Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 07.02.2013


BPatG 07.02.2013 - 11 W (pat) 314/11

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Hochwirksame Umwandlung von Stickoxiden in einer Abgasnachbehandlungsvorrichtung bei niedriger Temperatur" – zur Berücksichtigung einer Diplomarbeit als Stand der Technik


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsdatum:
07.02.2013
Aktenzeichen:
11 W (pat) 314/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Einspruchssache

betreffend das Patent 102 33 665

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dipl.-Ing. Univ. Fetterroll und Dipl.-Ing. Univ. Hubert

beschlossen:

Auf den Einspruch wird das Patent DE 102 33 665 mit den Patentansprüchen 1 bis 13 vom 7. Februar 2013, der am 22. Dezember 2006 eingereichten Beschreibung und den Zeichnungen gemäß Patentschrift beschränkt aufrechterhalten.

Gründe

I.

1

Auf die am 24. Juli 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte und am 27. Februar 2003 veröffentlichte Patentanmeldung, für die die Priorität der amerikanischen Voranmeldung (Aktenzeichen US 09/682,242) vom 9. August 2001 in Anspruch genommen wird, ist die Erteilung des Patents 102 33 665 mit der Bezeichnung „Hochwirksame Umwandlung von Stickoxiden in einer Abgasnachbehandlungsvorrichtung bei niedriger Temperatur“ am 10. November 2005 veröffentlicht worden.

2

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

3

Die Einsprechende macht geltend, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei, und dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

4

Sie stützt ihr Vorbringen auf folgende Druckschriften:

5

E1 EP 0 554 766 A1

6

E2 EP 0 879 343 B1

7

E3 Hilligardt, M.: Diplomarbeit „Erprobung und Optimierung eines Steuergerätes zur Ammoniakeindüsung bei der Stickoxidreduktion eines Nutzfahrzeug-Dieselmotors“ vom 25. November 1992, eingereicht an der Fachhochschule für Technik Esslingen im Sommersemester 1993

8

E4 WO 98/45581 A1

9

E5 DE 197 49 400 A1

10

E6 DE 196 29 163 C1

11

E7 WO 96/04980 A1

12

E8 DE 43 15 278 A1

13

sowie die Druckschriften

14

D1 K. Schwendy und A. Keukenschrijver in Busse, Patentgesetz, 6. Auflage, S. 913;

15

D2 BPatG, Beschluss vom 12.12.2000 – 34 W (pat) 30/00

16

D3 T 0674/96, Entscheidung vom 29. April 1999

17

D4 T 1138/02, Entscheidung vom 30. Juni 2004

18

D5 T 0181/02, Entscheidung vom 13. Oktober 2003

19

D6 Römpp, online Fassung, Kapitel Katalyse, http://www.roempp.com, Dokumentennummer RD-11-00605, Datenbestand März 2002

20

D7 Wikipedia, Heterogene Katalyse; Stand vom 27. August 2012

21

D8 G. Qi et al., Catal Lett. (2008), 121 :111-117

22

D9 Wikipedia, Aktives Zentrum, Stand vom 31. August 2012

23

und die bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigte

24

1 DE 41 17 143 A1.

25

Die Einsprechende beantragt,

26

das angegriffene Patent zu widerrufen.

27

Die Patentinhaberin beantragt,

28

 das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 13 vom 7. Februar 2013, der am 22. Dezember 2006 eingereichten Beschreibung und den Zeichnungen gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.

29

Sie bestreitet, dass die Entgegenhaltung E3 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, so dass sie dem Streitpatent daher schon aus diesem Grunde nicht als Stand der Technik entgegenstehe. Die Patentinhaberin macht sinngemäß geltend, dass die Verfahren bzw. Gegenstände der nunmehr geltenden nebengeordneten Ansprüche 1, 6, 8, 10 und 12 patentfähig seien.

30

Der Anspruch 1 vom 7. Februar 2013 lautet:

31

„Verfahren zur Zufuhr von Reduktionsmittel zu einem Katalysator, der mit einem mit einem mageren Luft/Kraftstoffverhältnis arbeitenden Verbrennungsmotor mit innerer Verbrennung gekoppelt ist, mit folgenden Schritten:

32

Ermitteln einer im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittelmenge; und Zufuhr von Reduktionsmittel zum Katalysator, während die ermittelte Menge kleiner als eine erste vorbestimmte Menge ist, wobei das Verfahren einen weiteren Schritt aufweist, der den das Reduktionsmittel zuführenden Schritt unterbricht, wenn die im Katalysator gespeicherte Reduktionsmittelmenge größer als eine vorbestimmte zweite Menge ist, wobei als Reduktionsmittel eine wässrige Lösung verwendet wird, welche Ammoniak enthält,

33

gekennzeichnet durch die Schritte:

34

Überprüfen, ob eine der beiden folgenden Bedingungen zutrifft, nämlich Überprüfen, ob die Katalysatortemperatur eine vorbestimmte Temperatur überschreitet und Überprüfen, ob die NOx-Konzentration in dem Abgasstrom eine vorbestimmte Konzentration unterschreitet,

35

Zuführen von Reduktionsmittel, wenn eine dieser beiden Bedingungen erfüllt ist.“

36

Der nebengeordnete Anspruch 6 vom 7. Februar 2013 lautet:

37

„System zur Erhöhung der in einem Katalysator umgewandelten Menge von NOx, wobei der Katalysator Abgas von einer Brennkammer aufnimmt, die mit einer auf der mageren Seite des stöchiometrischen Verhältnisses liegenden Luft/Kraftstoffmischung arbeitet, mit einem dem Abgas Reduktionsmittel zuführenden lnjektor (20), der stromaufwärts des Katalysators (30) und stromabwärts der Brennkammer liegt, wobei als Reduktionsmittel eine wässrige Lösung verwendet wird, welche Ammoniak enthält,

38

gekennzeichnet durch

39

eine elektronische Regeleinheit (40), die operativ mit dem lnjektor (20) und mit der Verbrennungskammer verbunden ist und die periodisch einen ersten Satz von mageren Betriebszuständen der Brennkammer erzeugt und den lnjektor (20) während dieses ersten Satzes von Betriebszuständen betätigt,

40

wobei das System außerdem einen stromabwärts des Katalysators (30) liegenden Abgasfühler (44) aufweist,

41

wobei der Abgasfühler (44) operativ mit der elektronischen Regeleinheit (40) verbunden ist und letztere den lnjektor aufgrund eines Signals vom Abgasfühler (44) betätigt,

42

wobei die Regeleinheit überprüft, ob die NOx-Konzentration in dem Abgasstrom der Brennkammer eine vorbestimmte Konzentration unterschreitet und Reduktionsmittel zuführt, wenn die NOx-Konzentration in dem Abgasstrom die vorbestimmte Konzentration unterschreitet.“

43

Der nebengeordnete Anspruch 8 vom 7. Februar 2013 lautet:

44

„Verfahren zur Erhöhung der NOx-Wandlungsefzienz eines mit einem Verbrennungsmotor(s) mit lnnenverbrennung verbundenen Katalysators, mit folgenden Schritten, welche während des laufenden Betriebs des Verbrennungsmotors durchgeführt werden:

45

Schaffen einer Angabe einer im Katalysator gespeichert Reduktionsmittelmenge;

46

Erzeugen eines mageren Betriebszustandes, der die Temperatur ım Katalysator über eine vorbestimmte Temperatur anhebt, wenn die angegebene Menge des im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittels kleiner als eine erste vorbestimmte Menge ist,

47

wobei als Reduktionsmittel eine wässrige Lösung verwendet wird, welche Ammoniak enthält.“

48

Der nebengeordnete Anspruch 10 vom 7. Februar 2013 lautet:

49

„Verfahren zur Erhöhung der NOx-Wandlungseffizienz eines Katalysators, der mit einem Verbrennungsmotor mit innerer Verbrennung gekoppelt ist, mit folgenden Schritten:

50

Schaffen einer Angabe einer Menge eines im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittels;

51

Erzeugen eines Motorbetriebszustands, bei dem die vom Motor ausgestoßenen Abgase eine NOx-Konzentration unter einer vorbestimmten Konzentration haben, wenn die angegebene Menge des im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittels kleiner als eine erste vorbestimmte Menge ist, wobei der Betriebszustand ein Magerbetriebszustand ist,

52

wobei als Reduktionsmittel eine wässrige Lösung verwendet wird, welche Ammoniak enthält.“

53

Der nebengeordnete Anspruch 12 vom 7. Februar 2013 lautet:

54

„Computerlesbares Speichermedium, in dem Daten gespeichert sind, die von einem Computer ausführbare Befehle darstellen, zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1, 8 oder 10 zur Regelung eines Verbrennungsmotors (10) mit lnnenverbrennung und eines lnjektors (20), der dem vom Motor ausgestoßenen Abgas einen stromaufwärts eines mit dem Motor verbundenen Katalysators (30) Reduktionsmittel einspritzt, dadurch gekennzeichnet, dass die Befehle aufweisen:

55

Befehle zur periodischen Erzeugung eines ersten Satzes Motorbetriebszustände; und

56

Befehle zur Einspritzung von Reduktionsmittel während des ersten Satzes der Motorbetriebszustände, wobei die Motorbetriebszustände des ersten Satzes Magerbetriebszustände sind.“

57

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche sowie weiterer Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

58

Der zulässige Einspruch ist insoweit erfolgreich, als er zur Beschränkung des Patents führt.

59

Die Diplomarbeit E3 kann nicht als Stand der Technik berücksichtigt werden.

60

Die Auffassung der Einsprechenden, dass die Zugänglichkeit der Diplomarbeit E3 für Mitglieder der Öffentlichkeit mehr als eine nach der Lebenserfahrung nicht zu entfernte Möglichkeit darstelle, da Diplomarbeiten stets in einem oder mehreren Exemplaren beim Fachbereich des jeweiligen Instituts verblieben und zum Nutzen zumindest der dort angestellten oder studierenden Personen diesen zugänglich seien, genügt dem Gebot des Nachweises der öffentlichen Zugänglichkeit nicht.

61

Die Einsprechende behauptet, die im Jahr 1992 angefertigte Diplomarbeit E3 habe ab dem 25. November 1994 nach Abschluss der zweijährigen Sperrfrist an der Fachhochschule für Technik Esslingen am entsprechenden Fachbereich Dritten zur Einsicht zur Verfügung gestanden. Dies hat die Einsprechende jedoch nicht nachzuweisen vermocht. Die Ermittlungen sowohl der Einsprechenden als auch des Senats, insbesondere an der Fachhochschule Esslingen, haben keinerlei beweiskräftige Tatsachen dafür ergeben, dass die Diplomarbeit vor dem Zeitrang des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Das Online-Publikations-System der Hochschule Esslingen enthält die E3 noch nicht und setzt erst später ein (vgl. www.hs-esslingen.de/de/hochschule/service/ bibliothek.html). Selbst wenn die Diplomarbeit im Fachbereich der Hochschule irgendwo vorhanden war, besagt dies noch nichts darüber, ob und wie Außenstehende darauf hingewiesen oder dorthin geleitet worden sind. Die Frage des fehlenden Nachweises der öffentlichen Zugänglichkeit der E3 hat das rechtskundige Mitglied des Senats vor der mündlichen Verhandlung (am 31. Januar 2013, umfassend mit dem Vertreter der Einsprechenden telefonisch erörtert, so dass auch die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung keinen Anlass mehr gesehen hat, sich auf die E3 als Stand der Technik zu berufen.

62

Die Entgegenhaltung E3 muss daher bei der Beurteilung des Streitpatents außer Acht bleiben.

63

Ebenso gehören die Druckschriften D6 bis D9, da nicht vor dem Zeitrang des Streitpatents veröffentlicht, nicht zum Stand der Technik und sind daher gleichfalls unbeachtlich.

64

Das vorliegende Patent betrifft ein System und ein Verfahren zur Verbesserung der Wandlungseffizienz eines Mager-NOx-Katalysators in einem Dieselmotor oder einem Magerverbrennungsbenzinmotor und insbesondere eine Verbesserung der Wandlungseffizienz durch die Regelung der Zufuhr eines NOx-Reduktionsmittels (Absatz[0001] der Patentschrift).

65

Die Verfahren des Standes der Technik hätten das Problem, dass einige der dem Katalysator zugeführten Reduktionsmittel ohne Reaktion durch den Katalysator schlüpften und deshalb die NOx-Wandlung bei niedrigen Temperaturen unter 250°C zu gering sei (Absatz[0004] der Patentschrift).

66

Die vorliegende Erfindung zielt darauf ab, mit einer geringeren Reduktionsmittelmenge auszukommen, das Durchschlüpfen unreagierten Reduktionsmittels durch den Katalysator zu begrenzen und die NOx-Wandlungseffizienz eines Mager-NOx-Katalysators im Temperaturbereich von 140°C bis 250°C deutlich zu erhöhen (Absatz[0005] der Patentschrift).

67

Maßgeblicher Fachmann ist hier ein Hochschulingenieur der Fachrichtung Verfahrenstechnik mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Abgasreinigung von Verbrennungsabgasen, insbesondere bei Brennkraftmaschinen.

68

Zulässigkeit der Ansprüche

Die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 finden ihre Stütze im erteilten Anspruch 1, im erteilten Anspruch 8, im Abs. [0032], in den erteilten Ansprüchen 4 und 6 sowie im Abs. [0043]. In den Anmeldeunterlagen sind diese Merkmale im Anspruch 1, im Anspruch 8, auf Seite 12, Zeilen 11 bis 13, in den Ansprüchen 4 und 6 sowie auf Seite 19, Zeile 26 bis Seite 20, Zeile 8 offenbart.

Die Merkmale des geltenden Anspruchs 6 finden ihre Stütze in den erteilten Ansprüchen 13 bis 15, im Abs. [0032] und z. B. im Abs. [0043]. In den Anmeldeunterlagen sind diese Merkmale in den Ansprüchen 16 bis 18, auf Seite 12, Zeilen 11 bis 13 und z. B. auf Seite 19, Zeile 26 bis Seite 20, Zeile 14 offenbart.

Die Merkmale des geltenden Anspruchs 8 finden ihre Stütze im erteilten Anspruch 18 sowie im Abs. [0032]. In den Anmeldeunterlagen sind die Merkmale dieses Anspruchs im Anspruch 21 und auf Seite 12, Zeilen 11 bis 13 offenbart.

Die Merkmale des geltenden Anspruchs 10 finden ihre Stütze im erteilten Anspruch 20 und in den Abs. [0035] und [0032]. In den Anmeldeunterlagen sind die Merkmale dieses Anspruchs im Anspruch 23, auf Seite 13, Z. 27 bis Seite 14, Zeile 14 und Seite 12, Zeilen 11 bis 13 offenbart.

Die Merkmale des geltenden Anspruchs 12 finden ihre Stütze im erteilten Anspruch 22. In den Anmeldeunterlagen sind die Merkmale dieses Anspruchs im Anspruch 25 offenbart.

Der Unteranspruch 2 ist im erteilten Anspruch 5 und im ursprünglichen Anspruch 5 offenbart. Unteranspruch 3 ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 9 wie auch aus dem ursprünglichen Anspruch 9. Unteranspruch 4 ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 11 wie auch aus dem ursprünglichen Anspruch 11. Unteranspruch 5 ergibt sich sowohl aus dem erteilten Anspruch 12 als auch aus dem ursprünglichen Anspruch 12. Unteranspruch 7 findet seine Stütze im erteilten Anspruch 17 und im ursprünglichen Anspruch 20. Unteranspruch 9 folgt aus dem erteilten Anspruch 19 oder dem ursprünglichen Anspruch 22. Unteranspruch 11 hat seinen Ursprung im erteilten Anspruch 21 oder im ursprünglichen Anspruch 24. Unteranspruch 13 findet sich im erteilten Anspruch 23 oder im ursprünglichen Anspruch 26.

Somit sind die geltenden Ansprüche zulässig, und sie beschränken auch die in der erteilten Fassung beanspruchten Verfahren bzw. Gegenstände.

69

Mangelnde Ausführbarkeit/Klarheit

70

Die Einsprechende ist der Auffassung, dass die Bedingungen, unter denen das Reduktionsmittel eingedüst werde, nach Angabe des Streitpatents (S. 5, Abs. [0029]) einen NOx-Gehalt im Abgas von unter 25 ppm oder eine Temperatur des Katalysators von größer 200°C erfordere. Der maximale NOx-Gehalt von 25 ppm bzw. die Mindesttemperatur von größer 200°C stellten somit wesentliche, zur erfolgreichen Ausführung erforderliche Merkmale des Verfahrens dar, die jedoch entgegen § 4 (4) PatAnmV (außer Kraft, jetzt § 9 (4) PatV) nicht im Patentanspruch 1 enthalten seien. Ohne diese Merkmale gebe der Anspruch 1 dem Fachmann keine ausführbare Lehre, sei daher nicht ausführbar und der Schutzbereich könne nicht erkannt werden (§ 34 (4) (3) PatG).

71

Dies trifft nicht zu. Die beanspruchten Gegenstände sind ausführbar und so deutlich angegeben, dass sie bestimmt werden können.

72

Im vorliegenden Fall hat die Patentinhaberin in der Beschreibung des streitigen Patents an Hand der Figur 2 mit der zugehörigen Beschreibung, insbesondere im Absatz [0029], ausführlich und hervorgehoben dargelegt, worin sie den Kern der Erfindung sieht. An dieser Stelle wie auch schon im Absatz [0008] ist ausführlich erläutert, welcher Grenzwert für die Schwelle der NOx-Konzentration (< 25ppm) im Abgas vor dem Katalysator und welche Grenztemperatur des Katalysators (>2000C) als zwingend notwendig für die Wirkung der beanspruchten Verfahren bzw. Gegenstände angesehen werden. Somit sind dem Fachmann durch die Beschreibung zweifelsfrei Werte an die Hand gegeben, die es ihm erlauben, die beanspruchte Lehre anzuwenden. Es genügt, wenn sich die Angaben, die der Fachmann zur Ausführung der geschützten Lehre benötigt, aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt ergeben (BGH, X ZR 112/99, Kupplungsvorrichtung II). Der Senat teilt daher die Bedenken der Einsprechenden nicht, dass das Fehlen der NOx-Konzentrationsangabe und des Temperaturgrenzwerts in den Ansprüchen dazu führt, dass diese keine Lehre zum technischen Handeln vermitteln.

73

Da zur Auslegung der Ansprüche ggf. auch die Beschreibung heranzuziehen ist (§ 14 PatG) kann – entgegen der Auffassung der Einsprechenden – auch kein Zweifel am Umfang des Schutzbereichs aufkommen. Die möglicherweise mit „keine Ausschließlichkeit“ von der Einsprechenden gemeinte unangemessene Anspruchsbreite ist keine Frage der Zulässigkeit eines Anspruchs oder dessen Klarheit, sondern der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit.

74

Patentfähigkeit

75

Zu Anspruch 1

76

Die Neuheit des Verfahrens gemäß geltendem Anspruch 1 gegenüber dem im Einspruchsverfahren genannten druckschriftlichen Stand der Technik ist gegeben, da diese Druckschriften jeweils keine Lehre vermitteln, die den Fachmann dazu anhalten könnte zu überprüfen, ob die Katalysatortemperatur eine vorgegebene Temperatur überschreitet und zusätzlich noch zu überprüfen, ob der NOx-Gehalt im Abgasstrom einen NOx-Grenzwert unterschreitet, um dann bei Erfüllung eines dieser Kriterien Reduktionsmittel zuzuführen.

77

Der Gegenstand gemäß geltendem Anspruch 1 ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

78

Dem streitigen Verfahren liegt das bekannte SCR-Verfahren (Selective Catalytic Reduction) zugrunde. Bei diesem Verfahren werden die im Abgas vorhandenen Schadstoffe NO und NO2 mit Hilfe des Reduktionsmittels NH3 an einem als SCR-Katalysator bekannten NOx-Katalysator zu N2 und H2O umgesetzt, welche dann über das Abgassystem in die Atmosphäre abgegeben werden.

79

Beim streitigen Verfahren wird der bekannte Umstand genutzt, dass Reduktionsmittel im NOx-Katalysator speicherbar ist. Diese Speichermöglichkeit erlaubt es, das Reduktionsmittel diskontinuierlich einzudüsen. Es wird daher die im Katalysator gespeicherte Reduktionsmittelmenge überwacht. Zusätzlich wird die Katalysatortemperatur (TLNC) und der NOx-Gehalt ([NOx]exh) im Abgas überprüft. Unterschreitet nun die gespeicherte Reduktionsmittelmenge einen vorgegeben Wert, wird unter der Voraussetzung, dass eine der zusätzlichen Bedingungen erfüllt ist, nämlich die Katalysatortemperatur größer als eine vorgegebene Temperatur (Tthr) oder der NOx-Gehalt im Abgas kleiner als ein Schwellwert ([NOx]thr) ist, Reduktionsmittel zudosiert.

80

Von den genannten Druckschriften beschreiben nur die E1, E2, E7, E8 und 1 die Überwachung einer im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittelmenge.

81

Aus der dem Verfahren des Anspruchs 1 am nächsten kommenden Druckschrift E1 geht ein Verfahren zur Zufuhr von Reduktionsmittel zu einem Katalysator hervor (Sp. 2, Z. 39 bis Sp. 3, Z. 3), der mit einem mit einem mageren Luft/Kraftstoffverhältnis arbeitenden Verbrennungsmotor (Kraftfahrzeugdieselmotor, A1) gekoppelt ist.

82

Es ist dabei eine getaktete überstöchiometrische NH3–Zugabe vorgesehen, die in der Weise gesteuert wird, dass die Zugabe nach ihrem Start erst dann wieder unterbrochen wird, wenn die im Katalysator gespeicherte NH3-Menge einen bestimmten, entsprechend den Katalysatoreigenschaften und dem Katalysatorvolumen vorgegebenen, oberen Schwellenwert erreicht hat und die NH3-Zugabe erst wieder erneut einsetzt, wenn die in gleicher Weise bestimmte, im Katalysator gespeicherte NH3-Menge einen vorgegebenen unteren Schwellenwert erreicht hat (Sp. 2, Z. 39 bis 55). Als Reduktionsmittel sind NH3 oder NH3-freisetzende Stoffe vorgesehen (Sp. 1, Z. 5 bis 6).Die Ermittlung der im Katalysator gespeicherten NH3-Menge lässt sich durch die Einbeziehung der Katalysatortemperatur oder der NOx-Konzentration im Abgas, noch verbessern (Sp. 3, Z. 38 bis 48).

83

Das aus E1 bekannte Verfahren gibt dem Fachmann jedoch weder eine Veranlassung, einen unteren Grenzwert für die Katalysatortemperatur festzulegen, noch eine Veranlassung, einen Schwellenwert für das Unterschreiten der NOx-Konzentration im Abgas vorzusehen und diese Werte auch dahingehend zu überwachen. Da das bekannte Verfahren schon hierzu keine Anregung gibt, kann es auch den Fachmann nicht dazu anleiten, die Dosierung des Reduktionsmittels davon abhängig zu machen, ob ein Schwellenwert für die NOx-Konzentration im Abgas unterschritten oder eine Katalysatortemperatur überschritten wird.

84

Hiernach kann der Ansicht der Einsprechenden, dass der Fachmann aus der messtechnischen Erfassung der Katalysatortemperatur und der NOx-Konzentration im Abgasstrom sowohl den Schritt des Überprüfens, ob die Katalysatortemperatur eine vorbestimmte Temperatur überschreitet und die NOx-Konzentration im Abgasstrom eine vorbestimmte Konzentration unterschreitet, als auch den darauf folgenden Schritt Reduktionsmittel dann zuzuführen, wenn eine dieser Bedingungen erfüllt ist, in der E1 offenbart finde, nicht gefolgt werden. Eine Auswertung erfasster Daten erfolgt nämlich nicht zwangsweise auf die beanspruchte Art und Weise.

85

Die E2 offenbart ebenfalls ein Verfahren zur Zufuhr von Reduktionsmittel (vgl. Abs. [0007], [0187]) zu einem Katalysator (10a, Fig. 1), der mit einem mageren Luft/Kraftstoffverhältnis arbeitenden Verbrennungsmotor (1, Fig. 1) (vgl. Abs. [0011]) gekoppelt ist. Dabei wird Reduktionsmittel immer dann dosiert, wenn der abgeschätzte, im Katalysator adsorbierte NH3-Betrag einen vorbestimmten unteren Schwellenwert unterschreitet (Anspruch 19 i. V. m. Abs. [0189]) und die Dosierung wird unterbrochen, wenn der Schwellenwert einen vorbestimmten oberen Schellenwert übersteigt (Anspruch 18 i. V. m. Abs. [0189]).

86

Zwar wird der Fachmann durch die E2 darauf hingewiesen, dass der Katalysator 10a im Abgastemperaturbereich von 3000C bis 5000C einen guten Wirkungsgrad zeigt (Abs. [0023]), die Auffassung der Einsprechenden, dass auch gelehrt werde, die Reduktionsmitteldosierung von einem Überschreiten eines Temperaturgrenzwertes abhängig zu machen, findet in der E2 jedoch keine Stütze. So widerspricht schon der zweite Satz des Absatzes [0023] dieser Einlassung, da dort ausgesagt ist, dass die Abgastemperatur im Auspuff 11 im Allgemeinen zwischen 3000C und 5000C beträgt und der Katalysator 10a im Auspuff 11 angeordnet ist, wodurch ein guter Wirkungsgrad gewährleistet ist. Auch gibt die E2 – entgegen der Auffassung der Einsprechenden - keinen Hinweis, einen NOx-Schwellenwert vorzusehen, bei dessen Unterschreitung Reduktionsmittel eingedüst wird. Wie aus Absatz [0153] hervorgeht, wird lediglich ein in einem NOx-OR Katalysator 10b gespeicherter (occluded) NOx-Betrag bestimmt und bei Unterschreitung eines Minimumbetrages die Dosierung von Reduktionsmittel gestoppt (the rich operation is stopped).

87

Die von der Einsprechenden nur pauschal vorgetragene Auffassung, dass eine Zusammenschau der Lehren von E1 und E2 zur vollständigen Lehre des streitigen Anspruchs 1 führten, muss aufgrund des bereits beschrieben Offenbarungsgehalts der beiden Druckschriften ins Leere gehen. Wenn schon keine dieser Druckschriften einen Grenzwert weder für die Katalysatortemperatur noch für die NOx-Konzentration im Abgas vorgibt noch überwacht, so kann auch eine Zusammenschau der Druckschriften nicht zu einer solchen Lehre führen.

88

Die E7 offenbart ein Verfahren, bei dem ein Reduktionsmittel in Strömungsrichtung des Abgases vor einem Denitrierungs-Katalysator in das Abgas eingebracht wird, wobei das Reduktionsmittel nur während der Startphase des Verbrennungsmotors und beim Betrieb mit sinkender und gegebenenfalls nahezu konstanter Abgastemperatur unter Berücksichtigung der temperaturabhängigen Speicherkapazität des Denitrierungs-Katalysators für das Reduktionsmittel überstöchiometrisch im Bezug zur Stickoxidkonzentration zudosiert wird und wobei das Reduktionsmittel ansonsten unterstöchiometrisch zudosiert wird (S. 2, Z. 18 bis 28 mit Anspruch 5).

89

Eine getaktete Reduktionsmitteldosierung im Sinne des streitigen Verfahrens, wonach in Abhängigkeit des Beladungszustandes des NOx-Katalysators die Dosierung ein- und ausgeschaltet wird, ist nicht Gegenstand des Lehre der E7. Eine Anpassung des Reduktionsmittels während des Betriebes erfolgt hier dadurch, dass von der überstöchiometrischen auf die unterstöchiometrische Dosierung umgeschaltet wird. So wird unter Berücksichtigung der temperaturabhängigen Speicherkapazität des Denitrierungs-Katalysators für das Reduktionsmittel, in Betriebsintervallen, in denen der Katalysator bevorzugt Reduktionsmittel speichert, vermehrt Reduktionsmittel zur Einspeicherung aufgrund der überstöchiometrischen Zudosierung angeboten. Wobei in den übrigen Betriebsphasen unterstöchiometrisch dosiert wird, sodass zusammen mit gespeichertem und zudosiertem Reduktionsmittel ein vollständiger Stickoxidabbau erreicht wird (S. 2, Z. 30 bis S. 3, Z. 3).

90

Es wird zwar gelehrt, die Temperatur des Katalysators prozessbegleitend zu erfassen (Anspruch 2), ein Temperaturgrenzwert, der zu überschreiten ist, um eine Reduktionsmitteldosierung auszulösen, ist aber nur für die Startphase der Verbrennungsmotors vorgegeben (Anspruch 5). Auch ist kein NOx-Schwellenwert vorgesehen, der bei Unterschreitung eine Dosierung von Reduktionsmittel auslösen würde. Vielmehr wird die emittierte Stickoxidmenge prozessbegleitend bestimmt, weil hierdurch das Ziel, den Katalysator im Bereich eines bevorzugten Füllstandes zu halten, besonders gut erreicht wird (S. 4, Z. 6 bis 9).

91

Zum Auffinden des Verfahrens gemäß Anspruch 1 konnte die E7 den Fachmann daher nicht anleiten.

92

Eine Zusammenschau der Lehren der Druckschriften E2 und E7, wie von der Einsprechenden vorgetragen, kann aufgrund des zuvor dargelegten Offenbarungsgehalts dieser Druckschriften – entgegen der Auffassung der Einsprechenden – nicht zur vollständigen Lehre des Anspruchs 1 führen.

93

Die E8 offenbart dem Fachmann ein Verfahren zur Dosierung eines Reduktionsmittels in ein stickoxidhaltiges Abgas eines Verbrennungsmotors mit einem in einer Abgasleitung eingebauten Katalysator zur Stickoxidminderung, bei dem die in das Abgas eingebrachte Reduktionsmittelrate MR in Abhängigkeit von betriebsrelevanten Parametern des Abgases, des Katalysators und ggf. des Motors eingestellt wird (Anspruch 1).

94

Durch die Einstellung der in das Abgas eingebrachte Reduktionsmittelrate MR (= die in das Abgas pro Zeiteinheit eingebrachte Reduktionsmittelmenge, Sp. 2, Z. 6 bis 8) in Abhängigkeit von den betriebsrelevanten Parametern wird erreicht, dass die in das Abgas eingebrachte Reduktionsmittelrate MR für alle Betriebszustände des Verbrennungsmotors, die durch eine kontinuierliche oder diskontinuierliche Aus- und Bewertung der betriebsrelevanten Parameter charakterisiert werden, ausreicht, die Stickoxide vollständig katalytisch umzusetzen. Gleichzeitig wird die Reduktionsmittelrate MR aber auch so exakt eingestellt, dass ein Schlupf des Reduktionsmittels vermieden wird (Sp. 2, Z. 20 bis Z. 31).

95

Die Erfassung der pro Zeiteinheit vom Motor angelieferten Stickoxidmenge MNOx, die Bestimmung der Katalysatortemperatur T sowie die von der Temperatur abhängigen Speicherkapazität CR des Katalysators als betriebsrelevante Parameter, dienen hier zwar auch der Regelung der Reduktionsmittelrate MR (Sp. 2, Z. 57 bis Sp. 3, Z. 5), ein Grenzwert für den NOx-Gehalt im Abgas, bei dessen Unterschreitung das Reduktionsmittel zu dosieren wäre, ist aber nicht vorgesehen.

96

Eine getaktete Reduktionsmitteldosierung im Sinne des streitigen Verfahrens, wonach in Abhängigkeit des Beladungszustandes des NOx-Katalysators die Dosierung ein und ausgeschaltet wird, liegt ebenfalls nicht vor. Es wird lediglich zur Verbesserung des Verfahrens vorgeschlagen, dass die primär entsprechend der im Abgas enthaltenen Stickoxidrate MNOX in das Abgas zudosierte Reduktionsmittelrate MR der Sicherheit halber zu Null gesetzt wird, wenn die Temperatur des Abgases eine Temperatur Tmin unterschreitet oder eine Temperatur Tmax überschreitet (Sp. 9, Z. 11 bis 19).

97

Der Fachmann konnte daher aus der E8 weder Hinweise entnehmen noch Anregungen aufgreifen, welche ihn zum streitigen Verfahren gemäß Anspruch 1 geführt hätten.

98

Die Druckschrift 1 beschreibt ein Verfahren zur selektiven katalytischen Reduktion von Abgasen aus Kraftfahrzeugdieselmotoren, mit getakteter überstöchiometrischer NH3-Zugabe. Die NH3-Zugabe wird in der Weise gesteuert, dass nach ihrem Start erst dann wieder unterbrochen wird, wenn an einer bestimmten Stelle im Katalysatorbett eine hohe NH3-Konzentration, die als Schwellenwert festgelegt ist, in der Gasphase erreicht worden ist und erst wieder erneut einsetzt, wenn das im Katalysator gespeicherte NH3 weitgehend durch die Reaktion aufgebraucht worden ist. Dieser Zeitpunkt wird durch näherungsweise Berechnung des über die Periode seit Dosierungsbeginn oder auch Dosierungsende vom Motor produzierten NOx aus Motorkennfeld und Betriebszeit und unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Abscheidegrades bestimmt (Sp. 2, Z. 9 bis 23).

99

Folglich ist die Dosierung des Reduktionsmittels nicht an die Unterschreitung eines NOx-Gehalts im Abgas und auch nicht an die Überschreitung eines Temperaturgrenzwertes für den Katalysator gebunden.

100

Die Abgastemperatur wird hier nur deshalb überwacht, da in Betriebspunkten mit höheren Abgastemperaturen es je nach Anwendungsfall erforderlich werden kann, von der beschriebenen Dosierung abzugehen, da die NH3-Adsorptionsfähigkeit des Katalysators mit steigender Temperatur abnimmt. In diesen recht seltenen Betriebsphasen, die im Allgemeinen bei konstantem Vollastbetrieb auftreten, kann NH3 entsprechend der NOx-Produktion des Motors stöchiometrisch zudosiert werden (Sp. 2, Z. 64 bis Sp. 3, Z. 4).

101

Da auch hier der Dosierungsbeginn von Reduktionsmittel nicht vom Unterschreiten eine NOx-Gehaltes im Abgas und auch nicht vom Überschreiten einer Abgastemperatur abhängig gemacht wird, sondern allenfalls Temperatur- und NOx-Werte zur Umschaltung von überstöchiometrischer zu stöchiometrischer Dosierung erfasst werden, gibt auch dieses Druckschrift dem Fachmann nichts an die Hand, was ihn – ohne erfinderisch tätig zu werden – zum streitigen Verfahren gemäß Anspruch 1 hätte leiten können.

102

Die in den weiteren Druckschriften E4 bis E6 beschriebenen Verfahren gehen nicht über den Offenbarungsgehalt der bereits diskutierten Druckschriften hinaus, so dass sie ebenfalls keinen weiterführenden Beitrag zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bezüglich des Streitgegenstandes zu liefern vermögen.

103

Insbesondere geht aus der E6 (vgl. Sp. 2, Z. 33 ff.) keine NOx-Erfassung hervor, bei der überprüft wird, ob ein Schwellenwert unterschritten wird und das Unterschreiten des Schwellenwertes als Kriterium für das Zudosieren von Reduktionsmittel herangezogen wird. Die Verknüpfung mit dem aus der E1 bekannten Verfahren kann daher auch nicht zu dem Verfahren gemäß geltendem Anspruch 1 führen (weitere Ausführungen zur E6 s. nachfolgend zu Anspruch 6).

104

Zu Anspruch 6

105

Der Gegenstand des Anspruchs 6 ist neu, da keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften die Dosierung eines Reduktionsmittels in Abhängigkeit vom Unterschreiten eines NOx-Grenzwertes im Abgas der Brennkammer offenbart.

106

Der Gegenstand gemäß geltendem Anspruch 6 ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

107

Die dem System des Anspruchs 6 am nächsten kommende Druckschrift E6 offenbart ein System zur Erhöhung der in einem Katalysator umgewandelten Menge von NOx durch die geeignete Wahl der Betriebsart des Motors (Anspruch 1, Anspruch 2). Hierbei nimmt der Katalysator 4 Abgas von einem Dieselmotor 1 auf (vgl. die Figur und Sp. 2, Z. 62 bis Sp. 3, Z. 36), der mit einer auf der mageren Seite des stöchiometrischen Verhältnisses liegenden Luft/Kraftstoffmischung arbeitet. Außerdem ist ein dem Abgas Reduktionsmittel (z. B. Harnstoff, Sp. 3, Z. 14) zuführende Zumischeinheit 8 vorgesehen, die stromaufwärts des Katalysators 4 und stromabwärts des Motors 1 liegt. Des Weiteren ist eine Steuereinheit 10 vorgesehen, die operativ mit der Zumischeinheit 8 und mit dem Dieselmotor 1 verbunden ist. Stromabwärts und stromaufwärts des Katalysators 4 befindet sich jeweils ein Stickoxidsensor 19, 20, die operativ mit der Steuereinheit 10 verbunden sind. Zusätzlich weist der Abgaskatalysator einen Temperatursensor 18 auf.

108

Mit den beiden stromauf und stromab vom Katalysator angeordneten Stickoxidsensoren 19, 20 wird die Funktion des Katalysators 4 überwacht, indem die zentrale Steuereinheit 10 in der Betriebsart mit aktiver Reduktionsmittelzugabe, d. h. mit über der Mindesttemperatur liegender Abgaskatalysatortemperatur, prüft, ob die vom ausgangsseitig positionierten Sensor 20 gemessene Stickoxidkonzentration größer als ein vorgebbarer Bruchteil-Grenzwert der vom eingangsseitig positionierten Sensor 19 gemessenen Stickoxidkonzentration ist. Wenn dies der Fall ist, bedeutet dies, dass trotz ausreichender Katalysatortemperatur aufgrund irgendeiner Störung keine effektive Stickoxidreduktion im Katalysator 4 stattfindet (Sp. 4, Z. 52 bis 64).

109

Mit den Stickoxidsensoren wird hier also – im Gegensatz zum Streitgegenstand - die stickoxidreduzierende Wirkung des Abgaskatalysators überwacht und dies in Abhängigkeit vom Überschreiten eines Grenzwertes. Dieser Hinweis kann daher dem Fachmann keine Veranlassung geben, den NOx-Gehalt im Abgas nach dem Katalysator auf einen Schwellenwert hin zu überwachen und bei Unterschreitung eines solchen Wertes Reduktionsmittel zu dosieren. Dies trifft umso mehr zu, als der Fachmann nach herrschender Auffassung von einem Überschreiten eines NOx-Grenzwertes nach dem Katalysator ausginge, um Reduktionsmittel zu dosieren, da dies signalisierte, dass das im Katalysator gespeicherte Reduktionsmittel verbraucht ist (vgl. Anspruch 5 der E1).

110

Eine zielführende Anregung vermag auch die von der Einsprechenden herangezogenen Beschreibungsstelle der E6, Spalte 1, Zeile 55 bis Spalte 2, Zeile 7, nicht zu geben. Zumal an genanntem Ort lediglich ausgeführt ist, dass das Reduktionsmittel erst eingedüst wird, wenn sich die Abgaskatalysatortemperatur innerhalb des vorgegebenen Bereichs wirksamer katalytischer Stickoxidumsetzung befindet. Dies ist aber nach der streitigen Lehre gemäß Anspruch 6 keine notwendige Voraussetzung, da Reduktionsmittel in einem solchen Fall auch dann zudosiert wird, wenn der NOx-Gehalt im Abgas nach dem Katalysator einen vorgegeben Wert unterschreitet.

111

Dem Einwand, dass das Überprüfen durch die Regeleinheit, ob die NOx-Konzentration im Abgasstrom einen vorbestimmten Schwellenwert unterschreite, und dass bei Unterschreiten des Schwellenwertes Reduktionsmittel zugeführt werde, keine ein Erzeugnis beschränkend definierenden Merkmale seien, kann nicht gefolgt werden, denn die Regeleinheit muss zumindest geeignet sein - im Gegensatz zu dem System nach der E6 –, diese Schritte auszuführen.

112

Die von der Einsprechenden behauptete Neuheitsschädlichkeit der durch die E5 vermittelten Lehre trifft nicht zu, da das System der E5 den NOx-Gehalt im unbehandelten Abgas (d. h. vor dem Katalysator) aus einem Kennfeld ermittelt (Sp. 2, Z. 52 bis 53) und auch keinen NOx-Grenzwert überwacht. Ein Stickoxidsensor nach dem Katalysator ist gleichfalls nicht vorhanden (vgl. Fig. 1).

113

Nach der Lehre der E1 wird die Reduktionsmittelzugabe in Abhängigkeit vom Beladungszustand des Katalysators gesteuert (Sp. 2, Z. 39 bis 55). Die Messung der NOx–Konzentration hinter dem Katalysator dient hier der Verbesserung der Steuerung der NH3–Zugabe. Der am Ende eines Gesamtzyklus angestrebte definierte Beladungszustand des Katalysators kann so anstatt durch vollständiges Abreagieren des gespeicherten NH3 mit NOx auch durch den Abfall der NOx-Abscheidung, auf ein vorgegebenes Niveau bestimmt werden, was ebenfalls einem definierten Beladungszustand entspricht (Sp. 4, Z. 22 bis 34). Dies bedeutet, dass ein Anstieg statt, wie erfindungsgemäß, ein Abfall der NOx-Konzentration nach dem Katalysator überwacht wird.

114

Auch der nach dem Katalysator angeordnete NOx-Sensor der E4 (S. 13, Z. 10 bis 14) dient ausschließlich der genaueren Bestimmung der in das Abgas einzudüsenden Menge an Reduktionsmittel (S. 13, Z. 21 bis 28) und nicht der Überwachung des Unterschreitens eines Grenzwerts.

115

Die Druckschriften E2, E7, E8 und 1 beschreiben im Wesentlichen jeweils nur die Ermittlung des NOx-Gehalts im Abgas vor dem NOx-Reinigungskatalysator, ohne etwas zu offenbaren, was über das vorstehend Diskutierte hinausgeht. Diese Druckschriften vermögen daher keinen zusätzlichen Beitrag zur Infragestellung der dem streitigen Patentgegenstand nach Anspruch 6 zugrunde liegenden erfinderischen Tätigkeit zu leisten.

116

Zu Anspruch 8

117

Das Verfahren gemäß geltendem Anspruch 8 ist neu gegenüber dem im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik, da keine der Druckschriften lehrt, einen Betriebszustand einer Brennkraftmaschine zu schaffen, bei dem die Temperatur im NOx-Reinigungskatalysator über eine vorbestimmte Temperatur angehoben wird, wenn die angegebene Menge des im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittels kleiner als eine erste vorbestimmte Menge ist.

118

Von den genannten Druckschriften befassen sich nur die E2, E5, und E6 mit der Anhebung der Abgastemperatur mittels innermotorischer Maßnahmen.

119

Das Verfahren gemäß geltendem Anspruch 8 ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

120

Das in der E2 offenbarte Verfahren beschreibt zwar auch die Anhebung der Abgastemperatur durch innermotorische Maßnahmen. Dies geschieht hier jedoch zur Steigerung der NH3-Ausbeute im 3-Wege-Katalysator 8a (vgl. Fig. 1). So wird in der Betriebsphase, in der der Motor fett betrieben wird, d. h. Reduktionsmittel eingedüst wird, zusätzlich der Einspritzbeginn nach „spät“ verstellt. Als Folge steigt die Abgastemperatur des für die Erzeugung des NH3 notwendigen 3-Wege-Katalysators 8a und aufgrund der damit verbundenen höheren Wandlungseffizienz des Katalysators 8a erhöht sich auch der synthetisierte NH3-Betrag (Abs. [0055]).

121

Gemäß der Lehre der E5 wird die Abgastemperatur durch verzögerten Einspritzbeginn erhöht, um den Katalysator nach einem Kaltstart möglichst schnell auf Betriebstemperatur zu bringen bzw. ein zu starkes Abkühlen z. B. in Schubphasen zu verhindern (Sp. 2, Z. 68 bis Sp. 3, Z. 5). Dies in Abhängigkeit vom Beladungszustand des Katalysators mit NH3 zu tun, wird aber nicht gelehrt.

122

Die Motorsteuerung, wie sie in der E6 beschrieben ist, stellt einen späten Kraftstoffeinspritzbeginn ein, wenn die gemessene Katalysatortemperatur außerhalb eines vorgebbaren Temperaturbereichs für eine wirksame katalytische Stickoxidreduktion liegt (Anspruch 4).

123

Die von der Einsprechenden vorgetragene Auffassung, dass die Druckschrift E7 die Neuheit des Gegenstandes gemäß Anspruch 8 vorwegnehmen würde, kann nicht überzeugen, da diese Druckschrift eine Abgastemperaturanhebung mittels innermotorischer Maßnahmen überhaupt nicht anspricht.

124

Da die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften E1, E4, E8 und 1 diese Thematik ebenfalls nicht behandeln, vermögen sie ebenfalls keinen weiterführenden Beitrag zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bezüglich des Streitgegenstandes zu liefern.

125

Zu Anspruch 10

126

Das streitige Verfahren nach Anspruch 10 ist neu, da keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften lehrt, einen Motorbetrıebszustand zu erzeugen, bei dem die vom Motor ausgestoßenen Abgase eine NOx-Konzentration unter einer vorbestimmten Konzentration haben, wenn die angegebene Menge des im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittels kleiner als eine erste vorbestimmte Menge ist.

127

Von den genannten Druckschriften beschreiben nur die E1, E2, E7, E8 und 1 die Überwachung einer im Katalysator gespeicherte Reduktionsmittelmenge.

128

Das Verfahren gemäß geltendem Anspruch 10 ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

129

Die von der Einsprechenden herangezogene Druckschrift E7 lehrt, nur aus Messdaten mittels der Mikroprozessoruntereinheit 34 die vom Motor 10 erzeugten Stickoxidmengen und den Betriebszustand des SCR-Katalysators 20 bezüglich seiner katalytischen Aktivität und seiner spezifischen Speicherkapazität zu bestimmen (vgl. S. 2, Z. 18 bis 28 und S. 3, Z. 30 bis S. 4, Z. 4). Einen Hinweis, der den Fachmann veranlassen könnte, einen Motorbetriebszustand zu erzeugen, bei dem die vom Motor ausgestoßenen Abgase eine NOx-Konzentration unter einer vorbestimmten Konzentration haben, wenn die angegebene Menge des im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittels kleiner als eine erste vorbestimmte Menge ist, enthält die E7 nicht.

130

Auch der Verweis der Einsprechenden auf den Motorbetrieb im Standgas über eine Dauer von wenigen Minuten hilft hier nicht weiter. Zwar kann der Einsprechenden insoweit gefolgt werden als bei Standgas, was einer geringen Motorlast entspricht, die NOx-Konzentration im Abgas geringer sein wird als bei Normallast, eine Verknüpfung mit einer im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittelmenge, die kleiner als eine erste vorbestimmte Menge ist, wird jedoch nicht aufgezeigt. Die Betriebsphase mit Standgas wird vielmehr immer vor der Startphase des SCR-Katalysators eingestellt, damit der Katalysator vor Erreichen der katalysatorspezifischen Mindesttemperatur reduktionsmittelfrei vorliegt (S. 4, Z. 32 bis S. 5, Z. 9).

131

Da weder die E7 noch die E1 ein Verfahren beschreiben, welches, wenn die angegebene Menge des im Katalysator gespeicherten Reduktionsmittels kleiner als eine erste vorbestimmte Menge ist, einen Motorbetriebszustand erzeugt, bei dem die vom Motor ausgestoßenen Abgase eine NOx-Konzentration unter einer vorbestimmten Konzentration haben, kann auch eine Zusammenschau der Lehren der E1 und der E7, wie von der Einsprechenden nur pauschal geäußert, nicht zum streitigen Verfahren gemäß Anspruch 10 führen.

132

Ebenso verknüpfen die Lehren der E2, E8 und 1 die Überwachung der im Katalysator gespeicherten NH3-Menge nicht mit einem zu unterschreitenden NOx-Grenzwert einer vom Motor ausgestoßenen NOx-Abgaskonzentration.

133

Die in den weiteren Druckschriften E4 bis E6 beschriebenen Verfahren gehen nicht über den Offenbarungsgehalt der bereits diskutierten Druckschriften hinaus, so dass sie ebenfalls keinen weiterführenden Beitrag zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bezüglich des Streitgegenstandes zu liefern vermögen.

134

Zu Anspruch 12

135

Durch den Rückbezug des geltenden Anspruchs 12 auf die patentfähigen Gegenstände der Ansprüche 1, 8 und 10 ist dessen Gegenstand ebenfalls patentfähig.

136

Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften, insbesondere die mit D gekennzeichneten Schriften, wurden von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffen. Sie vermögen aber ebenfalls keinen weiterführenden Beitrag zur Infragestellung der erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich des Streitgegenstandes zu liefern. Somit kann auch eine Zusammenschau der insgesamt genannten Druckschriften nicht zu den Gegenständen der geltenden Ansprüche 1, 6, 8, 10 und 12 führen.

137

Ausgehend vom vorliegenden druckschriftlichen Stand der Technik bedurfte es daher einer erfinderischen Tätigkeit, um zur patentgemäßen Lösung der Aufgabe gemäß den geltenden Ansprüchen 1, 6, 8, 10 und 12 zu gelangen. Ihre Gegenstände sind somit schutzfähig. Getragen von diesen werden auch die Gegenstände der Ansprüche 2 bis 5, 7, 9, 11 und 13, die sämtlich zumindest mittelbar jeweils auf einen der Ansprüche 1, 6, 8, 10 und 12 rückbezogen sind.