Entscheidungsdatum: 17.12.2013
1. Dem Wehrdienstgericht steht ein Wahlrecht zu, Beschlüsse in gerichtlichen Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung dem Beschwerdeführer persönlich oder seinem Bevollmächtigten zuzustellen. Wird der Beschluss sowohl dem Beschwerdeführer als auch dem Bevollmächtigten zugestellt, so richtet sich die Berechnung der Rechtsmittelfrist nach der zuletzt bewirkten Zustellung.
2. Der Bundesminister der Verteidigung hat bei der Ausübung seiner Befugnis, die Haar- und Barttracht der Soldaten durch Verwaltungsvorschriften zu regeln, einen Einschätzungsspielraum. Einschränkungen der freien Gestaltung der Haartracht können durch das Regelungsziel eines - für das Selbstverständnis und die öffentliche Wahrnehmung bestimmenden - einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds und Auftretens der deutschen Streitkräfte im In- und Ausland bei der Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags gerechtfertigt sein.
3. Der Erlass über die Haar- und Barttracht der Soldaten (Anlage 1 zur Zentralen Dienstvorschrift 10/5) ist rechtmäßig. Die - von der Regelung für männliche Soldaten abweichende - Regelung über die Haartracht von Soldatinnen ist eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr.
Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass zwei ihm am 3. März 2009 (BVerwG 1 WRB 3.12) und am 25. März 2009 (BVerwG 1 WRB 2.12) erteilte Befehle, sich mit einer dem Haar- und Barterlass entsprechenden Frisur zu melden, rechtswidrig gewesen sind.
Der 1990 geborene Antragsteller leistete ab dem 1. Januar 2009 als Wehrpflichtiger Grundwehrdienst bei der 17./... in S.; seine Dienstzeit hätte mit Ablauf des 30. September 2009 geendet. Mit Verfügung vom 3. April 2009 entließ der Kommandeur des ...kommandos den Antragsteller gemäß § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG vorzeitig aus der Bundeswehr. Zur Begründung führte er aus, dass der Antragsteller wiederholt die Ausführung von Befehlen, sich mit vorschriftsgemäßem Haarschnitt zu melden, nicht befolgt habe. Gegen den Antragsteller sei deswegen bereits eine Disziplinarbuße von 150 € sowie drei Disziplinararreste von insgesamt 43 Tagen verhängt und vollstreckt worden. Da eine Verhaltensänderung nicht zu erwarten sei, würde ein Verbleiben des Antragstellers im Dienstverhältnis die militärische Ordnung ernstlich gefährden.
Der Antragsteller trug nach seiner Darstellung bereits seit etwa acht Jahren lange Haare, die bei Antritt des Wehrdienstes rund 40 cm lang gewesen seien und offen getragen auf den Rücken fielen. Er habe seine Haare zunächst mit mehreren Haargummis in der Weise gesichert, dass sie einen langen, über den Uniformkragen hinaus bis zu den Schulterblättern reichenden Pferdeschwanz ergeben hätten. Zur Zeit der hier strittigen Befehle habe er die Haare hochgebunden getragen.
Am 3. März 2009 befahl der Kompaniechef dem Antragsteller, sich am 4. März 2009 um 7:30 Uhr mit einer Frisur zu melden, die den Bestimmungen der ZDv 10/5, Anlage 1 (Die Haar- und Barttracht der Soldaten), entspreche. Der Antragsteller befolgte diesen Befehl nicht.
Am 25. März 2009 befahl der Stellvertreter des Kompaniechefs dem Antragsteller, sich am 26. März 2009 um 14:30 Uhr mit einer Frisur zu melden, die den Bestimmungen der ZDv 10/5, Anlage 1, entspreche. Nach dem Vortrag des Antragstellers habe der Befehl wörtlich gelautet: "Ich erteile Ihnen hiermit den Befehl, sich die Haare schneiden zu lassen, so dass sie offen getragen den Hemdkragen nicht berühren, gemäß Haar- und Barterlass. Melden Sie sich morgen bei mir mit neuer Frisur um 14:30 Uhr!". Der Antragsteller befolgte auch diesen Befehl nicht.
Der sogenannte Haar- und Barterlass (Anlage 1 zu ZDv 10/5) lautet wie folgt:
"Die Haar- und Barttracht
der Soldaten
Die Erfordernisse des militärischen Dienstes hinsichtlich Funktionsfähigkeit, Unfallverhütung, Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, Disziplin und Hygiene stellen grundsätzliche Anforderungen an die Haartracht der Soldatinnen sowie die Haar- und Barttracht der Soldaten.
1. Die Haar- und Barttracht muss sauber und gepflegt sein. Modische Frisuren sind erlaubt; ausgenommen sind Frisuren, die in Farbe, Schnitt und Form besonders auffällig sind (z. B. Punkerfrisuren, Irokesenschnitte, grell gefärbte Haarsträhnen, Ornamentschnitte).
2. Das Haar von Soldaten muss am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden. Es ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden. Nicht erlaubt sind besonders ausgefallene Haarschnitte (z. B. Pferdeschwänze, gezopfte Frisuren).
Bärte und Koteletten müssen kurz geschnitten sein. Wenn sich der Soldat einen Bart wachsen lassen will, muss er dies während seines Urlaubs tun. Die oder der Disziplinarvorgesetzte kann Ausnahmen genehmigen.
3. Die Haartracht von Soldatinnen darf den vorschriftsmäßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht behindern. Zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und bei bestimmten Diensten (z. B. Gefechtsausbildung, Sportausbildung, Teilnahme an Einsätzen und Übungen) kann die oder der Disziplinarvorgesetzte bei langen Haaren das Tragen eines Haarnetzes befehlen.
4. Auch für Angehörige der Reserve, die Wehrübungen leisten, muss die Haar- und Barttracht sauber und gepflegt sein. Unabhängig davon soll die bzw. der Disziplinarvorgesetzte das Tragen eines Haarnetzes befehlen, wenn das Haar in Farbe, Schnitt und Form den vorgenannten Forderungen nicht entspricht.
Soweit besondere Verhältnisse Abweichungen von den o.a. Bestimmungen erforderlich machen oder für bestimmte Personengruppen (z.B. Soldatinnen und Soldaten in Auslandsverwendungen, fliegendes Personal, Soldatinnen und Soldaten im protokollarischen Dienst, Pflegepersonal in Bundeswehrkrankenhäusern) Sonderregelungen erforderlich sind, sind diese zu befehlen. Zuständig sind die Inspekteure der Teilstreitkräfte, der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und der Inspekteur der Streitkräftebasis. Die Befugnis kann delegiert werden".
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 4. März 2009 und 27. März 2009 legte der Antragsteller Beschwerde gegen die Befehle vom 3. März 2009 und 25. März 2009 ein. Mit Bescheiden vom 10. März 2009 und 1. April 2009 wies der Kommandeur des ... Bataillons ...regiment die Beschwerden zurück. Die mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 24. März 2009 und 7. April 2009 erhobenen weiteren Beschwerden des Antragstellers wies der Kommandeur des ...regiments mit Bescheiden vom 9. April 2009 zurück.
Mit Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten vom 14. Mai 2009 beantragte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Truppendienstgerichts. Zur Begründung machte er geltend, dass der Haar- und Barterlass und die hierauf gestützten Befehle rechtswidrig seien und insbesondere gegen seine Rechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und Unverletzlichkeit der Person (Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 GG) sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), auch in seiner speziellen Ausprägung des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG, verstießen.
Mit in den rechtlichen Erwägungen im Wesentlichen gleichlautenden Beschlüssen vom 21. Juni 2012 - N 6 BLa 3/09 und N 6 BLa 4/09 - wies das Truppendienstgericht Nord die Anträge auf gerichtliche Entscheidung zurück und ließ wegen der Abweichung seiner Entscheidungen von dem Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 21. Dezember 2004 - S 4 BLc 18/04 - NZWehrr 2005, 257 - die Rechtsbeschwerde zu. Die dem Antragsteller erteilten Befehle, sich mit einer Frisur zu melden, die den Bestimmungen des Haar- und Barterlasses entspreche, seien rechtmäßig. Weder die Befehle noch der Erlass verstießen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz oder das Gebot der Gleichberechtigung von Männern und Frauen; sie verletzten den Antragsteller auch nicht in seinem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Die Befehle und der Erlass dienten dienstlichen Zwecken. Bei vielen in den Streitkräften auszuübenden Tätigkeiten technischer Art seien Soldaten mit längeren Haaren in höherem Maße unfallgefährdet. Befehle und Erlasse, die einer Unfallgefährdung und Funktionsbehinderung entgegenwirkten, dienten unmittelbar militärischen Belangen. Sie entsprächen der besonderen Fürsorgepflicht des Vorgesetzten und seien für einen geordneten militärischen Dienstbetrieb unerlässlich.
Die unterschiedliche Behandlung männlicher und weiblicher Soldaten verstoße nicht gegen Art. 3 GG. Da die Regelung der Haartracht für weibliche Soldaten sich als spezielle Regelung für einen besonderen, genau abgrenzbaren Personenkreis im Verhältnis zu den allgemeinen Bestimmungen über die Haartracht der Bundeswehr darstelle, sei diese Regelung - neben geschlechtsspezifischen Gründen - auch sachlich gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfahre der Grundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG eine Durchbrechung, wenn im Hinblick auf die objektiven biologischen oder funktionalen (arbeitsteiligen) Unterschiede nach der Natur des jeweiligen Lebensverhältnisses eine besondere Regelung erlaubt oder sogar geboten sei. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Leitgedanke des Bundesministers der Verteidigung bei den weniger strengen Anforderungen an die Haartracht der Soldatinnen sei unverändert die Auffassung, dass Frauen das Tragen langer Haare als besonderen Ausdruck von Weiblichkeit empfänden; Frauen würden der Gestaltung ihres äußeren Erscheinungsbilds einschließlich der Möglichkeit, die Haare ohne Rücksicht auf Schwankungen der jeweiligen Mode kürzer oder länger zu tragen, allgemein und regelmäßig weit größere, möglicherweise grundlegende Bedeutung beimessen. Grundlage für die Regelungen des Haar- und Barterlasses sei deshalb eine tiefer gehende Rücksichtnahme auf allein Frauen betreffende Lebensumstände. Dass heute bei einem sich wandelnden modischen Geschmack auch Männer zum Teil lange Haare - wie etwa Zöpfe oder Pferdeschwänze - tragen und andererseits manche Frauen einen Kurzhaarschnitt bevorzugen würden, mache aus langen Haaren oder einem Pferdeschwanz keine typisch männliche Haartracht. Lange Haare oder ausgefallene Haarschnitte und Frisuren, wie zum Beispiel gezopfte Frisuren oder Pferdeschwänze, könnten auch in den Augen eines vernünftig urteilenden Dritten als Disziplinlosigkeit gewertet werden und demzufolge das Vertrauen der Bevölkerung beeinträchtigen, dass die Bundeswehr ihren verfassungsmäßigen Auftrag ordnungsgemäß erfüllen werde. In fast allen Streitkräften der Welt hätten männliche Soldaten die Haare kurz zu tragen, während dies für Frauen nicht gelte.
Die angefochtenen Befehle und der Haar- und Barterlass verletzten den Antragsteller auch nicht in seinem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Zwar schränkten die Befehle und der Erlass dieses Grundrecht, das auch das Recht auf eigenverantwortliche Gestaltung des äußerlich erkennbaren Erscheinungsbilds umfasse, ein und stellten somit einen Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts dar. Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit finde jedoch seine Schranke in der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der aufgrund des mit Verfassungsrang ausgestatteten Verteidigungsauftrags gemäß Art. 87a GG auch das Wehrwesen gehöre. Demzufolge bestimme § 6 Satz 2 SG, dass die staatsbürgerlichen Rechte im Rahmen der Erfordernisse des militärischen Dienstes durch die gesetzlich begründeten Soldatenpflichten beschränkt würden. Zu diesen Erfordernissen gehörten auch die Gesichtspunkte der Funktionsfähigkeit, Hygiene und Unfallverhütung.
Die angefochtenen Befehle und der Haar- und Barterlass verletzten auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Schutzwürdigkeit eines Soldaten hänge nicht davon ab, ob dieser im Zivilleben Haare mit einer Länge von 10, 20, 30 oder 40 cm getragen habe. Die Länge der Haare, die Zeitdauer des Haarwuchses bis zum Erreichen dieser Länge und die erforderliche Zeit zum Nachwachsen nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst seien keine Kriterien, die im Rahmen des Übermaßverbotes beachtlich seien. Auch der Status des betroffenen männlichen Soldaten (Grundwehrdienstleistender, freiwillig länger Wehrdienstleistender, Soldat auf Zeit oder Berufssoldat) habe keine Auswirkung darauf, ob ein Befehl zum Haareschneiden verhältnismäßig sei; die Erfordernisse des militärischen Dienstes wie Unfallverhütung, Vermeidung einer Funktionsbehinderung, Disziplin, Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit und Hygiene würden für jeden Soldaten gleichermaßen und unabhängig von seinem Status gelten. Es liege auch kein derartig tiefer Einschnitt in den Rechtsbereich des Antragstellers vor, dass die Bedeutung des verfolgten dienstlichen Zwecks außer Verhältnis zu Art und Tiefe des Eingriffs stünde.
Die Beschlüsse des Truppendienstgerichts wurden dem Antragsteller am 30. Juni 2012 (Sonnabend) mit Postzustellungsurkunde und dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 2. Juli 2012 (Montag) gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Gegen diese Beschlüsse wendet sich der Antragsteller mit den mit Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten vom 24. Juli 2012 eingelegten Rechtsbeschwerden, die er mit Schriftsätzen vom 3. September 2012 (Montag), eingegangen beim Truppendienstgericht Nord am selben Tage, begründete.
Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Die Rechtsbeschwerden seien zulässig, insbesondere rechtzeitig begründet. Für die Fristberechnung komme es auf die Zustellung an den Bevollmächtigten, nicht auf die Zustellung an ihn, den Antragsteller, persönlich an.
In der Sache stellten sich die angegriffenen Beschlüsse als rechtswidrig dar. Zweifelhaft sei bereits, ob die erteilten Befehle dienstlichen Zwecken dienten. Da mittlerweile sämtliche Laufbahnen der Bundeswehr auch für Frauen geöffnet seien, sei davon auszugehen, dass das für Frauen erlaubte Tragen eines Haarnetzes gleichermaßen Unfälle zu verhüten vermöge wie das Abschneiden langer Haare. Ebenso sei davon auszugehen, dass sonstige denkbare Behinderungen, etwa des Sichtvermögens, durch das Tragen eines Haarnetzes auszuschließen seien. Angesichts der heute überall - auch im Feldeinsatz - in Einrichtungen der Bundeswehr vorhandenen sanitären Einrichtungen spielten auch Aspekte der Hygiene keine Rolle mehr.
Zweifelhaft sei ferner, ob die Länge der Haartracht ein geschlechtsspezifisches Merkmal darstelle, das die Ungleichbehandlung zwischen Soldatinnen und Soldaten rechtfertige. Im Gegenteil zeige die heutige Zivilgesellschaft mit ihren vielfältigen Frisuren, dass weder an der Länge noch an der Färbung der Haare Unterschiede zwischen dem männlichen und dem weiblichen Geschlecht festgemacht werden könnten. Insofern würde ein Befehl, sich die Haare auf ein bestimmtes Maß zu kürzen, sowohl bei einer Frau als auch bei einem Mann gleichermaßen tief in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen. Es sei deswegen nicht nachvollziehbar, dass unterschiedliche Regelungen aus Rücksichtnahme auf allein Frauen betreffende Lebensumstände erforderlich seien. Fragen des Ansehens in der Welt seien jedenfalls nicht geeignet, die Grundrechtsbeeinträchtigung zu rechtfertigen. Besondere Vergünstigungen beanspruche er, der Antragsteller, nicht; er verlange lediglich, genauso eingriffslos gestellt zu werden, wie dies bei dienenden Frauen der Fall sei.
Aus Art. 87a GG ergebe sich keine Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GG. Gegenüber ihm als Wehrpflichtigen dürften gemäß Art. 17a Abs. 1 GG nur die Grundrechte der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit sowie das Petitionsrecht eingeschränkt werden. Abgesehen davon regele Art. 87a GG nur die Befugnis des Bundes zum Aufstellen von Streitkräften, den Verteidigungsauftrag, die Einsatzbefugnis im Verteidigungs- und Spannungsfall sowie den Einsatz zur Gefahrenabwehr; von Grundrechtseinschränkungen sei nicht die Rede. Auch dem Soldaten- und dem Wehrpflichtgesetz sei diesbezüglich nichts zu entnehmen. Der Haar- und Barterlass könne sich daher nicht auf eine Ermächtigungsgrundlage stützen. Gerügt werde ferner eine Verletzung des Zitiergebots gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG.
Art. 2 Abs. 1 GG könne vorliegend zudem auch durch eine Norm nicht verfassungsmäßig eingeschränkt werden, weil die Identität eines Menschen zum geschützten Kernbereich des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, der unantastbaren Sphäre privater Lebensgestaltung, gehöre. Die Haartracht eines Menschen habe eine im hohen Maße identitätsstiftende Wirkung, jeder Mensch fühle sich nur mit "seiner", der zu ihm passenden Frisur wohl. Nehme man dem Menschen sein diesbezügliches Ausdrucksvermögen, so nehme man ihm zugleich seine innere Würde und reduziere ihn auf einen Status als Objekt äußerer Vorstellung. Nicht geprüft worden sei ferner, ob die Befehle gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) verstießen. Das Abschneiden von Haaren stelle einen Substanzeingriff dar, der den Tatbestand der Körperverletzung erfülle, wenn es gegen den Willen erfolge. Für die körperliche Misshandlung seien Schmerzen nicht von entscheidender Bedeutung. Es stehe außer Frage, dass das Abschneiden von rund 40 cm Haarlänge das äußere Erscheinungsbild eines Menschen tiefgreifend verändere und ihn seiner Identität berauben könne, was zwangsläufig seelische Schmerzen auslöse. Es spiele auch keine Rolle, ob eine solche Körperverletzung durch aktives Tun eines anderen oder durch den Zwang, sich einem entsprechenden Befehl zu beugen, bewirkt werde.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung beschränkten sich die angefochtenen Beschlüsse auf bloße Behauptungen. So bleibe das Kriterium der Disziplin völlig konturlos; es sei weder erläutert noch ersichtlich, weshalb ein männlicher Soldat mit langen Haaren weniger Disziplin aufweisen solle als ein weiblicher. Hinsichtlich der Kriterien der Funktionsfähigkeit, Hygiene und Unfallverhütung belege der Einsatz von Frauen in allen Laufbahnen der Bundeswehr mit der generellen Erlaubnis, lange Haare zu tragen, dass diese Kriterien nicht von Bedeutung sein könnten. Unabhängig davon sei die Regelung nicht erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne gewesen, weil es mildere Mittel als den Eingriff in Kernbereiche der Persönlichkeit gebe. Man habe ihn, den Antragsteller, gar nicht erst einziehen dürfen oder dort verwenden müssen, wo - wie bei Frauen - Beeinträchtigungen ausgeschlossen seien.
Der Bundesminister der Verteidigung tritt den Rechtsbeschwerden entgegen. Er hält sie für nicht zulässig, weil sie verspätet begründet worden seien. Maßgeblich für den Lauf der Fristen für die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde sei die Zustellung an den Antragsteller, weshalb die Begründungsfrist am 30. August 2012 abgelaufen und der Eingang beim Truppendienstgericht am 3. September 2012 verspätet sei. In der Sache seien die Rechtsbeschwerden unbegründet. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich wiederholt mit den Regelungen des Haar- und Barterlasses befasst und diese für rechtmäßig befunden (zuletzt Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BVerwG 1 WB 24.99 -). Gründe für ein Abweichen von dieser Rechtsprechung seien nicht ersichtlich.
Das Gericht hat den Bundesminister der Verteidigung um Auskunft unter anderem zu folgender Frage gebeten:
"2. Welche Erwägungen liegen der geltenden Regelung über die Haartracht weiblicher Soldaten zugrunde?
Insbesondere:
a) Wurden auch Alternativen zu der möglichen Anordnung des Tragens eines Haarnetzes erwogen? Wenn ja: Um welche Alternativen handelt es sich und aus welchen Gründen wurden diese nicht in den Erlass aufgenommen?
b) Handelt es sich aus Sicht des Erlassgebers bei Nr. 3 der Anlage 1 zur ZDv 10/5 um eine Maßnahme, die die Förderung von Frauen (im Sinne von § 1 SGleiG) bezweckt?"
Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - hat hierzu mit Schreiben vom 26. September 2013 folgendes erklärt:
"Frage 2:
Den unterschiedlichen Regelungen über die Haartracht von Soldatinnen und Soldaten lag und liegt nach wie vor die Erwägung zu Grunde, dass dem Tragen langer Haare für Frauen grundlegende Bedeutung für den Ausdruck von Weiblichkeit zugemessen wird. Anders als bei Männern ist das Tragen langer Haare damit nicht lediglich eine Modeerscheinung. Als geschlechtsspezifischer Unterschied sind die unterschiedlichen Regelungen für Soldatinnen und Soldaten daher nach hiesiger Auffassung gerechtfertigt. Dies haben u.a. der 1. Wehrdienstsenat (BVerwG 1 WB 64.93 vom 13. April 1994) und zuletzt das Truppendienstgericht Süd (S 5 BLb 001/11 vom 2. Februar 2011) mehrfach bestätigt.
Allgemein gilt, dass Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr durch ihr Auftreten in Uniform und ihr korrektes Aussehen das Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit und das der Bundesrepublik Deutschland im Ausland bestimmen. Deshalb muss, anders als bei vielen anderen Berufen, die Freiheit zur individuellen Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes gegenüber der sichtbaren Einbindung in die militärische Gemeinschaft grundsätzlich zurücktreten. Da unverändert unsere verbündeten Nationen und große Teile der Bevölkerung aus dem Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten Rückschlüsse auf die militärische Disziplin und damit auf die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr ziehen, sind der Teilhabe an modischen Entwicklungen Grenzen gesetzt.
Unfallverhütungsvorschriften, Bestimmungen des Arbeitsschutzes, der Hygiene und der Präventivmedizin beschränken die zulässige Gestaltung des persönlichen äußeren Erscheinungsbildes ebenfalls, sind aber nicht allein ausschlaggebend.
Frage 2a)
Ob Alternativen zu der möglichen Anordnung des Tragens eines Haarnetzes erwogen worden sind, lässt sich nicht mehr verbindlich nachvollziehen.
Frage 2b)
Die Zulässigkeit des Tragens langer Haare für Soldatinnen bezweckt auch die Förderung von Frauen im Sinne des § 1 SGleiG. Durch die Möglichkeit, die eigene Weiblichkeit durch das Tragen längerer Haare zum Ausdruck bringen zu können, soll der Dienst in den Streitkräften für Frauen attraktiver gestaltet werden. Auf diese Weise wird eine weitere Erhöhung des Anteils an Soldatinnen in der Bundeswehr, der derzeit bei rund 10 % liegt, angestrebt.
Aktuelle Entwicklungen:
Aktuell ist beabsichtigt, den Erlass, 'Die Haar- und Barttracht der Soldaten' aufzuheben und durch ein neues Kapitel in der ZDv 37/10 'Anzugordnung für die Soldaten der Bundeswehr' zur umfassenden Regelung des äußeren Erscheinungsbildes der Soldatinnen und Soldaten zu ersetzen. Hier fließen auch Regelungen über die Haar- und Barttracht mit ein. Nach dem derzeitigen Stand der Erarbeitung soll auch weiterhin nur Frauen das Tragen langer Haare erlaubt sein. Die Befugnis zur Anordnung des Tragens eines Haarnetzes soll jedoch ersatzlos gestrichen und ersetzt werden durch eine Regelung, wonach Soldatinnen, deren Haare bei aufrechter Körper- und Kopfhaltung die Schulter berühren würden, diese gezopft oder gesteckt zu tragen haben."
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Antrags- und der Rechtsbeschwerdeverfahren Bezug genommen.
Die Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg.
1. Die Verfahren betreffen zwei Befehle mit im Wesentlichen gleichen Inhalt, deren Beurteilung dieselben Rechtsfragen aufwirft. Sie werden deshalb zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 93 Satz 1 VwGO).
2. Die Rechtsbeschwerden sind zulässig.
a) Die vom Truppendienstgericht mit bindender Wirkung (§ 22a Abs. 3 WBO) zugelassenen Rechtsbeschwerden wurden fristgerecht eingelegt und auch fristgerecht begründet.
Gemäß § 22a Abs. 4 WBO ist die Rechtsbeschwerde bei dem Truppendienstgericht, dessen Beschluss angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beschlusses schriftlich zu begründen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Wegen der erfolgten Doppelzustellung sowohl an den Antragsteller als auch an den Bevollmächtigten sind die zuletzt beim Bevollmächtigten am 2. Juli 2012 bewirkten Zustellungen für den Fristbeginn maßgeblich. Die Begründungsfrist endete damit am Montag, dem 3. September 2012, weshalb die an diesem Tage beim Truppendienstgericht eingegangenen Beschwerdebegründungen fristgerecht zugegangen sind (§ 18 Abs. 2 Satz 5, § 23a Abs. 1 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO sowie § 145a und § 37 Abs. 2 StPO). Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Nach § 18 Abs. 2 Satz 5 WBO ist der Beschluss des Truppendienstgerichts dem Beschwerdeführer sowie dem Bundesminister der Verteidigung nach den Vorschriften der Wehrdisziplinarordnung zuzustellen. Der Begriff des Beschwerdeführers bezeichnet im Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung eine Beteiligtenstellung. Der Gesetzgeber lässt mit dieser Funktionsbezeichnung offen, ob ausschließlich an den Soldaten selbst (Naturalpartei) oder aber, wenn wie hier ein solcher bestellt ist, an dessen Bevollmächtigten als Vertreter zuzustellen ist oder zugestellt werden kann. Aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 Satz 5 WBO folgt zumindest kein Verbot der Zustellung an einen Bevollmächtigten, dessen Bestellung in gerichtlichen Wehrbeschwerdeverfahren üblich, in Rechtsbeschwerdeverfahren sogar obligatorisch ist, soweit der Beschwerdeführer einen Antrag stellt (§ 22a Abs. 5 Satz 1 WBO).
Dem Truppendienstgericht steht ein Wahlrecht zu, den Beschluss dem Beschwerdeführer persönlich oder seinem Bevollmächtigten zuzustellen. Wird der Beschluss - wie hier - sowohl dem Beschwerdeführer als auch dem Bevollmächtigten zugestellt, so richtet sich die Berechnung der Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung (§ 23a Abs. 1 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO sowie § 145a und § 37 Abs. 2 StPO).
§ 18 Abs. 2 Satz 5 WBO trifft keine Aussage zum Verhältnis der Zustellungsadressaten, insbesondere regelt er nicht, dass zwingend an den Soldaten oder an den Bevollmächtigten zuzustellen ist oder es dem Truppendienstgericht freisteht, die Zustellung wahlweise an den einen oder anderen mit fristauslösender Wirkung vorzunehmen. Soweit § 18 Abs. 2 Satz 5 WBO für die Zustellung auf die Vorschriften der Wehrdisziplinarordnung verweist, regelt der in Betracht kommende § 5 WDO lediglich die Art und Weise der Zustellung und trifft damit ebenfalls keine Aussage zu den Adressaten und zur Reihenfolge der Zustellungen. Auch § 111 Abs. 2 WDO, wonach Urteile in gerichtlichen Disziplinarverfahren zur Fristauslösung zwingend dem Soldaten persönlich zuzustellen sind (vgl. etwa Beschluss vom 24. Juni 2002 - BVerwG 2 WDB 5.02 - Buchholz 235.0 § 91 WDO Nr. 1 = NZWehrr 2003, 35 m.w.N.), kann nicht herangezogen werden, weil es sich bei § 111 Abs. 2 WDO um eine lex specialis handelt, die ausschließlich die Zustellung von Urteilen in disziplinargerichtlichen Verfahren betrifft. Demgegenüber hat der Gesetzgeber auch in der Wehrdisziplinarordnung bei Beschlüssen den Zustellungsadressaten offen gelassen (vgl. z.B. § 114 Abs. 4 Satz 2 oder § 117 Satz 2 WDO).
Gemäß § 23a Abs. 1 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO sind daher ergänzend die Vorschriften der Strafprozessordnung heranzuziehen. Die Anwendung von Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über § 23a Abs. 2 WBO ist demgegenüber im Bereich der Zustellung in Beschwerdesachen versperrt. Das ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut, der dem Verweis in Absatz 1 auf die Wehrdisziplinarordnung den Vorrang einräumt ("darüber hinaus"), als auch aus dem aus den Gesetzgebungsmaterialien ersichtlichen Willen des Gesetzgebers: Danach soll die Zustellung in Beschwerdesachen - im Unterschied zu § 23a Abs. 2 WBO - einheitlich nach den Regeln der Wehrdisziplinarordnung erfolgen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften - Wehrrechtsänderungsgesetz 2007 - BTDrucks 16/7955, S. 35 zu cc).
Gemäß § 145a Abs. 1 StPO gelten der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, sowie der bestellte Verteidiger als ermächtigt, Zustellungen und sonstige Mitteilungen für den Beschuldigten in Empfang zu nehmen. Bei entsprechender Anwendung des § 145a Abs. 1 StPO war der Bevollmächtigte des Antragstellers damit befugt, die am 2. Juli 2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Ausfertigungen der angefochtenen Beschlüsse des Truppendienstgerichts in Empfang zu nehmen. Unerheblich ist, dass dem Antragsteller bereits am 30. Juni 2012 Ausfertigungen der Beschlüsse mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurden. Denn gemäß § 23a Abs. 1 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO und § 37 Abs. 2 StPO richtet sich der Fristbeginn bei doppelter Zustellung nach der zuletzt bewirkten.
Begann die Frist demnach am Tag nach der Zustellung an den Bevollmächtigten, so endete sie am 3. September 2012, einem Montag, weil das rechnerische Ende (2. September 2012) ein Sonntag war und daher die Frist erst um 24:00 Uhr des darauffolgenden Werktags ablief (§ 23a Abs. 1 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO, § 43 Abs. 2 StPO). Innerhalb dieser Frist hat der Antragsteller die Rechtsbeschwerden begründet.
b) Das Ausscheiden des Antragstellers aus dem Wehrdienstverhältnis durch seine (vorzeitige) Entlassung gemäß § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG steht einer Fortführung des Verfahrens nicht entgegen (§ 15 WBO).
3. Die Rechtsbeschwerden sind jedoch unbegründet.
Das Truppendienstgericht hat die zulässigen Fortsetzungsfeststellungsanträge (§ 19 Abs. 1 Satz 2 WBO) im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die dem Antragsteller am 3. März 2009 und 25. März 2009 durch den Kompaniechef bzw. dessen Stellvertreter erteilten Befehle, sich am jeweiligen Folgetag mit einer Frisur zu melden, die dem sog. Haar- und Barterlass (Anlage 1 zur ZDv 10/5) entspricht, waren rechtmäßig und verletzten den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit den rechtlichen Erwägungen des Truppendienstgerichts im Einzelnen gefolgt werden kann. Insbesondere die vom Truppendienstgericht angeführte frühere Formel des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit einer Differenzierung nach dem Geschlecht in dem Urteil vom 28. Januar 1987 (- 1 BvR 455/82 - BVerfGE 74,163 <179> m.w.N.) ist durch neuere Entscheidungen überholt und dabei wesentlich enger gefasst worden; differenzierende Regelungen sind danach (nur) zulässig, soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 u.a. - BVerfGE 85, 191 <207>, Beschlüsse vom 24. Januar 1995 - 1 BvL 18/93 u.a. - BVerfGE 92, 91 <109> und vom 25. Oktober 2005 - 2 BvR 524/01 - BVerfGE 114, 357 <364>; vgl. übersichtlich Osterloh, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 272 ff.). Dass ein geschlechtsspezifischer Unterschied zwischen der Haartracht von Männern und von Frauen, wie ihn das Truppendienstgericht annimmt, auch in diesem engeren biologischen Sinne besteht, ist nicht erkennbar.
Die Rechtsbeschwerden sind gleichwohl zurückzuweisen, weil sich die angefochtenen Beschlüsse im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig darstellen (§ 23a Abs.2 WBO i.V.m. § 144 Abs. 4 VwGO).
Die vom Antragsteller beanstandeten Befehle stützen sich auf den Haar- und Barterlass und nehmen diesen inhaltlich in Bezug. Die Anordnungen des Erlasses, dem selbst keine Befehlsqualität zukommt (vgl. Beschluss vom 30. November 2006 - BVerwG 1 WB 59.05 - BVerwGE 127, 203 = Buchholz 450.1 § 19 WBO Nr. 1 = NZWehrr 2007, 160, jeweils Rn. 24), werden dabei in die Form eines an den Antragsteller adressierten, seine Rechtssphäre unmittelbar berührenden Befehls umgesetzt und konkretisiert. Inhaltlich entsprechen die Befehle den Vorgaben insbesondere von Nr. 2 Abs. 1 des Erlasses, wonach das Haar von (männlichen) Soldaten am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein muss, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden, es - ferner - so zu tragen ist, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden, und - schließlich - besonders ausgefallene Haarschnitte (z.B. Pferdeschwänze, gezopfte Frisuren) nicht erlaubt sind.
Der Haar- und Barterlass, soweit er den Antragsteller vorliegend betrifft, und die ihn umsetzenden Befehle stellen eine durch eine verfassungsmäßige normative Grundlage gerechtfertigte Einschränkung der dem Antragsteller auch als Soldat zustehenden Rechte (§ 6 SG), insbesondere seines Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), dar und verletzen auch keinen der Gleichheitssätze des Art. 3 GG.
a) Die strittigen Befehle greifen in das Recht des Antragstellers auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ein. Sie beschränken sein von Art. 2 Abs. 1 GG umfasstes Recht, über die Gestaltung der äußeren Erscheinung auch im Dienst eigenverantwortlich zu bestimmen (vgl. für uniformierte Zoll- bzw. Polizeibeamte BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Januar 1991 - 2 BvR 550/90 - NJW 1991, 1477; BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - BVerwG 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 = Buchholz 237.8 § 84 RhPLBG Nr. 1, jeweils Rn. 15 m.w.N.).
Dagegen wird das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht berührt. Dessen Schutzbereich erfasst körperliche Eingriffe, die entweder mit einer Zufügung von Schmerzen oder mit einer Gesundheitsbeschädigung verbunden sind oder sich als üble unangemessene Behandlung von nicht unbeträchtlichem Gewicht darstellen. Eine solche Behandlung kann in dem befohlenen Kürzen der Kopfhaare nur liegen, wenn dies zu einer Entstellung oder Verunstaltung führt (vgl. für uniformierte Polizeibeamte Urteil vom 2. März 2006 a.a.O. Rn. 16 m.w.N). Der Haar- und Barterlass, der modische Frisuren ausdrücklich gestattet (Nr. 1 Satz 2 Halbs. 1) und innerhalb der Vorgaben von Nr. 2 Abs. 1 individuell gewünschte Gestaltungen erlaubt, hat keine derartigen Folgen.
b) Das Grundrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ist nur unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Es kann daher aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden, das den Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes entspricht und inhaltlich hinreichend bestimmt ist, wenn der Eingriff auf Gründe des Gemeinwohls gestützt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (BVerfG, Beschlüsse vom 6. Juni 1989 - 1 BvR 921/85 - BVerfGE 80, 137 <153> und vom 9. März 1994 - 2 BvL 43/92 u.a. - BVerfGE 90, 145 <171 f.>; stRspr). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
aa) Die hier gegenständlichen Befehle und Anordnungen des Haar- und Barterlasses finden ihre gesetzliche Grundlage in § 4 Abs. 3 Satz 2 SG.
Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 SG erlässt der Bundespräsident die Bestimmungen über die Uniform der Soldaten. Der Bundespräsident hat hiervon durch die Anordnung über die Dienstgradbezeichnungen und die Uniform der Soldaten vom 14. Juli 1978 (BGBl. I S. 1067, zuletzt geändert durch Anordnung vom 31. Mai 1996, BGBl. I S. 746) teilweise Gebrauch gemacht und im Übrigen gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 SG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 der Anordnung die Befugnis zur Bestimmung der Uniform des Soldaten dem Bundesminister der Verteidigung übertragen. Auf dieser Grundlage hat der Bundesminister der Verteidigung seinerseits die Anzugordnung der Bundeswehr (ZDv 37/10) und die Vorschriften über die Haar- und Barttracht der Soldaten als Anlage 1 zur ZDv 10/5 (Leben in der militärischen Gemeinschaft) erlassen.
Ebenso wie die entsprechenden Vorschriften über die Dienstkleidung im Beamtenrecht enthält § 4 Abs. 3 Satz 2 und 3 SG nicht nur eine Zuständigkeitsbestimmung, sondern ermächtigt den Bundespräsidenten bzw. (im Rahmen der Delegation) den Bundesminister der Verteidigung zu einer inhaltlichen Regelung, die die Pflicht von Soldaten, im Dienst Uniform zu tragen und dabei bestimmte Erscheinungsformen zu wahren (zur Uniformtragepflicht von Soldaten, die als Personalratsmitglied vom militärischen Dienst freigestellt sind, vgl. Beschluss vom 28. September 2010 - BVerwG 1 WB 41.09 - BVerwGE 138, 40 = Buchholz 449 § 7 SG Nr. 52, jeweils Rn. 33 ff.) durch konkrete Ge- und Verbote ausgestaltet und aktualisiert. Neben der Festlegung, welche Soldaten im Dienst oder bei bestimmten Anlässen Uniform zu tragen haben und wie diese im Einzelnen zusammengesetzt und beschaffen ist, können Uniformträgern dabei auch Vorgaben für die äußere Erscheinung, etwa für die Gestaltung der Haar- und Barttracht, für das Tragen von Schmuck oder für Tätowierungen gemacht werden, damit das durch die Uniform bezweckte einheitliche Erscheinungsbild nicht beeinträchtigt wird. Solche Regelungen können durch Verwaltungsvorschriften getroffen werden, weil es sich um eine Aufgabe der Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt handelt (vgl. für uniformierte Polizeibeamte Urteil vom 2. März 2006 a.a.O. Rn. 18 m.w.N).
Mit diesem Inhalt genügt § 4 Abs. 3 Satz 2 und 3 SG den Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes (vgl. zu diesem Grundsatz eingehend Beschluss vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 = Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr.14, jeweils Rn. 31 ff., m.w.N.; vgl. ferner - auch zum Folgenden - Urteil vom 2. März 2006 a.a.O. Rn. 19 m.w.N). Danach ist der parlamentarische Gesetzgeber im Hinblick auf Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichtet, in grundlegenden, insbesondere grundrechtlich relevanten Bereichen die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Die inhaltliche Reichweite des Gesetzesvorbehalts hängt von der Eigenart des jeweiligen Regelungsbereichs, insbesondere von Schwere und Intensität der Grundrechtseingriffe ab. Die in § 4 Abs. 3 Satz 2 und 3 SG angelegte Grundpflicht von Soldaten bedarf dabei keiner weiteren inhaltlichen Konkretisierung durch den Gesetzgeber. Die gesetzliche Vorschrift legt die spezifischen Regelungsgegenstände und die Regelungszuständigkeit abschließend fest. Daraus folgt, dass jede Ausgestaltung der Grundpflicht zu einem konkreten Ge- und Verbot durch dienstliche Erfordernisse gerechtfertigt sein muss. Eine darüber hinausgehende Regelung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber ist angesichts des ohnehin eng umgrenzten Regelungsgegenstands und seiner Vorprägung durch seit langem bestehende Regelungen über das äußere Erscheinungsbild von Soldaten nicht geboten.
bb) Nicht verletzt ist auch das Gebot, dass ein Grundrechte einschränkendes Gesetz das betroffene Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen muss (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG). Das Zitiergebot gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht für das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG, weil dieses von vornherein nur unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Juli 1959 - 1 BvR 394/56 - BVerfGE 10, 89 <99> und Beschluss vom 18. Februar 1970 - 2 BvR 531/68 - BVerfGE 28, 36 <46>). Der Schutzbereich des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), auf das sich das Zitiergebot erstreckt, ist vorliegend nicht berührt (siehe oben II.3.a).
cc) Der Bundesminister der Verteidigung hat bei der Ausübung seiner Befugnis, die Uniform der Soldaten und im Zusammenhang damit das äußere Erscheinungsbild der Soldaten zu regeln, eine Einschätzungsprärogative und einen grundsätzlich weiten, gerichtlich nur begrenzt nachprüfbaren Einschätzungsspielraum, dessen inhaltliche Reichweite insbesondere von Schwere und Intensität des jeweiligen Eingriffs abhängt (vgl. - auch zum Folgenden - BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Januar 1991 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 a.a.O. Rn. 21 f.). Die Einschätzung des Bundesministers der Verteidigung, eine Vorgabe für das äußere Erscheinungsbild diene militärischen Erfordernissen, ist regelmäßig nur auf offensichtliche Fehlerhaftigkeit zu überprüfen, wenn die Beschränkung nur für die Dienstzeit, nicht aber für das Erscheinungsbild außerhalb des Dienstes Bedeutung hat; denn der Eingriffsgehalt derartiger Regelungen ist zumeist schon deshalb gering, weil sie in der privaten Sphäre nicht fortwirken. Demgegenüber beeinflussen Regelungen für die Gestaltung der Haar- und Barttracht zwangsläufig die private Lebensführung; sie unterliegen deshalb einem strengeren Überprüfungsmaßstab. Daraus folgt, dass die Einschätzung des Bundesministers der Verteidigung, Vorgaben für die Haar- und Barttracht seien aus dienstlichen Gründen geeignet und erforderlich, auf plausible und nachvollziehbare Gründe gestützt sein muss.
dd) Nach diesen Maßstäben hat der Bundesminister der Verteidigung mit der Regelung der Haartracht männlicher Soldaten seinen Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Die hier gegenständlichen Befehle und die ihnen zugrunde liegenden Anordnungen des Haar- und Barterlasses (Nr. 2 Abs. 1) dienen legitimen Erfordernissen des militärischen Dienstes (§ 6 Satz 2 SG) und genügen den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Der Bundesminister der Verteidigung hat zu den Motiven der aktuellen Regelung des Haar- und Barterlasses erklärt, es gelte allgemein, dass Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr durch ihr Auftreten in Uniform und ihr korrektes Aussehen das Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit und das der Bundesrepublik Deutschland im Ausland bestimmten. Deshalb müsse, anders als bei vielen anderen Berufen, die Freiheit zur individuellen Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes gegenüber der sichtbaren Einbindung in die militärische Gemeinschaft grundsätzlich zurücktreten. Da unverändert die mit Deutschland verbündeten Nationen und große Teile der Bevölkerung aus dem Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten Rückschlüsse auf die militärische Disziplin und damit auf die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr zögen, seien der Teilhabe an modischen Entwicklungen Grenzen gesetzt. Unfallverhütungsvorschriften, Bestimmungen des Arbeitsschutzes, der Hygiene und der Präventivmedizin beschränkten die zulässige Gestaltung des persönlichen äußeren Erscheinungsbildes ebenfalls, seien aber nicht allein ausschlaggebend.
(1) Die von dem Bundesminister der Verteidigung zuletzt genannten Gründe der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes (Unfallverhütung, Arbeitsschutz, Hygiene, Präventivmedizin) bilden als solche zweifelsfrei mögliche legitime Regelungszwecke. Vor dem Hintergrund des Gesamtzusammenhangs des Haar- und Barterlasses könnten sie jedoch den nur für männliche Soldaten allgemein angeordneten kurzen Haarschnitt nicht rechtfertigen. Denn entweder ist ein kurzer Haarschnitt im militärischen Dienst tatsächlich aus Gründen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes erforderlich. Dann müsste sich die für männliche Soldaten geltende Regelung auch auf Soldatinnen erstrecken, für die jedoch eine allgemeine Anordnung eines kurzen Haarschnitts gerade nicht besteht; für Soldatinnen gilt vielmehr (nur), dass ihre Haartracht den vorschriftsmäßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht behindern darf und ihnen zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und bei bestimmten Diensten (z.B. Gefechtsausbildung, Sportausbildung, Teilnahme an Einsätzen und Übungen) bei langen Haaren das Tragen eines Haarnetzes befohlen werden kann (Nr. 3 des Haar- und Barterlasses). Ist dagegen die generelle Anordnung eines kurzen Haarschnitts, worauf die Regelung für Soldatinnen mit ihrer geringeren Eingriffsintensität hindeutet, aus Gründen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes nicht geboten, so würde dies in gleicher Weise für männliche Soldaten gelten; in diesem Falle fehlte es auch für männliche Soldaten an der Erforderlichkeit des Eingriffs.
Die unter dem Blickwinkel von Sicherheit und Gesundheitsschutz zu Tage tretenden Widersprüche in der allgemeinen Regelung der Haartracht männlicher und weiblicher Soldaten lassen sich auch nicht durch den Hinweis des Bundesministers der Verteidigung auflösen, wonach die Zulässigkeit des Tragens langer Haare auch die Förderung von Frauen im Sinne des § 1 SGleiG bezwecke. Es ist nicht davon auszugehen und daher hier auch nicht zu unterstellen, dass der Bundesminister der Verteidigung eine (vermeintliche) Förderung von Frauen in der Bundeswehr dadurch betreiben möchte, dass er sie von Schutzmaßnahmen ausnimmt, die aus Gründen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes geboten sind, sie also einer höheren Gefährdung als männliche Soldaten aussetzt.
Im Einzelnen bedarf dies allerdings keiner weiteren Vertiefung oder ggf. Sachaufklärung durch das Truppendienstgericht, weil nach der Erklärung des Bundesministers der Verteidigung die Gründe der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes zwar ein zusätzliches Motiv darstellen, für die gegenständliche Regelung jedoch nicht allein ausschlaggebend, also nicht tragend sind.
(2) Die Einschränkungen des Antragstellers in der freien Gestaltung seiner Haartracht sind durch das von dem Bundesminister der Verteidigung in erster Linie angeführte Regelungsziel eines - für deren Selbstverständnis und die öffentliche Wahrnehmung bestimmenden - einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds und Auftretens der deutschen Streitkräfte im In- und Ausland bei der Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags gerechtfertigt.
Dabei ist dem Hinweis des Antragstellers auf den historischen, gesellschaftlichen und verfassungsrechtlichen Wandel, den die Streitkräfte und ihre Verankerung im politischen System vollzogen haben, im Ausgangspunkt durchaus zu folgen. Die Bundeswehr erhält einerseits durch die Normen und Werte der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes ihre Ausrichtung. Zugleich haben die Soldaten der Bundeswehr als "Staatsbürger in Uniform" nicht nur, wie § 6 Satz 1 SG verkürzt formuliert, die gleichen staatsbürgerlichen Rechte, sondern grundsätzlich alle Grund- und sonstigen Rechte wie jeder andere Bürger, soweit diese nicht aufgrund von Erfordernissen des militärischen Dienstes durch gesetzlich begründete Pflichten eingeschränkt sind. Beide Gesichtspunkte finden ihre nicht abschließende, aber beispielhafte Umsetzung in den Grundsätzen der Inneren Führung (ZDv 10/1). Die materielle Verankerung in der freiheitlich demokratischen Grundordnung, insbesondere in den Grundrechten, bildet die Basis für die von den Soldaten geforderte Bereitschaft zu verantwortlichem Handeln im Dienst, aber auch für die Möglichkeit einer weitgehenden individuellen und persönlichen Entfaltung des einzelnen Soldaten ungeachtet seiner Zugehörigkeit zur Bundeswehr. Nicht nur über die Rückbindung der Bundeswehr als "Parlamentsheer" in die demokratisch rechtsstaatliche Verfassungsordnung (BVerfG, Urteile vom 12. Juli 1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286 <382> und vom 7. Mai 2008 - 2 BvE 1/03 - BVerfGE 121, 135 <154>), sondern auch über das persönliche Verhalten jedes einzelnen Soldaten findet deshalb der Pluralismus der heutigen Gesellschaft Eingang in die Bundeswehr.
Neben - und nicht im Widerspruch zu - diesen materiellen Grundlagen und Werten steht die Tatsache, dass der spezifische Auftrag und die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte unverändert in einem hohen Maß durch ein nach außen einheitliches Auftreten und einen nach innen engen Zusammenhalt ihrer Angehörigen geprägt sind, in dem sich die Streitkräfte zugleich von anderen staatlichen Hoheitsträgern - wie etwa der Polizei - unterscheiden. Die Streitkräfte handeln nach außen typischerweise im geschlossenen Verband; auch dort, wo der einzelne Soldat in Erscheinung tritt, nimmt er stets die unmittelbare Einsatzbereitschaft des in seinem Rücken stehenden Verbands in Anspruch. Nach innen wird von Soldaten das Leben in der militärischen Gemeinschaft (so auch die Bezeichnung der ZDv 10/5) erwartet, die individuelle Verhaltenswünsche nicht ausschließt, aber sie unter einen deutlich begrenzenden Vorbehalt der Gemeinschaftsverträglichkeit und gegenseitiger Verlässlichkeit stellt. Ausdruck dieser gesteigerten Form der Einordnung in die militärische Organisation sind insbesondere die soldatenrechtlichen Pflichten zu Gehorsam (§ 11 SG) und Disziplin (§ 17 Abs. 1 SG) sowie die Fürsorgepflicht des Vorgesetzten (§ 10 Abs. 3 SG) und die Pflicht aller Soldaten zur Kameradschaft (§ 12 SG).
Vor diesem Hintergrund ist auch die Legitimation der Anordnung eines einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds der Soldaten zu sehen, das über die völkerrechtlich gebotene Kennzeichnung als Kombattant hinausgeht. Der "sichtbaren Einbindung in die militärische Gemeinschaft" (so die Formulierung in der Auskunft des Bundesministers der Verteidigung) kommt eine zwar nur dienende, insoweit aber nach wie vor unerlässliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte zu. Die Staatsführung und die Streitkräfte verbündeter ebenso wie nicht verbündeter Nationen, die Öffentlichkeit im In- und Ausland und nicht zuletzt auch die Akteure und die Bevölkerung in den Einsatzgebieten nehmen die Bundeswehr nicht in erster Linie über die Individualität der Soldaten, sondern vorrangig über das sichtbare Auftreten und die physische Präsenz eines einheitlichen Verbands wahr und gründen (auch) auf diesen Eindruck ihre Erwartungen und ihr Vertrauen in die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Der "Kredit", den die Bundeswehr hierdurch im Außenverhältnis genießt, bedeutet zugleich Stärkung und Schutz für den einzelnen Soldaten. Entsprechendes gilt für das Innenverhältnis der Streitkräfte. Die "sichtbare Einbindung in die militärische Gemeinschaft" bedeutet hier eine nicht zu unterschätzende symbolische Stütze für die gegenseitige Verlässlichkeit, dass jeder Soldat individuelle Belange hintanstellt, soweit Befehl und Gehorsam, Kameradschaft und Disziplin dies militärisch erfordern; sie entlastet jeden Soldaten dadurch nicht nur im Grenzfall, in dem es um den Einsatz der eigenen Gesundheit und des eigenen Lebens geht, sondern auch im täglichen Betrieb. Das einheitliche äußere Erscheinungsbild ist insofern ein wesentlicher Beitrag zur Verhaltenssicherheit der Soldaten (siehe auch Nr. 101 Abs. 1 ZDv 37/10) ebenso wie zur Erwartungssicherheit im Außenverhältnis.
Auf der Grundlage dieser Zwecksetzung hat der Bundesminister der Verteidigung mit der Anordnung eines kurzen Haarschnitts für männliche Soldaten - als Bestandteil des einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds und Ausdruck der "sichtbaren Einbindung in die militärische Gemeinschaft" - den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Die Regelung des Haar- und Barterlasses folgt einem zwar traditionell geprägten, aber nach wie vor in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Streitkräfte verbreiteten und durch gesellschaftliche und verfassungsrechtliche Entwicklungen nicht überholten Modell. Insbesondere wird die Eignung zur einheitsbildenden Identifikation nicht dadurch in Frage gestellt, dass in Deutschland seit geraumer Zeit auch bei Männern eine Haartracht in nahezu jeder Länge und Fasson gesellschaftlich akzeptiert wird; ein von allen Soldaten geforderter kurzer Haarschnitt unterliegt damit einer zwar deutlicheren Wahrnehmung (die ihre einheitsbildende Funktion eher verstärkt als vermindert), ohne andererseits ihre Träger aus dem Rahmen des gesellschaftlich Üblichen fallen zu lassen.
Die Regelung des Haar- und Barterlasses verstößt auch im Übrigen nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, insbesondere nicht gegen die Gebote der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit des Eingriffs. Die materiellen Grundrechte des I. Abschnitts des Grundgesetzes (Art. 1 bis 19), die auch innerhalb des Wehrdienstverhältnisses Geltung beanspruchen, gewährleisten allen Soldaten der Bundeswehr Freiheiten und Chancen zur persönlichen Entfaltung, die sowohl in historischer Sicht als auch im internationalen Vergleich sehr weitreichend sind; gerade in den Kernbereichen der Lebensgestaltung, etwa der Religions- und Meinungsfreiheit oder von Ehe und Familie, respektiert die Bundeswehr in weitem Umfang eine Verwirklichung individueller Lebensvorstellungen, die auch in den Dienstbetrieb hineinwirkt. Diese - von den Soldaten auch genutzten - Möglichkeiten einer verstärkten Individualisierung begründen und rechtfertigen die fortbestehende Erforderlichkeit einer - gewissermaßen kompensatorischen - "sichtbaren Einbindung in die militärische Gemeinschaft". Der Blick auf die gewährleisteten materiellen Freiheiten der Soldaten verdeutlicht zugleich, dass die am äußeren Erscheinungsbild ansetzenden Regelungen des Haar- und Barterlasses ein milderes Mittel im Vergleich zu substantiellen Einschränkungen in der Lebensführung darstellen. Eine Verletzung des Übermaßverbots ist schließlich auch deshalb nicht gegeben, weil der Haar- und Barterlass keine "Einheitsfrisur" verordnet, sondern lediglich äußere Grenzen setzt, innerhalb derer individuelle Gestaltungen und "modische Frisuren" ausdrücklich erlaubt sind.
(ee) Die hier gegenständlichen Befehle und die ihnen zugrunde liegenden Anordnungen des Haar- und Barterlasses für die Haartracht männlicher Soldaten stellen auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar.
(1) Unter dem Blickwinkel des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu beanstanden ist zunächst, dass die Vorschriften der Nr. 2 Abs. 1 des Haar- und Barterlasses für alle Soldaten, also insbesondere nicht nur für Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit gelten, sondern sich bis zur Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht (bzw. deren Beschränkung auf den Spannungs- und Verteidigungsfall, § 2 WPflG) zum 1. Juli 2011 auch auf Grundwehrdienstleistende wie den Antragsteller erstreckten. § 1 Abs. 1 Satz 1 SG definiert einen einheitlichen Begriff des Soldaten, der unterschiedslos sowohl die aufgrund freiwilliger Verpflichtung als auch die aufgrund der Wehrpflicht in einem Wehrdienstverhältnis stehenden Soldaten umfasst. Diese einheitliche Definition gilt sowohl für den verfassungsrechtlichen Begriff der - aus den Soldaten gebildeten - Streitkräfte (Art. 87a GG) als auch für die einfachrechtlichen Vorschriften über die Rechte und Pflichten der Soldaten, soweit diese sich nicht ausdrücklich nur auf einzelne Statusgruppen beziehen. Auch in der Praxis gibt es in dem hier interessierenden Erscheinungsbild der Soldaten keine Unterscheidungsmerkmale, an denen sich die Zugehörigkeit etwa eines Mannschaftsdienstgrads, wie ihn der Antragsteller innehatte, zu der Statusgruppe der Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit oder aber Grundwehrdienstleistenden ablesen ließe. Im Hinblick auf ihre große Zahl und ihre Verteilung auf nahezu sämtliche Truppengattungen und Tätigkeitsbereiche bildeten die Grundwehrdienstleistenden auch keine vernachlässigbare oder abgrenzbare, sondern vielmehr eine das Gesamtbild der Bundeswehr maßgeblich mitprägende Gruppe. Der Bundesminister der Verteidigung war auch nicht wegen der begrenzten Dauer des Grundwehrdienstes gehalten, die Grundwehrdienstleistenden von der Geltung der Regelung über die Haartracht auszunehmen oder für sie Sonderregelungen zu treffen. Bei einer Dauer des Grundwehrdienstes von in der Vergangenheit 10 bis 18 Monaten und zur Zeit der Einberufung des Antragstellers noch neun Monaten ist die Eingliederung in die Bundeswehr so intensiv, dass der Bundesminister der Verteidigung den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum nicht überschritten hat, wenn er auf eine zwischen Grundwehrdienstleistenden und Berufs- oder Zeitsoldaten differenzierende Regelung der Haartracht verzichtet hat.
(2) Eine zulässige, vom Einschätzungsspielraum des Bundesministers der Verteidigung gedeckte Differenzierung (Art. 3 Abs. 1 GG) bildet andererseits die flexiblere Regelung der Haartracht für Angehörige der Reserve, die Wehrübungen leisten (Nr. 4 des Haar- und Barterlasses). Sie bezieht ihre sachliche Rechtfertigung aus der auf grundsätzlich maximal drei Monate begrenzten (§ 6 Abs. 1 WPflG), in der Praxis in aller Regel deutlich kürzeren Dauer von Wehrübungen (vgl. Steinlechner/Walz, WPflG, 7. Aufl. 2009, § 6 Rn. 7 f.) und der zumeist geringeren Eingliederung der Wehrübenden in den regelmäßigen Dienstbetrieb.
(3) Der Antragsteller kann schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) eine Behandlung entsprechend der für Soldatinnen geltenden Vorschrift der Nr. 3 des Haar- und Barterlasses beanspruchen, wonach die Haartracht von Soldatinnen den vorschriftsmäßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht behindern darf und zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und bei bestimmten Diensten bei langen Haaren das Tragen eines Haarnetzes befohlen werden kann (siehe dazu bereits oben II.3.b.dd.<1>). Die Regelung über die Haartracht von Soldatinnen stellt eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG, § 1 SGleiG).
Der Antragsteller unterfällt als männlicher Soldat nicht der Vorschrift der Nr. 3 des Haar- und Barterlasses. Eine Gleichbehandlung ist nach dem Zweck der Regelung nicht geboten.
Der Haar- und Barterlass wurde erstmals unter dem 22. Dezember 1993 um eine - seitdem nur geringfügig redaktionell geänderte - Regelung über die Haartracht von Soldatinnen ergänzt, nachdem zum Ende des Jahres 1990 die Laufbahnen des Sanitäts- und Militärmusikdienstes allgemein für Frauen zugänglich gemacht worden waren. Das Anwendungsfeld der Regelung hat sich auf das gesamte Spektrum der Streitkräfte erweitert, seit im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Januar 2000 - Rs. C-285/98, Kreil - Slg. 2000, I-69, zum Januar 2001 sämtliche Verwendungsbereiche der Bundeswehr für Frauen geöffnet wurden. Nach der Erklärung des Bundesministers der Verteidigung bezweckt die Zulässigkeit des Tragens langer Haare für Soldatinnen auch die Förderung von Frauen im Sinne des § 1 SGleiG; sie soll den Dienst in den Streitkräften für Frauen attraktiver gestalten und so zu einer weiteren Erhöhung des Anteils an Soldatinnen in der Bundeswehr beitragen. Die Eignung der Haartrachtregelung für Soldatinnen, zu dieser Zielsetzung einen Beitrag zu leisten, lässt sich, auch vor dem Hintergrund einer deutlich geringeren Bereitschaft von Frauen als von Männern zum (freiwilligen) Dienst in der Bundeswehr (vgl. z.B. die in Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
Die Vorschrift der Nr. 3 des Haar- und Barterlasses für Soldatinnen beeinträchtigt nicht die striktere Regelung der Haartracht für männliche Soldaten (Nr. 2 des Haar- und Barterlasses).
Der Einsatz von Frauen in allen Verwendungsbereichen der Bundeswehr seit Januar 2001 stellt ein Novum in der Geschichte der Bundeswehr dar. Die Integration von Frauen in die Streitkräfte und in die Erfüllung des Verteidigungsauftrags hat - evident - das Erscheinungsbild der Bundeswehr verändert. Nichtsdestotrotz hat sich - schon im Hinblick auf den immer noch relativ kurzen Zeitraum, innerhalb dessen der Anteil der Frauen in der Truppe erst allmählich auf die genannten Zahlenwerte gestiegen ist - für das äußere Erscheinungsbild von Soldatinnen noch keine Tradition oder Erwartungshaltung innerhalb der Bundeswehr und in der Öffentlichkeit verfestigt, die etwa den an männliche Soldaten gerichteten Erwartungen vergleichbar wäre. Eine gewisse orientierende Wirkung kommt deshalb auch den Regelungen in Staaten mit einer vergleichbaren Staats- und Gesellschaftsordnung zu, die den Zugang zu ihren Streitkräften schon seit längerer Zeit für Frauen geöffnet haben. In der Mehrzahl finden sich dort Regelungen der Haartracht, die im Kern der deutschen Regelung ähnlich sind. Neben geschlechtsneutralen Grundanforderungen an eine "gepflegte" Haartracht (entsprechend Nr. 1 des Haar- und Barterlasses) und ebenfalls geschlechtsneutralen Sonderregelungen für bestimmte Soldatengruppen oder Verwendungen (entsprechend der Regelung nach Nr. 4 des Haar- und Barterlasses) finden sich ganz überwiegend Vorschriften, die entsprechend der Nr. 2 und Nr. 3 des Haar- und Barterlasses für männliche und für weibliche Soldaten unterschiedliche Regelungen der Haartracht treffen und dabei den Soldatinnen weiterreichende Gestaltungsmöglichkeiten als den männlichen Soldaten eröffnen, einschließlich der Möglichkeit des Tragens längerer Haare (siehe z.B. für die US-Streitkräfte sehr detailliert Nr. 1-8 der Army Regulation 670-1 vom 3. Februar 2005).
Vor diesem Hintergrund hat der Bundesminister der Verteidigung nicht den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum überschritten, wenn er die Soldatinnen in der Bundeswehr - jedenfalls in dem derzeitigen Stadium des allmählichen Ausbaus des Anteils und der Stellung von Frauen in den Streitkräften - nicht demselben Regime für das äußere Erscheinungsbild unterwirft wie männliche Soldaten. Es ist einerseits nicht erkennbar, dass der diesbezüglichen Gleichbehandlung von männlichen und weiblichen Soldaten ein so großes, den Förderzweck (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG, § 1 SGleiG) überwiegendes Gewicht für die "sichtbare Einbindung in die militärische Gemeinschaft" zukäme, dass der Bundesminister der Verteidigung aus Rechtsgründen zu einer Angleichung gehalten wäre. Ebenso wenig ist auf der anderen Seite ersichtlich, dass die für männliche Soldaten geltende striktere Regelung des einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds durch die flexiblere Regelung für Soldatinnen in ihrer geschilderten Bedeutung und Funktion im Selbstverständnis der Bundeswehr oder in der öffentlichen Wahrnehmung entwertet oder in Frage gestellt würde.