Bundesverfassungsgericht

Entscheidungsdatum: 21.09.2017


BVerfG 21.09.2017 - 2 BvQ 40/17

Ablehnung der Auslagenerstattung im eA-Verfahren nach Erledigungserklärung - fehlende Erfolgsaussichten des ursprünglich gestellten Antrags mangels substantiierter Darlegung einer Grundrechtsverletzung sowie der Unzumutbarkeit der Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs


Gericht:
Bundesverfassungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat 2. Kammer
Entscheidungsdatum:
21.09.2017
Aktenzeichen:
2 BvQ 40/17
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2017:qk20170921.2bvq004017
Dokumenttyp:
Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
Vorinstanz:
vorgehend AG Hamburg, 7. Juli 2017, Az: Eil XIV 25/17, Beschlussvorgehend BVerfG, 8. Juli 2017, Az: 2 BvQ 40/17, Ablehnung einstweilige Anordnung
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin, dem Land Hamburg die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird abgelehnt.

Gründe

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Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist aufgrund der Erledigungserklärung der Antragstellerin vom 12. Juli 2017 nicht mehr zu entscheiden (vgl. BVerfGE 7, 75 <76>; 85, 109 <113>). Verfahrensgegenstand ist nunmehr lediglich ihr Antrag, dem Land Hamburg die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Dieser Antrag hat keinen Erfolg.

2

1. Da das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts kostenfrei ist (§ 34 Abs. 1 BVerfGG), ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass das Begehr der Antragstellerin auf die Erstattung ihrer notwendigen Auslagen gerichtet ist.

3

2. Gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht nach Erledigung des Verfahrens die volle oder teilweise Erstattung der dem Antragsteller entstandenen Auslagen anordnen. Über die Erstattung ist unter Gesamtwürdigung aller bekannten Umstände nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden. Dabei kommt mit Blick auf die Funktion und Tragweite verfassungsgerichtlicher Entscheidungen eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zwar regelmäßig nicht in Betracht (vgl. BVerfGE 85, 109 <115>; 87, 394 <398>; 133, 37 <38 Rn. 2>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 13. April 2011 - 1 BvR 689/11 -, juris, Rn. 3; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Mai 2017 - 2 BvR 572/17 -, juris, Rn. 2). Eine Anordnung der Auslagenerstattung kann allerdings insbesondere dann ergehen, wenn der verantwortliche Hoheitsträger die mit der Verfassungsbeschwerde gerügte Belastung beseitigt hat und diesem Verhalten entnommen werden kann, dass der Hoheitsträger selbst davon ausgeht, das Anliegen des Antragstellers sei berechtigt gewesen (vgl. BVerfGE 85, 109 <114 f.>; 87,394 <397>; 91, 146 <147>; 133, 37 <38 Rn. 2>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Mai 2017 - 2 BvR 572/17 -, juris, Rn. 2). Außerdem kommt eine Erstattung aus Billigkeitsgesichtspunkten auch dann in Betracht, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei überschlägiger Beurteilung offensichtlich Aussicht auf Erfolg gehabt hätte und wenn im Rahmen der kursorischen Prüfung zu verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen nicht Stellung genommen zu werden braucht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Oktober 2013 - 2 BvR 1446/12 -, juris, Rn. 5).

4

3. Nach diesen Maßstäben scheidet die Anordnung einer Auslagenerstattung vorliegend aus. Die Belastung der Antragstellerin durch die gegen sie angeordnete polizeiliche Ingewahrsamnahme hat sich durch Zeitablauf und nicht durch ein Handeln der hamburgischen Gerichte oder Behörden erledigt. Eine Erstattung ihrer Auslagen entspricht auch nicht deswegen der Billigkeit, weil ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 9. Juli 2017 offensichtlich Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Denn er genügte den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Begründungsanforderungen nicht. Die Antragstellerin hat eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG sowie die Unzumutbarkeit der Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtweges insbesondere damit begründet, dass ein Eildienst beim Landgericht Hamburg am 8. und 9. Juli 2017 nicht eingerichtet und eine Entscheidung der Beschwerdeinstanz vor ihrer Entlassung aus dem polizeilichen Gewahrsam nicht zu erlangen gewesen sei. Sie hat sich aber trotz des Hinweises der Kammer in dem Beschluss vom 8. Juli 2017 (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 2017 - 2 BvQ 40/17 -, juris), der ihrem anwaltlichen Vertreter am selben Tag zugegangen ist, nicht dazu verhalten, ob sie auch über die auf der Homepage des Amtsgerichts Hamburg genannte Rufnummer des Eildienstes für Entscheidungen über freiheitsentziehende Maßnahmen betreffend die polizeirechtlichen Ingewahrsamnahmen versucht hat, den landgerichtlichen Eildienst, der nach dortiger Auskunft am 8. und 9. Juli 2017, jeweils von 9.00 bis 11.00 Uhr, eingerichtet war, zu erreichen.

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4. An der hiesigen Entscheidung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Antragstellerin inzwischen bekannt ist, dass ihre schriftlich begründete Beschwerde vom 8. Juli 2017 beim Landgericht erst am 10. Juli 2017 mit einem Eingangsstempel versehen wurde. Ob die Einrichtung des landgerichtlichen Eildienstes in seiner konkreten Ausgestaltung verfassungsrechtlichen Anforderungen genügte, war in dem hiesigen Verfahren nicht zu entscheiden.

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.