Entscheidungsdatum: 03.05.2019
Die zulässige Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen wird sie zurückgewiesen.
1. Soweit der Antragsteller sich dagegen wendet, dass das Truppendienstgericht den Feststellungsantrag zu § 8 Abs. 4 SBG als unzulässig zurückgewiesen hat, weil er eine Antragserweiterung gegenüber dem ursprünglichen Beschwerdegegenstand darstelle, liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO).
Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Bestimmung des § 91 VwGO über die Klageänderung (einschließlich der Klageerweiterung) im gerichtlichen Antragsverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 1 WB 59.13 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 2 Rn. 20, 30 ff.). Unzulässig ist danach eine Änderung oder Erweiterung des Rechtsschutzbegehrens, die erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgenommen wird.
Dies bedeutet jedoch nicht - wie das Truppendienstgericht meint -, dass der gerichtliche Streitgegenstand stets durch den Gegenstand der erstmaligen Beschwerde abschließend begrenzt ist. Das indiziert schon der Umstand, dass § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO im Eingang ausdrücklich auf die Erfolglosigkeit der weiteren Beschwerde verweist. Maßgeblich ist insoweit, dass - ebenso wie Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der ursprüngliche Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist - aus § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO folgt, dass Gegenstand des wehrdienstgerichtlichen Verfahrens der letzte im vorgerichtlichen Beschwerdeverfahren ergangene Beschwerdebescheid, also ggf. die Entscheidung über die weitere Beschwerde, ist. Hat der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte (§ 16 Abs. 3 WBO) zusätzliche Beschwerdepunkte, die nicht bereits Gegenstand der (Erst-)Beschwerde gewesen sind, in der Sache geprüft und darüber ablehnend entschieden, liegt darin eine zusätzliche Beschwer durch den Inhalt der letzten Beschwerdeentscheidung im vorgerichtlichen Verfahren. Gegenstand der wehrdienstgerichtlichen Kontrolle ist in diesem Falle der Beschwerdebescheid in der Gestalt der Entscheidung über die weitere Beschwerde (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 2018 - 1 WRB 1.18 - Rn. 21 ff.).
So liegt der Fall hier. Der Antragsteller hat mit der weiteren Beschwerde ausdrücklich "ergänzend" die Kostenübernahme durch die Dienststelle nach § 8 Abs. 4 SBG beantragt. Der Kommandeur des ... hat diesen Antrag in dem Bescheid über die weitere Beschwerde vom 12. September 2017 in der Sache geprüft und - unter Verweis auf die Ausführungen in zwei (als Anlage beigefügten) früheren Bescheiden - ablehnend beschieden. Das Truppendienstgericht hätte deshalb über den Kostenübernahmeantrag nach § 8 Abs. 4 SBG in der Sache entscheiden müssen.
Die Zurückweisung dieses Antrags als unzulässig stellt als fehlerhafte Handhabung einer Sachentscheidungsvoraussetzung einen Verfahrensmangel im Sinne von § 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2018 - 1 WNB 5.17 - juris Rn. 3). Der Senat macht insoweit von der nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 133 Abs. 6 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit unter Aufhebung des entsprechenden Teils der angefochtenen Entscheidung an das erstinstanzlich zuständige Truppendienstgericht zurückzuverweisen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2018 - 1 WNB 2.18 - juris Rn. 8 m.w.N.).
Da die Beschwerde bereits mit der Verfahrensrüge Erfolg hat, kommt es auf die beiden zusätzlichen Rechtsfragen, die der Antragsteller im Zusammenhang mit der Verfahrensrüge als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO), nicht an.
2. Soweit der Antragsteller im Übrigen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO), hat seine Beschwerde keinen Erfolg.
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerde entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. für das Revisionsrecht der VwGO BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - Buchholz 310 § 132 Nr. 18 S. 21 f. sowie für das Rechtsbeschwerderecht der WBO BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 2011 - 1 WNB 5.11 - Rn. 2 und vom 12. April 2018 - 2 WNB 1.18 - juris Rn. 5, jeweils m.w.N.). Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die der - ggf. erneuten oder weitergehenden - höchstrichterlichen Klärung bedarf, sofern mit dieser Klärung im angestrebten Rechtsbeschwerdeverfahren zu rechnen ist und hiervon eine Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus zu erwarten steht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2017 - 8 B 16.16 - juris Rn. 16).
a) Die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage,
"Entfällt das Mitbestimmungsrecht aus § 26 Abs. 3 Nr. 3 SBG dann, wenn eine dienstliche Veranstaltung geselliger Art, die ausdrücklich als solche bezeichnet ist, in rechtswidriger Weise, etwa durch einen unzuständigen Vorgesetzten, angeordnet wird?",
begründet keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, weil sie sich ohne Weiteres auch ohne Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens beantworten lässt. Maßgeblich dafür, ob ein Beteiligungsrecht (hier: Mitbestimmung gemäß § 23 SBG) nach dem Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz besteht, ist, dass die Voraussetzungen eines entsprechenden gesetzlichen Beteiligungstatbestands (hier: § 26 Abs. 3 Nr. 3 SBG) erfüllt sind. Unerheblich ist, ob die die Beteiligung auslösende Maßnahme oder Entscheidung rechtmäßig ist.
b) Auch die weitere Frage,
"Unter welchen Voraussetzungen unterliegt eine Veranstaltung, deren Anordnung die Begriffsbestimmung der ZDv A-2640/21 verfehlt, als Veranstaltung des außerdienstlichen Gemeinschaftslebens der Mitbestimmung aus § 26 Abs. 3 Nr. 3 Alt. 2 SBG?",
rechtfertigt nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Auch insoweit ergibt sich bereits ohne Weiteres aus dem Gesetz, dass es allein darauf ankommt, ob die Voraussetzungen eines gesetzlichen Beteiligungstatbestands erfüllt sind. Eine Veranstaltung, die nicht die gesetzlichen Voraussetzungen einer "dienstlichen Veranstaltung geselliger Art" (§ 26 Abs. 3 Nr. 3 Alt. 2 SBG) erfüllt, löst gleichwohl das Mitbestimmungsrecht nach § 26 Abs. 3 Nr. 3 SBG aus, wenn sie sich bei objektiver Betrachtungsweise ihrer wahren Natur nach als "Maßnahme der außerdienstlichen Betreuung und der Freizeitgestaltung für Soldatinnen und Soldaten" (§ 26 Abs. 3 Nr. 3 Alt. 1 SBG) darstellt (und umgekehrt). Wann das der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen der jeweils geplanten Veranstaltung oder Maßnahme ab und ist deshalb einer verallgemeinerungsfähigen, über den Einzelfall hinausreichenden Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zugänglich.
c) Die Frage,
"Unter welchen Voraussetzungen unterliegt eine Veranstaltung, welche die für die Einheit geltende regelmäßige Arbeitszeit für die eingeteilten Soldaten überschreitet, der Mitbestimmung wegen Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SBG?",
ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich und kann deshalb eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht begründen. Die strittige Anordnung einer dienstlichen Veranstaltung geselliger Art vom 2. Mai 2017 wendet sich nach den nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Truppendienstgerichts nur an freiwillige Teilnehmer und nicht an "eingeteilte Soldaten".
d) Die Beantwortung der Frage,
"Unter welchen Voraussetzungen kann die Nichterhebung von Einwendungen durch die Vertrauensperson in einer Besprechung als 'Zustimmung' im Mitbestimmungsverfahren nach § 23 SBG gewertet werden?",
also der Frage, wann ein bestimmtes Verhalten in der konkreten Situation als konkludente Zustimmung gewertet werden kann, hängt wiederum von den Umständen des Einzelfalls ab und ist deshalb einer verallgemeinerungsfähigen abstrakten Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zugänglich. Gleiches gilt für die Frage:
"Ist ein Schweigen der Vertrauensperson über den Ablauf einer vom Vorgesetzten gesetzten Äußerungsfrist im Fall des § 23 SBG als Zustimmungsverweigerung oder als Zustimmung zu werten?"
e) Hinsichtlich der Fragen,
"Wird ein Mitbestimmungsverfahren dadurch in Gang gesetzt, dass ein unterstellter Soldat mit der Vertrauensperson einen Vorentwurf bespricht, den er dem Disziplinarvorgesetzten erst noch zur Billigung vorlegen will und muss?",
"Setzt die Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens voraus, dass der Vorgesetzte bei der Vertrauensperson die Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme beantragt, oder reicht dazu aus, wenn ein unterstellter Soldat die Vertrauensperson über einen noch nicht gebilligten Entwurf unterrichtet?"
und
"Unter welchen Voraussetzungen kann der zuständige Vorgesetzte die Führung des Beteiligungsverfahrens an unterstellte Mitarbeiter delegieren, auch wenn ein Fall der Verhinderung nicht vorliegt? Unter welchen Voraussetzungen können andere Soldaten als der Vertreter im Kommando nach der WDO tätig werden?",
ist nicht dargelegt oder sonst ersichtlich, inwieweit diese Fragen entscheidungserheblich sind. Das Truppendienstgericht hat ein Mitbestimmungsrecht nach § 26 Abs. 3 Nr. 3 SBG bereits deshalb verneint, weil seiner Rechtsauffassung nach die Voraussetzungen dieses Beteiligungstatbestands nicht vorlagen. Es bedarf daher auch keiner Entscheidung darüber, ob die Vorschriften über das Verfahren der Mitbestimmung eingehalten sind. Hinsichtlich eines möglichen Anhörungsrechts nach § 25 Abs. 2 Nr. 1 SBG hat das Truppendienstgericht keine Verletzung der Verfahrensregeln erkannt. Nach Tatbestand (unter I.2.) und Entscheidungsgründen (unter II.2.b und c) des angefochtenen Beschlusses hat der Antragsteller den Entwurf vom 5. April 2017 zur formellen Beteiligung durch den Kompaniechef erhalten; in den Besprechungen vom 7. April 2017, an der der Antragsteller wegen Krankheit nicht teilnahm, und vom 27. April 2017 war der Kompaniechef persönlich anwesend. Auf Fragen, inwieweit die für die ordnungsgemäße Durchführung eines Beteiligungsverfahrens maßgeblichen Teilschritte auch unterstellten Soldaten oder Mitarbeitern übertragen werden können, kommt es deshalb nicht an.
f) Nicht entscheidungserheblich ist auch die Frage:
"Ist im Beschwerdeverfahren nach § 17 SBG dann, wenn ein Dienstvergehen festgestellt wird, ein Ausspruch nach § 13 Abs. 2, § 19 Abs. 2 WBO auch dann geboten und notwendig, wenn nicht persönliche Rechte der Vertrauensperson als Soldat verletzt worden sind?"
Das Truppendienstgericht hat den Antrag zu § 13 Abs. 2 WBO in erster Linie und selbstständig tragend zurückgewiesen, weil bereits die eine Verletzung von Beteiligungsrechten betreffenden Sachanträge nicht erfolgreich waren. Auf die zusätzlichen Erwägungen des Truppendienstgerichts, dass die Bestimmungen der § 13 Abs. 2 und § 19 Abs. 2 WBO auf Wehrbeschwerdeverfahren von Vertrauenspersonen gemäß § 17 SBG nicht anwendbar seien, kommt es deshalb nicht an.
g) Keiner Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren bedarf schließlich die Frage:
"Ist im Beschwerdeverfahren nach § 17 SBG die Kostenentscheidung in den nach der WBO erlassenen Bescheiden und Entscheidungen unter Einbeziehung der Kostenübernahmeregelung für die Vertrauensperson in § 8 Abs. 4 SBG zu treffen?"
Die Frage der Kostenübernahme durch die Dienststelle würde sich in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht stellen, weil sie bereits Gegenstand des selbstständigen Sachantrags ist, der zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Truppendienstgericht zurückverwiesen worden ist (siehe oben 1.).
3. Soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde, beruht die Kostenentscheidung auf § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.