Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 18.07.2017


BPatG 18.07.2017 - 14 W (pat) 13/16

(Patentbeschwerdeverfahren – "Paclitaxel freisetzender Stent" - Medizinprodukt-Arzneimittel-Kombination - Medizinprodukt, das als ergänzenden Bestandteil ein Erzeugnis im Sinne von Art. 1 (b) EGV 469/2009 enthält - Vorabentscheidungsersuchen zur Frage der Anwendbarkeit der EGV 469/2009)


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsdatum:
18.07.2017
Aktenzeichen:
14 W (pat) 13/16
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 2 EGV 469/2009
Art 1 Buchst b EGV 469/2009
Art 1 Abs 4 EWGRL 42/93

Leitsätze

Paclitaxel freisetzender Stent

Vorabentscheidungsersuchen zur Frage der Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 (Artikel 2) auf ein Medizinprodukt, das als ergänzenden Bestandteil ein Erzeugnis im Sinne von Art. 1 (b) Verordnung (EG) Nr. 469/2009 enthält (Medizinprodukt-Arzneimittel-Kombination).

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Schutzzertifikatsanmeldung 12 2011 000 012.5

für das Grundpatent EP 0 681 475 B1 (dt. Aktz.: DE 694 35 318.3)

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. Juli 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richter Schell und Dr. Jäger sowie der Richterin Dr. Wagner

beschlossen:

1. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel dahingehend auszulegen, dass eine Zulassung gemäß der Richtlinie 93/42/EWG für eine Medizinprodukt-Arzneimittel-Kombination im Sinne von Art. 1 (4) der Richtlinie 93/42/EWG für die Zwecke der Verordnung einer gültigen Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 2001/83/EG gleichzustellen ist, wenn der Arzneimittelbestandteil im Rahmen des Zulassungsverfahrens gemäß Anhang I Abschnitt 7.4 Absatz 1 der Richtlinie 93/42/EWG bei einer Arzneimittelbehörde eines EU-Mitgliedsstaats entsprechend der Richtlinie 2001/83/EG auf seine Qualität, Sicherheit und Nutzen überprüft wurde?

2. Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des am 26. Januar 1994 angemeldeten und am 27. Oktober 2010 erteilten europäischen Patents EP 0 681 475 B1 (mit dem deutschen Aktenzeichen DE 694 35 318.3), das inzwischen durch Zeitablauf erloschen ist. Das Patent umfasst die Verwendung von Arzneistoffen zur Verminderung der Restenose nach Durchführung einer Angioplastie, einem Behandlungsverfahren zur Aufweitung von Gefäßverengungen, bei dem die Engstelle durch Einführen eines Katheters und anschließendem Aufblasen eines an der Katheterspitze befindlichen Ballons aufgedehnt wird. In der Folgezeit kann es allerdings durch intensive Zellproliferation zu einer erneuten, als Restenose bezeichneten Verengung der Gefäßwand kommen. Das Grundpatent betrifft nun zytostatische Arzneistoffe zur Verhinderung bzw. Verminderung der Proliferation und Migration von Zellen der Blutgefäßwand, um dadurch der Gefahr einer Restenose entgegenzuwirken. Insbesondere wurde gefunden, dass Taxol für diesen Zweck geeignet ist, einem aus der Krebstherapie vorbekannten Wirkstoff mit dem internationalen Freinamen Paclitaxel, der unter der Zulassungsnummer EMEA/H/C/000216 am 19. Juli 1999 durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit Wirkung für die Europäische Union als Arzneimittel zur Behandlung von Krebs zugelassen wurde.

2

Anspruch 8 des Grundpatents lautet in deutscher Übersetzung:

3

„Verwendung von Taxol zur Herstellung eines Medikaments zur Beibehaltung einer erweiterten Gefäßfläche.“

4

Am 21. Januar 2003 wurde der Beschwerdeführerin durch den Technischen Überwachungsverein (TÜV) Rheinland als Benannter Stelle ein CE-Zertifikat für das Medizinprodukt „TAXUS™ Express2 Paclitaxel-Eluting Coronary Stent System“ erteilt, das unter der Registriernummer ID 60004045 0001 und der Reportnummer 21101422 003 geführt wird. Im Rahmen des für das CE-Zertifizierungsverfahren durchzuführenden Konsultationsverfahrens wurde der Arzneimittelbestandteil Paclitaxel des Medizinprodukts durch die niederländische Arzneimittelbehörde Medicines Evaluation Board in the Netherlands (CBG-MEB) gemäß Anhang I Abschnitt 7.4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte geprüft.

5

Am 29. März 2011 beantragte die Beschwerdeführerin beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats auf Grundlage des deutschen Teils des europäischen Patents und stützte sich dabei hinsichtlich der erforderlichen arzneimittelrechtlichen Zulassung auf ein CE-Zertifikat aus dem Jahr 2007. Mit Beschluss vom 19. Februar 2016 hat die Patentabteilung des DPMA den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung insbesondere ausgeführt, das antragsgemäße Erzeugnis besitze keine Arzneimittelzulassung im Sinne von Art. 2 der Verordnung (EG) 469/2009 (AMVO).

6

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Begehren auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats weiterverfolgt, zuletzt für das Erzeugnis „Paclitaxel“ und unter Angabe des ihr vom TÜV- Rheinland erteilten CE-Zertifikats vom 21. Januar 2003.

7

Sie macht im Wesentlichen geltend, das verfahrensgegenständliche Erzeugnis „Paclitaxel“ habe vor seiner Markteinführung entgegen der Wertung des DPMA durchaus ein verwaltungsrechtliches Zulassungsverfahren gemäß der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel durchlaufen. Zum einen sei Paclitaxel bereits als Arzneimittel zur Behandlung von Krebs durch die EMA mit Wirkung für die EU zugelassen worden. Zum anderen werde der vorliegende Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats auf die Zulassung durch das CE-Zertifikat mit der Registriernummer ID 60004045 0001 und der Reportnummer 21101422 003 gestützt, das durch den TÜV Rheinland als Benannte Stelle und unter Mitwirkung der niederländischen Arzneimittelbehörde CBG-MEB als konsultierte Arzneimittelbehörde am 21. Januar 2003 erteilt wurde. Aufgrund der maximalen Laufzeit von CE-Zertifikaten von 5 Jahren (Art. 11 (11) der Richtlinie 93/42/EWG), sei das genannte CE-Zertifikat zwischenzeitlich durch andere CE-Zertifikate verlängert bzw. ersetzt worden, zuletzt durch das CE-Zertifikat mit der Nummer 3812454DE38.

8

Für einen Arzneistoff freisetzenden Stent oder Katheter bestehe keine Zulassungsmöglichkeit nach der Richtlinie 2001/83/EG, vielmehr habe diese zwingend nach der Richtlinie 93/42/EWG zu erfolgen. Das Erzeugnis habe vorklinische und klinische Studien durchlaufen und sei durch die niederländische Arzneimittelbehörde anhand derselben arzneimittelrechtlichen Kriterien geprüft worden, wie sie auch in der Zulassung von Arzneimitteln Anwendung fänden. Die pauschale Verwehrung eines ergänzenden Schutzzertifikats für eine neue Verwendung eines Arzneistoffs lediglich aufgrund des Umstands, dass keine förmliche Arzneimittelzulassung gemäß der Richtlinie 2001/83/EG vorliege, stelle eine dem Willen des Verordnungsgebers widersprechende Diskriminierung von Teilen der pharmazeutischen Forschung dar. Für eine dahingehende Auslegung von Art. 2 AMVO, dass unter einem verwaltungsrechtlichen Zulassungsverfahren ausschließlich das förmliche Zulassungsverfahren gemäß Art. 3 (b) AMVO verstanden werden könne, bestehe keine Rechtfertigung. Vielmehr lasse der Wortlaut „Genehmigungsverfahren gemäß der Richtlinie 2001/83/EG“ sehr wohl die Interpretation zu, dass damit im weiteren Sinne auch andere Genehmigungsverfahren gemeint seien, die den inhaltlichen Anforderungen der Richtlinie 2001/83/EG entsprechen.

9

Im vorliegenden Fall habe der Arzneistoff „Paclitaxel“ im Rahmen des im CE-Zertifizierungsverfahren durchzuführenden Konsultationsverfahrens eine umfassende Prüfung der Sicherheit und des Nutzens durch die niederländische Arzneimittelbehörde durchlaufen, die hierzu abschließend ein positives Gutachten erstellt habe. Dieses Konsultationsverfahren müsse im Hinblick auf den Prüfstandard und den Prüfaufwand als gleichwertig zu einem förmlichen Zulassungsverfahren gemäß der Richtlinie 2001/83/EG angesehen werden, so dass der Anwendungsbereich der AMVO eröffnet sei. Unter vergleichbaren Umständen habe der EuGH in seiner Entscheidung „Hogan Lovells International“ bereits eine Anwendung der Verordnung EG 1610/96 (PSMVO) zugelassen und eine im Hinblick auf ihre Zulassungskriterien funktionell gleichwertige Genehmigung unter den Anwendungsbereich der PSMVO subsumiert, obwohl sie im Wortlaut des dort einschlägigen Art. 4 der Richtlinie 91/414/EG nicht genannt war. Gleiches müsse für die AMVO gelten. Die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats sei deshalb im vorliegenden Fall gerechtfertigt.

10

Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2017 hat sich die Beschwerdeführerin mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof einverstanden erklärt und angeregt, den entsprechenden Beschluss im schriftlichen Verfahren zu erlassen.

11

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

12

1. Die Voraussetzungen des Art. 3 Buchstaben (a), (c) und (d) AMVO sind im vorliegenden Fall erfüllt. Dagegen stellt sich im Hinblick auf Art. 3 (b) AMVO ebenso wie im Hinblick auf Art. 2 AMVO die Frage, ob eine geeignete Genehmigung für das Inverkehrbringen des verfahrensgegenständlichen Erzeugnisses vorliegt. Beide Vorschriften fordern letztlich dieselbe Art der Genehmigung, wobei Art. 2 AMVO das Inverkehrbringen des Erzeugnisses in der Gemeinschaft betrifft, während Art. 3 (b) AMVO eine dementsprechende Genehmigung in dem Mitgliedsstaat voraussetzt, in dem das Zertifikat erteilt werden soll. Eine Prüfung von Art. 3 (b) AMVO setzt jedoch voraus, dass der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist. Der Erfolg der Beschwerde hängt somit im vorliegenden Fall von der Auslegung des Art. 2 AMVO ab.

13

2. Gemäß Art. 2 AMVO ist der Anwendungsbereich der Verordnung eröffnet, wenn es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Stoff um ein Erzeugnis im Sinne von Art. 1 (b) AMVO handelt, und dieses Erzeugnis vor seinem Inverkehrbringen als Arzneimittel Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens gemäß der Richtlinie 2001/83/EG gewesen ist.

14

2.1 Der hier verfahrensgegenständliche Arzneistoff „Paclitaxel“ wird als unterstützender Bestandteil des mit ihm beschichteten Medizinprodukts eingesetzt, um nach dessen Einbringen in das von der Verengung betroffene Gefäß aus dem Trägergerüst an die Gefäßwand abgegeben zu werden und dort aufgrund seiner antiproliferativen Eigenschaften einem erneuten, gefäßverengenden Überwuchern der erweiterten Gefäßwand entgegenzuwirken. Die lokale Verabreichung erfolgt dabei entweder über einen mit Paclitaxel beschichteten Stent, aus dem der Arzneistoff an die Gefäßwand freigesetzt wird, oder über die direkte Applikation durch Verwendung eines Paclitaxel-beschichteten Ballonkatheters, wobei während der Aufweitung des Gefäßes durch den Ballon der Arzneistoff an die aufgedehnte Gefäßwand übertragen wird. Als Arzneistoff mit einer eigenständigen pharmakologischen Wirkung ist Paclitaxel als Erzeugnis im Sinne von Art. 1 (b) AMVO zu werten (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.15 – C-631/13 = GRUR Int. 2015, 272, Rn. 23 ff. – Forsgren).

15

2.2 Das Erzeugnis hat jedoch kein förmliches Zulassungsverfahren als Arzneimittel gemäß der Richtlinie 2001/83/EG durchlaufen. Als ergänzender Arzneimittelbestandteil eines Medizinprodukts war das Erzeugnis vielmehr zwingend nach der Richtlinie 93/42/EWG zu bewerten und zuzulassen (vgl. Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 93/42/EWG).

16

3. Ob ein Zulassungsverfahren gemäß der Richtlinie 93/42/EWG – bzw. gemäß der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte – die Voraussetzungen des Art. 2 AMVO erfüllen kann, wird in der Rechtsprechung der Mitgliedsstaaten bislang unterschiedlich beurteilt. Bejaht wurde diese Frage in der Entscheidung BPatG vom 26.01.10 – 14 W (pat) 12/07 – „Yttrium-90 Glasmikrokugeln“ = PharmR 2010, 237 (zur Richtlinie 90/385/EWG), verneint dagegen in BPatG vom 08.03.10 – 15 W (pat) 25/08 – „Hylan A und Hylan B“ = MPR 2011, 23 sowie UKIPO vom 31.03.14 – [2014] BL O/141/14 – „Cerus Corporation“ und UKIPO vom 29.07.14 – [2014] BL O/328/14 – „Leibniz-Institut für Neue Materialien“.

17

4. In der Rechtsprechung des EuGH finden sich verschiedene Entscheidungen, denen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, wie der vorliegende Fall im Rahmen des Art. 2 AMVO zu beurteilen sein könnte.

18

4.1 So betrafen die zur Auslegung von Art. 2 AMVO ergangenen Entscheidungen Synthon (Urteil vom 28.07.11 – C-195/09 = GRUR Int. 2011, 934) und Generics (UK) (Urteil vom 28.07.11 – C-427/09 = PharmR 2011, 375) sogenannte Altzulassungen von Arzneimitteln, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 65/65/EWG (der Vorgängerrichtlinie zur Richtlinie 2001/83/EG) erlassen wurden. Der Gerichtshof hat hierzu entschieden, dass die zugrundeliegenden, nicht unter der Richtlinie 65/65/EWG ergangenen Altzulassungen nur dann als richtlinienkonforme Genehmigungen angesehen werden können, wenn das betreffende Erzeugnis vor seinem Inverkehrbringen als Arzneimittel Gegenstand eines die Prüfung seiner Unschädlichkeit und seiner Wirksamkeit umfassenden verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens war (Urteil vom 28.07.11 – C-195/09 = GRUR Int. 2011, 934, Rdn. 44, 51).

19

4.2 Die beiden Entscheidungen Hogan Lovells International (Urteil vom 11.11.10 – C-229/09 = GRUR 2011, 213) und Sumitomo Chemical (Urteil vom 17.10.13 – C-210/12 = GRUR Int. 2013, 1129) betrafen die Auslegung von Art. 3 (1) b PSMVO.

20

In Hogan Lovells International sah der EuGH eine vorläufige Genehmigung gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/414/EG für die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats als ausreichend an, obwohl der Wortlaut des Art. 3 (1) b PSMVO hierfür explizit eine Genehmigung nach Art. 4 der Richtlinie 91/414/EG voraussetzt. Entscheidend war dabei für den Gerichtshof der Umstand, dass zwischen den Kriterien der vorläufigen Genehmigung gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/414/EG und denen der endgültigen Genehmigung nach Art. 4 dieser Richtlinie ein funktionaler Gleichwertigkeitszusammenhang besteht, da für die vorläufigen Genehmigungen dieselben wissenschaftlichen Zuverlässigkeitsanforderungen gelten und sie nach denselben Voraussetzungen überprüft werden, wie die in Art. 3 (1) b PSMVO genannten endgültigen Genehmigungen (Urteil vom 11.11.10 – C-229/09 = GRUR 2011, 213, Rdn. 43-46).

21

4.3 Dagegen erfüllte in Sumitomo Chemical eine Notgenehmigung nicht die Erfordernisse von Art. 3 (1) b PSMVO, weil zwischen den Prüfkriterien einer Notgenehmigung gemäß Artikel 8 (4) Richtlinie 91/414/EWG und denen einer endgültigen Genehmigung nach Art. 4 der Richtlinie 91/414/EG kein derartiger Gleichwertigkeitszusammenhang besteht. So wird eine Notgenehmigung nur für Erzeugnisse erteilt, die den Bestimmungen von Art. 4 der Richtlinie 91/414/EG von vornherein nicht entsprechen und für die gemäß der Richtlinie keine vorherige wissenschaftliche Prüfung der Risiken vorgeschrieben ist (Urteil vom 17.10.13 – C-210/12 = GRUR Int. 2013, 1129, Rdn. 35-36).

22

4.4 Von diesen Entscheidungen weicht der vorliegende Fall allerdings in einem wesentlichen Aspekt ab. So bezogen sich die Entscheidungen Synthon und Generics (UK) auf Genehmigungen für Arzneimittel, die vor dem Inkrafttreten der in Art. 2 AMVO genannten Richtlinie 65/65/EWG (jetzt Richtlinie 2001/83/EG) ergangen waren. Gegenstand der Urteile Hogan Lovells International und Sumitomo Chemical waren verschiedene Arten von Genehmigungen für Pflanzenschutzmittel nach der in Art. 3 (1) PSMVO genannten Richtlinie 91/414/EG. Dagegen bezieht sich der vorliegende Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats auf ein Erzeugnis, das nicht für sich genommen als Arzneimittel nach der Richtlinie 2001/83/EG genehmigt, sondern als Bestandteil einer Medizinprodukt-Arzneimittel-Kombination (Kombinationsprodukt) nach der Richtlinie 93/42/EWG zugelassen wurde.

23

5. Allein aufgrund des Wortlauts von Art. 2 AMVO lässt sich nicht notwendigerweise schließen, dass eine Zulassung nach der Richtlinie 93/42/EWG nicht den Anforderungen der Verordnung genügen kann. Eindeutig ist dagegen, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers im Rahmen der AMVO ausschließlich bestimmte Erzeugnisse gefördert werden sollen, nämlich Arzneimittel, und zwar die Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen von Arzneimitteln (vgl. Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel, KOM (90) 101 endg., Absätze 1 und 4; sowie Erwägungsgründe 3, 4 und 8 AMVO). Die Erteilung eines Schutzzertifikats für ein Medizinprodukt an sich ist daher nach der jetzigen Gesetzeslage ausgeschlossen.

24

6. Der vorliegende Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats richtet sich jedoch nicht auf ein Medizinprodukt, sondern auf ein Erzeugnis im Sinne von Art. 1 (b) AMVO, das als unterstützende Arzneimittelkomponente Bestandteil eines Medizinprodukts ist. Gemäß Art. 1 (4) der Richtlinie 93/42/EWG war das Gesamtprodukt (die Medizinprodukt-Arzneimittel-Kombination) nach dieser Richtlinie zuzulassen. Muss aber ein nach den Zielen der AMVO grundsätzlich schutzwürdiges Erzeugnis nach den Vorgaben des europäischen Gesetzgebers zwingend nach einer anderen Richtlinie zugelassen werden als der Richtlinie 2001/83/EG, spricht dies nach Ansicht des Senats gegen die Annahme, dass eine solche Zulassung von vornherein vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgeschlossen sein soll. Vielmehr ist insoweit maßgeblich darauf abzustellen, ob die betreffende Zulassung die verfahrensmäßigen und inhaltlichen Anforderungen der in Art. 2 AMVO genannten Richtlinie 2001/83/EG an eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erfüllt oder nicht.

25

7. Bei ihrem Inverkehrbringen müssen Medizinprodukte – bis auf wenige, hier nicht einschlägige Ausnahmen – mit einer CE-Kennzeichnung versehen sein (Art. 17 (1) Richtlinie 93/42/EWG). Zum Nachweis, dass es die hierfür erforderlichen Sicherheitsstandards erfüllt, muss das Medizinprodukt zuvor ein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen haben. Welches Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen ist, hängt vom potentiellen Risiko des konkreten Medizinprodukts bzw. seiner entsprechenden Einordnung in einer der vier vorgesehenen Produktklassen ab. Produkte, wie der hier verfahrensgegenständliche, mit dem arzneilichen Wirkstoff Paclitaxel beschichtete Stent, die als Kombination aus Medizinprodukt und einer Arzneimittelkomponente mit unterstützender Funktion eingestuft werden, sind gemäß Art. 9 (1) Richtlinie 93/42/EWG i. V. m. Anhang IX, Punkt III.4.1., Regel 13 in die Klasse III einzuordnen.

26

8. Die Zertifizierung erfolgt durch die Ausstellung einer Konformitätsbescheinigung durch eine Benannte Stelle. Bei den für das Konformitätsbewertungsverfahren der Medizinprodukte-Hersteller zuständigen Benannten Stellen handelt es sich um unabhängige, nach europaweit einheitlichen Kriterien von den Mitgliedsstaaten akkreditierte und überwachte Prüfstellen. Als staatlich autorisierte Stellen erfüllen sie mit der Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und besitzen insoweit auch hoheitliche Befugnisse. Aufgrund dieser Befugnisse sind die Benannten Stellen berechtigt, nach positivem Verlauf des Konformitätsbewertungsverfahrens eine Konformitätserklärung auszustellen, die es dem Hersteller gestattet, die CE-Kennzeichnung an das Medizinprodukt anzubringen. Diese Konformitätserklärung hat eine maximale Laufzeit von 5 Jahren, während der zusätzlich jährliche Überprüfungen des Produkts durch die Benannten Stellen erfolgen müssen. Die Beziehung zwischen Benannter Stelle und Hersteller ist rein privatrechtlich ausgestaltet, meist als schuldrechtlicher Dienst- oder Gutachtervertrag.

27

9. Medizinprodukte mit einem unterstützenden Arzneimittel als integralem Bestandteil (sog. Kombinationsprodukte) im Sinne von Art. 1 (4) Richtlinie 93/42/EWG unterliegen dem Medizinproduktegesetz, da ihre Hauptwirkung nicht auf pharmakologischem, immunologischem oder metabolischem Wege erreicht wird. Die Arzneimittelkomponente eines solchen Kombinationsprodukts wird jedoch entsprechend der Richtlinie 2001/83/EG und den darauf basierenden Guidelines geprüft. Hierfür ist ein Konsultationsverfahren bei einer Arzneimittelbehörde eines EU-Mitgliedsstaats durchzuführen, die dabei in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben hoheitlich tätig wird. Die Behörde überprüft und bewertet den arzneilichen Bestandteil des Medizinprodukts analog zu den in Anhang I der Richtlinie 2001/83/EG genannten Verfahren (vgl. Anhang I, Punkt 7.4. der Richtlinie 93/42/EWG). Die Durchführung des Konsultationsverfahrens bei der Arzneimittelbehörde erfolgt auf Ersuchen der mit dem Antrag des Herstellers auf CE-Kennzeichnung befassten Benannten Stelle (vgl. Anhang II, Punkt 4.3 der Richtlinie 93/42/EWG). Die Benannte Stelle ist in ihrer Wahl der Arzneimittelbehörde innerhalb der EU frei.

28

10. Die Arzneimittelbehörde prüft gemäß Anhang I Punkt 7.4 der Richtlinie 93/42/EWG auf Basis der ihr mit dem Antrag auf Konsultation übermittelten Dokumentation entsprechend den Empfehlungen der Leitlinie der Europäischen Kommission (= Guidance Document MEDDEV, in der am maßgeblichen Zeitpunkt des vorliegenden Falls geltenden Version MEDDEV 2.1/3 rev.2) die Sicherheit und die Qualität des Wirkstoffs sowie seinen Nutzen im Verhältnis zu seinen möglichen Risiken unter Berücksichtigung der konkreten Zweckbestimmung des Medizinprodukts analog zu den in Anhang I der Richtlinie 2001/83/EG genannten Verfahren. Abschließend erstellt die ersuchte Arzneimittelbehörde ein wissenschaftliches Gutachten zur Qualität, Nützlichkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittelanteils.

29

11. Das im Rahmen des Konsultationsverfahrens erstellte Gutachten der Arzneimittelbehörde bewertet den Arzneimittelbestandteil des Medizinprodukts somit anhand der für Arzneimittel geltenden Standards, indem sie prüft, ob das Arzneimittel sicher und nützlich ist und den therapeutischen Nutzen zu den möglichen Risiken der Behandlung in Relation setzt. Aus den unterschiedlichen Begriffen „Nutzen“ in der Richtlinie 93/42/EWG bzw. „Wirksamkeit“ in der Richtlinie 2001/83/EG ergibt sich dabei nach Ansicht des Senats kein relevanter Unterschied hinsichtlich der Prüfung des Arzneimittelbestandteils im Konsultationsverfahren und der Prüfung im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren. So wird die therapeutische Wirksamkeit eines Arzneimittels im Zulassungsverfahren anhand von klinischen Studien gegenüber einem Komparator ermittelt, typischerweise eine etablierte Standardbehandlung oder – soweit zu diesem Zeitpunkt noch keine Alternativbehandlung etabliert ist – im Vergleich mit einem Placebo. Die entsprechenden klinischen Studien erfolgen dabei soweit wie möglich als randomisierte, doppelt verblindete Studien. Der therapeutische Nutzen des Arzneimittelbestandteils eines Medizinprodukts wird im Rahmen der klinischen Prüfung im Konsultationsverfahren dahingehend überprüft, ob die in Anhang I Abschnitt 3 genannten Leistungsdaten erfüllt sind (Anhang X, Punkt 2.1 der Richtlinie 93/42/EWG). Diese Leistungsdaten werden vom Hersteller des Medizinprodukts vorgegeben (Anhang I. Punkt I.3 1 der Richtlinie 93/42/EWG), indem er in seinem Antrag den Zweck benennt, den der Arzneistoff im Zusammenhang mit dem Einsatz des Medizinprodukts erfüllen soll. Ob dieser Zweck erfüllt wird, ist dann Gegenstand der klinischen Prüfung. Die Prüfung, ob der genannte Zweck (Nutzen) des Arzneistoffs erzielt wird, kann damit als inhaltlich gleichwertig zur Prüfung der therapeutischen Wirksamkeit eines Arzneimittels angesehen werden.

30

12. Im vorliegenden Fall wurde von der Antragstellerin im CE-Zertifizierungsverfahren als Zweck des Arzneistoffes Paclitaxel bei der Verwendung des Medizinprodukts angeführt, dass dieser das Wiederverschließen eines Blutgefäßes (Restenose) nach erfolgter Ballondilatation verhindern solle. Dieser therapeutische Nutzen wurde dann im Konsultationsverfahren von der Arzneimittelbehörde gegenüber einem Placebo (da es zu diesem Zeitpunkt noch keine entsprechende Standardbehandlung gab) überprüft und in einer klinischen Nutzen/Risiko-Analyse nach den Standards der Arzneimittelzulassung bewertet (vgl. MEDDEV 2.1/3 rev.2, Section B).

31

13. Nach dem Vortrag der Antragstellerin wurden zu dem Arzneimittelbestandteil Paclitaxel im Rahmen des Konsultationsverfahrens umfangreiche Daten bezüglich der Pharmakokinetik, der Sicherheit und dem klinischen Nutzen von Paclitaxel im spezifischen Kontext des Stent-Systems eingereicht. Den Kern der klinischen Daten stellte eine randomisierte, doppelt verblindete prospektive Studie zur Sicherheit und den Leistungsmerkmalen (Nützlichkeit) eines Paclitaxel-beschichteten Stents dar. Aus den Ergebnissen dieser Studie leitete die Antragstellerin die Leistungsdaten des Arzneistoffs im Sinne des Anhang I, Punkt I.3 der Richtlinie 93/42/EWG ab. Die von der Benannten Stelle ersuchte niederländische Arzneimittelbehörde CBG-MEB prüfte das eingereichte Dossier und erließ zunächst einen negativen Zwischenbescheid. Nachdem die Anmelderin ergänzende Ausführungen und Unterlagen vorgelegt hatte, stellte die CBG-MEB am 20. Januar 2003 eine positive Stellungnahme aus. Auf Grundlage des positiven Gutachtens erteilte der TÜV Rheinland dann am 21. Januar 2003 das beantragte CE-Zertifikat mit der Registriernummer ID 60004045 0001 und der Reportnummer 21101422 003.

32

14. Damit hat das Erzeugnis „Paclitaxel“ als integraler Bestandteil des Medizinprodukts ein hinsichtlich seiner materiellen Prüfkriterien im Vergleich zur Richtlinie 2001/83/EG gleichwertiges Zulassungsverfahren durchlaufen.

33

15. Zur weiteren Frage, ob eine Anwendung der AMVO im vorliegenden Fall deshalb ausscheidet, weil das Erzeugnis kein verwaltungsrechtliches Genehmigungsverfahren im Sinne von Art. 2 AMVO durchlaufen hat, verweist der Senat auf die nachfolgenden Aspekte.

34

15.1 Das im vorliegenden Fall durchgeführte Konformitätsbewertungsverfahren wurde durch eine entsprechend den europaweit einheitlichen Kriterien ausgewählte, benannte und staatlich überwachte Prüfstelle erteilt (vgl. hierzu die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 920/2013 der Kommission über die Benennung und Beaufsichtigung benannter Stellen gemäß der Richtlinie 90/385/EWG des Rates über aktive implantierbare medizinische Geräte und der Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte). Zwar handelt es sich bei den Benannten Stellen nicht um Behörden im Sinne des öffentlichen Rechts. Bei der Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens werden sie jedoch in der Ausübung einer dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Aufgabe – auch – als Träger hoheitlicher Befugnisse tätig. Auch wenn die Benannte Stelle das Konformitätsbewertungsverfahren für den Medizinprodukte-Hersteller aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags durchführt, unterliegen die maßgeblichen formellen und materiellen Prüfungsstandards – insbesondere im Hinblick auf den hier maßgeblichen Arzneimittelbestandteil – nicht der Vertragsfreiheit, sondern beruhen auf EU-Recht bzw. auf den nach deren Umsetzung in nationales Recht einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (in Deutschland die Vorschriften des Medizinproduktegesetzes).

35

15.2 Mit der Bewertung des Arzneimittelbestandteils im Konsultationsverfahren ist im Unterschied zu dem in Art. 2 AMVO genannten Genehmigungsverfahren gemäß der Richtlinie 2001/83/EG keine förmliche Zulassung als Arzneimittel verbunden. Diese Abweichung ergibt sich jedoch aus der Unterschiedlichkeit der jeweiligen Produktkategorien und den entsprechenden regulatorischen Vorgaben (vgl. Art. 1 (4) Richtlinie 93/42/EWG). Wesentliche Unterschiede hinsichtlich der maßgeblichen formellen und materiellen Prüfungsstandards sind damit nicht verbunden, da beiden Verfahren die vor dem Inverkehrbringen zwingend vorgeschriebene Prüfung durch eine Arzneimittelbehörde anhand der arzneimittelrechtlichen Standards der Richtlinie 2001/83/EG gemeinsam ist. Hinsichtlich der Verbindlichkeit des Prüfungsergebnisses besteht ebenfalls Übereinstimmung, da die Benannte Stelle das im Rahmen des Konsultationsverfahrens erstellte Gutachten der Arzneimittelbehörde bei ihrer Entscheidung gebührend berücksichtigen muss (vgl. Anhang II Abschnitt 4.3 Abs. 4 der Richtlinie 93/42/EWG). Der Terminus „berücksichtigen“ bedeutet dabei, dass die Benannte Stelle im Falle eines negativen Gutachtens der Arzneimittelbehörde an der Erteilung eines CE-Zertifikats gehindert ist. Denn die Zertifizierung eines Kombinationsprodukts entgegen der negativen Begutachtung des Arzneimittelbestandteils könnte unter keinen Umständen als „gebührende Berücksichtigung“ des Gutachtens angesehen werden. Somit ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung in Anhang II Abschnitt 4.3 Abs. 4 der Richtlinie 93/42/EWG die gleiche Verbindlichkeit des Prüfungsergebnisses im Konsultationsverfahren wie im Arzneimittelzulassungsverfahren gemäß der Richtlinie 2001/83/EG. Für den Fall, dass eine in der Anwendung dieser Richtlinie getroffene Entscheidung zum Verbot oder zu einer Beschränkung des Inverkehrbringens des Medizinprodukts führt, sieht Art. 19 (1) der Richtlinie 93/42/EWG entsprechende Regelungen zu den in diesem Fall dem Antragsteller zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln vor.

36

16. Trotz der vorhandenen verfahrensmäßigen Unterschiede sprechen die getroffenen Feststellungen somit dafür, das bei Kombinationsprodukten durchzuführende Konformitätsverfahren einem verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren im Sinne von Art. 2 AMVO gleichzustellen. Eine solche Gleichstellung würde auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung in Einklang stehen, unter Abwägung aller maßgeblichen Interessen den Patentinhabern einen zeitlichen Ausgleich für die notwendigen Studien und Zulassungsverfahren zu gewähren, um so einen Anreiz für weitere pharmazeutische Forschungs- und Entwicklungsleistungen zu schaffen (vgl. Erwägungsgründe 3 bis 10 der AMVO). Denn nur die Subsumtion eines Konformitätsbewertungsverfahrens, wie es im vorliegenden Fall durchgeführt wurde, unter den Anwendungsbereich des Art. 2 AMVO, würde es dem Inhaber des Grundpatents ermöglichen, eine Kompensation für die lange Dauer des vorgeschriebenen Genehmigungs- bzw. Zertifizierungsverfahrens zu erhalten. Anderenfalls wäre ihm dies trotz der erforderlichen, entsprechend dem Erwägungsgrund 2 der Verordnung auch der Verbesserung der Volksgesundheit dienenden Studien und Zulassungsverfahren verwehrt, da für die neue Verwendung des Wirkstoffs gemäß der Lehre des Grundpatents die Möglichkeit einer förmlichen Zulassung als Arzneimittel gemäß der Richtlinie 2001/83/EG nach den Vorgaben des europäischen Gesetzgebers von vornherein ausgeschlossen war (vgl. Art. 1 (4) der Richtlinie 93/42/EWG).

37

17. Im Hinblick auf die uneinheitliche Entscheidungspraxis in den Mitgliedsstaaten bei der Anwendung von Art. 2 AMVO war das Verfahren auszusetzen und die im Tenor genannte Frage dem Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV zur Klärung vorzulegen.