Entscheidungsdatum: 22.01.2013
Mit dem Begriff des Verwaltungszweigs im Sinne der Besetzungsvorschriften für Beamtenbeisitzer im gerichtlichen Disziplinarverfahren sind nicht spezielle Sparten, sondern Verwaltungsbereiche gemeint, wie sie typischerweise einem Fachressort als Geschäftsbereich unterstehen (im Anschluss an Urteil vom 2. Dezember 1971 - BVerwG 1 D 32.71 - BVerwGE 43, 288 <289 f.> zu § 50 BDO). Unter dem Begriff der Laufbahngruppe sind die jeweiligen Laufbahngruppen des einfachen, mittleren, gehobenen und des höheren Dienstes zu verstehen, in die Ämter ohne Laufbahn entsprechend ihrer Besoldung einzuordnen sind.
Die auf die Grundsatzrüge und einen Verfahrensmangel (§ 66 Abs. 1 ThürDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Der Beklagte ist beamteter Professor an einer Fachhochschule. Das Amtsgericht Erfurt verurteilte ihn im Jahr 2005 wegen Untreue in zwei Fällen und Urkundenfälschung zu Lasten der Fachhochschule zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im sachgleichen Disziplinarklageverfahren entfernte das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst. Dabei wirkte unter anderem eine Studienrätin an einer berufsbildenden Schule aus dem Verwaltungszweig "Kultusministerium" als Beamtenbeisitzerin mit. Das Berufungsgericht hat in der Besetzung mit dem Verwaltungsleiter der Gedenkstätte Buchenwald als Beamtenbeisitzer für den Verwaltungszweig "Kultusministerium" die hiergegen erhobene Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
2. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 66 Abs. 1 ThürDG, wenn sie eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche, noch ungeklärte Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, § 66 Abs. 1 ThürDG obliegt es dem Beschwerdeführer, diese Voraussetzungen darzulegen (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der vom Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen zur Besetzung des Spruchskörpers in Disziplinarklageverfahren und zur Bedeutung der unangemessen langen Dauer des Disziplinarverfahrens nicht erfüllt.
a) Die vom Beklagten als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, ob in beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren gegen Professoren einer der Beamtenbeisitzer der Gruppe der Professoren angehören muss, lässt sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts und der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts verneinen.
Nach § 46 Abs. 1 Satz 3 ThürDG soll einer der Beamtenbeisitzer dem Verwaltungszweig und der Laufbahngruppe des vom Disziplinarverfahren betroffenen Beamten angehören. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, besondere Sachkunde in das Verfahren einzuführen, indem bei der Entscheidung über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nach Möglichkeit ein Beamter mitwirkt, der das Wesen der Verwaltung kennt, welcher der beschuldigte Beamte angehört. Der Regelungszweck geht aber nicht so weit, dass er eine genaue Kenntnis gerade seiner speziellen Tätigkeit haben soll (Urteil vom 2. Dezember 1971 - BVerwG 1 D 32.71 - BVerwGE 43, 288 <289>, im Gegensatz zu § 47 Abs. 3 Nr. 8 ThürDG, entspricht § 48 Abs. 2 BDG).
Die Bedeutung der in der Vorschrift enthaltenen Begriffe des Verwaltungszweiges und der Laufbahngruppe sind in der Rechtsprechung geklärt bzw. ergeben sich aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Gleichlautende Vorschriften zur Besetzung der Disziplinarkammer mit Beamtenbeisitzern, von denen einer dem Verwaltungszweig und der Laufbahngruppe des vom Disziplinarverfahren betroffenen Beamten angehören soll, finden sich bereits in der Bundesdisziplinarordnung (dort § 50 Abs. 2 Satz 3 BDO, wobei die Zugehörigkeit zum selben Verwaltungszweig noch weiter eingeschränkt war <"möglichst">) und den entsprechenden Vorschriften der Landesdisziplinarordnungen; sie sind in die Disziplinargesetze des Bundes (§ 46 Abs. 1 Satz 3 BDG) und der Länder weitgehend unverändert übernommen worden.
Mit dem weit zu verstehenden Begriff des Verwaltungszweigs in § 46 Abs. 1 Satz 3 ThürDG sind daher nicht spezielle Sparten (wie etwa die Verwaltung einer Hochschule), sondern Verwaltungsbereiche gemeint, wie sie typischerweise einem Fachressort als Geschäftsbereich unterstehen (Urteil vom 2. Dezember 1971 - BVerwG 1 D 32.71 - BVerwGE 43, 288 <289 f.> zu § 50 BDO; BVerfG, Beschlüsse vom 12. Juli 2006 - 2 BvR 513/06 - BVerfGK 8, 376 = juris Rn. 35 zu § 42 Satz 2 HDO und vom 19. Oktober 2006 - 2 BvR 1925/06 - juris Rn. 15 zu § 41 Abs. 2 Satz 2 BlnLDO), d.h. die großen, übergeordneten Struktureinheiten wie z.B. die Finanz- oder die Innenverwaltung, die (landes-) organisationsrechtlich unterschiedlich zugeschnitten sein mögen. Da der Gesetzgeber eine Sonderregelung für Professoren nicht erlassen hat, ist bei gegen sie gerichteten Disziplinarverfahren nicht von einem anderen - nach der Beschwerde engeren - Begriffsverständnis auszugehen. Auch wenn Hochschulen in wesentlichen Bereichen selbstständig und Selbstverwaltungskörperschaften sind, so stehen sie doch z.B. auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts unter der Fachaufsicht der Kultusverwaltung und sind sie diesem Verwaltungsbereich zuzuordnen. Ein als Beisitzer herangezogener Beamter aus der Thüringer Kultusverwaltung gehörte daher, auch ohne Mitglied der ihr zugehörigen Hochschulverwaltung oder gar selbst Hochschullehrer zu sein, demselben Verwaltungszweig wie der Beklagte an. Würde man dem von der Beschwerde geforderten engeren Begriffsverständnis folgen, hätte dies zur Konsequenz, dass bei breit gefächerten Verwaltungszweigen für jeden Teilbereich und jede Laufbahngruppe entsprechend differenziert eine hinreichende, größere Anzahl von Beisitzern für die Disziplinargerichte gewählt werden müsste. Dies würde - zumal bei kleineren Bundesländern - das Verfahren für deren Besetzung mit Beisitzern in einer Weise erschweren und verkomplizieren, wie dies dem ersichtlich auf Einfachheit und Verallgemeinerung ausgerichteten Zweck der Vorschrift nicht entspricht.
Unter dem Begriff der Laufbahngruppen sind nicht etwa einzelne Laufbahnen, sondern die jeweiligen Laufbahngruppen des einfachen, mittleren, gehobenen und des höheren Dienstes zu verstehen, wie sie in den Vorschriften der Beamtengesetze (vgl. §§ 16 bis 19 ThürBG, für Bundesbeamte § 17 Abs. 2 bis 5 BBG) definiert sind. Die Zugehörigkeit einer Laufbahn zu einer Laufbahngruppe richtet sich nach dem im jeweiligen Besoldungsgesetz bestimmten Eingangsamt (vgl. § 5 Abs. 3 ThürLbVO, § 6 Abs. 1 BLV). Aufgrund dieser allgemeinen Regelungen können selbst Ämter ohne Laufbahn entsprechend einer Laufbahngruppe im Sinne der Besetzungsvorschriften für die Disziplinargerichte zugeordnet werden.
Für die Besetzungsvorschriften in den Disziplinargesetzen ist es daher unerheblich, dass die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Laufbahnen nach den Hochschulgesetzen auf Hochschullehrer nicht anzuwenden sind (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 Thüringer Hochschulgesetz; vgl. auch § 50 Abs. 1 Satz 1 Hochschulrahmengesetz). Die Laufbahnfreiheit dient dem öffentlichen Interesse an einer Erleichterung der Besetzung von Ämtern mit ausschließlich wissenschaftlichem Amtsinhalt. Sie erhält maßgeblich ihren Sinn aus dem Recht der Hochschulen auf Kooptation im Interesse der Besetzung eines Lehrstuhls oder eines sonstigen Lehramts mit einem besonders geeigneten Bewerber, dessen Berufung anderenfalls mangels Erfüllung aller laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht (oder jedenfalls nicht alsbald) möglich wäre (Urteil vom 15. April 1977 - BVerwG 2 C 16.73 - Buchholz 237.8 § 33 LBG Rheinland-Pfalz Nr. 1 S. 5). Unmittelbare Folgen für die Besetzung der Disziplinarkammern und -senate ergeben sich daraus nicht.
Bei Disziplinarverfahren gegen Hochschullehrer sind Beamtenbeisitzer aus der Laufbahngruppe des höheren Dienstes heranzuziehen. Dem genannten Zweck von § 49 Satz 3, § 46 Abs. 1 Satz 3 ThürDG kann nur entsprochen, wenn auch ohne unmittelbare Zugehörigkeit der Hochschullehrer zu einer Laufbahngruppe auf die mit der Regelung angestrebte Gleichwertigkeit des Beamtenbeisitzers und des beschuldigten Beamten hinsichtlich Besoldung und vorbildungsmäßiger Anforderungen geachtet wird (vgl. Urteil vom 30. Juni 1988 - BVerwG 2 C 4.86 - Buchholz 421.20 Hochschulpersonalrecht Nr. 37 S. 17 zu den Anforderungen an die Versetzung von Inhabern laufbahnfreier Ämter).
b) Die Fragen, ob die Anforderungen von Art. 6 EMRK angesichts der langen Dauer des Verfahrens noch eingehalten seien und inwieweit die lange Verfahrensdauer mit dem disziplinarrechtlichen Beschleunigungsgebot im Einklang stehe, werden von der Beschwerde allein bezogen auf den Streitfall aufgeworfen, sodass zweifelhaft erscheint, ob sie den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache genügen. Soweit die Fragen zugunsten des Beklagten so verstanden werden, welche Folgen sich bei der Disziplinarmaßnahmebemessung aus einer überlangen Dauer des Verfahrens ergeben, führt auch dies nicht zur Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK geklärt, dass die unangemessene Dauer des Disziplinarverfahrens es nicht rechtfertigt, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn diese Maßnahme disziplinarrechtlich geboten ist (stRspr; zuletzt Urteil vom 29. März 2012 - BVerwG 2 A 11.10 - DokBer 2012, 260 Rn. 85 f. und Beschlüsse vom 16. Mai 2012 - BVerwG 2 B 3.12 - NVwZ-RR 2012, 609 Rn. 9 ff.
Die Maßnahmebemessung nach § 11 ThürDG hat sich an dem Zweck der Disziplinarbefugnis zu orientieren, die Integrität des Berufsbeamtentums und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten. Daher ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, ob ein Beamter nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist und falls dies zu bejahen ist, ob durch eine Disziplinarmaßnahme auf ihn eingewirkt werden muss, um zu verhindern, dass der Beamte das für die Dienstausübung unabdingbare Vertrauen dauerhaft verliert. Allerdings sind bei der Ausübung der Disziplinarbefugnis das Schuldprinzip und das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Daraus folgt, dass die Disziplinarmaßnahme nach einer Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten zu bestimmen ist, wobei der Schwere des Dienstvergehens richtungweisende Bedeutung zukommt. Die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis ist geboten, wenn der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Dies ist der Fall, wenn die Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergibt, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei Fortführung des Beamtenverhältnisses irreparabel (stRspr; vgl. nur Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 ff.).
Ist der Beamte nach diesen Bewertungsmaßstäben wegen eines schwerwiegenden Dienstvergehens im öffentlichen Dienst untragbar geworden, so kann er nicht deshalb Beamter bleiben, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. In diesem Fall lässt sich die Anerkennung eines Milderungsgrundes der überlangen Verfahrensdauer nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis vereinbaren. Die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes wäre nicht mehr gewährleistet, wenn Beamte, deren berufliche Integrität dauerhaft beschädigt ist, weiterhin Dienst leisten würden. Das verlorene Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden. Ergibt die Gesamtwürdigung dagegen, dass eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme notwendig, aber auch ausreichend ist, steht fest, dass der Beamte im öffentlichen Dienst noch tragbar ist. Nur unter dieser Voraussetzung kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden (BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <28 f.>; Kammerbeschluss vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372 <1373>; BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - Rn. 80, vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - Rn. 27 und vom 7. Februar 2008 - BVerwG 1 D 4.07 - Rn. 29
Diesen Unterschied hat der Gesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er in § 12 ThürDG die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis im Gegensatz zu allen anderen Disziplinarmaßnahmen vom Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs ausgenommen hat.
Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK. Danach hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen von einem Gericht innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass Art. 6 EMRK in seiner zivilrechtlichen Bedeutung auf ein Disziplinarverfahren, in dem der Beamte wegen eines Dienstvergehens aus dem Dienst entfernt worden ist, anwendbar ist (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - NVwZ 2010, 1015 Rn. 39 m.w.N.). Danach liegt ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK vor, wenn das Disziplinarverfahren von seiner Einleitung durch den Dienstherrn bis zum rechtskräftigen Abschluss unangemessen lang gedauert hat. Die Angemessenheit ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Schwierigkeit des Falles, des Verhaltens des Beamten, der Vorgehensweise der Behörden und Gerichte sowie der Bedeutung des Verfahrens für den Beamten zu beantworten (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 a.a.O.).
Eine unangemessen lange Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK hat jedoch nicht zur Folge, dass dem Betroffenen aus diesem Grund eine Rechtsstellung eingeräumt werden muss, die im Widerspruch zu dem entscheidungserheblichen innerstaatlichen materiellen Recht steht. Vielmehr kann die unangemessene Verfahrensdauer für den Ausgang des zu lange dauernden Rechtsstreits nur dann zugunsten des Betroffenen berücksichtigt werden, wenn das innerstaatliche Recht dies vorsieht oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der einschlägigen materiellrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln.
Dies wird durch die zur Europäischen Menschenrechtskonvention ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt. Sein Urteil hat, wie sich aus Art. 41 EMRK ergibt, lediglich Feststellungswirkung. Auch Art. 46 Abs. 1 EMRK, wonach der Vertragsstaat verpflichtet ist, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen, führt nicht dazu, dass der Vertragsstaat dem Betroffenen allein wegen der überlangen Dauer des Verfahrens eine Rechtsstellung einräumen muss, die diesem nach dem maßgeblichen innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht; der Gerichtshof spricht vielmehr eine gerechte Entschädigung als Ersatz für materielle wie immaterielle Schäden zu (Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl., Art. 41, Rn. 21).
Im Übrigen hat der Bundesgesetzgeber die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK wegen unangemessen langer Verfahrensdauer inzwischen durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl I S. 2302) eigenständig geregelt. Diese Bestimmungen gelten nach § 173 Satz 2 VwGO und § 21 ThürDG auch für das gerichtliche Disziplinarverfahren. Der Gesetzgeber hat dem betroffenen Verfahrensbeteiligten für den Fall der gerügten unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens für dadurch verursachte Vermögensnachteile und immaterielle Folgen grundsätzlich einen Anspruch auf angemessene Entschädigung eingeräumt. Nach § 198 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 GVG geht die Wiedergutmachung des Verstoßes gegen das Gebot des gerichtlichen Rechtsschutzes in angemessener Zeit auf andere Weise dem Entschädigungsanspruch vor, der die durch die verzögerte gerichtliche Entscheidung bestimmte Rechtslage unberührt lässt.
Der Gesetzgeber hat aber davon abgesehen, in §§ 198 ff. GVG die Formen einer solchen Wiedergutmachung abschließend festzulegen (BTDrucks 17/3802, S. 16 und 19). Er hat aber auch nicht vorgesehen, dass die Wiedergutmachung in der Weise zu erfolgen hat, dass dem Betroffenen als Ausgleich für die Verzögerung des gerichtlichen Verfahrens die den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Rechtsposition einzuräumen ist, deren materiell-rechtliche Voraussetzungen der Betroffene nicht erfüllt. Für andere als strafgerichtliche Verfahren (§ 199 Abs. 3 GVG) hat der Gesetzgeber in den §§ 198 ff. GVG als Form der Wiedergutmachung auf andere Weise lediglich die Möglichkeit einer Feststellung der überlangen Verfahrensdauer durch das Entschädigungsgericht bei gleichzeitiger Freistellung des Klägers von den Kosten des Entschädigungsrechtsstreits geregelt (BTDrucks 17/3802, S. 16). Ob im Übrigen eine dem Entschädigungsanspruch vorgehende Wiedergutmachung auf andere Weise möglich ist, richtet sich nach den jeweiligen formellen und materiell-rechtlichen Bestimmungen. Die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme maßgeblichen Vorschriften schließen aber, wie dargelegt, die Wiederherstellung des verlorenen Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit allein durch eine unangemessene Dauer des Disziplinarverfahrens aus.
Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung erforderlich machen, legt die Beschwerde nicht dar.
3. Auch die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 66 Abs. 1 ThürDG) hat keinen Erfolg. Die Beschwerde macht geltend, dass das Gebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 3 ThürDG (§ 138 Nr. 1 VwGO) verletzt sei.
Die Besetzung des bei dem Thüringer Oberverwaltungsgericht gebildeten Senats für Disziplinarsachen ist nach den obigen Ausführungen vorschriftsmäßig gewesen und verletzt schon deshalb nicht das Recht des Beklagten auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Dadurch, dass das Berufungsgericht in ordnungsgemäßer Besetzung entschieden und den Sachverhalt selbstständig gewürdigt hat, wäre zudem auch ein etwaiger Mangel der unrichtigen Besetzung in erster Instanz geheilt (Urteil vom 20. August 1965 - BVerwG 4 C 119.65 -, NJW 1965, 2317; Beschluss vom 19. Juli 2010 - BVerwG 2 B 127.09 - juris Rn. 5).