Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 15.03.2017


BVerwG 15.03.2017 - 10 C 1/16

Zur Verjährung bei Schlussbescheiden über eine Subvention


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
15.03.2017
Aktenzeichen:
10 C 1/16
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:150317U10C1.16.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, 10. März 2015, Az: 2 L 268/11, Urteilvorgehend VG Schwerin, 21. Juni 2011, Az: 3 A 1768/10, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Die Befugnis einer Zuwendungsbehörde, aufgrund eines vorläufigen Bewilligungsbescheids die endgültige Höhe der Förderung in einem Schlussbescheid festzusetzen, unterliegt als Gestaltungsrecht der Verwaltung nicht der Verjährung.

2. Ihr kann bei Vorliegen besonderer Umstände der Einwand der Verwirkung entgegenstehen. Die Ausübung dieser Befugnis ist ansonsten aus Gründen der Rechtssicherheit nach § 242 BGB erst ausgeschlossen, wenn dreißig Jahre seit Erlass des vorläufigen Bewilligungsbescheids vergangen sind.

Tatbestand

1

Der klagende Zweckverband wendet sich gegen die teilweise Rückforderung einer ihm in den 1990er Jahren bewilligten Zuwendung.

2

Der Kläger erhielt für den Ausbau einer Trinkwasserleitung mit Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 eine Projektförderung in Höhe von 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten, maximal 770 000 DM. Nach Nr. 2.1. der hierfür geltenden Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K) ermäßigte sich die Zuwendung, wenn sich nach der Bewilligung die im Finanzierungsplan für den Zuwendungszweck veranschlagten Gesamtausgaben ermäßigten. Nach dem Bau der Trinkwasserleitung reichte der Zweckverband im Juni 1995 einen Verwendungsnachweis über die entstandenen Baukosten ein.

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Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur kam im Anschluss an eine Vorprüfung des örtlichen Landratsamtes am 23. Mai 1997 zu dem Ergebnis, dass bestimmte Ausgaben nicht förderfähig seien. Die Kosten der Bauschilder, die Planungskosten sowie bestimmte landschaftsgärtnerische Leistungen und Entschädigungen für Grundstücksbeanspruchungen seien im Umfang von insgesamt 41 829,40 DM anteilig oder vollständig dem gleichzeitigen Bau einer Abwasserleitung zuzuordnen. Da die Fördermittel nicht vollständig abgerufen worden waren, wurde eine Rückzahlungsforderung von 8 752,69 DM errechnet. Die Feststellungen wurden in einem Prüfvermerk der Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH vom 26. Juni 2000 bestätigt. Mit Änderungsbescheid vom 26. November 2010 verringerte das beklagte Ministerium die Zuweisung anteilig und forderte den Zweckverband auf, den zu Unrecht erhaltenen Betrag von umgerechnet 4 475,18 € zurückzuzahlen.

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Die gegen diesen Rückforderungsbescheid erhobene Klage hat der Kläger darauf gestützt, dass die Forderung verjährt sei. Das Verwaltungsgericht ist dieser Argumentation gefolgt und hat die im Änderungsbescheid enthaltene Festsetzung eines Erstattungsbetrags aufgehoben. Die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 10. März 2015 zurückgewiesen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch des Beklagten nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V sei jedenfalls verjährt. Der Zuwendungsbescheid sei nach Nr. 2.1. ANBest-K unter der auflösenden Bedingung der Ermäßigung der zuwendungsfähigen Gesamtkosten ergangen; diese Bedingung sei mit der Vorlage des Verwendungsnachweises im Jahr 1995 eingetreten. Auf den damit entstandenen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch seien die allgemeinen Verjährungsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches analog anzuwenden. Da der Anspruch nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V den bereicherungsrechtlichen Ansprüchen am ehesten vergleichbar sei, gelte die Regelverjährungsfrist des § 195 BGB, die früher dreißig Jahre betragen habe und seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Jahr 2002 drei Jahre betrage. Nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB fänden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung, so dass der vorliegende Rückforderungsanspruch Ende 2005 verjährt sei.

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Mit seiner Revision macht der Beklagte im Wesentlichen geltend, das Berufungsurteil verletze § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V und stelle sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch unterliege nicht der neuen dreijährigen, sondern weiterhin der dreißigjährigen Verjährungsfrist. Im Übrigen sehe das Oberverwaltungsgericht in Nr. 2.1. ANBest-K zu Unrecht eine auflösende Bedingung. Die Ermäßigung der Zuwendung könne nicht als ein die Bedingung auslösendes Ereignis angesehen werden. Der Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 enthalte lediglich eine vorläufige Regelung im Hinblick auf die Höhe der Zuwendung; er sei auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt gewesen, der als "Änderungsbescheid" am 26. November 2010 ergangen sei. Erst mit diesem habe der vorläufige Zuwendungsbescheid seine Wirkung verloren, so dass die zeitgleich erhobene Rückforderung nicht verjährt oder aus anderen Gründen ausgeschlossen sei.

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Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. Juni 2011 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 10. März 2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Es sei unerheblich, ob es sich bei der Regelung in Nr. 2.1. ANBest-K um eine auflösende Bedingung handele. Denn die Regelung greife nur ein, wenn sich die im Finanzierungsplan veranschlagten zuwendungsfähigen Gesamtausgaben ermäßigten. Vorliegend habe der Grund für die Kürzung aber darin gelegen, dass der Bewilligungszeitraum im März 1995 geendet habe und vier Rechnungen danach beglichen worden seien. Im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht zu Recht die dreijährige Verjährung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs in Analogie zur Regelverjährungsfrist des Bürgerlichen Rechts angenommen. Bereits aus dem Umkehrschluss zu § 53 Abs. 2 VwVfG M-V folge, dass für nicht durch Verwaltungsakt festgesetzte Ansprüche nicht undifferenziert eine dreißigjährige Verjährungsfrist gelten solle; anderenfalls hätte es dieser Regelung nicht bedurft.

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Der Vertreter des Bundesinteresses schließt sich der Auffassung des Beklagten an, dass der Bewilligungsbescheid vom 11. November 1994 als vorläufiger Verwaltungsakt und der Änderungsbescheid vom 26. November 2010 als Schlussbescheid zu qualifizieren sei. Die lange Verfahrensdauer von fünfzehn Jahren missachte jedoch die Verpflichtung aus § 10 VwVfG M-V zur zügigen Erledigung. Auch wenn das Verwaltungsverfahrensgesetz dafür keine Sanktion vorsehe, komme eine analoge Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften über die Festsetzungsverjährung oder einer entsprechenden Ausschlussregelung in Betracht.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat Erfolg. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V und damit revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), indem es den Inhalt der Ermäßigungsklausel im Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 als auflösende Bedingung ansieht (1.). Darauf beruht die angegriffene Entscheidung, weil das Oberverwaltungsgericht die mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Erstattungsforderung bei dessen Erlass am 26. November 2010 deshalb zu Unrecht als verjährt angesehen hat (2.). Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO); der Beklagte war am Erlass des angefochtenen Bescheids trotz der langen Verfahrensdauer rechtlich nicht gehindert (3.).

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1. Das Berufungsgericht hat die Klausel, dass der Rückgang der im Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben zu einer Ermäßigung der Zuwendung führt, zu Unrecht als auflösende Bedingung im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V angesehen. Nr. 2.1. der damals in Mecklenburg-Vorpommern verwendeten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung kommunaler Körperschaften (ANBest-K) des Landes Schleswig-Holstein vom Oktober 1989 (vgl. Verwaltungsvorschriften zur Haushaltssystematik vom 5. April 1991, AmtsBl. MV 1991, 232) enthielt zwar diese Ermäßigungsregelung. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Bedingung (a), sondern um einen Vorbehalt (b).

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a) Eine Bedingung wird nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V dadurch charakterisiert, dass sie den Eintritt oder den Wegfall einer Vergünstigung oder Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig macht. Unter den Begriff des Ereignisses fallen nur von der Außenwelt wahrnehmbare Handlungen, Erklärungen oder Geschehnisse. Für ein Ereignis ist im allgemeinen Sprachgebrauch kennzeichnend, dass es erlebt, gehört, gesehen, mit anderen Worten durch Wahrnehmung erfasst werden kann. Dass es sich bei dem in § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V genannten "Ereignis" um einen empirisch nachprüfbaren Vorgang handeln muss, legt auch der semantische Zusammenhang zum "Eintritt" des Ereignisses nahe, der den Zeitpunkt bestimmt, ab dem der Verwaltungsakt einen anderen Regelungsgehalt erhält. Da das künftige ungewisse Ereignis kraft Gesetzes ohne weiteren Zwischenschritt einen Rechtsverlust oder einen Rechtsgewinn herbeiführt, muss sein Eintritt auch aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligten - für den Adressaten des Bescheids, für die Behörde und ggf. für Dritte - gleichermaßen ohne Weiteres erfassbar sein. Dies ist bei äußeren, zur allgemeinen Erfahrungswelt gehörenden Tatsachen der Fall, nicht hingegen bei nur zur Gedankenwelt eines Beteiligten gehörenden Vorstellungen (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 - 10 C 15.14 - BVerwGE 152, 211 Rn. 12).

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Nach diesen Maßstäben widerspricht die Annahme des Berufungsgerichts revisiblem Recht, dass es sich bei der in Nr. 2.1. ANBest-K enthaltenen Nebenbestimmung um eine auflösende Bedingung im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG M-V handelt. Zwar vermittelt die Formulierung von der Ermäßigung der im Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben das Bild eines wahrnehmbaren Vorgangs. Tatsächlich beruht aber die Feststellung, dass und um wieviel die zuwendungsfähigen Ausgaben zurückgegangen sind, nicht allein auf der grundsätzlich allen Beteiligten gleichermaßen möglichen Wahrnehmung von Tatsachen. Insbesondere kann der Rückgang der zuwendungsfähigen Ausgaben nicht auf einfache Weise durch Sichtung und Addition der im Zusammenhang mit der geförderten Maßnahme eingegangenen Abrechnungsbelege gewonnen werden. Denn bei jedem Einzelbeleg muss eine förderrechtliche Bewertung hinzukommen, ob und inwieweit eine tatsächlich getätigte Ausgabe zuwendungsfähig ist (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 - 10 C 15.14 - BVerwGE 152, 211 Rn. 14). Dies zeigt sich besonders, wenn - wie hier beim Bau der Trink- und Abwasserleitung - eine geförderte und eine nicht geförderte Baumaßnahme zusammen verwirklicht werden. Dann muss bei den Baurechnungen der zu den zuwendungsfähigen Kosten der geförderten Baumaßnahme (Trinkwasserleitung) betreffende Anteil abgegrenzt und herausgerechnet werden, was eine im Einzelnen komplizierte und von fachlichen und rechtlichen Vorkenntnissen abhängige Kostenbewertung und -zuordnung erforderlich macht. Somit fehlt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts an dem für eine Bedingung unabdingbaren Ereignis.

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b) Da es eine ereignislose Bedingung nicht gibt, kann der Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 nicht als auflösend bedingter Verwaltungsakt verstanden werden. Das Revisionsgericht hat darum den Bescheid vom 11. November 1994 selbst auszulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 14) und nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu erforschen, wie der Adressat den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1983 - 7 C 70.80 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 72).

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Aus der Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich der Zuwendungsbescheid vom 11. November 1994 als vorläufiger Zuwendungsbescheid dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die damals verwendeten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung kommunaler Körperschaften vom Oktober 1989 dem Bescheid tatsächlich beigefügt und damit wirksam einbezogen worden sind. Der nur vorläufige Charakter der Mittelzuweisung folgt bereits aus der im Tenor des Zuwendungsbescheids geregelten Festlegung auf eine hälftige Anteilsfinanzierung der anfallenden zuwendungsfähigen Kosten, aus der unbestimmten und zukunftsoffenen Festlegung der Zuschusshöhe "von max. 770 000 DM" und aus dem Erfordernis einer Verwendungsnachweisführung in Ziffer 5 des Bescheids. Damit enthält der Bescheid vom 11. November 1994 keine exakt bezifferte Festbetragsförderung, sondern lediglich die verbindliche Zusage der Anteilsfinanzierung und die Festlegung der Verfahrensmodalitäten für die nachfolgende Bestimmung des endgültigen Förderbetrags.

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Die endgültige Entscheidung über die Förderhöhe enthält erst der "Änderungsbescheid" vom 26. November 2010. Das wird zwar nicht schon durch die Überschrift des Bescheids deutlich. Auch wird in dessen Begründung Nr. 2.1. ANBest-K fälschlich als auflösende Bedingung bezeichnet. Der Bescheid setzt jedoch nach abschließender Prüfung des Verwendungsnachweises die Höhe der Zuweisung auf 389 219,57 EUR (761 247,31 DM) fest. Der endgültige Charakter der Zuwendungsfestsetzung ergibt sich aus dem Hinweis, dass die Projektförderung - vorbehaltlich einer Prüfung durch die Europäische Kommission, den Europäischen Rechnungshof und deren Einrichtungen oder den Landesrechnungshof - für diese Maßnahme abgeschlossen sei. Damit wird von dem in dem früheren Bescheid enthaltenen Vorbehalt Gebrauch gemacht und hinsichtlich des Zuwendungsbetrags ein Schlussbescheid erlassen.

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2. Da der Bewilligungsbescheid vom 11. November 1994 nicht auflösend bedingt war, konnte die Verjährung des Erstattungsanspruchs auch nicht - wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen - mit der Vorlage der Verwendungsnachweise im Juni 1995 beginnen und drei Jahre nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ablaufen. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährungsfrist analog §§ 195, 199 BGB n.F. unterliegt (BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 3.16 - Leitsatz 1). Die dreijährige Verjährungsfrist begann aber nicht vor der Festsetzung des endgültigen Zuwendungsbetrags durch den Schlussbescheid vom 26. November 2010 zu laufen und war deshalb bei dem gleichzeitigen Erlass des Rückforderungsbescheids nicht verstrichen.

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Hieran ändert nichts, dass die Erstattungsforderung rückwirkend entstanden ist. Wie die Rücknahme oder der rückwirkende Widerruf eines Bewilligungsbescheids auf dessen Erlasszeitpunkt zurückwirkt, so wirkt auch die Festsetzung des endgültigen Zuwendungsbetrags durch einen Schlussbescheid auf den Zeitpunkt des vorläufigen Bewilligungsbescheids zurück (BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 25). Vor Erlass des Schlussbescheids ist die Erstattungsforderung jedoch nicht durchsetzbar, weshalb sie zuvor noch nicht verjähren kann. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Erstattungsforderung seit dem Empfang der Überzahlung und damit auch für zurückliegende Zeiträume zu verzinsen ist und diese Zinsansprüche rückwirkend verjähren können. Dies ist der besonderen gesetzlichen Regelung der Verzinsung geschuldet; damit soll zugleich verhindert werden, dass ein verzögerter Erlass des Rücknahme-, Widerrufs- oder Schlussbescheids zur Akkumulation unverjährter Zinsen für große Zeiträume führen kann (vgl. BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 47 sowie Urteil vom 21. März 2013 - 3 C 14.12 - juris Rn. 19; BFH, Urteil vom 11. Dezember 2012 - VII R 61/10 - BFHE 239, 310 Rn. 14 ff.).

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Entgegen der Ansicht des Klägers muss sich der Beklagte auch nicht nach dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB so behandeln lassen, als hätte er den Schlussbescheid schon früher - in angemessener Zeit nach Vorlage der Verwendungsnachweise - erlassen und damit das Anlaufen der Verjährungsfrist für die Erstattungsforderung begründet. Unabhängig davon, ob dieser in der zivilrechtlichen Rechtsprechung verschiedentlich erörterte Rechtsgedanke (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 12. März 2008 - 1 U 1049/07 - juris Rn. 52, KG, Urteil vom 21. August 2008 - 2 U 75/07 - juris Rn. 15 f.) im öffentlichen Verjährungsrecht heranzuziehen ist, setzt seine Anwendung jedenfalls voraus, dass dem Beklagten, weil er den Schlussbescheid erst fünfzehn Jahre nach Vorlage der Verwendungsnachweise erlassen hat, der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens gemacht werden kann. Hierfür ist aber nichts ersichtlich. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er in den 1990er und 2000er Jahren mit einer großen Anzahl wasserrechtlicher Förderverfahren befasst war, von denen etliche auch den Kläger selbst betrafen, und dass er aus Gründen mangelnder Arbeitskapazität nur zu einer sukzessiven Bearbeitung in der Lage war, so dass einige Verfahren erst spät zu einem Abschluss gebracht werden konnten. Es mag sein, dass der Beklagte diesen Rückstau durch anderen Personaleinsatz oder durch verwaltungsorganisatorische Maßnahmen früher hätte abarbeiten können; Anhaltspunkte für eine treuwidrige Verfahrensverschleppung sind aber nicht erkennbar.

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3. Die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Beklagte durfte die Höhe der Zuwendung im Bewilligungsbescheid vom 11. November 1994 vorläufig festsetzen, weil die für die hälftige Anteilsfinanzierung maßgeblichen zuwendungsfähigen Kosten vor Durchführung der Baumaßnahme nicht feststanden und nach dem Gesetz auch nicht im Wege einer Prognose zu schätzen waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 21). Dass der Beklagte nach Durchführung der Baumaßnahme und Vorlage des Verwendungsnachweises mehr als fünfzehn Jahre für den Erlass des Schlussbescheids am 26. November 2010 benötigt hat, führt auch nicht dazu, dass die Rückforderung rechtlich unzulässig geworden wäre.

21

a) Der Kläger als Zuwendungsempfänger hatte zwar nach Herstellung der bezuschussten Trinkwasserleitung und Vorlage des Verwendungsnachweises einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die vorbehaltene Nachprüfung vornahm, sobald der Grund für den Vorbehalt entfiel. Bei Zuwendungsbescheiden wird dies aus dem Verfahrensanspruch des Zuwendungsempfängers abgeleitet, dass sein Antrag zügig (vgl. § 10 Satz 2 VwVfG M-V), ggf. binnen Frist (vgl. § 42a VwVfG M-V) beschieden - und das heißt grundsätzlich abschließend beschieden - wird (BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 22). Die Verpflichtung zur zügigen Entscheidung im Sinne des § 10 Satz 2 VwVfG M-V ist jedoch grundsätzlich nur als Auftrag zur Entscheidung in angemessener Zeit zu verstehen, dessen Verletzung die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage und unter Umständen Entschädigungs- und Amtshaftungsansprüche sowie Zinsnachteile nach sich ziehen kann (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 10 Rn. 18 ff., 22 ff.). Dementsprechend führt die Missachtung des verfahrensrechtlichen Zügigkeitsgebots regelmäßig dazu, dass die Zuwendungsbehörde keine Erstattungszinsen für Zeiträume beanspruchen kann, in denen der Zuwendungsempfänger die Verzögerung nach § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG nicht zu vertreten hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 31 f. und vom 11. Mai 2016 - 10 C 8.15 - NVwZ 2016, 1577 Rn. 21). Hingegen hat die Verletzung des Zügigkeitsgebots - von den gesetzlich geregelten Fällen der Genehmigungsfiktion (vgl. § 42a VwVfG M-V) abgesehen - grundsätzlich keine Auswirkung auf die Sachentscheidung.

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b) Die Ausübung der Befugnis zum Erlass des Schlussbescheids unterliegt keinen speziellen Entscheidungs- und Festsetzungsfristen. Der Beklagte war insbesondere nicht durch § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 3 Satz 2 VwVfG M-V gehalten, die abschließende Entscheidung über die Zuwendungshöhe innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der hierfür maßgebenden Umstände zu treffen. Auf eine ausdrücklich vorbehaltene Regelung finden § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 3 Satz 2 VwVfG M-V weder unmittelbar noch analog Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8.82 - BVerwGE 67, 99 <104>). Denn die Wirkung des Vorbehalts einer endgültigen Regelung liegt gerade darin, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG gebunden zu sein (BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 Rn. 16).

23

c) Die Befugnis einer Zuwendungsbehörde, auf Grund eines vorläufigen Bewilligungsbescheids die endgültige Höhe der Förderung in einem Schlussbescheid festzusetzen, unterliegt auch nicht der Verjährung. Eine analoge Anwendung der einschlägigen Verjährungsfristen der §§ 195 ff. BGB scheidet schon deswegen aus, weil auch im Bürgerlichen Recht nach § 194 Abs. 1 BGB nur Ansprüche der Verjährung unterliegen, nicht aber die Ausübung von Gestaltungsrechten. Für die Ausübung von Gestaltungsrechten gelten grundsätzlich gesonderte Vorschriften (Ellenberger, in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 194 Rn. 2; Schmidt-Räntsch, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 194 Rn. 11). Daher unterliegt auch die Befugnis einer Behörde, einen Zuwendungsbescheid zurückzunehmen, als Gestaltungsrecht der Verwaltung grundsätzlich nicht dem allgemeinen Verjährungsrecht (vgl. BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 16). Nichts anderes kann für die hier vorliegende Gestaltungsbefugnis der Verwaltung gelten, einen vorläufigen Verwaltungsakt durch einen endgültigen Schlussbescheid zu ersetzen.

24

Ferner sind beim Erlass des Schlussbescheids - entgegen den dahin zielenden Überlegungen des Vertreters des Bundesinteresses - die für Abgaben geltenden Regelungen der Festsetzungsverjährung (§§ 169, 170 AO) nicht entsprechend anwendbar. Die Rückforderung eines überhöhten Zuwendungsanteils dient dem Ausgleich einer zu Unrecht erhaltenen Leistung, nicht aber der Deckung des allgemeinen oder besonderen Ausgabenbedarfs des Staates. Der das Institut der Festsetzungsverjährung rechtfertigende Gedanke, dass bei verspäteter Erhebung einer Abgabe ihr zeitlicher Bezug zur Deckung der aktuellen staatlichen Ausgaben verloren geht, greift daher nicht. Die Regeln über die Festsetzungsverjährung enthalten auch keinen allgemeinen, für alle Bereiche des Öffentlichen Rechts geltenden Grundsatz (BFH, Urteil vom 7. Juli 2009 - VII R 24/06 - BFHE 225, 524 Rn. 42).

25

d) Der Beklagte hat die Befugnis zum Erlass des Schlussbescheids und zur Geltendmachung der sich ergebenden Überzahlung auch nicht verwirkt.

26

Allerdings kann der Einwand der Verwirkung bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall der Ausübung dieser Befugnis entgegenstehen. Dies folgt daraus, dass die Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und als Hauptanwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens auch im Öffentlichen Recht gilt und insbesondere auch die Rücknahmebefugnis der Behörden einschränkt (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 <236> und Beschluss vom 3. April 2012 - 5 B 59.11 - juris Rn. 4 m.w.N.; BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 2/15R - SozR 4-1300 § 48 Nr. 31 Rn. 22). Die Verwirkung setzt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzugetreten sind, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (BVerwG, Urteile vom 7. Februar 1974 - 3 C 115.71 - BVerwGE 44, 339 <343> und vom 20. März 2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 Rn. 30 m.w.N.).

27

Mit Blick auf die Befugnis zur Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ist dies anzunehmen, wenn Umstände eingetreten sind, aus denen der die Rechtswidrigkeit kennende Begünstigte berechtigterweise den Schluss ziehen durfte, der Verwaltungsakt werde nicht mehr zurückgenommen, obwohl die Behörde dessen Rücknehmbarkeit erkannt hat, der Begünstigte ferner darauf vertraut hat, dass die Rücknahmebefugnis nicht ausgeübt wird, und dieses Vertrauen in einer Weise betätigt hat, dass ihm mit der sodann gleichwohl erfolgten Rücknahme ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 <236> und Beschluss vom 3. April 2012 - 5 B 59.11 - juris Rn. 4). Dementsprechend kommt bei vorläufigen Verwaltungsakten die Verwirkung in Betracht, wenn der Zuwendungsempfänger aufgrund eines zusätzlichen Verhaltens des Zuwendungsgebers oder der zwischengeschalteten Behörden Vertrauen darauf aufbauen kann, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid nicht mehr geändert werden wird, wenn er tatsächlich auf den uneingeschränkten Fortbestand des Bewilligungsbescheids vertraut hat und wenn er sein Vertrauen infolgedessen betätigt hat.

28

Im vorliegenden Fall sind keine Tatsachen festgestellt, die eine entsprechende Vertrauensgrundlage für eine unveränderte Beibehaltung der vorläufigen Zuwendungshöhe bilden könnten. Ebenso fehlt es beim Kläger an der erforderlichen Vertrauensbetätigung. Die Kürzung der Zuwendung beruht nach Aktenlage darauf, dass abgerechnete Baumaßnahmen teilweise oder ganz dem nicht geförderten Projekt des Baus einer Abwasserleitung zuzuordnen, also für das geförderte Projekt tatsächlich nicht angefallen sind. Schützenswerte Vermögensdispositionen des Klägers sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

29

e) Darüber hinaus muss es zwar im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit aus Art. 20 Abs. 3 GG auch unabhängig vom Nachweis eines Vertrauensschadens eine zeitliche Grenze für den Erlass eines Schlussbescheids geben. Das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit schützt davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 41). Dabei ist es in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers, eine äußerste zeitliche Grenze für die Ausübung einer vorbehaltenen Änderungsbefugnis zu bestimmen. Solange eine solche Regelung fehlt, liegt es nahe, an die für die Ausübung der behördlichen Rücknahmebefugnis angestellten Erwägungen anzuschließen. Danach bildet die längste im Zivilrecht und Öffentlichen Recht vorkommende Frist von dreißig Jahren einen absoluten zeitlichen Schlusspunkt, nach dem die Ausübung einer Befugnis treuwidrig und durch § 242 BGB ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 24. März 1993 - 9/9a RV 38/91 - BSGE 72, 139 Rn. 21; BFH, Urteil vom 7. Juli 2009 - VII R 24/06 - BFHE 225, 524 Rn. 45; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 16 m.w.N. und vom 20. März 2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 Rn. 16, 30 ff.). Diese Frist von dreißig Jahren ab Erlass des Bewilligungsbescheids ist hier jedoch nicht erreicht.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.