Entscheidungsdatum: 29.06.2017
Die ernstliche und im Zustand freier Willensbetätigung abgegebene Drohung mit Selbstmord kann einen wichtigen Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses bilden, wenn es dem Arbeitnehmer darum geht, mit der Drohung Druck auf den Arbeitgeber auszuüben, um bestimmte eigene Interessen oder Forderungen durchzusetzen.
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 22. April 2015 - 2 Sa 1305/14 - aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
Der 1973 geborene Kläger war seit Juni 1992 bei dem beklagten Land beschäftigt. Er war als Straßenwärter in der Landesbaubehörde Hessen Mobil - Straßen- und Verkehrsmanagement (Hessen Mobil) tätig und dem Betriebsdezernat W zugeordnet. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung seit dem 1. Januar 2010 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H) Anwendung.
Der Kläger wurde ursprünglich in der Autobahnmeisterei R beschäftigt. Nach längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten, die er ua. auf Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit seinem Vorgesetzten und Arbeitskollegen zurückführte, wurde ihm von Mai 2008 bis Ende Dezember 2011 - mehrfach befristet und zu Fortbildungszwecken - eine Tätigkeit als Bauaufseher im Innendienst mit Dienstort F übertragen. Zu Beginn des Jahres 2012 wurde er zur Autobahnmeisterei E „umgesetzt“. Dort arbeitete er zwei Tage als Straßenwärter, bevor er erneut arbeitsunfähig erkrankte. Im Anschluss an eine stationäre psychosomatische Behandlung im Frühjahr 2013 wurde er als arbeitsunfähig für die Tätigkeit als Straßenwärter entlassen. Nach einer Untersuchung im Mai 2013 wurde aus arbeitsmedizinischer Sicht empfohlen, ihn nicht mehr als Straßenwärter einzusetzen. Anschließend verwahrte sich der Kläger gegen eine Beschäftigung als Straßenwärter in der Kolonne. Er erklärte, dass er wegen psychischer Belastungen keine weitere Beschäftigung in der Meisterei E wünsche.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2013 wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt. Auf seinen Antrag vom 8. Juli 2013 und rückwirkend zu diesem Zeitpunkt wurde er durch Bescheid vom 30. April 2014 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.
Am 24. Juli 2013 fand im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) mit dem Kläger ein Gespräch statt, an dem sechs weitere Personen teilnahmen. Dabei wurde für die Zeit vom 1. bis zum 23. August 2013 eine Wiedereingliederung mit drei bis vier Arbeitsstunden täglich vereinbart. Der Kläger sollte einfache Tätigkeiten in der Geschäftsstelle und im Bereich „Betrieb“ des Standorts D verrichten. Andere Einsatzmöglichkeiten sollten noch geprüft werden.
Am 20. August 2013 folgte ein weiteres „bEM-Gespräch“. Die Unterredung wurde im Anschluss an eine Äußerung des Klägers, die von anderen Teilnehmern als Drohung mit Selbstmord und „Amok“ verstanden wurde, unterbrochen. Die Leiterin des Gesprächs wandte sich an den sozialpsychiatrischen Dienst. Auf dessen Anraten rief sie Polizeibeamte herbei, die den Kläger mit seinem Einverständnis in die psychiatrische Ambulanz eines Klinikums brachten. In einer dort am 15. Oktober 2013 ausgestellten fachärztlichen Bescheinigung heißt es:
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„Hiermit bescheinigen wir, dass Herr [Kläger] sich am 20.08.2013 in unserer psychiatrischen Institutsambulanz vorstellte. Wir diagnostizierten eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (…). |
Psychisch war der Pat. wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert. Im Kontakt wirkte er zugewandt. Der Gedankengang war formal unauffällig, inhaltlich fokussiert auf die Konflikte am Arbeitsplatz. Die Stimmung war im depressiven Sinne gedrückt, der Antrieb agitiert-unruhig. Er erwähnte auch orthopädische Beschwerden und Schmerzen. Intelligenz und Mnestik waren im Normbereich. Der Pat. konnte sich glaubhaft von jeglichen selbst- oder fremdgefährdenden Tendenzen distanzieren. …“ |
Auf einen am 27. August 2013 eingegangenen Antrag des beklagten Landes teilte das Integrationsamt durch Bescheid vom 11. September 2013 mit, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers gelte als erteilt.
Mit Schreiben vom 11. September 2013 kündigte das beklagte Land - nach vorheriger Beteiligung des Personalrats und Unterrichtung der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen - das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund und mit sofortiger Wirkung.
Der Kläger hat sich mit der vorliegenden Klage fristgerecht gegen die Kündigung gewandt. Er hat vorgetragen, er habe in dem zweiten „bEM-Gespräch“ keine Drohung aussprechen wollen. Es sei ihm lediglich darum gegangen, in einem resignierten Zustand sein Befinden zu beschreiben. Unabhängig davon sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.
Der Kläger hat beantragt,
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1. |
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 11. September 2013 nicht aufgelöst worden ist; |
2. |
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. das beklagte Land zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen als vollbeschäftigten Angestellten in der Autobahnmeisterei E gemäß der Entgeltgruppe 5, Stufe 6 TV-H weiter zu beschäftigen. |
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Dem Kläger sei am 20. August 2013 eröffnet worden, dass geeignete Stellen für eine Beschäftigung als Bauaufseher nicht zur Verfügung stünden, während nach dem Ergebnis der arbeitsmedizinischen Untersuchung zumindest ein eingeschränkter Einsatz auf einer Autobahnmeisterei für möglich erachtet werde. Auf die anschließende Erklärung des Klägers, eine Beschäftigung als Straßenwärter sei aufgrund seiner psychischen Verfassung „fast ausgeschlossen“, sei ihm vorgeschlagen worden, über eine berufliche Neuorientierung außerhalb von „Hessen mobil“ nachzudenken. Hierauf habe der Kläger sehr emotional reagiert und in äußerst bedrohlicher Weise sinngemäß geäußert, es bleibe ihm nichts anderes übrig als wieder in eine Meisterei zu gehen. Er könne aber nicht garantieren, dass er nicht wieder krank werde oder sich umbringe oder Amok laufen werde. In diesem Zusammenhang habe er auf seine Mitgliedschaft im Schützenverein und darauf verwiesen, dass er „zum Glück“ „noch nicht“ über einen Waffenschein verfüge. In diesen Äußerungen, von denen er sich auch im weiteren Verlauf des Gesprächs nicht distanziert habe, liege eine erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Der Kläger habe Druck ausüben und erreichen wollen, künftig nicht mehr mit Aufgaben eines Straßenwärters betraut zu werden. Die fristlose Kündigung sei aber auch zum Schutz anderer Beschäftigter geboten gewesen. Vergleichbare Ausfälle des Klägers bei der nächsten gravierenden Unstimmigkeit mit Vorgesetzten seien ebenso wenig auszuschließen gewesen wie eine Verwirklichung der in Aussicht gestellten Gefahren. Dieses Risiko habe die fachärztliche Bescheinigung vom 15. Oktober 2013 nicht auszuschließen vermocht. Das gelte umso mehr, als der Kläger in der Vergangenheit durchaus Selbstgefährdungstendenzen gezeigt habe. Die Beteiligung des Personalrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Soweit der Kläger den Zugang des Anhörungsschreibens beim Personalrat mit Nichtwissen bestritten habe, sei dies unzulässig.
Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat ihr das Landesarbeitsgericht entsprochen. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Die zulässige Revision hat Erfolg. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern. Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 11. September 2013 aufgelöst worden ist, steht nicht fest. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).
I. Das Landesarbeitsgericht durfte mit der von ihm gegebenen Begründung nicht annehmen, ein wichtiger Grund zur Kündigung iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-H, § 626 Abs. 1 BGB liege nicht vor.
1. Der Kläger erfüllte im Zeitpunkt der Kündigung die Voraussetzungen für den tariflichen Sonderkündigungsschutz gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-H. Nach dieser Bestimmung konnte das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund des Lebensalters des Klägers von über 40 Jahren und seiner 15 Jahre übersteigenden Beschäftigungszeit nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.
2. Mit dem Begriff „wichtiger Grund“ knüpft die tarifvertragliche Bestimmung an die gesetzliche Regelung des § 626 Abs. 1 BGB an. Deren Verständnis ist deshalb auch für die Auslegung der Tarifnorm maßgebend (vgl. BAG 17. November 2016 - 2 AZR 730/15 - Rn. 19).
3. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 17. November 2016 - 2 AZR 730/15 - Rn. 20).
4. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB liegt auch im Verhältnis zu einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis ordentlich nicht gekündigt werden kann, dann vor, wenn es dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach einem insoweit anzulegenden objektiven Maßstab nicht zuzumuten ist, den Arbeitnehmer auch nur bis zum Ablauf der (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. In diesem Fall wäre eine außerordentliche Kündigung auch dann gerechtfertigt, wenn die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen wäre (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 42).
5. Dem Berufungsgericht kommt bei der vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung und Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Würdigung wird nur darauf überprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 17. März 2016 - 2 AZR 110/15 - Rn. 18; zu den in die Interessenabwägung regelmäßig einzubeziehenden Gesichtspunkten BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 46, BAGE 153, 111).
6. Dieser eingeschränkten Überprüfung halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht stand.
a) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines wichtigen Grundes „an sich“ unterstellt und angenommen, dem beklagten Land sei es im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung jedenfalls zuzumuten gewesen, die (fiktive) ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Die „Amokdrohung“ sei, soweit sie in der behaupteten Weise geäußert worden sein sollte, in der „geschützten“ Situation eines bEM erfolgt. In einem solchen Klärungsprozess solle sich der Arbeitnehmer öffnen und in die Suche nach Möglichkeiten zur Überwindung seiner Arbeitsunfähigkeit einbringen. Hingegen solle er aufgrund des Verlaufs des bEM nicht - zumindest nicht ohne Weiteres - um den Bestand seines Arbeitsverhältnisses fürchten müssen. Hier habe sich der Kläger in dem zweiten „bEM-Gespräch“ in einer emotional hoch belasteten Situation befunden. Ihm sei offenbart worden, dass Beschäftigungsmöglichkeiten in einem anderen Arbeitsbereich nicht bestünden, und dass er deshalb weiterhin als Straßenwärter in einer Straßenmeisterei eingesetzt werden solle, obwohl ärztliche Empfehlungen dies ausgeschlossen hätten. Unter diesen besonderen Umständen könne eine allenfalls im „Augenblicksversagen“ erfolgte Androhung eines Amoklaufs die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht begründen. Das gelte umso mehr angesichts der über zwanzigjährigen Beschäftigungsdauer des Klägers und seiner massiven gesundheitlichen Probleme. Auch habe sich die behauptete Drohung ausweislich der fachärztlichen Bescheinigung vom 15. Oktober 2013 „letztlich“ nicht als glaubhaft erwiesen.
b) Diese Einzelfallbeurteilung und Interessenabwägung ist schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil sie nicht erkennen lässt, dass alle wesentlichen Aspekte des unterbreiteten Kündigungssachverhalts berücksichtigt wurden. Das Landesarbeitsgericht befasst sich ausschließlich mit der behaupteten Drohung mit „Amok“. Seinen Ausführungen ist nicht zu entnehmen, dass es auch die vermeintliche Drohung mit „Suizid“ und die Ankündigung einer erneuten Erkrankung berücksichtigt hat. Zudem ist nicht ersichtlich, ob und ggf. wie es die Behauptung des beklagten Landes gewürdigt hat, der Kläger habe mit seinen Äußerungen Druck aufbauen wollen, um die Zuweisung von Aufgaben aus dem Tätigkeitsspektrum eines Straßenwärters zu verhindern. Das verletzt § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-H (iVm. § 626 Abs. 1 BGB).
aa) Das Landesarbeitsgericht geht zwar im Ausgangspunkt, wie auch seine fallübergreifenden Ausführungen belegen, zutreffend davon aus, dass eine ernstliche Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben des Arbeitgebers, von Vorgesetzen und/oder Arbeitskollegen, für die kein allgemeiner Rechtfertigungsgrund eingreift, „an sich“ als wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB in Betracht kommt (vgl. LAG Berlin 3. März 2006 - 13 Sa 1906/05 -; APS/Vossen 5. Aufl. § 626 BGB Rn. 231 mwN). In einem solchen Verhalten liegt eine massive Störung oder jedenfalls konkrete Gefährdung des Betriebsfriedens. Es stellt, ohne dass es auf seine Strafbarkeit nach § 241 StGB ankäme, eine erhebliche Verletzung der sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebenden, den Arbeitnehmer auch während der Durchführung eines Wiedereingliederungsverhältnisses treffenden Nebenpflicht dar, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Das gilt unabhängig davon, ob das Verhalten des Arbeitnehmers auf die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs zielt.
bb) Allerdings kann eine solche Intention das Gewicht der Bedrohung weiter verstärken. Auch muss der Arbeitgeber es nicht hinnehmen, dass der Arbeitnehmer darauf ausgeht, ihn mit der unverhohlenen Ankündigung eines Suizids zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu bestimmen. Schließlich kann in der Ankündigung einer zukünftigen Erkrankung ein Grund zur - ggf. fristlosen - Kündigung liegen, wenn die Äußerung die Bereitschaft des Arbeitnehmers zum Ausdruck bringt, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen (BAG 12. März 2009 - 2 AZR 251/07 - Rn. 22). Wie die Revision mit Recht rügt, durfte das Landesarbeitsgericht die fristlose Kündigung nicht für unwirksam erachten, ohne sich mit diesen nach dem Vorbringen des beklagten Landes in Betracht kommenden, teils erschwerenden, teils selbständig als Kündigungsgrund zu würdigenden Gesichtspunkten auseinanderzusetzen.
c) Aber auch soweit das Landesarbeitsgericht die „Amokdrohung“ als solche in den Blick genommen hat, ist seine Würdigung nicht rechtsfehlerfrei.
aa) Das betrifft zunächst die Annahme, die Drohung habe sich „letztlich“ als „nicht glaubhaft“ erwiesen. Damit hat das Landesarbeitsgericht keinen Sachverhalt festgestellt, der die Ernstlichkeit der Drohung ausschließt.
(1) Eine erhebliche Pflichtverletzung in Gestalt einer ernstlichen Drohung liegt vor, wenn die Äußerung nach ihrem sorgfältig zu ermittelnden Erklärungsgehalt objektiv geeignet ist, bei einem „normal“ empfindenden Menschen den Eindruck der Ernstlichkeit zu erwecken, und der Wille des Drohenden darauf gerichtet ist, dass der Adressat die Drohung ernst nimmt. Nicht entscheidend ist, ob der Drohende seine Ankündigung verwirklichen kann oder will. Ebenso wenig kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Adressat sie tatsächlich ernst nimmt, und ob eine Störung des Rechtsfriedens eintritt (zur strafrechtlichen Beurteilung vgl. BVerfG 19. Dezember 1994 - 2 BvR 1146/94 - zu III 3 der Gründe; Eser/Eisele in Schönke/Schröder StGB 29. Aufl. Vorbem. §§ 234 ff., Rn. 33).
(2) Die knappe Begründung des Landesarbeitsgerichts lässt nicht erkennen, dass seine Würdigung auf diesen Maßstäben aufbaut. Jedenfalls bezieht seine tatrichterliche Beurteilung nicht alle fallrelevanten Gesichtspunkte ein, was § 286 ZPO verletzt. Weder eine besondere emotionale Belastung des Klägers noch die ihm von ärztlicher Seite bescheinigte „glaubhafte“ Distanzierung von selbst- und fremdgefährdenden Tendenzen im Anschluss an das zweite „bEM-Gespräch“ schließen es aus, die behaupteten Äußerungen ihrem objektiven Erklärungsgehalt nach als geeignet anzusehen, den Eindruck der Ernstlichkeit zu erwecken. Gemäß dem Vorbringen des beklagten Landes hat der Kläger die Drohung in klarer und bestimmter Weise vorgetragen, in ihrem Zusammenhang auf seine Mitgliedschaft in einem Schützenverein verwiesen, und sich auch nach einer Phase der Beruhigung nicht von seinen Äußerungen distanziert, sondern diese im Raum stehen lassen. Mit dem Indizwert dieser behaupteten Umstände, die sowohl die Ernstlichkeit der Drohung im dargestellten Sinne als auch die Steuerbarkeit des Verhaltens des Klägers nahe legen, hat sich das Landesarbeitsgericht nicht befasst.
bb) Die tatrichterliche Beurteilung, die „Amokdrohung“ beruhe auf einem Augenblicksversagen des Klägers, überzeugt ebenso wenig. Zwar hat das Berufungsgericht den aus dem Schadensrecht stammenden Ausdruck (zum dortigen Verständnis BGH 10. Mai 2011 - VI ZR 196/10 - Rn. 12) erkennbar in einem übertragenen Sinne gebraucht. Es hat aber nicht dargestellt, aus welchen konkreten Umständen es das „Augenblicksversagen“, von dem allenfalls bei einmaligen, dem Arbeitnehmer wesensfremden Pflichtverletzungen ausgegangen werden kann (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 27, BAGE 150, 109), ableiten will. Vor diesem Hintergrund ist nicht feststellbar, ob seiner Entscheidung ein zutreffendes Begriffsverständnis zugrunde liegt. Soweit es seine Beurteilung auf die festgestellte emotionale Belastung des Klägers gestützt haben sollte, griffe sie unter Berücksichtigung des Vorbringens des beklagten Landes zum Verhalten des Klägers während und nach den Äußerungen zu kurz. Zudem hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen über das „Wesen“ des Klägers getroffen.
cc) Darüber hinaus finden die Ausführungen zum „bEM“ als einer besonders „geschützten“ Situation im Gesetz keine Stütze. Die Teilnahme des Arbeitnehmers an einem bEM ist kein Gesichtspunkt, der sein Bestandsschutzinteresse generell steigert oder das Gewicht von Pflichtverletzungen der in Rede stehenden Art per se mindert. Darauf zielt die Würdigung des Landesarbeitsgerichts bei sachgerechtem Verständnis aber im Ergebnis ab.
(1) Das in § 84 Abs. 2 SGB IX nur rahmenmäßig geregelte bEM ist ein rechtlich regulierter verlaufs- und ergebnisoffener Suchprozess, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 30, BAGE 150, 117). Ziel des bEM ist es festzustellen, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den bisherigen Ausfallzeiten gekommen ist, und herauszufinden, ob Möglichkeiten bestehen, eine bestehende Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern (BAG 22. März 2016 - 1 ABR 14/14 - Rn. 10, BAGE 154, 329).
(2) Der Suchprozess ist, auch wenn er einem „üblichen“ Personalgespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht gleich steht, kein außerdienstlicher Vorgang. Es handelt sich um ein Instrument der betrieblichen Prävention (BGBl. I S. 1394; BT-Drs. 14/3372 S. 16). Seine Realisierung gehört zu den gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers auf dem Gebiet des Arbeitsrechts, die das Arbeitsverhältnis gestalten (BAG 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 38, BAGE 140, 350).
(3) Für die Sichtweise des Landesarbeitsgerichts lässt sich aus den Zwecken des bEM nichts gewinnen.
(a) Zwar hängt der Erfolg des bEM in hohem Maße von der Bereitschaft des Betroffenen ab, sich für die Suche nach zielführenden Möglichkeiten zur Klärung seiner Arbeitsunfähigkeit zu öffnen und sich aktiv in den Klärungsprozess einzubringen. Da der Arbeitnehmer einerseits nicht verpflichtet ist, dem Arbeitgeber die Gründe für seine Fehlzeiten mitzuteilen, andererseits die Suche nach etwaigen Lösungsmöglichkeiten ohne die Kenntnis dieser Gründe regelmäßig nicht zielorientiert durchgeführt werden kann, kommt der Akzeptanz des bEM durch den Betroffenen eine besondere Bedeutung zu.
(b) Diesem Gesichtspunkt trägt aber maßgeblich das in § 84 Abs. 2 SGB IX bestimmte Zustimmungserfordernis Rechnung. Es gewährleistet, dass die Klärung des Gesundheitszustands aus Sicht des Betroffenen ausschließlich freiwillig erfolgt, und er sich dem Suchprozess ohne Angabe von Gründen zu jeder Zeit wieder entziehen kann (BAG 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 22, BAGE 140, 350). Zudem besteht nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX die Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer vorab auf die Ziele des bEM sowie Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Der Hinweis erfordert die Klarstellung, dass nur solche Daten erhoben und ggf. genutzt werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um einen zielführenden, der Gesundung und Gesunderhaltung des Betroffenen dienenden Suchprozess durchführen zu können (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 32, BAGE 150, 117; zur Hinweispflicht BVerwG 4. September 2012 - 6 P 5/11 - Rn. 36, BVerwGE 144, 156). Er verhindert zum einen, dass der Arbeitnehmer aus bloßer Unkenntnis über die Ziele des bEM und den Schutz von persönlichen Daten, die seine Gesundheit betreffen, seine Zustimmung zu dem Prozess verweigert (Schmidt Gestaltung und Durchführung des BEM S. 21). Zum anderen verdeutlicht der Hinweis die Bedeutung eines wirksamen und sorgfältig gehandhabten, außerhalb von § 84 Abs. 2 SGB IX gewährleisteten Schutzes der Gesundheitsdaten des Arbeitnehmers für die Akzeptanz des bEM (im Ergebnis ebenso Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 84 Rn. 90; Schmidt Gestaltung und Durchführung des BEM S. 25 ff.).
(c) Die Zuerkennung eines generell gesteigerten kündigungsrechtlichen Bestandsschutzinteresses insbesondere hinsichtlich eines möglichen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers ist zur Verwirklichung der Zwecke des bEM nicht geboten. Sie liefe ihnen vielmehr zuwider. Es liegt im Wesen des bEM, dass die Suche nach Möglichkeiten der Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeitszeiten im Rahmen eines fairen und sachorientierten Gesprächs erfolgt (BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 198/09 - Rn. 18). Der gesetzlich zur Durchführung des bEM verpflichtete Arbeitgeber darf berechtigterweise erwarten, dass auch der Arbeitnehmer sein Verhalten hieran ausrichtet und insbesondere nicht darauf ausgeht, mit widerrechtlichen Drohungen das Ergebnis des Suchprozesses für ihn positiv zu beeinflussen.
(4) Das schließt es zwar nicht aus, im Rahmen der Interessenabwägung den Verlauf des konkreten „bEM-Gesprächs“ in die Gewichtung der Pflichtverletzung einzubeziehen. Darauf hat sich das Landesarbeitsgericht aber nicht beschränkt.
II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht iSd. § 561 ZPO aus anderen Gründen als richtig dar. Sie unterliegt daher der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht beurteilen, ob die außerordentliche fristlose Kündigung wirksam ist. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
1. Es steht nicht fest, ob aufgrund des behaupteten Verhaltens des Klägers ein wichtiger Grund iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-H, § 626 Abs. 1 BGB vorliegt.
a) Die dem Kläger vorgeworfenen Drohungen sind „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, sofern sie als ernstlich zu beurteilen sind. Ob diese letztgenannte Voraussetzung erfüllt ist, hängt von einer umfassenden Würdigung des Beweiswerts der insoweit vorgetragenen Indiztatsachen (klare und bestimmte Äußerung der Drohungen, unterbliebene Distanzierung oder Entschuldigung nach einer Phase der Beruhigung) ab, die dem Landesarbeitsgericht vorbehalten ist. Überdies ist der insoweit vorgetragene Sachverhalt in Teilen streitig und bedarf der Sachaufklärung. Eine Interessenabwägung zugunsten des Klägers oder des beklagten Landes scheidet aus, da der maßgebliche Kündigungssachverhalt nicht feststeht.
b) Das Landesarbeitsgericht ist nicht gehindert, seiner Entscheidung Feststellungen zum Inhalt der umstrittenen Äußerungen und des Verlaufs des „bEM-Gesprächs“ vom 20. August 2013, die das Arbeitsgericht aufgrund einer erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme getroffen hat, zugrunde zu legen oder - soweit unter den Voraussetzungen des § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geboten - die umstrittenen Tatsachen zum Gegenstand einer eigenen Beweisaufnahme zu machen und deren Ergebnisse zu verwerten. Ein dahingehendes Verbot, das sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nur aus der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Prozessrechts - etwa von § 138 Abs. 3 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO oder von § 286, § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO - ergeben kann (zu den Einzelheiten vgl. BAG 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 18, BAGE 157, 69), könnte im Streitfall allenfalls in Betracht kommen, wenn hinsichtlich der Erlangung von Informationen über das Verhalten des Klägers im Prozess des bEM oder deren Heranziehung als Kündigungsgrund eine Verletzung des Rechts des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung seines durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 EMRK) vorläge. Dies ist indes nicht der Fall.
aa) Das Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG garantiert dem Einzelnen die Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu befinden (BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 ua. - BVerfGE 120, 378; BAG 17. November 2016 - 2 AZR 730/15 - Rn. 26). Die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der Datenschutzgesetze der Länder über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung - hier das Hessische Datenschutzgesetz (HDSG) - konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Sie regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich des jeweiligen Gesetzes Eingriffe durch öffentliche und nichtöffentliche Stellen iSd. § 1 Abs. 2 BDSG bzw. § 3 Abs. 1 HDSG zulässig sind. Dabei gibt es für die Verwendung von Gesundheitsdaten personenbezogener Art (sensitive Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG, § 7 Abs. 4 HDSG) spezielle Regelungen (§ 28 VI ff. BDSG bzw. § 7 Abs. 4 iVm. § 34 HDSG).
bb) Der vorliegende Sachverhalt ist an den Bestimmungen des HDSG zu messen. Das BDSG gilt nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BDSG für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen der Länder nur insoweit als der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Der Datenschutz für öffentliche Stellen des Landes Hessen und betreffend Personen, die zu ihm in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist im HDSG geregelt.
cc) § 34 HDSG regelt bereichsspezifisch den Datenschutz bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen. Nach Abs. 1 Satz 2 der Norm darf der Arbeitgeber Daten seiner Arbeitnehmer nur verarbeiten, wenn dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienstvereinbarung es vorsieht. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (§ 2 Abs. 1 HDSG). Datenverarbeitung im Sinne des Gesetzes ist jede Verwendung gespeicherter oder zur Speicherung vorgesehener personenbezogener Daten (§ 2 Abs. 2 HDSG) einschließlich ihrer Erhebung, wobei als Datenträger iSv. § 2 Abs. 2 Nr. 2 HDSG jedes Material - auch Papier - anzusehen ist (Nungesser HDSG 2. Aufl. § 2 Rn. 24, 45). Nach § 7 Abs. 4 HDSG ist - vorbehaltlich einer zweifelsfreien Einwilligung des Betroffenen (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 HDSG) - die Verarbeitung personenbezogener Daten über die Gesundheit, soweit nicht eine Rechtsvorschrift deren Verarbeitung vorsieht oder zwingend voraussetzt, nur nach §§ 33 bis 35 und § 39 HDSG zulässig.
dd) Hiervon ausgehend ist ein unrechtmäßiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht zu erkennen.
(1) Zwar ist der Begriff der personenbezogenen Daten in § 2 Abs. 1 HDSG grundsätzlich weit zu verstehen. Er kann auch Angaben über konkrete mündliche oder schriftliche Aussagen eines Betroffenen oder Darstellungen seines privaten oder dienstlichen Verhaltens erfassen (vgl. BGH 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08 - Rn. 17, BGHZ 181, 328).
(2) Das beklagte Land hat die fraglichen „Daten“ beim Kläger aber nicht iSv. § 2 Abs. 2 Nr. 1 BDSG erhoben. Dieser hat die vermeintlichen Drohungen von sich aus erklärt. Es gibt nach dem bisherigen Sach- und Streitstand keinen Anhaltspunkt dafür, dass es Ziel des bEM oder der Anwesenheit der weiteren Gesprächsteilnehmer gewesen wäre, die Möglichkeit der Wahrnehmung von Äußerungen des behaupteten Inhalts zu eröffnen. Ein als „Erheben“ bezeichnetes Beschaffen von Daten über den Kläger liegt damit nicht vor. Dieses setzt eine auf die Gewinnung von Daten über den Betroffenen abzielende Handlung voraus (zur inhaltsgleichen Regelung in § 3 Abs. 3 BDSG vgl. Dammann in Simitis BDSG 8. Aufl. § 3 Rn. 102 ff.).
(3) Es kann unterstellt werden, dass es sich bei der weiteren Verwendung der Äußerungen des Klägers um Datenverarbeitung iSv. § 2 Abs. 2 HDSG handelte. Diese war jedenfalls für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien erforderlich iSv. § 34 Abs. 1 Satz 1 HDSG.
(a) Erforderlichkeit iSd. § 34 Abs. 1 Satz 1 HDSG setzt ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Verwendung der Daten voraus, das aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis herrühren muss. Es muss ein Zusammenhang mit der Erfüllung der vom Arbeitnehmer geschuldeten vertraglichen Leistung, seiner sonstigen Pflichtenbindung oder mit der Pflichtenbindung des Arbeitgebers bestehen. Die Datenverwendung darf ferner keine übermäßige Belastung für den Arbeitnehmer darstellen. Sie muss der Bedeutung des Informationsinteresses des Arbeitgebers entsprechen. Greift eine Maßnahme in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ein, muss der Eingriff einer Abwägung der beiderseitigen Interessen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit standhalten. Dieser verlangt, dass der Eingriff geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Es dürfen keine anderen, zur Zielerreichung gleich wirksamen und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer weniger einschränkenden Mittel zur Verfügung stehen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gewahrt, wenn die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe steht (zu § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG vgl. BAG 17. November 2016 - 2 AZR 730/15 - Rn. 30).
(b) Diese Voraussetzungen sind, unterstellt der Kläger hätte im Rahmen des bEM willentlich ernstliche Drohungen ausgesprochen, um das beklagte Land dazu zu bewegen, ihm keine Aufgaben aus dem Tätigkeitsbereich eines Straßenmeisters zuzuweisen, gegeben. In einem solchen Verhalten läge eine schwerwiegende Verletzung seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht. Überwiegende schutzwürdige Belange des Klägers stünden der Berücksichtigung der in Rede stehenden Äußerungen zur Begründung einer auf sein Verhalten gestützten Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. Insbesondere griff die Informationsgewinnung nicht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Die unterstellte weitere Datenverarbeitung genügt auch den Anforderungen, die sich aus den - in § 13 HDSG kodifizierten - Grundsätzen der Zweckbindung und Zweckänderung (dazu BVerfG 20. April 2016 - 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09 - Rn. 276 ff., BVerfGE 141, 220) ergeben. Nichts anderes gilt für eine sich mittelbar aus § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ergebende Zweckbindung. Bei den fraglichen Äußerungen handelte es sich nicht um (Gesundheits-)Daten, die der Durchführung des bEM dienten. Ihre mögliche Speicherung wäre zumindest auch zur Weiterverwendung der Daten bei der Durchführung und/oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien erfolgt und hätte damit keinen anderen Zwecken gedient als die betreffende Datenverarbeitung selbst.
c) Soweit das beklagte Land die Kündigung (auch) darauf stützt, sie sei wegen der vom Kläger objektiv ausgehenden Gefahr für das Leben oder die Gesundheit seiner Repräsentanten und anderer Beschäftigter selbst dann berechtigt, wenn anzunehmen sein sollte, er habe im Rahmen des bEM keine Drohungen aussprechen, sondern seiner psychischen Verfassung Ausdruck verleihen wollen, vermag dies für sich genommen eine außerordentliche Kündigung iSd. § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-H (iVm. § 626 Abs. 1 BGB) nicht zu rechtfertigen.
aa) Das fragliche Vorbringen knüpft an die Möglichkeit einer Verwirklichung der vom Kläger ausgesprochenen „Amokdrohung“ an. Für deren Annahme reicht es, anders als das beklagte Land meint, nicht aus, auf das subjektive Empfinden der am „bEM-Gespräch“ beteiligten Personen und den - umstrittenen - Hinweis des Klägers auf seine Mitgliedschaft in einem Schützenverein sowie die daraus resultierende hypothetische Möglichkeit abzustellen, an Schusswaffen zu gelangen. Schon weil nicht jede Ankündigung eines Amoklaufs notwendig umgesetzt wird oder auch nur umgesetzt werden soll, bedarf es, um das Risiko ihrer Realisierung einzuschätzen, neben der Einbeziehung der konkreten Vorstellungen des Arbeitnehmers im Zeitpunkt der Äußerungen zumindest der Berücksichtigung greifbarer medizinischer Begutachtungen.
bb) Im Streitfall fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten, die zu einer im Kündigungszeitpunkt anzustellenden Prognose berechtigten, die Weiterbeschäftigung des Klägers berge objektiv ein entsprechendes Risikopotential. Im Gegenteil hatte - unstreitig - die bereits am Tag des zweiten „bEM-Gesprächs“ durchgeführte Untersuchung des Klägers in der psychiatrischen Ambulanz eines Klinikums zu dem Befund geführt, dass er sich von jeglichen selbst- und fremdgefährdenden Tendenzen glaubhaft hat distanzieren können. Das beklagte Land hat nicht behauptet, medizinische Voruntersuchungen des Klägers hätten zu einer abweichenden Einschätzung geführt. Soweit es auf einen vom Kläger - soweit ersichtlich unstreitig - in der Vergangenheit unternommen Selbstmordversuch verwiesen hat, hat es jedenfalls nicht geltend gemacht, nach medizinischen Erkenntnissen liege darin zugleich eine Erweiterung des Risikopotentials hinsichtlich möglicher Fremdgefährdungen.
2. Der Rechtsstreit ist nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, die außerordentliche fristlose Kündigung sei unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-H iVm. § 626 Abs. 1 BGB unwirksam.
a) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers, der rückwirkend auf einen Zeitpunkt vor Zugang der Kündigung einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde, ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht nach § 91 Abs. 1 iVm. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig. Das beklagte Land hat die Zustimmung des Integrationsamts bei diesem am 27. August 2013 eingehend und damit innerhalb der Frist des § 91 Abs. 2 SGB IX beantragt. Da das Integrationsamt binnen der bestehenden zweiwöchigen Frist (§ 91 Abs. 3 Satz 1 SGB IX) eine Entscheidung nicht getroffen hatte, galt die Zustimmung mit Ablauf des 10. September 2013 als erteilt. Das beklagte Land hat die Kündigung mit Schreiben vom 11. September 2013 erklärt. Dies war - vorbehaltlich eines zeitnahen Zugangs - unverzüglich iSv. § 91 Abs. 5 SGB IX. Auf dieser Grundlage ist zugleich die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.
b) Die außerordentliche fristlose Kündigung des beklagten Landes ist, ausgehend von dem insoweit schlüssigen Vorbringen des beklagten Landes, nicht nach § 78 Abs. 2 HPVG iVm. § 108 Abs. 2 BPersVG unwirksam. Dieses hat dargetan, es habe den Personalrat mit Schreiben vom 26. August 2013, das inhaltlich dem insoweit maßgeblichen Grundsatz der subjektiven Determinierung (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 63) genügt, zu einer entsprechenden Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien angehört, und der Personalrat habe Bedenken nicht erhoben. Unschädlich ist, dass die Beteiligung vor Einleitung bzw. Abschluss des Zustimmungsverfahrens beim Integrationsamt erfolgte (vgl. BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 21, BAGE 140, 47). Ob der Kläger - wie geschehen - den Zugang des Anhörungsschreibens beim Personalrat am 26. August 2013 ausreichend mit Nichtwissen bestritten hat, kann bezweifelt werden. Die abschließende Beurteilung ist dem Landesarbeitsgericht vorzubehalten, das ggf. den Umfang der erhobenen Rüge zu klären haben wird.
c) Auf eine Unwirksamkeit der Kündigung aus anderen Gründen hat sich der Kläger - soweit ersichtlich - nicht berufen.
3. Im Rahmen der danach gebotenen Zurückverweisung, die auch den - nur für den Fall seines Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag zu bescheidenden - Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung erfasst, wird das Landesarbeitsgericht die erforderlichen Feststellungen nachzuholen und auf dieser Grundlage neu zu bewerten haben, ob das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 11. September 2013 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist. Für das weitere Verfahren weist der Senat lediglich auf Folgendes hin:
a) Seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht - vorbehaltlich neuen Sachvortrags der Parteien - die vom Arbeitsgericht nach Beweisaufnahme festgestellten Tatsachen und die darauf bezogene tatrichterliche Würdigung über den Ablauf des Gesprächs am 20. August 2013 zugrunde zu legen haben. Diese sind weder offensichtlich rechtsfehlerhaft noch hat der Kläger in der Berufungsbegründung dagegen durchgreifende Rügen (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO) erhoben.
aa) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ZPO muss das Berufungsgericht - vorbehaltlich der Berücksichtigung von zulässigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln (§ 67 ArbGG) - seiner Entscheidung grundsätzlich die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen zugrunde legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Soweit die Wiederholung einer erstinstanzlich bereits durchgeführten Beweisaufnahme im Ermessen des Berufungsgerichts steht, ist dieses im Rahmen der Fehlerbehebung in der Regel auf Null reduziert. Im Fall des Zeugenbeweises setzt eine neue Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht zumindest in aller Regel eine erneute Vernehmung voraus. Insbesondere muss es einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen, wenn es dessen Aussage „anders würdigen“ bzw. „anders verstehen oder werten“ will als die Vorinstanz (BVerfG 1. August 2017 - 2 BvR 3068/14 - Rn. 55; 14. September 2010 - 2 BvR 2638/09 - Rn. 14 ).
bb) Eine erneute Vernehmung kann allenfalls dann unterbleiben, wenn das Berufungsgericht seine abweichende Würdigung auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen. Auch im Hinblick auf objektive Umstände, die bei der Beweiswürdigung eine Rolle spielen können und von der ersten Instanz nicht beachtet worden sind, darf das Berufungsgericht nicht ohne erneute Vernehmung des Zeugen und abweichend von der Vorinstanz zu dem Ergebnis gelangen, dass der Zeuge in einem prozessentscheidenden Punkt mangels Urteilsfähigkeit, Erinnerungsvermögens oder Wahrheitsliebe objektiv die Unwahrheit gesagt hat (BVerfG 14. September 2010 - 2 BvR 2638/09 - Rn. 14).
cc) Die konkreten Anhaltspunkte, die aus Sicht des Berufungsgerichts Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Tatsachenfeststellung gebieten, sind - sofern nicht offensichtlich - im Berufungsurteil anzugeben.
b) Soweit es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung auf eine iSd. § 626 Abs. 1 BGB vorzunehmende Interessenabwägung ankommt, wird das Landesarbeitsgericht weiterhin zugunsten des Klägers dessen lange Beschäftigungsdauer berücksichtigen können. Diesbezüglich hat das beklagte Land Rügen nicht erhoben. Es gibt auch objektiv keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beanstandungsfrei verlaufen wäre.
c) Auch wird das Landesarbeitsgericht bei unverändertem Sach- und Streitstand weiterhin davon ausgehen können, dass im Zeitpunkt des zweiten „bEM-Gesprächs“ von amtsärztlicher Seite Vorbehalte gegen einen Einsatz des Klägers als Straßenwärter in einer Straßenmeisterei bestanden. Ebenso wird es annehmen können, dass der Kläger sich angesichts eines ihm eröffneten Vorhabens, ihn - bei sachgerechtem Verständnis frühestens nach Durchführung des verabredeten Wiedereingliederungsverhältnisses - wieder mit Aufgaben eines Straßenmeisters zu betrauen, in einer „emotional hoch belasteten Situation“ befand. Die Rüge des beklagten Landes, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die arbeitsmedizinische Empfehlung vom 6. Mai 2013 eine leidensgerechte Beschäftigung des Klägers als Straßenwärter unter Beachtung gewisser Einschränkungen nicht ausschließe, kann nicht durchgreifen. Für seine Behauptung gibt das zur Gerichtsakte gereichte Attest nichts her. Allerdings wird bei neuerlicher Interessenabwägung sorgfältig zu prüfen sein, ob die emotionale Belastung des Klägers die Drohungen unter Berücksichtigung des noch festzustellenden Inhalts der Äußerungen und des Verlaufs des zweiten „bEM-Gesprächs“ tatsächlich in einem milderen Licht erscheinen lässt.
d) Sollte das Landesarbeitsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen, dem beklagten Land sei es jedenfalls zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der (fiktiven) Frist für eine ordentliche Kündigung fortzusetzen, wird es zu prüfen haben, ob eine Umdeutung in eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist in Betracht kommt, insbesondere ob die dafür erforderlichen personalvertretungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind (zum grundsätzlichen Erfordernis, die Beteiligung wie bei einer ordentlichen Kündigung durchzuführen BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - zu III der Gründe, BAGE 96, 65). Eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung kommt, wie das Landesarbeitsgericht im Berufungsurteil zutreffend ausgeführt hat, schon deshalb nicht in Betracht, da eine solche Kündigung nach § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-H tarifvertraglich ausgeschlossen war.
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