer, nach eigenen Angaben selbst Volljurist und freiberuflich tätig als gesetzlicher Betreuer, Verfahrensbeistand, Nachlass- und Verfahrenspfleger, hat in seiner Verfassungsbeschwerde bewusst unrichtig behauptet, ihm sei der angegriffene Beschluss des Landgerichts Köln vom 9. Dezember 2013 erst knapp fünf Monate später per Telefax übersandt worden. Dabei hat er es jedoch nicht belassen, sondern zum Beleg seiner wahrheitswidrigen Behauptung zur Überzeugung der Kammer eine Fälschung des Beschlusses vorgelegt. Da es sich bei dem Vortrag des Beschwerdeführers nach alledem nicht nur um eine Falschangabe unter grobem Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten handelt, sondern um einen Versuch, das Bundesverfassungsgericht absichtlich durch Vorlage einer gefälschten Ausfertigung des zur Überprüfung anstehenden Hoheitsaktes über die angebliche Fristwahrung zu täuschen, hält die Kammer die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 Euro für gerechtfertigt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.