Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 20.06.2013


BVerwG 20.06.2013 - 2 B 71/12

Zugang öffentlicher Stellen zu den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes; Anerkennung von Beschäftigungszeiten; ehemalige Angehörige des Staatssicherheitsdienstes


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
20.06.2013
Aktenzeichen:
2 B 71/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 19. Juli 2012, Az: 1 L 70/11, Urteilvorgehend VG Halle (Saale), 23. Februar 2011, Az: 5 A 320/08 HAL
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Auch frühere inoffizielle Mitarbeiter sind ehemalige Angehörige des Staatssicherheitsdienstes im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 9 StUG.

2. Der Begriff der Tätigkeit "für" das Ministerium für Staatssicherheit im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG setzt eine bewusste und finale Unterstützung der Arbeit dieser Organisation voraus.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde des Klägers ist unbegründet (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

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1. Der 1943 geborene Kläger stand als Kriminaloberkommissar im Dienst des Landes Sachsen-Anhalt. Mit Ablauf des Monats Juli 2003 trat er in den Ruhestand. Seit Mai 1969 war der Kläger in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) als Volkspolizist tätig gewesen, zuletzt im Rang eines Hauptmanns. Unter Berufung darauf, dass der Kläger in der Zeit vom 16. Oktober 1986 bis 24. November 1989 als inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit zur Sicherung der Konspiration/Sonstiges erfasst war, ließ die Beklagte bei der Berechnung der fiktiven ruhegehaltfähigen Dienstzeit im Rahmen der Bestimmung der Höchstgrenze nach § 55 Abs. 2 BeamtVG diesen Zeitraum sowie sämtliche davor liegende Zeiten unberücksichtigt. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

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Die maßgeblichen Vorschriften ließen es unverändert zu, dass die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR durch öffentliche Stellen für die Anerkennung von Beschäftigungszeiten sowie für die Zahlung und Überführung der Renten ehemaliger Angehöriger des Staatssicherheitsdienstes verwendet werden. Nach den verwertbaren Unterlagen sei der Kläger in der Zeit vom Oktober 1986 bis November 1989 als inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig gewesen. Damit seien dieser Zeitraum und sämtliche davor liegenden Zeiten bei der Berechnung der fiktiven ruhegehaltfähigen Dienstzeit im Rahmen der Bestimmung der Höchstgrenze nach § 55 BeamtVG nicht zu berücksichtigen.

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2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache liegen nicht vor.

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Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18).

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Die Beschwerde bezeichnet ausdrücklich folgende Fragen als rechtsgrundsätzlich:

"Können die Daten und Unterlagen aus dem Bestand des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik noch heute für die Anerkennung von Beschäftigungszeiten und die Berechnung ruhegehaltfähiger Dienstzeiten angefordert werden?

Wenn nein, können Behörden und Dienststellen die Daten und Unterlagen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik verwenden, die sich aus früheren Anfragen noch in ihrem Besitz befinden oder unterliegen diese einem Vorhalte- und Verwertungsverbot?

Unterliegen tatsächlich sämtliche Zeiten einer Tätigkeit eines Beschäftigten für den früheren Staatssicherheitsdienst und die davor liegenden Dienstzeiten ohne jedwedes Differenzierungskriterium den besoldungs- und versorgungsrechtlichen Bestimmungen der § 55 BeamtVG, § 30 BBesG und § 12a BeamtVG und führen zur Verringerung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit?"

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a) Die erste Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht, weil sie sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde.

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Das "Anfordern" von Daten und Unterlagen aus dem Bestand des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR setzt voraus, dass sich die für die Festsetzung der Versorgungsbezüge zuständige öffentliche Stelle an den Bundesbeauftragten wendet und diesen um Mitteilung oder um die Herausgabe von dort vorhandenen Unterlagen ersucht. Hier hat sich die Beklagte aber nicht an den Bundesbeauftragten gewandt, sondern hat beim Land Sachsen-Anhalt vorhandene Unterlagen aus dem Verfahren zur Überprüfung der weiteren Beschäftigung des Klägers im öffentlichen Dienst verwendet. Diese Unterlagen hat die Beklagte dem Gericht zum Nachweis der Rechtmäßigkeit ihrer Bescheide vorgelegt.

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Im Übrigen lässt sich die aufgeworfene Frage auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens unmittelbar anhand des Gesetzeswortlauts bejahen.

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Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vom 20. Dezember 1991 (- StUG -, BGBl I S. 2272), zuletzt geändert durch das Achte Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 3106), haben öffentliche Stellen nur Zugang zu den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes und dürfen sie nur verwenden, soweit dieses Gesetz es erlaubt oder anordnet. Nach § 6 Abs. 9 Satz 1 StUG umfasst die Verwendung von Unterlagen neben der Weitergabe von Unterlagen die Übermittlung von Informationen aus den Unterlagen sowie die sonstige Verarbeitung und die Nutzung von Informationen. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 StUG macht der Bundesbeauftragte Mitteilungen an öffentliche Stellen, gewährt ihnen Einsicht in Unterlagen und gibt ihnen Unterlagen heraus, soweit deren Verwendung nach den §§ 20 bis 23, 25 und 26 StUG zulässig ist. § 20 Abs. 1 Nr. 9 StUG bestimmt ausdrücklich, dass Unterlagen, soweit sie, wie hier, keine personenbezogenen Informationen über Betroffene oder Dritte enthalten, durch öffentliche Stellen für die Anerkennung von Beschäftigungszeiten, Zahlung und Überführung der Renten ehemaliger Angehöriger des Staatssicherheitsdienstes verwendet werden dürfen. § 20 Abs. 1 Nr. 9 StUG unterliegt nicht der Stichtagsregelung des § 20 Abs. 3 StUG.

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b) Damit stellt sich die zweite Frage, die ausdrücklich nur für den Fall der Verneinung der ersten Frage aufgeworfen worden ist, nicht.

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c) Die Beschwerdebegründung lässt aber erkennen, dass der Kläger die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - auch - in der Frage sieht, ob unter "Angehörige des Staatssicherheitsdienstes" im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 9 StUG ausschließlich dessen hauptamtliche Mitarbeiter zu verstehen oder auch inoffizielle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes erfasst sind. Wird zu Gunsten des Klägers angenommen, dass die rechtsgrundsätzliche Bedeutung auch dieser Frage in der Beschwerdebegründung den Anforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO entsprechend dargelegt ist, so rechtfertigt sie dennoch nicht die Zulassung der Revision. Denn sie kann aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden.

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Bereits der Wortlaut des Gesetzes und seine Systematik sprechen gegen die vom Kläger vertretene Auffassung, unter "Angehöriger" im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 9 StUG seien lediglich die hauptamtlichen Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes zu verstehen, d.h. Personen, die in einem offiziellen Arbeits- oder Dienstverhältnis des Staatssicherheitsdienstes gestanden haben und Offiziere des Staatssicherheitsdienstes im besonderen Einsatz. Denn dann hätte der Gesetzgeber in § 20 Abs. 1 Nr. 9 StUG diesen in § 6 Abs. 4 Nr. 1 StUG gesetzlich definierten Begriff des hauptamtlichen Mitarbeiters verwendet.

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Auch der erkennbare Gesetzeszweck spricht dagegen, § 20 Abs. 1 Nr. 9 StUG auf hauptamtliche Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes zu beschränken und bereits den Kreis der inoffiziellen Mitarbeiter auszuschließen, dem der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zuzurechnen ist.

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§ 20 Abs. 1 Nr. 9 StUG gestattet die Verwendung von Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, die, wie hier, keine personenbezogenen Informationen über Betroffene oder Dritte enthalten, für die Anerkennung von Beschäftigungszeiten sowie für die Zahlung und Überführung der Renten ehemaliger Angehöriger des Staatssicherheitsdienstes. Bezogen auf Beamte geht es dabei um den Vollzug von Vorschriften, die, wie etwa § 12a BeamtVG, vorsehen, dass Zeiten nach § 30 des Bundesbesoldungsgesetzes nicht ruhegehaltfähig sind. § 30 Abs. 1 BBesG bestimmt, dass die Vorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 1 BBesG über die berücksichtigungsfähigen Zeiten nicht gilt für Zeiten einer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit oder das Amt für Nationale Sicherheit sowie für die vor einer solchen Tätigkeit zurückgelegte Zeiten. Auch § 26 des Gesetzes zur Neuregelung des Besoldungsrechts des Landes Sachsen-Anhalt vom 8. Februar 2011 (GVBl LSA, S. 68) trifft eine vergleichbare Regelung.

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Für das nach diesen Normen entscheidende Merkmal einer Tätigkeit für das MfS oder das Amt für Nationale Sicherheit kommt es nach Wortlaut und Systematik der Norm nicht darauf an, in welcher Stellung die Tätigkeit ausgeübt wurde. § 30 Abs. 1 BBesG findet auch auf Beamte Anwendung, die in der ehemaligen DDR für das MfS als inoffizielle Mitarbeiter tätig gewesen sind (BVerfG, Beschluss vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <312>; vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1992, BTDrucks 12/3629, S. 27 zu Nr. 1).

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Dies lässt sich auch den Materialien der Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes entnehmen. Ursprünglich regelte § 20 Abs. 1 Nr. 9 StUG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1991 lediglich die Verwendung der Unterlagen für die "Anerkennung ruhegehaltfähiger Zeiten". Diese Regelung hatte der Gesetzgeber als Auffangregelung für die Mitteilung auch für "inoffizielle Tätigkeiten für das MfS" konzipiert. Sie erschien dem Gesetzgeber jedoch als zu eng gefasst, weil sie wegen des Begriffs der ruhegehaltfähigen Zeiten nur auf Beamte anwendbar war. Öffentliche wie nichtöffentliche Stellen sollten in die Lage versetzt werden, aufgrund der Mitteilungen auch zu inoffiziellen Tätigkeiten für das MfS Entscheidungen über die Festsetzung von Beschäftigungszeiten von sonstigen Arbeitnehmern treffen zu können (Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BTDrucks 13/5816, S. 9 zu Nr. 4a und 4b). Dementsprechend wurden durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vom 20. Dezember 1996 (BGBl I S. 2026) die Worte "ruhegehaltfähiger Zeiten" durch die Worte "von Beschäftigungszeiten" ersetzt.

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d) Bei der letzten Frage geht es dem Kläger nach der Beschwerdebegründung um die Klärung, ob die Anwendung des § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG vom Umfang der Tätigkeit des Betreffenden für das MfS oder das Amt für Nationale Sicherheit, vom Ausmaß der Schädigung Dritter durch diese Tätigkeit oder von der Möglichkeit des Betroffenen abhängt, sich einer solchen Mitarbeit zu entziehen. Auch diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sich die rechtsgrundsätzliche Bedeutung des Begriffs der "Tätigkeit für das MfS oder das Amt für Nationale Sicherheit" im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts klären lässt.

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Grundgedanke des § 12a BeamtVG i.V.m. § 30 Abs. 1 BBesG ist es, Zeiten im öffentlichen Dienst der DDR, die durch eine in verschiedener Weise herausgehobene Nähe zum Herrschaftssystem des Landes gekennzeichnet waren, von der Anerkennung als ruhegehaltfähig auszunehmen. Die Regelung geht davon aus, dass solche Dienstzeiten, während derer der Beamte außerhalb des Rahmens einer rechtsstaatlichen Verwaltung handelte, nicht mit Tätigkeiten in der rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichteten öffentlichen Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland gleichgestellt und deshalb nicht als ruhegehaltfähig anerkannt werden dürfen. Vor dem Hintergrund seines weiten Gestaltungsspielraums kann sich der Gesetzgeber für diese Differenzierung auf vernünftige, nachvollziehbare Gründe von hinreichendem Gewicht berufen. Die Tätigkeit des Beamten für das MfS begründet Zweifel an seiner persönlichen Eignung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG. Diese Zweifel sind zwar nach der Einschätzung des Dienstherrn aufgrund der vorzunehmenden Einzelfallprüfung nicht so schwerwiegend, dass sie zu einer Entlassung z.B. nach dem Sonderkündigungstatbestand des Absatzes 5 Nr. 2 der Anlage I, Kapitel XIX, Sachgebiet A, Abschnitt III Nr. 1 des Einigungsvertrages geführt haben. Sie schließen jedoch eine Honorierung solcher Dienstzeiten durch eine Gleichstellung mit Zeiten einer Tätigkeit in einer rechtsstaatlichen Verwaltung aus. Dadurch, dass diese Zeiten nicht berücksichtigt werden, kommt zum Ausdruck, dass sie sich im Gesamtgefüge der nach Dienstdauer abgestuften Höhe der Versorgung nicht auch noch positiv auswirken sollen. Dieser Überlegung liegt letztlich - ähnlich wie den Sonderkündigungstatbeständen nach dem Einigungsvertrag - die Einschätzung zugrunde, dass ein Beamter, der für das MfS tätig war, jedenfalls für die Dauer dieser Tätigkeit in der Regel nicht die Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 2 GG für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland erfüllt hat (BVerfG, Beschluss vom 4. April 2001 a.a.O. S. 324 bis 327).

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Diese Gleichgerichtetheit der Sonderkündigungstatbestände nach dem Einigungsvertrag mit den Vorschriften über nicht zu berücksichtigende Arbeits- oder Dienstzeiten wird auch in der Entstehungsgeschichte des § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG deutlich. § 30 BBesG wurde durch das Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1992 vom 23. März 1993 (BGBl I S. 342) eingefügt. Hintergrund war die Tarifabrede vom September 1991, nach der von ehemaligen Angehörigen des öffentlichen Dienstes in der DDR zurückgelegte Arbeitszeiten nur eingeschränkt anrechenbar sein sollten (Bekanntmachung des Bundesministeriums des Innern vom 18. Dezember 1991, GMBl 1992, S. 90 f.). Die Regelung des § 30 BBesG war in einen systematischen Zusammenhang mit inhaltsgleichen Rechtsnormen, wie § 2 Abs. 2 und 3 der 2. BesÜV (Art. 8 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1992), eingebunden. In der Gesetzesbegründung (Entwurf der Bundesregierung, BTDrucks 12/3629, S. 27) wird durch die Bezugnahme auf die Bekanntmachung des BMI vom 18. Dezember 1991 (GMBl 1992, S. 91 f. unter B.I.3.d) der Zusammenhang zwischen den Kündigungstatbeständen nach den Übergangsvorschriften des Einigungsvertrages und den Regelungen über die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten hervorgehoben. Übe der Arbeitgeber das ihm zustehende Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht aus, so seien die Zeiten einer entsprechenden Tätigkeit und die vorher zurückgelegten Zeiten nicht als Beschäftigungszeit anzuerkennen.

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Danach ist der Begriff der "Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit" in § 30 Abs. 1 Satz 1 BBesG ebenso auszulegen wie das entsprechende Merkmal der Sonderkündigungstatbestände nach dem Einigungsvertrag. Es sollen diejenigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes erfasst werden, die in die Machenschaften des MfS verstrickt waren (Urteil vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <67> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4). Zu den Sonderkündigungstatbeständen ist in der Rechtsprechung geklärt, dass nicht nur die Tätigkeit von hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern des MfS im Sinne des § 6 Abs. 4 StUG erfasst werden. Auch die Zuarbeit aufgrund dienstlicher Verpflichtung erfüllt dieses Tatbestandsmerkmal ohne Rücksicht darauf, ob sie im Einzelfall oder allgemein angeordnet war, ob sie routinemäßig vorgenommen wurde oder ob sie für das Ministerium wichtig und erforderlich war (Urteil vom 27. April 1999 - BVerwG 2 C 26.98 - BVerwGE 109, 59 <66> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 5). "Für" das Ministerium für Staatssicherheit war jemand tätig, wenn er dieses bewusst und final unterstützt hat. In objektiver Hinsicht ist hierfür erforderlich, dass der Beamte Beiträge im Interesse des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR geleistet hat. Durch die Verwendung der Präposition "für" wird in den gesetzlichen Tatbestand jegliche Tätigkeit einbezogen, die einen finalen Bezug zur Arbeit des Ministeriums für Staatssicherheit und seiner Nachfolgeorganisation hatte. In subjektiver Hinsicht ist erforderlich, dass der spätere Beamte wissentlich und willentlich für das Ministerium tätig geworden ist (Urteile vom 3. Dezember 1998 a.a.O. S. 67, vom 27. April 1999 a.a.O., vom 6. April 2000 - BVerwG 2 C 2.99 - Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 9 S. 20 f. und vom 13. Juli 2000 - BVerwG 2 C 26.99 - Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 10 S. 23; Beschluss vom 28. Januar 1998 - BVerwG 6 P 2.97 - BVerwGE 106, 153 <158 f.> = Buchholz 250 § 47 Nr. 9; BAG, Urteil vom 26. August 1993 - 8 AZR 561/92 - BAGE 74, 120).

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Ist danach der Tatbestand einer Tätigkeit für das MfS gegeben, ist nach Wortlaut und Systematik der Vorschrift kein Raum mehr für eine Prüfung der Umstände des konkreten Einzelfalls, wie etwa das Ausmaß oder die Dauer der früheren Tätigkeit des Beamten für das MfS oder die damit für Dritte verbundenen nachteiligen Folgen. Bei Bestimmungen des Besoldungs- und Versorgungsrechts steht dem Gesetzgeber ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum zu. Dabei darf der Gesetzgeber generalisieren und typisieren. Die sich daraus ergebenden Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen müssen hingenommen werden, sofern sich für die Gesamtregelung, wie hier, ein vernünftiger Grund anführen lässt. Die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers ist hier umso größer als der Gesetzgeber gezwungen ist, in der Vergangenheit liegende Vorgänge, die durch ein von der Bundesrepublik Deutschland verschiedenes Herrschafts- und Gesellschaftssystem vollkommen andersartig geprägt waren, für die Überleitung in das andere Rechtssystem der Bundesrepublik normativ zu erfassen und zu bewerten. Zudem geht es dem Gesetzgeber zulässigerweise darum, durch die pauschale Regelung der Rechtssicherheit abträgliche Abgrenzungsprobleme zu vermeiden (BVerfG, Beschluss vom 4. April 2001 a.a.O. S. 324 f.).