Entscheidungsdatum: 22.11.2016
Ob die Anhörungsrügen zulässig sind, insbesondere fristgerecht erhoben wurden (vgl. § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO), mag offen bleiben. Sie sind jedenfalls unbegründet.
Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO kann die Anhörungsrüge nur darauf gestützt werden, dass das Gericht den Anspruch der Kläger, deren Revisionen der Senat mit seinem Urteil vom 14. Juni 2016 - 10 C 7.15 - (juris) zurückgewiesen hat, auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
1. a) Die Kläger rügen zum einen, dass der Vorsitzende des Senats im Termin zur mündlichen Verhandlung die Rechtsansicht des Senats mitgeteilt habe, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (BGBl. I S. 161), zuletzt geändert mit Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) - RsprEinhG - für eine Zuständigkeit des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes seien nicht gegeben. Diese Rechtsansicht sei unzutreffend. Die Mitteilung des Vorsitzenden habe sie, die Kläger, von weiterem Vortrag abgehalten, der den Senat möglicherweise zur Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe veranlasst hätte.
Damit ist eine Verletzung des Anspruchs der Kläger auf rechtliches Gehör nicht dargetan. Die Kläger legen schon nicht dar, von welchem weiteren Vortrag sie sich abgehalten gesehen haben. Dass die Entscheidung über die Revision davon abhängen würde, was im Sinne des Art. 104a Abs. 1 GG unter "der Wahrnehmung ihrer (d.h. des Bundes und der Länder) Aufgaben" zu verstehen sei, sowie in der Folge von einer Auslegung des Art. 87e GG, stand von Anfang an inmitten des vorliegenden Rechtsstreits. In diesem Zusammenhang haben die Kläger selbst die Auffassung vertreten, das Merkmal der "Wahrnehmung ihrer (d.h. des Bundes und der Länder) Aufgaben" im Sinne des Art. 104a Abs. 1 GG dürfe nicht anders ausgelegt werden als das Merkmal der "Aufgaben der öffentlichen Verwaltung" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB. Hierzu haben sie auf die Rechtsprechung des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 - BGHSt 52, 290 und Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 3 StR 312/10 - BGHSt 56, 97) hingewiesen; als im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich wurde, dass dieser Auffassung vielleicht nicht zu folgen sein könnte, haben sie selbst darauf aufmerksam gemacht, dass dann wohl nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes angerufen werden müsse. Es ist nicht ersichtlich, welche zusätzlichen Gesichtspunkte sie geltend gemacht hätten, wäre die Frage einer Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes im Termin zur mündlichen Verhandlung von dem Vorsitzenden in der von ihnen nunmehr für geboten erklärten Weise - namentlich offener - angesprochen worden. Aus der Begründung der Anhörungsrüge ergibt sich das jedenfalls nicht. Die Kläger wiederholen und vertiefen zwar ihren diesbezüglichen Vortrag, ohne ihm jedoch Neues hinzuzufügen.
Im Übrigen hat der Senatsvorsitzende sie über die Voraussetzungen für eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe nicht unzutreffend belehrt. Wie erwähnt, hatten die Kläger die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Begriff der "Aufgaben der öffentlichen Verwaltung" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zitiert und die Auffassung vertreten, der Senat dürfe seiner Entscheidung nur dieselbe Auslegung dieses Begriffs zugrunde legen, andernfalls er den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe anrufen müsse. Hierzu hat der Senatsvorsitzende darauf hingewiesen, dass diese Rechtsvorschrift im vorliegenden Rechtsstreit keine Anwendung findet, weshalb jedenfalls keine Pflicht zur Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe bestehe. Die Kläger halten diesen Hinweis für unzutreffend, weil verkürzend; der Senatsvorsitzende habe nicht darauf hingewiesen, dass eine Zuständigkeit des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe auch dann gegeben sei, wenn eine Divergenz Vorschriften betrifft, die zwar in verschiedenen Gesetzen stehen, in ihrem Wortlaut aber im Wesentlichen und in ihrem Regelungsinhalt gänzlich übereinstimmen und deswegen nach denselben Prinzipien auszulegen sind (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 6. Februar 1973 - GmS-OGB 1.72 - BVerwGE 41, 363 <365> und vom 12. März 1987 - GmS-OGB 6.86 - BVerwGE 77, 370 <373>). Zu einem solchen zusätzlichen Hinweis hat aber ersichtlich kein Anlass bestanden. § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB einerseits und Art. 104a Abs. 1 GG andererseits stimmen weder in ihrem Wortlaut im Wesentlichen noch gar in ihrem Regelungsinhalt gänzlich überein. Sie sind deshalb auch keinesfalls nach denselben Prinzipien auszulegen. Die eine Vorschrift betrifft vielmehr die Strafbarkeit von Amtsträgern, die andere die Ausgabenverteilung zwischen Bund und Ländern.
b) Die Kläger rügen des Weiteren, der Senat habe ihren Hinweis auf die erwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls aber bei seiner Entscheidung nicht (mehr) in Erwägung gezogen. Auch diese Rüge ist unbegründet.
Es ist richtig, dass der Senat in den Gründen seines Revisionsurteils auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht eingegangen ist. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass er diese Rechtsprechung übersehen oder gar ignoriert hätte. Das ergibt sich schon daraus, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Gegenstand der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung gewesen ist, an die sich die Entscheidungsberatung des Senats unmittelbar angeschlossen hat.
c) Mittelbar bemängeln die Kläger, der Senat habe der Verpflichtung zuwidergehandelt, die Sache dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes - sei es wegen einer divergierenden Auslegung des Begriffs der öffentlichen Aufgabe, sei es wegen einer solchen zu Art. 87e GG - vorzulegen. Diese Rüge betrifft den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG); darauf kann die Anhörungsrüge nicht gestützt werden.
d) Das Vorbringen der Kläger beruht durchgängig auf der Ansicht, das Revisionsurteil des Senats weiche von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Sache ab. Das ist jedoch nur auf den ersten Blick der Fall. Bei genauerem Hinsehen liegt keine Divergenz vor.
Der Senat ist davon ausgegangen, dass Art. 87e GG auf einem Kompromiss zwischen dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung und den Vorstellungen der Länder beruht. Der Kompromiss hatte zum Gegenstand, dass sich der Bund aus der öffentlichen Aufgabe der Eisenbahnversorgung nicht vollständig, sondern lediglich teilweise, nämlich auf eine Gewährleistungsfunktion zurückgezogen hat (Senat, Urteil vom 14. Juni 2016 - 10 C 7.15 - Rn. 25). Auch der Bundesgerichtshof hat den Kompromisscharakter des Art. 87e GG betont; auch er sieht die verbleibende öffentliche Aufgabe des Bundes in der Gewährleistungsfunktion (BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 - BGHSt 52, 290 Rn. 9 und 21). Dem Rückzug auf die Gewährleistungsfunktion korrespondiert die Freigabe des Schienenwegebaus im Übrigen, den die Infrastrukturunternehmen - auch die Eisenbahnen des Bundes - in unternehmerischer Freiheit bewerkstelligen sollen (Senat, Urteil vom 14. Juni 2016 - 10 C 7.15 - Rn. 25 mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08 - BVerwGE 129, 356 <369>). Zur Wahrnehmung seiner Gewährleistungsfunktion verfügt der Bund neben der staatlichen Eisenbahnaufsicht (nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz) über die Instrumente der Planung und der Finanzierung der Schienenwege (nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz) sowie der gesellschaftsinternen Steuerung der Deutschen Bahn AG. Auch diese Instrumente hebt der Bundesgerichtshof hervor (BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 - BGHSt 52, 290 Rn. 18 ff.).
Hiervon ausgehend hat der Senat entschieden, dass zwar die Finanzierung von Schienenwegen als solche unverändert zu den öffentlichen Aufgaben des Bundes im Sinne des Art. 104a Abs. 1 GG zählt, nicht mehr hingegen der so finanzierte Bau der Schienenwege selbst; dieser obliegt vielmehr den Infrastrukturunternehmen als eigene wirtschaftliche Aufgabe (Senat, Urteil vom 14. Juni 2016 - 10 C 7.15 - Rn. 24, 31). Zu Art. 104a Abs. 1 GG hat sich der Bundesgerichtshof nicht geäußert. Er hat aber immerhin festgehalten, dass Bau und Unterhaltung der Schienenwege lediglich mittelbar aus dem Bundeshaushalt finanziert werden (BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 - BGHSt 52, 290 Rn. 19).
Umgekehrt hat der Bundesgerichtshof die verbliebene Gewährleistungsverantwortung des Bundes dafür hinreichen lassen, die Daseinsvorsorge mit Eisenbahnverkehr insgesamt als Aufgabe der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzusehen und deshalb Personen, die bei der Deutschen Bahn AG oder der DB Netz AG mit der Unterhaltung der Schienenwege befasst sind, als Amtsträger nach dieser Vorschrift zu behandeln (BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 - BGHSt 52, 290; Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 3 StR 312/10 - BGHSt 56, 97). Zu diesem weiten Verständnis bietet schon der Umstand Anlass, dass § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB nicht nur Bedienstete einer Behörde, sondern ausdrücklich auch Beschäftigte bei einer "sonstigen Stelle" erfasst, was die nötige Umgrenzung der Strafbarkeit zu einem großen Teil auf dieses Merkmal verlagert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 - BGHSt 52, 290 Rn. 10 ff.; Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 3 StR 312/10 - BGHSt 56, 97 Rn. 13 ff.). Daraus können für den ganz anderen Regelungszusammenhang des Art. 104a Abs. 1 GG keine Schlüsse gezogen werden.
2. Die Kläger rügen des Weiteren, sie seien davon überrascht worden, dass der Senat das Revisionsurteil allein auf seine Auslegung des Art. 87e GG gestützt habe. Er habe damit sowohl ihren Vortrag übergangen, dass der Bund - selbst bei Annahme einer bloßen Gewährleistungsverantwortung - den Bahnhof Stuttgart durch die Aufnahme des Bahnhofsprojekts in den Bedarfsplan selbst zur öffentlichen Aufgabe erklärt habe ("Gewährleistungserfüllung"), als auch jede Auseinandersetzung mit dem tragenden Gesichtspunkt des Berufungsurteils vermissen lassen, das Bahnhofsprojekt diene zugleich der Erfüllung kommunaler Aufgaben der Beklagten.
Auch hiermit ist eine Verletzung des Gebots, rechtliches Gehör zu gewähren, nicht dargetan. Das Gericht ist nicht verpflichtet, in den Gründen seiner Entscheidung auf Vorbringen der Beteiligten einzugehen, die aus Gründen des sachlichen Rechts für die Entscheidung nicht erheblich sind. Die Kläger konnten auch nicht überrascht sein. Grund hierfür konnte namentlich nicht sein, dass die erwähnten Punkte im Termin zur mündlichen Verhandlung erörtert worden sind; der Senat hat sämtliche Streitfragen erörtert, die für seine Entscheidung erheblich werden konnten, auch wenn sie dann tatsächlich nicht erheblich wurden. Hierauf hat der Vorsitzende bei der Verhandlungsführung wiederholt aufmerksam gemacht. Dass die Kläger auch tatsächlich nicht überrascht worden sind, zeigt ihr Vortrag zur Beihilfenfrage, den sie im Termin zur mündlichen Verhandlung und gleichzeitig schriftsätzlich unterbreitet haben und die sich nur von dem jetzt für überraschend erklärten rechtlichen Standpunkt aus überhaupt stellen konnte.
3. Die Kläger meinen ferner, der Senat hätte den Großen Senat des Bundesverwaltungsgerichts anrufen müssen, weil er von der Rechtsprechung des 3., des 6. und des 9. Senats abgewichen sei. Abgesehen davon, dass die behaupteten Divergenzen nicht nachvollziehbar dargelegt werden, handelt es sich auch insofern nicht um eine Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern um die Rüge, der gesetzliche Richter sei vorenthalten worden (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG); darauf kann die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO nicht gestützt werden.
4. Die übrigen Ausführungen erschöpfen sich in sachlichen Angriffen gegen das Revisionsurteil; sie können der Anhörungsrüge schon deshalb nicht zum Erfolge verhelfen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.