Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 28.03.2013


BPatG 28.03.2013 - 12 W (pat) 36/12

Patentbeschwerdeverfahren – "Bewegungstrainingsgerät mit einer Kurbel" – zu den Anforderungen an die elektronische Signatur als Unterschriftserfordernis für elektronische Amtsakten des DPMA


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsdatum:
28.03.2013
Aktenzeichen:
12 W (pat) 36/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 195 49 723

hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. März 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Schneider, der Richterin Bayer sowie der Richter Dr.-Ing. Krüger und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Patentinhabers wird der Beschluss der Patentabteilung 1.15 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Juni 2012 (Erstellungsdatum) aufgehoben und die Sache an das Patentamt zurückverwiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I

1

Gegen das am 12. August 1995 angemeldete und am 4. November 2010 veröffentlichte Patent 195 49 723 mit der Bezeichnung „Bewegungstrainingsgerät mit einer Kurbel“ wurde am 31. Januar 2011 Einspruch eingelegt, mit der Begründung, dass mangels Neuheit bzw. wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei. Die Einsprechende hat ihren Einspruch am 15. Mai 2012 zurückgenommen.

2

Mit Beschluss der Patentabteilung 1.15 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Juni 2012, wurde das Patent widerrufen. Der Beschluss vom 5. Juni 2012 wurde jedoch lediglich von Herrn Dr. W… und Herrn E… signiert. Herr B… hat den Beschluss nicht signiert. In dem Beschluss wurde einleitend ausgeführt, er sei am Ende einer Anhörung in der Sitzung vom 23. Mai 2012 beschlossen worden, gleichzeitig wurde im Beschluss ausgeführt, die anberaumte Anhörung sei nicht durchgeführt worden.

3

Am 5. Juli 2012 hat der Patentinhaber gegen den Beschluss vom 5. Juni 2012 Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr entrichtet.

4

Mit Schreiben vom 28. Januar 2013 wurde seitens des BPatG dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Senat beabsichtige, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das DPMA zurückzuverweisen sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, da der Beschluss lediglich zwei Signaturen aufweise. Der Beschwerdeführer hat sich dazu nicht geäußert.

II

5

Auf die Beschwerde des Patentinhabers wird der Beschluss der Patentabteilung 1.15 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Juni 2012 aufgehoben und die Sache an das Patentamt zurückverwiesen (§ 79 Abs. 3 PatG), da das Verfahren vor dem Patentamt zumindest an einem wesentlichen Mangel leidet, weil der Beschluss vom 5. Juni 2012 lediglich von zwei Personen signiert wurde.

6

Es ist nicht ersichtlich, dass ein Beschluss in einer Anhörung am 23. Mai 2012 verkündet worden wäre. Ein entsprechendes Anhörungsprotokoll liegt nicht vor und zudem ist im Beschluss vom 5. Juni 2012 ausgeführt, dass die anberaumte Anhörung nicht stattgefunden habe.

7

Als Beschluss kommt lediglich die schriftliche Abfassung vom 5. Juni 2012 in Betracht, die um wirksam zu sein, unterschrieben sein muss (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl. § 47 Rdn. 8). Der Beschluss trägt jedoch lediglich zwei Signaturen, so dass bereits Zweifel bestehen, ob ein wirksamer Beschluss zustande gekommen ist, oder es sich lediglich um einen Entwurf handelt.

8

Gemäß § 1 der Verordnung über die elektronische Aktenführung bei dem Patentamt, dem Patentgericht und dem Bundesgerichtshof (im Folgenden EAPatV) kann das Patentamt die Verfahrensakten ganz oder teilweise auch elektronisch führen. Gemäß § 5 EAPatV wird ein elektronisches Dokument des Patentamts unterzeichnet, indem der Name der unterzeichnenden Person eingefügt und eine fortgeschrittene elektronische Signatur an das Dokument angebracht wird. Gemäß § 2 EAPatV gelten für das Verfahren vor dem Patentamt die Regelungen der Zivilprozessordnung über die elektronische Aktenführung entsprechend. Soweit Richter, Rechtspfleger, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Gerichtsvollzieher ein Dokument handschriftlich unterzeichnen müssen, genügt gemäß § 130b ZPO dieser Form nur dann die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (vgl. § 2 Nr. 3 des Gesetzes über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (SigG)) versehen. Vorliegend haben jedoch lediglich Herr Dr. W… und Herr E… den Beschluss signiert, nicht jedoch Herr B…. Hinzu kommt, dass der Beschluss einerseits angibt, dass er im Anschluss an eine Anhörung ergangen sei, jedoch andererseits ausführt, dass die anberaumte Anhörung nicht stattgefunden habe. Selbst wenn man wegen der beiden Signaturen von einem wirksamen Beschluss und nicht bloß von einem Entwurf ausgeht, ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass der Beschluss in einer rechtmäßigen Besetzung zustande gekommen ist, da er lediglich mit zwei Signaturen versehen ist (zu einem vergleichbaren Fall hinsichtlich einer fehlerhaften Ersetzung einer Unterschrift in einem Markenlöschungsverfahren vgl. BPatG Beschluss vom 7. April 2011 in der Sache 30 W (pat) 98/09, zu finden auf der Internetseite des BPatG). Der Beschluss vom 5. Juni 2012 leidet damit an einem wesentlichen Mangel.

9

Die Zurückverweisung erfolgt gemäß § 79 Abs. 3 PatG. Sie steht im Ermessen des Gerichts. Nachdem durch die fehlende dritte Signatur an der Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses zumindest erhebliche Zweifel bestehen können und auch nicht ersichtlich ist, dass der Beschluss in einer rechtmäßigen Dreierbesetzung zustande gekommen ist, besteht ein erhebliches Interesse daran, dass die Patentabteilung sich erneut mit dem Einspruch befasst, um zu einer in rechtmäßiger Besetzung getroffenen Entscheidung zu gelangen.

10

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird gemäß § 80 Abs. 3 PatG angeordnet, da dies der Billigkeit entspricht. Nachdem der dem Patentinhaber zugestellte Beschluss vom 5. Juni 2012 am Ende darauf hinweist, dass das Dokument elektronisch signiert worden und ohne Unterschrift gültig sei, war der Patentinhaber gezwungen Beschwerde einzulegen, denn er konnte sich nicht darauf verlassen, dass der lediglich mit zwei Signaturen versehene Beschluss unwirksam ist. Der mit wesentlichen Mängeln behaftete Beschluss machte zumindest den Anschein eines wirksamen Beschlusses.