Entscheidungsdatum: 29.12.2016
Die auf Divergenz und auf einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.
1. Die 1970 geborene Klägerin steht als Lehrerin im Dienst des beklagten Landes. Im Jahr 2001 wurde sie zur Sonderschullehrerin ernannt (Besoldungsgruppe A 13). Mit Wirkung vom 15. August 2011 wurde ihr nach erfolgreicher Bewerbung die Stelle der Ständigen Vertreterin der Leitung einer Förderschule übertragen, die der Besoldungsgruppe A 14 zugeordnet ist. Unter Hinweis darauf, dass das Saarländische Schulgesetz keine Regelung zur Bewährungszeit vorsehe, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 31. Juli 2012 ihre Beförderung in die Besoldungsgruppe A 14. Diesen Antrag lehnte der Beklagte ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Nachdem die Klägerin mit Wirkung vom 1. April 2014 zur Förderschulkonrektorin ernannt worden war, hat sie ihr ursprüngliches Beförderungsbegehren umgestellt und vor dem Verwaltungsgericht beantragt festzustellen, dass die ablehnenden Bescheide des Beklagten rechtswidrig sind, und den Beklagten zu verpflichten, sie so zu stellen, als wäre sie zum 1. August 2012 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 befördert worden. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der ablehnenden Bescheide sei unzulässig. Das Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität sei schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin nicht die ernsthafte Absicht dargelegt habe, im Hinblick auf die unterbliebene Beförderung eine Amtshaftungsklage vor den Zivilgerichten zu erheben. Die Feststellungsklage sei aber auch unbegründet, weil der Klägerin weder zum Zeitpunkt des Ausgangsbescheids vom 23. August 2012 noch zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2012 ein Anspruch auf Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 zugestanden habe. Die vom Beklagten praktizierte Erprobungszeit für stellvertretende Schulleiter/-innen von zweieinhalb Jahren sei rechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestehe nicht, weil der Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, der Klägerin bereits zum 1. August 2012 ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 zu übertragen. Damit fehle es bereits an einer Pflichtverletzung des Beklagten.
2. Die Revision ist nicht wegen der von der Klägerin geltend gemachten Divergenz zuzulassen.
Eine Divergenz i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 127 Nr. 1 BRRG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht oder ein anderes divergenzfähiges Gericht - bei Klagen aus dem Beamtenverhältnis ist dies auch ein anderes Oberverwaltungsgericht - aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Die von der Beschwerde geltend gemachte rechtssatzmäßige Abweichung des Berufungsurteils im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2007 - 2 C 10.06 - (BVerwGE 128, 231) und vom Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2008 - 2 B 13.08 - besteht nicht.
a) Dem von der Beschwerde angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2007 ist die generelle Aussage, der Zeitraum der praktischen Erprobung dürfe zwei Jahre nicht überschreiten, nicht zu entnehmen. Gegenstand dieses Urteils ist die Regelung des § 25a Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung des Art. I Nr. 5 des Neunten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 20. April 1999 (GV. NRW S. 148). Nach dieser Bestimmung ist die Erprobung in dem Führungsamt tatsächlich auf zwei Jahre beschränkt.
In dem hier maßgeblichen Recht des Saarlandes (§ 11 Abs. 3 Nr. 3 SBG) ist dagegen für die Erprobungszeit nur die Mindestdauer (sechs Monate), nicht aber die Höchstdauer vorgegeben.
b) Zwar findet sich in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2008 - 2 B 13.08 - (juris Rn. 5) die Aussage, die praktische Erprobung dürfe den für die Gewinnung der Erkenntnisse erforderlichen und ausreichenden Zeitraum, höchstens zwei Jahre, nicht überschreiten. Bereits der Verweis auf das vorstehend behandelte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2007 - 2 C 10.06 - (BVerwGE 128, 231) trägt jedoch, wie dargelegt, nicht die Annahme, das Bundesverwaltungsgericht gehe insoweit von einer zulässigen Höchstdauer von zwei Jahren aus. Zudem bezieht sich der Beschluss vom 4. September 2008 auf § 19 Abs. 1 Satz 1 der Sächsischen Laufbahnverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. August 2000 (SächsGVBl. S. 398). Dort ist wiederum vorgegeben, dass die Probezeit in der Regel zwei Jahre dauert.
Selbst wenn die zitierte Passage des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2008 dahingehend zu verstehen sein sollte, dass die Zeit der praktischen Erprobung zwei Jahre nicht überschreiten darf, müsste davon ausgegangen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht diese Auffassung inzwischen wieder aufgegeben hat. Denn inzwischen nimmt das Bundesverwaltungsgericht an, dass die zeitliche Obergrenze für die Erprobung in aller Regel der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum ist (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 17 m.w.N.).
3. Der von der Klägerin in der Beschwerdebegründung geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Der Vorwurf einer Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verletzenden Überraschungsentscheidung trifft nicht zu.
Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Jedoch verlangt der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung, dass das Gericht nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> sowie Kammerbeschluss vom 15. Februar 2011 - 1 BvR 980/10 - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Wertung des Fortsetzungsfeststellungsantrags durch das Oberverwaltungsgericht als unzulässig nicht erfüllt. Denn die gerichtliche Verfügung des Oberverwaltungsgerichts vom 2. April 2015, auf die sich die Klägerin zum Nachweis des überraschenden Charakters des Berufungsurteils beruft, ist nicht zwingend dahingehend auszulegen, dass das Oberverwaltungsgericht bei der an den Beklagten gerichteten Anfrage von der Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsantrags der Klägerin ausgegangen ist. Gegenstand der Anfrage ist lediglich das Vorbringen des Beklagten zu den unterschiedlich langen Bewährungszeiten für Schulleiter/-innen (zwei Jahre) und für stellvertretende Schulleiter/-innen (zweieinhalb Jahre) im Schriftsatz vom 19. Januar 2015.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich das Vorbringen der Klägerin in der Beschwerdebegründung zu einem angeblichen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts auf die Bewertung des Fortsetzungsfeststellungsantrags als unzulässig bezieht und das Oberverwaltungsgericht diesen Antrag mangels eines Anspruchs der Klägerin auf Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 zudem als unbegründet angesehen hat.
Ist eine Berufungsentscheidung - wie hier - auf mehrere Gründe gestützt, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Revision nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein durchgreifender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (BVerwG, Beschlüsse vom 15. Juni 1990 - 1 B 92.90 - Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 20 S. 11 f., vom 20. August 1993 - 9 B 512.93 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 320 S. 51, vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4 und vom 22. Juni 2015 - 2 B 54.14 - Buchholz 237.6 § 25 NdsLBG Nr. 2 Rn. 8). Daran fehlt es hier. In Bezug auf die selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe zum Zeitpunkt der beiden ablehnenden Bescheide keinen Anspruch auf Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 gehabt, ist lediglich die Rüge der Divergenz erhoben worden. Diese ist jedoch, wie unter 2. ausgeführt, unbegründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 und § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 bis 4 GKG. Da die Beschwerdeschrift beim Berufungsgericht am 30. Dezember 2015 eingegangen ist (§ 133 Abs. 2 Satz 2 VwGO), ist gemäß § 40 GKG der für diesen Monat festgesetzte Grundgehaltssatz maßgeblich (3 809,03 €/Monat, Erfahrungsstufe 4).