Entscheidungsdatum: 11.12.2018
1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. § 2 Absatz 2 Sätze 1 und 4 des Biersteuergesetzes 1993 in der Fassung des Artikels 15 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 29. Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt I Seite 3076) ist mit Artikel 20 Absatz 2, Artikel 38 Absatz 1 Satz 2, Artikel 42 Absatz 1 Satz 1 und Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.
Die Vorschrift bleibt bis zum Inkrafttreten von § 2 Absatz 2 Sätze 1 und 4 Biersteuergesetz in der Fassung des Artikels 4 des Vierten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 15. Juli 2009 (Bundesgesetzblatt I Seite 1870) anwendbar.
3. § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz in der Fassung des Artikels 9 Nummer 5 Buchstabe b des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 29. Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt I Seite 3076) ist mit Artikel 20 Absatz 2, Artikel 38 Absatz 1 Satz 2, Artikel 42 Absatz 1 Satz 1 und Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.
Die Vorschrift bleibt bis zum Inkrafttreten von § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz in der Fassung des Artikels 1 Nummer 2 Buchstabe b des Gesetzes zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5. April 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 554) anwendbar.
Die drei Normenkontrollverfahren betreffen die formelle Verfassungsmäßigkeit von Änderungen des Biersteuergesetzes (2 BvL 4/11 und 2 BvL 5/11) und des Einkommensteuergesetzes (2 BvL 4/13) durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 (HBeglG 2004) vom 29. Dezember 2003 (BGBl I S. 3076). Die Änderungen sind erst im Vermittlungsverfahren auf der Grundlage des sogenannten Koch/ Steinbrück-Papiers in den Gesetzentwurf aufgenommen worden. Das Gesetzgebungsverfahren zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 war mit derselben Fragestellung bereits - im Hinblick auf den durch Art. 24 Haushaltsbegleitgesetz 2004 geänderten § 45a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) - Gegenstand des Senatsbeschlusses vom 8. Dezember 2009 (BVerfGE 125, 104).
1. Die beiden Vorlagen des Bundesfinanzhofs (2 BvL 4/11 und 2 BvL 5/11) haben die Erhöhung der ermäßigten Biersteuersätze für kleinere Brauereien zum Gegenstand.
a) Bier unterliegt der Biersteuer, deren Höhe sich neben dem Stammwürzegehalt des Bieres (gemessen in Grad Plato, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 BierStG) nach der erzeugten Menge richtet. Die Biersteuer betrug im Streitjahr 2004 für einen Hektoliter Bier grundsätzlich 0,787 Euro je Grad Plato (§ 2 Abs. 1 BierStG in der Fassung von Art. 2 des Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen und des Finanzverwaltungsgesetzes sowie zur Umrechnung zoll- und verbrauchsteuerrechtlicher Euro-Beträge [Zwölftes Euro-Einführungsgesetz - 12. EuroEG] vom 16. August 2001 [BGBl I S. 2081], im Folgenden: BierStG 1993). Für kleinere Brauereien galt gemäß § 2 Abs. 2 BierStG 1993 ein ermäßigter Steuersatz, wobei sich der Umfang der Ermäßigung anhand einer Mengenstaffel nach dem Jahresausstoß der Brauerei richtete.
b) Art. 15 HBeglG 2004 (BGBl I S. 3076 <3086 f.>) erhöhte die ermäßigten Steuersätze und reduzierte damit die Steuerermäßigung für kleinere Brauereien in § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 4 BierStG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2004 um jeweils 12 %. Statt vormals 50, 60, 70 und 75 % des ordentlichen Steuersatzes hatten die kleineren Brauereien 56, 67,2, 78,4 und 84 % des ordentlichen Steuersatzes zu zahlen.
§ 2 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 BierStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 lautete wie folgt:
"(2) Abweichend von Absatz 1 ermäßigt sich der Steuersatz für im Brauverfahren hergestelltes Bier aus unabhängigen Brauereien mit einer Gesamtjahreserzeugung von weniger als 200 000 hl Bier in Stufen von 1 000 zu 1 000 hl gleichmäßig
ab 1. Januar 2004
- auf 84,0 vom Hundert bei einer Jahreserzeugung von 40 000 hl,
- auf 78,4 vom Hundert bei einer Jahreserzeugung von 20 000 hl,
- auf 67,2 vom Hundert bei einer Jahreserzeugung von 10 000 hl und
- auf 56,0 vom Hundert bei einer Jahreserzeugung von 5 000 hl.
Die Stufen beginnen bis auf die Stufe zwischen 5 000 und 6 000 hl aufsteigend mit den vollen Tausendern. Die Stufe zwischen 5 000 und 6 000 hl beginnt mit der 5 000 hl übersteigenden Jahreserzeugung. Unter 5 000 hl bleibt der ermäßigte Steuersatz von 56 vom Hundert unverändert. …"
c) Mit Art. 4 des Vierten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 15. Juli 2009 (BGBl I S. 1870) wurde das Biersteuergesetz neu gefasst. Die Regelung zu den ermäßigten Steuersätzen für kleinere Brauereien in § 2 Abs. 2 BierStG wurde dabei in der Fassung von Art. 15 HBeglG 2004 mit marginalen redaktionellen Änderungen erneut verabschiedet. Sie lautet seitdem:
"(2) Abweichend von Absatz 1 ermäßigt sich der Steuersatz für im Brauverfahren hergestelltes Bier aus unabhängigen Brauereien mit einer Gesamtjahreserzeugung von weniger als 200 000 hl Bier in Stufen von 1 000 zu 1 000 hl gleichmäßig
1. auf 84,0 Prozent bei einer Jahreserzeugung von 40 000 hl,
2. auf 78,4 Prozent bei einer Jahreserzeugung von 20 000 hl,
3. auf 67,2 Prozent bei einer Jahreserzeugung von 10 000 hl,
4. auf 56,0 Prozent bei einer Jahreserzeugung von 5 000 hl.
Die Stufen beginnen mit Ausnahme der Stufe zwischen 5 000 und 6 000 hl aufsteigend mit den vollen Tausendern. Die Stufe zwischen 5 000 und 6 000 hl beginnt mit der 5 000 hl übersteigenden Jahreserzeugung. Bis einschließlich 5 000 hl bleibt der ermäßigte Steuersatz von 56 Prozent unverändert. …"
2. Die Vorlage des Finanzgerichts Baden-Württemberg (2 BvL 4/13) betrifft die formelle Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004, durch den der Betriebskostenabzug von Bewirtungsaufwendungen weiter begrenzt wurde.
a) Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, bei der als Gewinn der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anzusetzen ist, sind Betriebsausgaben grundsätzlich diejenigen Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). § 4 Abs. 5 EStG schränkt die Abzugsfähigkeit verschiedener Aufwendungen mit Bezug zur privaten Lebensführung ein oder schließt sie aus, darunter - in Satz 1 Nr. 2 - die Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass (näher Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 8 Rn. 286 ff.; Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG § 4 EStG Rn. 1100 [Juni 2016]). Aufgrund der Verweisung in § 8 Abs. 1 KStG gilt dies auch für die Ermittlung des der Körperschaftsteuer unterliegenden Einkommens (vgl. Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG Rn. 707 [Juni 2016]; Wied, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 EStG Rn. 671 [November 2017]).
b) § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung (des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988 [BGBl I S. 1093 <1094>]) begrenzte die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass auf 80 % der angemessenen und nachgewiesenen Aufwendungen. Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass durch die Bewirtung die Lebensführung der daran teilnehmenden Personen berührt ist (vgl. BTDrucks 11/2157, S. 138 f.). Durch Art. 9 Nr. 5 Buchstabe b HBeglG 2004 (BGBl I S. 3076 <3081>) wurde der Betriebskostenabzug von Bewirtungsaufwendungen mit Wirkung vom 1. Januar 2004 weiter eingeschränkt, indem die bisherige Quote von 80 % durch eine Quote von 70 % ersetzt wurde.
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 lautet wie folgt:
"Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:
…
2. Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 vom Hundert der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind."
c) In der Folge der Senatsentscheidung vom 8. Dezember 2009 (BVerfGE 125, 104) zu § 45a PBefG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004, der wie die hier zu beurteilenden Vorschriften auf das sogenannte Koch/Steinbrück-Papier zurückging, hat der Gesetzgeber das Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5. April 2011 (BGBl I S. 554) erlassen. Hierdurch ist auch die Änderung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG inhaltsgleich bestätigt worden.
1. Das Haushaltsbegleitgesetz 2004 beruht auf einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BRDrucks 652/03). Mit der Initiative sollten vor allem wesentliche Elemente des Haushaltsstabilisierungskonzeptes 2003 der Bundesregierung, das unter anderem auf den Abbau von Subventionen ausgerichtet war, umgesetzt sowie die dritte Steuerentlastungsstufe von 2005 auf 2004 vorgezogen werden. Dementsprechend sah der Gesetzentwurf unter anderem den Wegfall der Eigenheimzulage, eine Absenkung der Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und den Wegfall der Halbjahresregelung der Absetzungen für Abnutzungen (AfA) vor (BVerfGE 125, 104 <107>). Regelungen betreffend die Biersteuer und die Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen waren darin nicht enthalten.
2. Zeitlich parallel dazu erarbeitete eine Arbeitsgruppe unter Leitung der damaligen Ministerpräsidenten der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen, Roland Koch und Peer Steinbrück, das Programm "Subventionsabbau im Konsens" (das sogenannte Koch/Steinbrück-Papier). Durch den Abbau von Subventionen sollten die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden erheblich entlastet werden. Das Papier schlug als Einstieg in einen umfassenden Subventionsabbau eine lineare Verringerung staatlicher Hilfen um jeweils 4 % in den Jahren 2004 bis 2006, also insgesamt um 12 %, vor. Das 61 Seiten sowie einen Anhang von weiteren 52 Seiten umfassende Papier enthielt im Wesentlichen Listen von - im Einzelnen nach den gesetzlichen Vorschriften benannten - Steuervergünstigungen und von Finanzhilfen, die nach Schlagworten und zugehörigen Finanzvolumina aufgeführt waren und grundsätzlich pauschal um jeweils 4 % in drei Jahresschritten gekürzt werden sollten (BVerfGE 125, 104 <107>). In einzelnen Bereichen hielt das Papier aus praktischen Gründen einen Abbau um 12 % in einem Schritt für zweckmäßiger. Das Koch/Steinbrück-Papier wurde der Öffentlichkeit mithilfe von Präsentationsfolien am 30. September 2003 in Berlin vorgestellt (BVerfGE 125, 104 <107>).
a) In Teil C des Koch/Steinbrück-Papiers in der Liste der Steuervergünstigungen, bei denen ein Subventionsabbau vorgeschlagen wird (Teil C, S. 18 ff.), finden sich unter der laufenden Nummer 27 folgende Angaben zur Biersteuer:
Gesetz |
|
§ |
2 |
Bezeichnung der steuerlichen Regelung |
Mengenstaffel bei der Biersteuer |
Volumen lt. Subv.Ber. - in Mio. € - 2002 |
26 |
Reduzierung durch |
Anhebung der gestaffelten Steuersätze um 12 % in 3 Schritten |
Mehreinnahmen Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Gesamt |
1 1 1 3 |
Teil E (Anhang) des Koch/Steinbrück-Papiers enthält eine Auflistung mit dem Titel "Abbau Steuervergünstigungen - Regelabbau - Kürzung 12 % grds. in 3 Jahren" (Teil E, S. 7 ff.). Unter der laufenden Nummer 27 ist Folgendes eingetragen:
Gesetz |
|
§ |
2 |
Bezeichnung der steuerlichen Regelung |
Staffelung der Biersteuersätze nach der Höhe des Bierausstoßes (Mengenstaffel) |
Steuermindereinahmen - in Mio. € - 2002 |
26 |
a. Zielsetzung b. Rechtsgrundlage |
Schutz der mittelständischen Brauereien § 2 BierStG 1993 |
Befristung |
unbefristet |
Abbau Steuervergünstigung durch |
Erhöhung der gestaffelten Steuersätze in 3 Schritten um jeweils 4 % |
b) Zur Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen finden sich in Teil C des Koch/Steinbrück-Papiers in der Liste der Steuervergünstigungen, bei denen ein Subventionsabbau vorgeschlagen wird (Teil C, S. 18 ff.), unter der laufenden Nummer 15 folgende Kürzungsvorschläge:
Gesetz |
|
§ |
4 |
Bezeichnung der steuerlichen Regelung |
Begrenzte Abzugsfähigkeit der Bewirtungsaufwendungen |
Volumen lt. Subv.Ber. - in Mio. € - 2002 |
150 |
Reduzierung durch |
Senkung der Abzugsfähigkeit auf 70 % in einem Schritt |
Mehreinnahmen |
15 |
In Teil E (Anhang) des Koch/Steinbrück-Papiers ist unter der laufenden Nummer 15 der Auflistung mit dem Titel "Abbau Steuervergünstigungen - Regelabbau - Kürzung 12 % grds. in 3 Jahren" Folgendes aufgeführt:
Gesetz |
|
§ |
4 |
Bezeichnung der steuerlichen Regelung |
Begrenzte Abzugsfähigkeit der Bewirtungsaufwendungen |
Steuermindereinahmen - in Mio. € - 2002 |
150 |
a. Zielsetzung b. Rechtsgrundlage |
Abgrenzung betrieblicher Aufwendungen von den Kosten privater Lebensführung |
Befristung |
unbefristet |
Abbau Steuervergünstigung durch |
Senkung des Prozentsatzes der Abzugsfähigkeit (aus administrativen Gründen in einem Schritt) auf 70 % |
3. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 wurde von Beginn an als zustimmungspflichtiges Gesetz behandelt. Er wurde vom Bundesrat im ersten Durchgang abgelehnt (BTDrucks 15/1639).
4. In der ersten Beratung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 im Deutschen Bundestag am 9. September 2003 wurden die zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichten Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück von Bundesfinanzminister Eichel in abstrakter Form angesprochen (BVerfGE 125, 104 <108>); das Biersteuergesetz oder die Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen wurden nicht erwähnt. Die Gesetzesvorlage wurde federführend dem Haushaltsausschuss und mitberatend dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zugewiesen (BT-Plenarprotokoll 15/58, S. 4850 ff.).
In der Sitzung des Haushaltsausschusses am 15. Oktober 2003 wurden der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Dieckmann, und der Minister für Europa- und Bundesangelegenheiten des Landes Hessen, Riebel, gemäß Art. 43 Abs. 2 GG gehört. Sie übergaben das Koch/Steinbrück-Papier dem Vorsitzenden des Ausschusses mit der Bitte, es per Umdruck an alle Abgeordneten weiterzuleiten und die Vorschläge zum Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens zu machen. Das Papier wurde - gänzlich unverändert, lediglich mit der Drucksachennummer 852 versehen - zu einer Ausschussdrucksache, die als Anlage auch die Präsentationsfolien enthielt. Verschiedene Mitglieder des Ausschusses forderten demgegenüber ein geordnetes parlamentarisches Verfahren zur Umsetzung des Koch/Steinbrück-Papiers (BT-Haushaltsausschuss, Protokoll 15/28, S. 46 ff.). Im Bericht des Haushaltsausschusses wurden die Äußerungen der Fraktionen zu den Vorschlägen der Ministerpräsidenten referiert (BTDrucks 15/1751, S. 3 f., 5; vgl. auch BVerfGE 125, 104 <108>). Der Haushaltsausschuss empfahl dem Deutschen Bundestag indes, den Gesetzentwurf in einer Fassung anzunehmen, in der das Koch/Steinbrück-Papier keine Berücksichtigung gefunden hatte (BTDrucks 15/1750).
Ebenfalls am 15. Oktober 2003 wurden die Landesminister Dieckmann und Riebel in einer Sitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages gehört. Auch hier baten sie um die Einbeziehung des Koch/Steinbrück-Papiers in die Beratungen des Gesetzentwurfs. Dem Protokoll der Ausschusssitzung wurden als Anlage 25 eine Presseinformation der Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Hessen über die Vorschläge sowie das Papier selbst, jedoch ohne die Präsentationsfolien, beigefügt; beides wurde vor der Ausschusssitzung verteilt. Der Finanzausschuss beschloss, die Annahme des Haushaltsbegleitgesetzes zu empfehlen (BT-Finanzausschuss, Protokoll 15/36, S. 37 ff.; vgl. auch BVerfGE 125, 104 <108 f.>).
In der zweiten und dritten Beratung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 im Deutschen Bundestag am 17. Oktober 2003 wurden die Vorschläge zum Subventionsabbau der Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfalen erwähnt, ohne dass auf einzelne Punkte eingegangen wurde. Der Gesetzentwurf wurde in zweiter Beratung sowie in der Schlussabstimmung in der Ausschussfassung angenommen (BT-Plenarprotokoll 15/67 (neu), S. 5759 ff.; vgl. auch BVerfGE 125, 104 <109>).
5. Der Bundesrat fasste im zweiten Durchgang den Beschluss, gemäß Art. 77 Abs. 2 GG die Einberufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel zu verlangen, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten und die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen. Die vorgesehene Steuersenkung sei nicht hinreichend solide finanziert; ein breiter Subventionsabbau sei angesichts der angespannten Haushaltssituation aller Gebietskörperschaften zur weiteren strukturellen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte unabdingbar (BRDrucks 729/03 [Beschluss]; vgl. auch BVerfGE 125, 104 <109>).
6. Im Vermittlungsausschuss einigte man sich am 16. Dezember 2003 unter anderem auf einen dem Koch/Steinbrück-Papier entsprechenden Vorschlag zu Änderungen der Biersteuersätze sowie der Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen.
Den Vermittlungsvorschlag (BTDrucks 15/2261), über dessen einzelne Bestandteile gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses gemeinsam abgestimmt wurde, nahm der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung am 19. Dezember 2003 mit ganz überwiegender Mehrheit an. Vor der Abstimmung stellten zwei Abgeordnete den Geschäftsordnungsantrag, die Beratung der Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses von der Tagesordnung abzusetzen. Dies begründeten sie damit, dass die vorgesehene Frist von 48 Stunden zwischen der Verteilung der Drucksache und der Beratung nicht eingehalten worden sei, da die Beschlussempfehlungen den Abgeordneten erst am Vorabend um 20.45 Uhr zugestellt worden seien. Dieser Antrag wurde mit überwiegender Mehrheit abgelehnt (BT-Plenarprotokoll 15/84, S. 7374 ff.; vgl. auch BVerfGE 125, 104 <109 f.>).
Der Bundesrat stimmte dem Gesetz mit der Mehrheit seiner Stimmen am 29. Dezember 2003 zu. Das Gesetz wurde am 31. Dezember 2003 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl I S. 3076) und trat am 1. Januar 2004 in Kraft.
1. a) Der Kläger des Ausgangsverfahrens 2 BvL 4/11 ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft betriebenen Privatbrauerei, deren Gesamtjahreserzeugung im Jahr 2004 bei 14.646,07 hl lag. Auf die von der Brauerei für den Monat Januar 2004 angegebenen Biermengen wandte das beklagte Hauptzollamt die Biersteuersätze gemäß § 2 Abs. 2 BierStG 1993 in der Fassung des Art. 15 HBeglG 2004 an. Die nach erfolglosem Einspruch dagegen erhobene Klage, der das Sächsische Finanzgericht gemäß § 68 Satz 1 FGO den im Jahr 2005 erlassenen, ebenfalls auf den erhöhten Biersteuersätzen basierenden Jahresbiersteuerbescheid 2004 zugrunde legte, wurde durch Urteil vom 5. August 2009 (7 K 1262/04) als unbegründet abgewiesen. Der Kläger des Ausgangsverfahrens legte hiergegen Revision ein.
b) Die Klägerin des Ausgangsverfahrens 2 BvL 5/11, ein einzelkaufmännisches Unternehmen, betreibt eine Privatbrauerei, deren Gesamtjahreserzeugung im Jahr 2004 bei 19.015,40 hl lag. Das beklagte Hauptzollamt legte den vorläufigen Monatsbescheiden und dem - endgültigen - Jahresbescheid 2004 die ab 1. Januar 2004 gültigen ermäßigten Steuersätze gemäß § 2 Abs. 2 BierStG 1993 in der Fassung des Art. 15 HBeglG 2004 zugrunde. Die nach erfolglosem Einspruch gegen den Steuerbescheid für den Monat Januar erhobene Klage, der das Finanzgericht gemäß § 68 Satz 1 FGO den im Jahr 2005 erlassenen Jahresbiersteuerbescheid 2004 zugrunde legte, wurde durch Urteil vom 25. November 2008 (2 K 2284/04) als unbegründet abgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin des Ausgangsverfahrens Revision ein.
c) Mit weitgehend wortgleichen Beschlüssen vom 15. Februar 2011 hat der Bundesfinanzhof die beiden Revisionsverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 2 Abs. 2 des BierStG 1993 in der Fassung des Art. 15 des HBeglG 2004 mit Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Die Vorlage betreffe jeweils die Frage, ob § 2 Abs. 2 BierStG 1993 in der Fassung des Art. 15 HBeglG 2004 in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen sei. Der vorlegende Senat halte die Vorschrift aus den gleichen Gründen für verfassungswidrig, aus denen das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2009 (BVerfGE 125, 104) die Regelung des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG als mit den Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG unvereinbar erachtet habe. Die Änderung des § 2 Abs. 2 BierStG 1993 sei im selben Gesetzgebungsverfahren - unter Einbeziehung des Koch/Steinbrück-Papiers - zustande gekommen wie die Änderung des § 45a Abs. 2 Satz 3 PBefG durch Art. 24 HBeglG 2004.
aa) Aufgrund des besonderen Umstands, dass das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung das Zustandekommen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 bereits einer eingehenden verfassungsrechtlichen Überprüfung unterzogen habe, habe der vorlegende Senat erwogen, ob unter diesen Bedingungen eine Vorlage - etwa im Wege einer teleologischen Reduktion des Art. 100 Abs. 1 GG - als entbehrlich erachtet werden könne, so dass von der Verfassungswidrigkeit der im Streitfall entscheidungserheblichen Norm ohne weitere beziehungsweise nochmalige Befassung des Bundesverfassungsgerichts auszugehen sei. Da sich jedoch der Tenor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausschließlich auf § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG beziehe und andere Bestimmungen nicht in Bezug genommen würden, halte der Bundesfinanzhof eine Vorlage für unausweichlich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht trotz der festgestellten formellen Verfassungswidrigkeit des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG die Norm nicht für nichtig, sondern im Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs bis zum 30. Juni 2011 für vorläufig anwendbar erklärt habe. Zu einer solchen Fortgeltungsanordnung sei der Bundesfinanzhof - selbst wenn er die Unvereinbarkeit des § 2 Abs. 2 BierStG 1993 mit dem Grundgesetz aufgrund der besonderen Umstände selbst feststellen könnte - nicht befugt.
Der Gesetzgeber habe durch die Neufassung des Biersteuergesetzes zum 1. April 2010 - unter Beibehaltung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 angehobenen Steuersätze - eine mit der ursprünglichen Fassung des § 2 Abs. 2 BierStG 1999 identische Neuregelung getroffen, die nach Überzeugung des vorlegenden Senats in verfassungskonformer Weise zustande gekommen sei. Diese habe jedoch keine Rückwirkung für den hier maßgeblichen Zeitraum.
bb) Der Ausgang der anhängigen Revisionsverfahren sei von der Gültigkeit des § 2 Abs. 2 BierStG 1993 in der Fassung des Art. 15 HBeglG 2004 abhängig. Das Hauptzollamt habe in beiden Verfahren auf der Grundlage dieser Neuregelung die Biersteuer dem Grunde und der Höhe nach zutreffend festgesetzt. Sollte sich in dem Vorlageverfahren erweisen, dass § 2 Abs. 2 BierStG 1993 in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig sei, könne die Steuerfestsetzung keinen Bestand haben mit der Folge, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben werden müsse. In diesem Fall seien die Revisionen erfolgreich. Andererseits erscheine es nicht ausgeschlossen, dass das Bundesverfassungsgericht aus denselben Erwägungen, mit denen es die Fortgeltung des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG angeordnet habe, von der Feststellung der Nichtigkeit des § 2 Abs. 2 BierStG 1993 in der Fassung des Art. 15 HBeglG absehe und diese Norm ebenfalls - eventuell bis zur Neufassung des Biersteuergesetzes 1993 zum 1. April 2010 - für vorläufig anwendbar erkläre. In diesem Fall seien die Steuerbescheide rechtmäßig, die Revisionen also als unbegründet zurückzuweisen.
cc) Zur Begründung seiner Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm nehme der beschließende Senat Bezug auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2009 zum Gang des Gesetzgebungsverfahrens und zur formellen Verfassungswidrigkeit des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG. Entscheidend sei, dass die Art der Einbringung des Vorschlags zur Änderung des § 2 Abs. 2 BierStG 1993 durch das Koch/Steinbrück-Papier in das parlamentarische Verfahren nicht den Anforderungen an die Förmlichkeiten des Gesetzgebungsverfahrens genüge.
Dabei verkenne der vorlegende Senat nicht, dass der Vorschlag zur Kürzung von Steuervergünstigungen bei der Biersteuer - im Gegensatz zu den Vorschlägen zur Kürzung von Finanzhilfen im Bereich des Personennahverkehrs, die nicht einmal hätten erkennen lassen, welches Gesetz habe geändert werden sollen - näher konkretisiert sei. Die Frage, ob auch die Vorschläge zur Änderung der Biersteuersätze aufgrund der unzureichenden Konkretisierung einer angemessenen parlamentarischen Beratung weder zugänglich noch darauf angelegt gewesen seien, könne indes auf sich beruhen, da das Koch/Steinbrück-Papier aufgrund der Art seiner Einführung und seiner Behandlung im parlamentarischen Verfahrensgang keine Grundlage für die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Änderung des Biersteuergesetzes 1993 habe sein können.
Demgegenüber sei § 2 Abs. 2 BierStG 1993 nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in materieller Hinsicht verfassungsgemäß und insbesondere mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.
2. a) Die Klägerin des Ausgangsverfahrens 2 BvL 4/13, eine GmbH, wies in ihren Jahresbilanzen Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 2.972 Euro für das Jahr 2004 und 1.407 Euro für das Jahr 2005 aus. Das im Ausgangsverfahren beklagte Finanzamt berücksichtigte die Bewirtungsaufwendungen in den Körperschaftsteuerbescheiden 2004 und 2005 gemäß § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 jeweils nur zu 70 % als abziehbare Betriebsausgaben. Mit der dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage begehrte die Klägerin eine Erhöhung des Abzugs auf 80 % der Bewirtungsaufwendungen, wie er vor dem Inkrafttreten des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 gegolten hatte.
b) Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat das Verfahren mit Beschluss vom 26. April 2013 (10 K 2983/11) ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Art. 9 Nr. 5 HBeglG 2004 mit Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG vereinbar ist.
aa) Die Vorlage betreffe die Frage, ob die zur Prüfung vorgelegte Vorschrift in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen sei. Die Norm sei aus den gleichen Gründen verfassungswidrig, aus denen das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2009 (BVerfGE 125, 104) § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG als mit den Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG unvereinbar erachtet habe und weshalb der Bundesfinanzhof das Bundesverfassungsgericht zur Verfassungswidrigkeit der Änderung des Biersteuergesetzes im gleichen Gesetzgebungsverfahren angerufen habe (Bezugnahme auf 2 BvL 4/11 und 2 BvL 5/11). Der vorlegende Senat gehe in Übereinstimmung mit dem Bundesfinanzhof davon aus, dass trotz des Beschlusses vom 8. Dezember 2009 eine nochmalige Befassung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich sei. Der Gesetzgeber habe zwar durch die Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG durch das Bestätigungsgesetz zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 5. April 2011 - unter Beibehaltung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 reduzierten Werte - eine mit der ursprünglichen Fassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG identische Neuregelung getroffen, die nach Überzeugung des Senats in verfassungskonformer Weise zustande gekommen sei. Diese entfalte jedoch keine Rückwirkung für den hier maßgeblichen Zeitraum.
bb) Der Ausgang des anhängigen Verfahrens sei von der Gültigkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Art. 9 HBeglG 2004 abhängig. Das Finanzamt habe auf der Grundlage dieser Neuregelung die von der Klägerin für die Streitjahre 2004 und 2005 nach § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG geschuldete Körperschaftsteuer dem Grunde und der Höhe nach zutreffend festgesetzt. Sollte sich in dem Vorlageverfahren erweisen, dass § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig sei, könne die Steuerfestsetzung keinen Bestand haben, so dass der angefochtene Bescheid aufgehoben werden müsse. In diesem Fall wäre die Klage erfolgreich.
cc) Zur Begründung seiner Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm nimmt das Finanzgericht Bezug auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2009 zum Gang des Gesetzgebungsverfahrens und zur formellen Verfassungswidrigkeit des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG und folgt im Übrigen der Argumentation des Bundesfinanzhofs in dessen Vorlagebeschlüssen zu § 2 Abs. 2 BierStG.
Demgegenüber sei § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nach Auffassung des vorlegenden Gerichts in materieller Hinsicht verfassungsgemäß und insbesondere mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.
Die Bundesregierung, der Bundestag, der Bundesrat, alle Länderregierungen, der Präsident des Bundesfinanzhofs und die Beteiligten der jeweiligen Ausgangsverfahren haben Gelegenheit gehabt, zu den Vorlagen Stellung zu nehmen. Geäußert haben sich das Bundesministerium der Finanzen namens der Bundesregierung sowie im Verfahren 2 BvL 4/13 der Präsident des Bundesfinanzhofs. Die Verfahrensbevollmächtigten der klagenden Brauerei in dem Verfahren 2 BvL 5/11 haben vorsorglich auf ihren Vortrag im Revisionsverfahren verwiesen.
1. Das Bundesministerium der Finanzen hält die Änderungen des § 2 Abs. 2 BierStG 1993 durch Art. 15 HBeglG 2004 sowie des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG durch Art. 9 Nr. 5 Buchstabe b HBeglG 2004 für formell und materiell verfassungsgemäß.
a) Die Vorschriften seien auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG (BVerfGE 125, 104) in formell verfassungsgemäßer Weise zustande gekommen.
aa) Die im Koch/Steinbrück-Papier vorgeschlagene Erhöhung der gestaffelten Biersteuersätze und Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen unterschieden sich vom Vorschlag des Papiers zur Kürzung der Finanzhilfen im Bereich des Personennahverkehrs, der Gegenstand der Prüfung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2009 gewesen sei, dadurch, dass diese Maßnahmen dort ausdrücklich und unter konkreter Nennung der zu ändernden Norm angesprochen worden seien. Die Erhöhung der ermäßigten Biersteuersätze sei im Teil C Bereich I unter der Gliederungsziffer 27 (S. 21 des Papiers) unter der Bezeichnung Mengenstaffel bei der Biersteuer und in Teil E (Anhang) unter der Gliederungsziffer 27 (S. 15) dargestellt worden. Daraus sei hervorgegangen, dass § 2 BierStG 1993 mit dem Ziel geändert werden sollte, die gestaffelten Steuersätze in drei Schritten um jeweils 4 % zu erhöhen. Der Vorschlag einer Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen sei im Teil B unter der Gliederungsziffer 15 (S. 20 des Papiers) und in Teil E (Anhang) in der Gesamtliste unter der Gliederungsziffer 15 (S. 12) aufgeführt worden. Daraus habe sich ergeben, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG mit dem Ziel habe geändert werden sollen, die Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen in einem Schritt auf 70 % zu senken. Eine verantwortliche Befassung der Abgeordneten sei auf Basis dieser Ausführungen ebenso möglich gewesen wie ihre angemessene parlamentarische Beratung. Dies rechtfertige es aus Sicht der Bundesregierung, Art. 9 Nr. 5 und Art. 15 HBeglG 2004 im Hinblick auf die formelle Verfassungsmäßigkeit und deren Evidenz anders zu beurteilen als Art. 24 HBeglG 2004. Dabei sei sich die Bundesregierung allerdings auch bewusst, dass sich Art. 9 Nr. 5, Art. 15 und Art. 24 HBeglG 2004 bezüglich der Art der Einbringung in das parlamentarische Verfahren nicht unterschieden.
Dass der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses dem Deutschen Bundestag entgegen § 78 Abs. 5 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages nicht mindestens zwei Tage vor dessen endgültiger Beschlussfassung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG zugeleitet worden sei, habe keine Auswirkungen auf die verfassungsrechtliche Beurteilung der zur Prüfung vorgelegten Normen. Gegen Verfassungsrecht sei hierdurch nicht verstoßen worden. Seit dem 16. Dezember 2010 enthalte die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages mit § 90 Abs. 2 eine Regelung des zeitlichen Beginns der Beratung einer Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, die ausdrücklich die Möglichkeit von Abweichungen vorsehe.
bb) Selbst wenn man die Auffassung vertrete, die zur Überprüfung gestellten Vorschriften seien nicht verfassungsgemäß zustande gekommen, habe dies nicht ihre Nichtigkeit zur Folge, sondern sie blieben bis zu ihrer jeweiligen Neuregelung durch den Gesetzgeber vorläufig anwendbar. Die für die Tenorierung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2009 bezüglich der vorläufigen Anwendbarkeit des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG maßgeblichen Gründe seien auf § 2 Abs. 2 BierStG 1993 in der Fassung des Art. 15 HBeglG 2004 und auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung von Art. 9 Nr. 5 HBeglG 2004 übertragbar. Ihre Anwendung sei im Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für weitgehend schon abgeschlossene Zeiträume erforderlich. Ansonsten würde dem gesetzgeberischen Konzept des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 rückwirkend die Grundlage entzogen. Maßgeblich für die Verwirklichung des Gesamtkonzepts sei die Wirksamkeit der Gesamtheit der ergriffenen Maßnahmen. Die Koch/Steinbrück-Liste sowie die weiteren im Haushaltsbegleitgesetz 2004 zusammengefassten Maßnahmen seien Bausteine eines Pakets, das in seiner Gesamtheit einen wichtigen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung habe leisten sollen.
cc) Eine formell verfassungsgemäß zustande gekommene Neuregelung von § 2 Abs. 2 BierStG sei durch das Vierte Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (BGBl I 2009 S. 1870 <1908 ff., 1909>) erfolgt. Dabei sei § 2 Abs. 2 BierStG inhaltsgleich mit der Fassung des Art. 15 HBeglG 2004 erneut verabschiedet worden, und zwar in einem vollständigen und formell verfassungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren, in dem die Rechte der Abgeordneten sowie der Grundsatz der Öffentlichkeit der parlamentarischen Debatte in keiner Weise beeinträchtigt gewesen seien. Die Neuregelung sei am 1. April 2010 und somit vor Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2009 für eine Neuregelung des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG gesetzten Frist in Kraft getreten. Die Verkündung sei allerdings bereits am 21. Juli 2009 erfolgt, so dass es dem Gesetzgeber schon aus zeitlichen Gründen gar nicht möglich gewesen sei, den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Dezember 2009 zur formellen Verfassungswidrigkeit des Art. 24 HBeglG 2004 zu berücksichtigen. Das habe ihn aber nicht daran gehindert, unabhängig davon das Biersteuergesetz - wenn auch aus Anlass der Umsetzung einer Richtlinie - zu ändern und in diesem Zusammenhang auch dessen § 2 neu zu fassen und inhaltlich zu bestätigen.
Bei der Bestätigung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung von Art. 9 Nr. 5 HBeglG 2004 durch das Gesetz vom 5. April 2011 zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die nicht unmittelbar von dem Wortlaut des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Dezember 2009 erfassten Regelungen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 zumindest ebenfalls bis zum Ablauf der durch das Bundesverfassungsgericht für eine Neufassung des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG gesetzten Frist vorläufig anwendbar bleiben würden (BTDrucks 17/3632, S. 11). Deshalb sei die Bestätigung dieser Regelung nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgt.
b) Art. 15 HBeglG 2004 und Art. 9 Nr. 5 HBeglG 2004 seien materiell verfassungsgemäß. Sie seien insbesondere mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.
2. Der Präsident des Bundesfinanzhofs hat im Verfahren 2 BvL 4/13 Stellungnahmen des VIII. und des X. Senats des Bundesfinanzhofs übersandt.
a) Der X. Senat des Bundesfinanzhofs hat sich - ohne nähere Ausführungen zur Sache - der Ansicht des vorlegenden Finanzgerichts Baden-Württemberg aus den dort sowie in dem Vorlagebeschluss des VII. Senats des Bundesfinanzhofs vom 15. Januar 2011 im Einzelnen dargelegten Gründen angeschlossen.
b) Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs hält die Vorlage des Finanzgerichts Baden-Württemberg dagegen für unzulässig (aa) und die zur Prüfung vorgelegte Vorschrift für materiell verfassungsgemäß (bb).
aa) Die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte verfassungsrechtliche Frage sei nicht entscheidungserheblich. Aufgrund der Anwendungsregelungen im Zusammenhang mit dem Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 sei § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der ab 2004 geltenden Fassung anwendbar, ohne dass das Bundesverfassungsgericht angerufen werden müsse.
(1) Aufgrund der Gesetzesmaterialien (Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates [BTDrucks 17/3984] und Bericht des Finanzausschusses [BTDrucks 17/4597, S. 4]) gehe der VIII. Senat davon aus, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 am 12. April 2011 die zu diesem Zeitpunkt geltende Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 12 Satz 2 EStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl I S. 3366 <3499>) für die nunmehr durch das Bestätigungsgesetz inhaltsgleich bestätigten Vorschriften gelte. Danach sei (und bleibe) § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der ab 2004 geltenden Fassung von Anfang an durchgängig anwendbar. Allein dies entspreche dem erkennbar zu Tage getretenen Gesetzeszweck, die formelle Verfassungswidrigkeit der von der Koch/ Steinbrück-Liste in das Gesetz überführten Vorschriften zu bereinigen.
(2) Allerdings könne die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BRDrucks 583/10, S. 14) auch dahin zu verstehen sein, dass sich die Anwendungsvorschriften nur auf die künftige Anwendung der durch das Bestätigungsgesetz bestätigten Vorschriften beziehen sollten, dass aber für die Vergangenheit die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2009 (BVerfGE 125, 104) für § 45a Abs. 2 Satz 3 PBefG erlassene Übergangsregelung (Fortgeltungsanordnung) auf alle vom Bestätigungsgesetz betroffenen Normen in gleichem Maße übertragbar sei, sodass auch andere, etwaig formell verfassungswidrig zustande gekommene Normen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vorläufig bis zum Inkrafttreten des Bestätigungsgesetzes am 12. April 2011 anwendbar bleiben sollten. Bei einem solchen Verständnis der Anwendungsregelungen stelle sich die Frage, ob die Fachgerichte ohne eine Anrufung des Bundesverfassungsgerichts dazu befugt seien, die für § 45a Abs. 2 Satz 3 PBefG erlassene Fortgeltungsanordnung auf andere von der Koch/ Steinbrück-Liste stammende und daher formell verfassungswidrige Vorschriften zu übertragen. Im Gegensatz zum vorlegenden Finanzgericht Baden-Württemberg bejahe der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs diese Frage.
Gemäß § 31 BVerfGG seien Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für alle anderen Gerichte verbindlich. Im Verfahren des Art. 100 Abs. 1 GG hätten die Entscheidungen zudem Gesetzeskraft. Die in § 78, § 82 Abs. 1 BVerfGG geregelte Rechtsfolge einer erfolgreichen Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG bestehe darin, dass das Bundesverfassungsgericht das verfassungswidrige Gesetz für nichtig erkläre. Neben dieser ausdrücklich geregelten Rechtsfolge habe das Bundesverfassungsgericht richterrechtlich eine Reihe anderer Tenorierungen entwickelt, zu denen - wie im Streitfall - die Anordnung gehöre, dass das verfassungswidrige Gesetz bis zu einer gesetzlichen Neuregelung oder einem festen Termin weiter anzuwenden sei. Auch eine solche Fortgeltungsanordnung sei eine die Fachgerichte bindende Entscheidung im Sinne von § 31 BVerfGG, der Gesetzeskraft zukomme. Die Gesetzeskraft einer solchen Fortgeltungsanordnung begründe für die Fachgerichte das Gebot, die Fortgeltungsanordnung auf andere verfassungswidrige Vorschriften entsprechend zu erstrecken, wenn diese aus den gleichen Gründen wie in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall verfassungswidrig seien und ihre Weitergeltung aus den gleichen Gründen geboten sei, die das Bundesverfassungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Nach diesen Maßstäben sei § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 bis zur bestätigenden Neuregelung durch das Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5. April 2011 weiter anzuwenden. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb das Bundesverfassungsgericht insoweit von seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2009 abweichen und für § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG von einer Fortgeltungsanordnung absehen könne.
bb) Materielle verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gegen die Neuregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht. Die Nähe der Bewirtungsaufwendungen zur privaten Lebensführung dürfe der Gesetzgeber durch einen pauschalierenden Abschlag von den abziehbaren Kosten berücksichtigen. Auch das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot stehe der Regelung nicht entgegen. Aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 erlassenen Fortgeltungsanordnung verdienten die Steuerpflichtigen keinen Vertrauensschutz.
Zur Entscheidung ist der Senat einschließlich der Richter Müller und Huber berufen.
1. Der Umstand, dass Richter Müller für den Bundesrat an einigen der Vermittlungsausschusssitzungen teilgenommen hat, in denen das Haushaltsbegleitgesetz 2004 beraten und der Einigungsvorschlag beschlossen worden ist, führt nicht dazu, dass er in den vorliegenden Verfahren nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG wegen vorheriger Tätigkeit in derselben Sache von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist. Die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren, zu dem auch die Beratungen im Vermittlungsausschuss gehören (vgl. BVerfGE 140, 115 <136 f. Rn. 51>), gilt nach § 18 Abs. 3 Nr. 1 BVerfGG nicht als Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG.
Ein Fall, der von § 18 Abs. 3 Nr. 1 BVerfGG nicht erfasst wird, weil sich das verfassungsgerichtliche Verfahren nicht gegen das unter Beteiligung des Richters zustande gekommene Gesetz, sondern - im Wege des Organstreits - gegen einen bestimmten Vorgang innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens selbst richtet (vgl. BVerfGE 140, 115 <136 f. Rn. 51>), liegt hier nicht vor. § 18 Abs. 3 Nr. 1 BVerfGG erwartet von einem Richter, der zuvor als Abgeordneter oder Mitglied des Bundesrates in einem Gesetzgebungsverfahren für oder gegen ein Gesetz gestimmt hat, dass er die zur Prüfung gestellte formelle und materielle Vereinbarkeit dieses Gesetzes mit dem Grundgesetz unbefangen beurteilt.
2. Auch Richter Huber ist nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG wegen vorheriger Tätigkeit in derselben Sache von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Bei dem von ihm im April 2004 im Auftrag des Bayerischen Brauerbundes (e.V.) erstellten Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit der Änderung von § 2 Abs. 2 BierStG durch Art. 15 HBeglG 2004, welches von der in Sachsen ansässigen Klägerin im Ausgangsverfahren zum Normenkontrollverfahren 2 BvL 5/11 mit Schriftsatz vom 14. November 2008 zu den Akten gereicht worden ist, handelt es sich um die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer Rechtsfrage, die für das Verfahren bedeutsam sein kann. Eine solche Äußerung gilt nach § 18 Abs. 3 Nr. 2 BVerfGG nicht als vorherige Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG, die zur Ausschließung von der Ausübung seines Richteramts führen würde.
Die Vorlagen sind zulässig (1.), bedürfen allerdings der Einschränkung (2.).
1. a) Die Vorlagebeschlüsse werden den Anforderungen aus Art. 100 Abs. 1 GG und § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG gerecht. Der VII. Senat des Bundesfinanzhofs und das Finanzgericht Baden-Württemberg haben den Regelungsinhalt sowie die Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung vorgelegten Normen herausgearbeitet und ihre Auffassung von der Verfassungswidrigkeit der Normen unter Berücksichtigung des zugrunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens in Auseinandersetzung mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nachvollziehbar begründet (vgl. zu den Anforderungen BVerfGE 141, 1 <10 f. Rn. 22 f.> m.w.N.).
b) Der Zulässigkeit der Vorlagen steht nicht entgegen, dass sie Vorschriften aus einem umfangreichen Artikelgesetz betreffen, das bereits Gegenstand eines früheren Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht war. Die Entscheidung des Senats vom 8. Dezember 2009 (BVerfGE 125, 104) erklärt im Tenor allein § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG in der Fassung des Art. 24 HBeglG 2004 für mit dem Grundgesetz unvereinbar. Die Bindungswirkung des § 31 BVerfGG, die sich auch auf die tragenden Gründe der Entscheidung erstreckt (vgl. BVerfGE 112, 268 <277>), führt entgegen der vom VIII. Senat des Bundesfinanzhofs in seiner Stellungnahme geäußerten Auffassung nicht dazu, dass die sich aus Art. 100 Abs. 1 GG ergebende ausschließliche Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts zur autoritativen Feststellung der Unvereinbarkeit weiterer Vorschriften desselben Artikelgesetzes mit der Verfassung auf die Fachgerichte übergeht, selbst wenn diese aus denselben Gründen von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschriften überzeugt sind, die auch für das Bundesverfassungsgericht maßgeblich waren (vgl. BVerfGE 139, 285 <299 ff. Rn. 44 ff.>). Dementsprechend sind die Fachgerichte auch nicht dazu befugt, zusammen mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit eine Fortgeltungsanordnung für die Vorschriften zu treffen, wie sie das Bundesverfassungsgericht unter bestimmten Voraussetzungen als Rechtsfolge der Feststellung der Unvereinbarkeit einer Norm mit der Verfassung vornimmt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Möglichkeit der Anordnung der weiteren Anwendbarkeit einer mit dem Grundgesetz unvereinbaren Vorschrift der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage nicht entgegensteht (vgl. BVerfGE 87, 153 <180>; 93, 121 <131>; 117, 1 <28>; 125, 175 <218>).
c) Entgegen der vom VIII. Senat des Bundesfinanzhofs in seiner Stellungnahme zum Verfahren 2 BvL 4/13 geäußerten Auffassung scheitert die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage des Finanzgerichts Baden-Württemberg auch nicht daran, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 mit Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b des Gesetzes zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5. April 2011 inhaltsgleich bestätigt worden ist (vgl. BGBl I S. 554). Dieses Gesetz sieht nach seinem Wortlaut keine rückwirkende Anwendung vor. Es ordnet nicht die (Fort-)Geltung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 an, sondern nimmt eigenständig die entsprechende Änderung des Einkommensteuergesetzes mit Wirkung für die Zukunft vor. Eine rückwirkende Inkraftsetzung war nach der Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks 17/3632, S. 11) auch nicht beabsichtigt. Die - auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 bezogene - Anwendungsregel von § 52 Abs. 12 Satz 2 EStG ist für das Bestätigungsgesetz deshalb ohne Belang. Sie könnte nur Wirkung entfalten, wenn § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 verfassungsgemäß wäre.
2. Die verfassungsrechtliche Prüfung im Normenkontrollverfahren ist allerdings grundsätzlich auf die entscheidungserheblichen Teile der vorgelegten Normen zu beschränken (vgl. BVerfGE 108, 186 <210 f.> m.w.N.).
a) Die den gesamten Absatz 2 von § 2 BierStG 1993 in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 betreffenden Vorlagen des Bundesfinanzhofs sind deshalb auf die Sätze 1 und 4 der Vorschrift einzuschränken, weil nur diese Sätze die maßgeblichen Steuersätze festlegen und durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 geändert worden sind.
b) Die Vorlage des Finanzgerichts Baden-Württemberg ist zu beschränken auf den durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 allein geänderten Satz 1 von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, der die Quote für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass festlegt.
§ 2 Abs. 2 Sätze 1 und 4 BierStG 1993 und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 sind unter Überschreitung der durch Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG den Kompetenzen des Vermittlungsausschusses gesetzten Grenzen zustande gekommen und deshalb mit dem Grundgesetz unvereinbar.
Die Kompetenzen des Vermittlungsausschusses (Art. 77 Abs. 2 GG) und ihre Grenzen sind in der Verfassung nicht ausdrücklich geregelt. Sie ergeben sich aber aus seiner Funktion und Stellung in dem gemäß dem Grundgedanken des Art. 20 Abs. 2 GG durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 77 ff. GG ausgestalteten Gesetzgebungsverfahren und sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (BVerfGE 101, 297 <306 ff.>; 120, 56 <73 ff.>; 125, 104 <121 ff.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Juli 2017 - 2 BvR 1487/17 -, NVwZ 2017, S. 1526 Rn. 22).
1. Der Vermittlungsausschuss hat kein eigenes Gesetzesinitiativrecht, sondern vermittelt zwischen den zuvor parlamentarisch beratenen Regelungsalternativen (vgl. BVerfGE 101, 297 <306>; 125, 104 <122>). Die Einrichtung des Vermittlungsausschusses zielt auf die Aushandlung von Kompromissen zwischen den gesetzgebenden Körperschaften, indem die für ein konkretes Gesetzgebungsvorhaben maßgeblichen politischen Meinungen zum Ausgleich gebracht werden (vgl. BVerfGE 140, 115 <154 Rn. 100>). Seine jeder Vermittlungstätigkeit innewohnende faktische Gestaltungsmacht wird durch die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens beschränkt (vgl. BVerfGE 120, 56 <74>; 125, 104 <122>). Der Einigungsvorschlag soll eine Brücke zwischen schon erörterten Alternativen schlagen. Der Vermittlungsausschuss ist darauf beschränkt, auf der Grundlage des Gesetzesbeschlusses und des vorherigen Gesetzgebungsverfahrens Änderungsvorschläge zu erarbeiten, die sich, ausgehend vom Anrufungsbegehren, im Rahmen der parlamentarischen Zielsetzung des Gesetzgebungsvorhabens bewegen und die jedenfalls im Ansatz sichtbar gewordenen politischen Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschem Bundestag und Bundesrat ausgleichen (vgl. BVerfGE 120, 56 <74>; 125, 104 <122>). Es geht dagegen nicht um eine nochmalige freie Beratung des Gesetzgebungsvorschlags, zu dem diese unterschiedliche Positionen eingenommen haben (vgl. BVerfGE 140, 115 <156 Rn. 105>).
2. Die Kompetenzverteilung im Verhältnis zwischen den Gesetzgebungsorganen weist dem Deutschen Bundestag die entscheidende Funktion im Gesetzgebungsverfahren zu: Die Bundesgesetze werden nach Art. 77 Abs. 1 Satz 1 GG vom Bundestag beschlossen. Der Bundesrat ist demgegenüber auf die Mitwirkung bei der Gesetzgebung des Bundes beschränkt (Art. 50 GG); er kann durch einen Einspruch oder die Verweigerung einer erforderlichen Zustimmung Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen (vgl. BVerfGE 125, 104 <123>).
Der Vermittlungsvorschlag ist deshalb inhaltlich und formal an den durch den Deutschen Bundestag vorgegebenen Rahmen gebunden (vgl. BVerfGE 101, 297 <307>; 125, 104 <122>). Der Vorschlag muss dem Bundestag aufgrund der dort geführten Debatte zurechenbar sein; dieser muss den Vorschlag auf der Grundlage seiner Debatte über ihm vorliegende Anträge und Stellungnahmen als ein ihm zuzurechnendes und von ihm zu verantwortendes Ergebnis seines parlamentarischen Verfahrens erkennen und anerkennen können (vgl. BVerfGE 101, 297 <307>). Maßgeblich sind die in das Gesetzgebungsverfahren des Bundestages eingeführten Anträge und Stellungnahmen der Abgeordneten, aber auch des Bundesrates sowie im Falle einer Regierungsvorlage gegebenenfalls der Bundesregierung. Es sind nur diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die im maßgeblichen Gesetzgebungsverfahren selbst liegen; eine Gesamtbetrachtung aller im parlamentarischen Prozess erkennbaren Willens- und Absichtsbekundungen außerhalb des konkreten Gesetzgebungsverfahrens würde die Förmlichkeit dieses Verfahrens untergraben und damit die Gesetzgebungsfunktion des Bundestages schwächen (vgl. BVerfGE 120, 56 <79>). Die Reichweite eines Vermittlungsvorschlags ist deshalb durch diejenigen Regelungsgegenstände begrenzt, die bis zur letzten Lesung im Bundestag in das jeweilige Gesetzgebungsverfahren eingeführt waren (BVerfGE 101, 297 <307>; 120, 56 <75>).
Auch wenn diese Einführung in das Gesetzgebungsverfahren nicht in Form eines ausformulierten Gesetzentwurfs erfolgt sein muss, so muss der Regelungsgegenstand, der zur Grundlage eines Vorschlags im Vermittlungsausschuss werden kann, doch in so bestimmter Form vorgelegen haben, dass seine sachliche Tragweite dem Grunde nach erkennbar war. Eine allgemeine Zielformulierung genügt hierfür nicht (vgl. BVerfGE 120, 56 <76>; 125, 104 <123>). Dabei ist auch von Bedeutung, ob die Stellungnahme einen hinreichend klaren Bezug zu dem jeweiligen Gesetzgebungsverfahren aufweist (vgl. BVerfGE 125, 104 <123>).
3. Die verfassungsrechtlichen Rechte der Abgeordneten, die aus ihrem in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten repräsentativen Status folgen, umfassen nicht nur das Recht, im Deutschen Bundestag abzustimmen (zu "beschließen", vgl. Art. 42 Abs. 2 GG), sondern auch das Recht zu beraten (zu "verhandeln", vgl. Art. 42 Abs. 1 GG). Grundlage einer sinnvollen Beratung muss dabei eine hinreichende Information des Abgeordneten über den Beratungsgegenstand sein (vgl. BVerfGE 70, 324 <355>; 125, 104 <123>). Voraussetzung für das Aufgreifen eines Regelungsgegenstandes durch den Vermittlungsausschuss ist daher, dass die betreffenden Anträge und Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren vor dem Gesetzesbeschluss bekannt gegeben worden sind und grundsätzlich alle Abgeordneten (vgl. BVerfGE 130, 318 <342, 348 ff.>) die Möglichkeit hatten, diese zu erörtern, Meinungen zu vertreten, Regelungsalternativen vorzustellen und hierfür eine Mehrheit im Parlament zu suchen. Diese Möglichkeit wird verschlossen, wenn Regelungsgegenstände erst nach der letzten Lesung des Bundestages in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt wurden (vgl. BVerfGE 120, 56 <75>; 125, 104 <123>).
4. Der Grundsatz der Parlamentsöffentlichkeit nach Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG ist ein wesentliches Element des demokratischen Parlamentarismus. Er ermöglicht dem Bürger die Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion und dient damit der effektiven Verantwortlichkeit des Parlaments gegenüber dem Wähler (vgl. BVerfGE 40, 296 <327>; 70, 324 <355>; 84, 304 <329>; 125, 104 <123 f.>). Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentliche Debatte und öffentliche Diskussion sind wesentliche Elemente des demokratischen Parlamentarismus. Das im parlamentarischen Verfahren gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche eröffnet Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen und schafft die Voraussetzungen der Kontrolle durch die Bürger (vgl. BVerfGE 40, 237 <249>; 70, 324 <355>). Entscheidungen von erheblicher Tragweite muss deshalb grundsätzlich ein Verfahren vorausgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Umfang der zu beschließenden Maßnahmen in öffentlicher Debatte zu klären (vgl. BVerfGE 85, 386 <403 f.>; 95, 267 <307 f.>; 108, 282 <312>; 130, 318 <344>). Könnte sich der Vermittlungsausschuss von der Grundlage des Gesetzesbeschlusses und des vorherigen Gesetzgebungsverfahrens lösen, so würde der von Verfassungs wegen gebotene Zusammenhang zwischen der öffentlichen Debatte im Parlament und der späteren Schlichtung zwischen den an der Gesetzgebung beteiligten Verfassungsorganen zulasten der öffentlichen Beobachtung des Gesetzgebungsverfahrens aufgelöst. Denn der Vermittlungsausschuss tagt im Interesse der Effizienz seiner Arbeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit und muss seine Empfehlungen nicht unmittelbar vor der Öffentlichkeit verantworten (vgl. BVerfGE 120, 56 <74>; 125, 104 <124>). Seine Protokolle werden nach interner Übung erst in der dritten Wahlperiode nach der betreffenden Sitzung öffentlich zugänglich gemacht.
Nach diesen Maßstäben sind die durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vorgenommenen Änderungen von § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 4 BierStG sowie § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG nicht in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen.
Die Art und Weise der Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers in das parlamentarische Verfahren des Deutschen Bundestages und seine Behandlung in dessen Ausschüssen sowie im Plenum eröffneten dem Vermittlungsausschuss nicht die Kompetenz, die in Rede stehenden Änderungen in den Vermittlungsvorschlag aufzunehmen. Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses, die Ermäßigung der Biersteuer für kleinere Brauereien zu kürzen (§ 2 Abs. 2 Sätze 1 und 4 BierStG 1993) und die Quote der steuerlichen Abziehbarkeit von Bewirtungsaufwendungen zu reduzieren (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG), kann dem Bundestag nicht aufgrund einer dort geführten Debatte zugerechnet werden (1.). Das Koch/Steinbrück-Papier wurde auch nicht förmlich als Bundesratsinitiative (Art. 76 Abs. 1 GG) in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht (2.). Die Einbeziehung des Inhalts des Koch/Steinbrück-Papiers in den Beschlussvorschlag des Vermittlungsausschusses lässt sich nicht allein damit begründen, dass der Bundesrat in seinem Anrufungsbegehren verlangte, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten und die Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen (3.). Dieser Mangel im Gesetzgebungsverfahren berührt die Gültigkeit der zur Prüfung vorgelegten Normen (4.). Auf den weiteren Mangel, dass der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses dem Deutschen Bundestag entgegen § 78 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages nicht mindestens zwei Tage vor dessen endgültiger Beschlussfassung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG zugeleitet wurde, kommt es deshalb nicht an (5.).
1. Die Änderung der Biersteuersätze und die Absenkung der Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen sind im Gesetzgebungsverfahren vor dem Gesetzesbeschluss des Bundestages nicht in einer Weise bekannt gegeben worden, die den Abgeordneten in Wahrnehmung ihrer ihnen aufgrund ihres freien Mandats obliegenden Verantwortung die Möglichkeit gegeben hätte, diese zu erörtern, Meinungen zu vertreten, Regelungsalternativen vorzustellen und hierfür in dem öffentlichen parlamentarischen Verfahren eine Mehrheit zu suchen. Das Koch/ Steinbrück-Papier war - nicht nur in Bezug auf die vorgeschlagene Kürzung von Finanzhilfen (vgl. dazu BVerfGE 125, 104 <124>), sondern auch in Bezug auf die hier zu beurteilenden Vorschläge zum Abbau von Steuervergünstigungen - nach der Art seiner Einbringung und Behandlung im Bundestag nicht auf parlamentarische Beratung angelegt, sondern hatte das Ziel, ohne die Öffentlichkeit einer parlamentarischen Debatte und eine hinreichende Information der Mitglieder des Deutschen Bundestages den als notwendig erkannten politischen Kompromiss erst im Vermittlungsausschuss herbeizuführen.
Ein für die einzelnen Abgeordneten und für die Öffentlichkeit erkennbarer, hinreichend konkreter Hinweis darauf, dass unmittelbar durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 der vorgeschlagene Abbau von Steuervergünstigungen vorgenommen, also auch die Ermäßigung der Biersteuer für kleinere Brauereien gekürzt und die Quote der steuerlichen Absetzbarkeit von Bewirtungsaufwendungen reduziert werden sollte, ergab sich weder aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (a) noch aus der Behandlung des Koch/Steinbrück-Papiers in den Ausschüssen (b) oder im Plenum des Bundestages (c). Die gleichzeitige Presseberichterstattung über das Koch/Steinbrück-Papier sowie dessen Verfügbarkeit im Internet sind dafür ohne Belang (d).
a) Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Haushaltsbegleitgesetz 2004 verhält sich nicht zur Biersteuer für kleinere Brauereien und zur Quote der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen. Die Absicht, Steuervergünstigungen abzubauen, wird zwar als allgemeinpolitische Zielsetzung erwähnt (vgl. BRDrucks 652/03, S. 1 ff.). Die Gesetzesbegründung geht auch auf die Arbeitsgruppe der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück ein, ohne dass sich daraus aber Hinweise auf die Absicht, die Ermäßigung der Biersteuer für kleinere Brauereien zu kürzen und die Quote der Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen zu senken, ergeben hätten. Der Hinweis in der Begründung, wonach die Bundesregierung für weitere Vorschläge der Länder insbesondere hinsichtlich anderer Maßnahmen zum Subventionsabbau offen sei und der Bund auf der Basis der Ergebnisse der Arbeitsgruppe der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück, die im Laufe des Sommers vorgelegt werden würden, seine Vorschläge hierzu machen werde (vgl. BRDrucks 652/03, S. 24 f.), ließ vielmehr umgekehrt darauf schließen, dass zur Umsetzung dieser Vorschläge zu einem späteren Zeitpunkt ein gesonderter Gesetzentwurf vorgelegt werden würde (so auch Axer, Die Kompetenz des Vermittlungsausschusses - zwischen legislativer Effizienz und demokratischer Legitimation -, 2010, S. 334 ff.). Unergiebig sind auch die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf der Bundesregierung und die Gegenäußerung der Bundesregierung.
b) Die Vorstellung des Koch/Steinbrück-Papiers in den Beratungen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 im Finanzausschuss und im Haushaltsausschuss des Bundestages durch die am 15. Oktober 2003 dort erschienenen Landesminister genügte nicht den Anforderungen an eine hinreichend konkrete, die Absicht unmittelbarer Einbeziehung in das laufende Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck bringende Einführung eines in dem Gesetzentwurf bis dahin nicht enthaltenen neuen Regelungsgegenstandes.
aa) Das Koch/Steinbrück-Papier, das im Haushaltsausschuss und im Finanzausschuss verteilt wurde, enthält allerdings zu den Steuervergünstigungen, die zum Abbau vorgeschlagen wurden, umfangreiche tabellarische Auflistungen, die sich unter anderem konkret zur Biersteuer und zur Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen verhalten. Zwar sind die Vorschläge nicht in Gesetzesform ausformuliert. Die Listen weisen aber die Eckpunkte einer möglichen Regelung aus, insbesondere die betroffenen Normen und die jeweils vorgeschlagene Änderung in bezifferter Form (vgl. zur Biersteuer Koch/Steinbrück-Papier, Teil C, S. 21 und Teil E, S. 15, und zur Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen Koch/Steinbrück-Papier, Teil C, S. 20 und Teil E, S. 12). Das Bundesministerium der Finanzen hebt deshalb in seiner Stellungnahme zu Recht hervor, dass sie deutlich stärker konkretisiert waren als die in dem Papier enthaltenen Vorschläge zur Kürzung von Finanzhilfen, unter anderem gemäß § 45b PBefG, über die der Senat im Jahr 2009 entschieden hat. Bei isolierter Betrachtung war die sachliche Reichweite der Einzelvorschläge zur Biersteuer und zur Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen ohne weiteres erkennbar.
Sie standen jedoch nicht für sich, sondern waren Teil einer Vielzahl von Vorschlägen mit dem Ziel des Subventionsabbaus, zu denen jeweils nur Eckpunkte angegeben waren. Die Gesamtliste bot nur Ansatzpunkte, um die Tragweite der einzelnen Vorschläge in ihrem jeweiligen systematischen Zusammenhang zu ermitteln, die für und gegen die Vorschläge sprechenden Argumente zu ergründen und ihre jeweilige Bedeutung für das Gesamtkonzept des Subventionsabbaus abzuwägen. Entsprechende Einzelerwägungen, wie sie regelmäßig in - auch umfangreichen - Gesetzesinitiativen oder Änderungsanträgen enthalten sind, fehlten. Sie waren angesichts der Vielzahl von Kürzungsvorschlägen in dem Koch/Steinbrück-Papier - allein die Listen zur Kürzung von Steuervergünstigungen in Teil C umfassen 190 Positionen - auch nicht wegen Offensichtlichkeit entbehrlich. Das Papier ermöglichte den Abgeordneten daher weder eine (effektive) Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Vorschlag noch mit dem Gesamtkonzept.
bb) Dementsprechend sind die Ausschüsse der mehrfach geäußerten Bitte der Landesminister, die Vorschläge der beiden Ministerpräsidenten zu diskutieren und sie zum Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 zu machen, nicht nachgekommen. In den Ausschüssen ist das Koch/Steinbrück-Papier nur global behandelt und darüber nicht abgestimmt worden. Die Diskussion des Papiers durch die Ausschussmitglieder ging über die allgemeine Erörterung der Notwendigkeit und des Umfangs des Subventionsabbaus und die Erwähnung einiger Beispiele - nicht aber der hier in Rede stehenden Regelungsgegenstände - nicht hinaus. Einzelne Ausschussmitglieder sind dem Verständnis, das Koch/Steinbrück-Papier sei in den Ausschüssen hinreichend behandelt worden, um es im Vermittlungsverfahren einbeziehen zu können, bereits in den Ausschusssitzungen nachdrücklich entgegengetreten (vgl. BT-Finanzausschuss, Protokoll 15/36, S. 61 ff.; BT-Haushaltsausschuss, Protokoll 15/28, S. 46 ff.; vgl. ferner den Bericht des Haushaltsausschusses, BTDrucks 15/1751, S. 5).
cc) Infolgedessen berücksichtigte der federführende Haushaltsausschuss das Koch/Steinbrück-Papier in seiner Beschlussempfehlung nicht (vgl. BTDrucks 15/1750; BVerfGE 125, 104 <128>). In seinem Bericht über den Beratungsverlauf findet sich zwar die Ablehnung eines Antrags der Oppositionsfraktionen für eine Beschlussempfehlung, mit der der Regierungsentwurf zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 abgelehnt und die Bundesregierung aufgefordert werden sollte, die inhaltliche Ausgestaltung der angekündigten gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der Koch/Steinbrück-Vorschläge im parlamentarischen Verfahren offen zu legen (vgl. BTDrucks 15/1751, S. 5). Ferner findet sich dort die Mitteilung, die Koalitionsfraktionen hätten der Erwartung Ausdruck gegeben, dass die Koch/Steinbrück-Liste der Steuersubventionskürzungen, für die im Haushaltsentwurf 2004 bereits eine Platzhalterposition ausgewiesen sei, eins zu eins umgesetzt werden solle, soweit der Haushaltsentwurf 2004 nicht bereits weitergehende Regelungen vorsehe (vgl. BTDrucks 15/1751, S. 3). Beide Äußerungen zeigen aber, dass keine der Fraktionen die Absicht hatte, die Vorschläge des Koch/Steinbrück-Papiers unmittelbar - sei es zustimmend, sei es ablehnend - in das Gesetzgebungsverfahren für das Haushaltsbegleitgesetz 2004 einzubeziehen, sondern dass alle Beteiligten eine Erörterung im Rahmen eines weiteren Gesetzgebungsverfahrens anstrebten.
c) Auch die verschiedentliche Erwähnung des Koch/Steinbrück-Papiers in den drei Lesungen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 im Plenum des Bundestages führte nicht dazu, dass dessen Liste von Subventionskürzungen durch den Vermittlungsausschuss hätte aufgenommen werden dürfen (vgl. BVerfGE 125, 104 <128>).
In der ersten Lesung des Gesetzentwurfs am 9. September 2003 - zu diesem Zeitpunkt waren die Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück noch nicht bekannt - wies Bundesfinanzminister Eichel auf die Notwendigkeit des Subventionsabbaus hin; er erwarte insoweit Anregungen aus der Arbeitsgruppe Koch/Steinbrück (vgl. BVerfGE 125, 104 <128>). Zum Zeitpunkt der zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfs am 17. Oktober 2003 waren die Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück zwar in der Öffentlichkeit bekannt gemacht und in den beiden Ausschüssen angesprochen worden. Sie wurden in der Plenardebatte auch erwähnt, ohne dass allerdings auf einzelne Punkte eingegangen worden wäre, insbesondere auch nicht auf die Kürzung der Ermäßigung der Biersteuer für kleinere Brauereien und auf die Kürzung der Quote der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen.
Bereits wegen des Fehlens entsprechender Äußerungen des federführenden Haushaltsausschusses ist davon auszugehen, dass die Tragweite der im Koch/Steinbrück-Papier enthaltenen, im Plenum aber nicht angesprochenen Kürzungsvorschläge - nicht nur im Bereich der Finanzhilfen (vgl. hierzu BVerfGE 125, 104 <128>) - den Abgeordneten des Bundestages möglicherweise global, keinesfalls jedoch hinsichtlich der einzelnen Positionen bewusst war und auch nicht bewusst sein musste. Abgeordnete, die nicht Mitglieder des federführenden Ausschusses sind, sollen vor der entscheidenden Beratung im Plenum gerade durch die Beschlussempfehlung und den Bericht des federführenden Ausschusses gezielt über die Ausschussberatung informiert werden, ohne selbst durch Teilnahme an Sitzungen oder das Studium von Ausschussdrucksachen und -protokollen Nachforschungen anstellen zu müssen. Um Regelungsbereiche, die erstmals in den Ausschussberatungen eingeführt werden, dem Plenum und der Parlamentsöffentlichkeit zugänglich zu machen, bedarf es deshalb jedenfalls gewisser Hinweise in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses (vgl. Axer, Die Kompetenz des Vermittlungsausschusses - zwischen legislativer Effizienz und demokratischer Legitimation -, 2010, S. 342). Darauf, ob das Koch/Steinbrück-Papier auch den Abgeordneten, die nicht Mitglied des Haushalts- oder des Finanzausschusses waren, im Plenum vorgelegt worden ist, kommt es deshalb nicht an. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätten sie nach dem Bericht des Haushaltsausschusses und der Art und Weise der Behandlung des Papiers im Plenum keinen Anlass gehabt, sich mit dem Inhalt des Papiers zu befassen (vgl. BVerfGE 125, 104 <131>).
Ein von der Fraktion der CDU/CSU - in Anlehnung an die im Haushaltsausschuss vergeblich beantragte Beschlussempfehlung - gestellter und auch im Plenum abgelehnter Entschließungsantrag, mit dem die Bundesregierung aufgefordert werden sollte, umgehend die inhaltliche Ausgestaltung der angekündigten gesetzlichen Regelungen unter anderem zur Umsetzung der Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück im parlamentarischen Verfahren offen zu legen (vgl. BTDrucks 15/1752; BT-Plenarprotokoll 15/67, S. 5783 [C]), bestätigt, dass der Bundestag keine Möglichkeit einer substantiellen Befassung mit der Vorschlagsliste der Ministerpräsidenten hatte (vgl. BVerfGE 125, 104 <128 f.>).
d) Ohne Bedeutung ist schließlich die zeitgleich erfolgte Presseberichterstattung über das Koch/Steinbrück-Papier sowie dessen Verfügbarkeit im Internet. Den verfassungsrechtlich garantierten Informations- und Mitwirkungsrechten der Abgeordneten ist auf den vom Grundgesetz und der Geschäftsordnung des Bundestages vorgesehenen Wegen Rechnung zu tragen. Sinn des Grundsatzes der Parlamentsöffentlichkeit ist es, den Inhalt der parlamentarischen Debatte öffentlich zu machen. Eine Verbindung zwischen dem Papier und dem Gegenstand der parlamentarischen Debatte ließ sich durch die bloße Veröffentlichung des Papiers aber nicht herstellen (vgl. BVerfGE 125, 104 <129>).
2. Das Koch/Steinbrück-Papier wurde auch nicht förmlich als Bundesratsinitiative (Art. 76 Abs. 1 GG) in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.
Die Landesminister Dieckmann und Riebel traten in den Ausschüssen des Bundestages auf der Grundlage des Rederechts nach Art. 43 Abs. 2 Satz 2 GG auf. Bei diesem Rederecht handelt es sich nicht um eine dem Bundesrat als Verfassungsorgan zustehende Befugnis, sondern um ein Individualrecht der einzelnen Bundesratsmitglieder; der Gebrauch des Rechts ist nicht von einem besonderen Auftrag durch den Bundesrat abhängig (BVerfGE 125, 104 <129>). Anders ist dies nur im Fall des § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates, nach dem der Bundesrat seine Mitglieder beauftragen kann, seine Beschlüsse im Bundestag und in dessen Ausschüssen zu vertreten. Da diese Voraussetzungen hier nicht vorlagen, brachten die Landesminister das Papier nicht als Stellungnahme des Bundesrates, der anders als seine Mitglieder im Gesetzgebungsverfahren initiativ- und äußerungsberechtigt ist, zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ein (BVerfGE 125, 104 <129 f.>; vgl. auch BTDrucks 15/1751, S. 5).
Für eine Zuordnung zum Bundesrat war auch nicht ausreichend, dass das Koch/Steinbrück-Papier auf Bitten der Landesminister ohne jegliche Zusätze zu einer Ausschussdrucksache des Haushaltsausschusses gemacht und als Anlage zum Protokoll der Sitzung des Finanzausschusses vom 15. Oktober 2003 aufgenommen wurde. Es handelte sich vielmehr um Material, das den Ausschüssen und Abgeordneten des Bundestages in unverbindlicher Weise präsentiert wurde. Für die Willensbildung im Bundestag und ein eventuelles Vermittlungsverfahren wäre dieses Material erst dann erheblich geworden, wenn es den Anforderungen an die Förmlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens entsprechend in dieses eingebracht und in den Ausschüssen und sodann auch im Plenum in der üblichen Weise wenigstens im Ansatz beraten worden wäre. Dies war jedoch - wie ausgeführt - nicht der Fall. Von einer Meinungsverschiedenheit zwischen Bundestag und Bundesrat, die der Vermittlungsausschuss hätte ausgleichen können (vgl. BVerfGE 120, 56 <74>; 125, 104 <122>), kann deshalb keine Rede sein.
3. Die Einbeziehung des Inhalts des Koch/Steinbrück-Papiers in den Beschlussvorschlag des Vermittlungsausschusses lässt sich nicht allein damit rechtfertigen, dass der Bundesrat in seinem Anrufungsbegehren verlangte, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten und die Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen. Hielte man den Vermittlungsausschuss allein aufgrund des weit gefassten Anrufungsbegehrens für berechtigt, die im Koch/Steinbrück-Papier vorgeschlagenen Kürzungen von Steuervergünstigungen in seinen Beschlussvorschlag einzubeziehen, so würde das vom Grundgesetz vorgegebene Rollenverhältnis des Bundestages und des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren in sein Gegenteil verkehrt: Die Anrufung käme dann einer Gesetzesinitiative des Bundesrates gleich, die nur auf dem verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Weg zulässig ist. Dem Bundestag würde auf diese Weise eine Veto-Position zugeordnet, die gerade ein kennzeichnendes Merkmal der Stellung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren ist (vgl. BVerfGE 125, 104 <131>).
4. Der Mangel im Gesetzgebungsverfahren berührt die Gültigkeit der zur Prüfung vorgelegten Normen. Dabei kann die Frage, ob und in welchen Fällen die Evidenz eines Fehlers Voraussetzung seiner Rechtsfolgenerheblichkeit ist (vgl. BVerfGE 34, 9 <25>; 91, 148 <175>; 120, 56 <73, 79 f.>; 125, 104 <132> einerseits und BVerfGE 127, 293 <332> andererseits), auf sich beruhen. Daran, dass die Art und Weise der Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers in das parlamentarische Verfahren des Deutschen Bundestages und seine Behandlung in dessen Ausschüssen sowie im Plenum dem Vermittlungsausschuss nicht die Kompetenz eröffneten, die in Rede stehenden Änderungen in den Vermittlungsvorschlag aufzunehmen, konnte kein vernünftiger Zweifel bestehen.
Für die an der Gesetzgebung beteiligten Organe war im Jahr 2003 bei verständiger Würdigung erkennbar, dass das Gesetzgebungsverfahren nicht den Vorgaben des Grundgesetzes entsprach. Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe waren durch das Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 297) geklärt. Nach diesen Maßstäben konnte das Koch/Steinbrück-Papier wegen der Weite und Unbestimmtheit der in ihm angelegten Regelungsgegenstände sowie aufgrund der Art seiner Einführung und seiner Behandlung im parlamentarischen Verfahrensgang dem Bundestag offensichtlich nicht zugerechnet werden und damit keine Grundlage für die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Änderung des Biersteuergesetzes und von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sein, die vom Deutschen Bundestag gemäß Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG, § 10 der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses lediglich angenommen oder abgelehnt werden konnte. Insofern gilt für die hier zu beurteilenden Normen nichts anderes als für die Änderung des Personenbeförderungsgesetzes durch Art. 24 HBeglG 2004 (vgl. BVerfGE 125, 104 <132>).
5. Das Gesetzgebungsverfahren leidet weiterhin an dem Mangel, dass der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses dem Deutschen Bundestag entgegen § 78 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages nicht mindestens zwei Tage vor dessen endgültiger Beschlussfassung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG zugeleitet wurde (BVerfGE 125, 104 <132>).
Im Hinblick auf den bereits festgestellten anderweitigen Verfahrensfehler kann unentschieden bleiben, welchen verfassungsrechtlichen Gehalt die betroffene Regelung der Geschäftsordnung hat und unter welchen Voraussetzungen ihre Verletzung welche Rechtsfolgen nach sich zieht (vgl. BVerfGE 1, 144 <151 f.>; 29, 221 <234>; s. auch BVerfGE 44, 308 <321>). Der hier festzustellende Verfassungsverstoß des Fehlens ausreichender Befassung des Deutschen Bundestages und damit einer notwendigen Voraussetzung des Vorschlags des Vermittlungsausschusses ist dem geltend gemachten Geschäftsordnungsverstoß vorgelagert (BVerfGE 125, 104 <132 f.>).
Materiell sind die zur Prüfung vorgelegten Vorschriften mit der Verfassung vereinbar.
Die Kürzung der Ermäßigung der Biersteuer für kleinere Brauereien durch Art. 15 HBeglG 2004 verstößt weder gegen Art. 12 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen Art. 14 GG. Auch die Absenkung der Quote der Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 auf 70 % ist materiell verfassungsgemäß. Zweifel an der materiellen Verfassungsmäßigkeit der zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegten Vorschriften sind weder vorgebracht noch sonst ersichtlich.
Der Verstoß einer Norm gegen das Grundgesetz kann entweder zur Nichtigerklärung (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 Satz 1, § 95 Abs. 3 BVerfGG) oder dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht die mit der Verfassungswidrigkeit gegebene Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz feststellt (vgl. § 31 Abs. 2, § 79 Abs. 1 BVerfGG). Bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen hat das Bundesverfassungsgericht im Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend abgeschlossenen Veranlagung von einer Nichtigerklärung abgesehen und die weitere Anwendung verfassungswidriger Normen für gerechtfertigt erklärt (vgl. BVerfGE 87, 153 <178 f.>; 93, 121 <148>; 105, 73 <134>; 111, 191 <224 f.>; 117, 1 <69 f.>; 125, 104 <136>).
Dieser Gesichtspunkt spricht auch hier dafür, lediglich die Unvereinbarkeit der angegriffenen Normen mit dem Grundgesetz festzustellen. Sie bleiben für den Zeitraum bis zu ihrer - bereits erfolgten - Bestätigung beziehungsweise Neuregelung anwendbar.
Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 sollten vor allem wesentliche Elemente des Haushaltsstabilisierungskonzeptes 2003 der Bundesregierung, das unter anderem auf den Abbau von Subventionen ausgerichtet war, umgesetzt sowie die dritte Steuerentlastungsstufe von 2005 auf 2004 vorgezogen werden (vgl. BVerfGE 125, 104 <107>). Diesem Konzept würde die Grundlage entzogen, wenn einzelne Kürzungen von Subventionen rückwirkend für nichtig erklärt würden (vgl. BVerfGE 125, 104 <136>).
Um dem Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für weitgehend schon abgeschlossene Zeiträume Rechnung zu tragen, bleiben die Normen daher vorläufig anwendbar. Die weitere Anwendbarkeit endet mit Inkrafttreten von § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 4 BierStG in der Fassung von Art. 4 des Vierten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 15. Juli 2009 und von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Gesetzes zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5. April 2011.