Entscheidungsdatum: 18.12.2012
Der Antragsteller wendet sich gegen die Bewertung seiner Klausur im Prüfungsfach "Human- und Sozialwissenschaften" im Stabsoffizierlehrgang 1/2011 an der Führungsakademie der Bundeswehr, H.
Der 1978 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit nach derzeitigem Stand mit Ablauf des 30. September 2034 enden wird. Er wurde am 18. Oktober 2007 zum Hauptmann ernannt. Seit dem 1. April 2010 wird er bei der 4./...bataillon ... in Ha. auf dem Dienstposten des Kompaniechefs verwendet.
Das Personalamt der Bundeswehr kommandierte den Antragsteller mit Verfügung vom 15. November 2010 für die Zeit vom 8. Februar 2011 bis zum 13. April 2011 zur Teilnahme am Stabsoffizierlehrgang (SOL) 1/2011 zur Führungsakademie der Bundeswehr, H. In der "Prüfungsordnung für den Stabsoffizierlehrgang (SOL)" vom 3. Februar 2011 (Fü S I 5 - Az. 32-16-06/ SOL) ordnete das Bundesministerium der Verteidigung unter anderem an, dass im Prüfungsfach "Human- und Sozialwissenschaften" (HSW) eine Einzelprüfung in Gestalt einer schriftlichen Klausur mit einer Bearbeitungszeit von 240 Minuten zu absolvieren sei. Die Prüfungsordnung und der dazu vom Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr am 7. Februar 2011 erlassene "Prüfungsbefehl für den Stabsoffizierlehrgang (SOL)" galten erstmals für den Stabsoffizierlehrgang 1/2011; mit diesen Prüfungsbestimmungen wurde die Art des Leistungsnachweises im Prüfungsfach HSW geändert und von einer schriftlichen Seminararbeit auf eine Klausur umgestellt.
Am 11. März 2011 bearbeitete der Antragsteller die Klausur im Prüfungsfach HSW zum Thema "Kampf der Kulturen? Analysieren Sie die politische Theorie vom Kampf der Kulturen bei Samuel P. Huntington und beurteilen Sie den empirischen Befund, den prognostischen Gehalt sowie die normativen politischen Forderungen". Die Klausur wurde - auf der Grundlage einer Notenskala von Note 1 (sehr gut) bis Note 6 (ungenügend) - mit der Einzelnote 3,40 bewertet. Die Einzelnote ergab sich aus dem Durchschnitt der vom Leiter des Seminars HSW und Erstprüfer Dr. G. vergebenen Teilnote 3,45 und der von der Zweitprüferin Dr. A. vergebenen Teilnote 3,35. Dem Antragsteller wurde diese Benotung seiner Klausur in der Klausurnachbesprechung am 8. April 2011 eröffnet.
Mit Schreiben vom 12. April 2011 legte der Antragsteller Beschwerde gegen diese Bewertung ein. Er trug vor, der Dozent im Prüfungsfach HSW und Erstprüfer habe im Rahmen der Klausurnachbesprechung zur Notenvergabe im Leistungsnachweis HSW Aussagen getätigt, die im Widerspruch zum Prüfungsbefehl stünden. Dr. G. habe nach eigener Aussage bei der Korrektur der Leistungsnachweise zuerst alle Arbeiten der Seminarteilnehmer gelesen und verglichen, sie anschließend in Notenstapeln sortiert und erst danach die Bewertungsbögen entsprechend seiner vorher festgelegten Notenvergabe ausgefüllt. Das gleiche Verfahren habe nach den Angaben Dr. G.s auch der Zweitkorrektor angewendet. Damit seien die Auswertungsbögen zweckentfremdet und der subjektiven Notenvergabe angepasst worden. Überdies seien als Prüfungsstoff ca. 450 Seiten Text prüfungsrelevant gewesen, die im Seminar jedoch nicht besprochen oder kommentiert worden seien. Das sei nicht statthaft, zumal bei der Einweisung in den Stabsoffizierlehrgang auf das Prinzip des gesprochenen Wortes verwiesen worden sei. Ein anderer Lehrgangsteilnehmer habe bei der Klausurnachbesprechung gefragt, welche Unterrichtsinhalte prüfungsrelevant gewesen seien; nach seiner Meinung seien dies nur der im Seminar behandelte Reader und die Primärliteratur gewesen. Darauf habe Dr. G. erwidert, die gesamte Literatur sei prüfungsrelevant gewesen, auch wenn sie nicht besprochen worden sei. Dr. G. habe aber am Anfang des Seminars erklärt, es gelte das gesprochene Wort und das, was behandelt worden sei. Dr. G. habe sich bei der Notenvergabe an der "Gaußschen Normalverteilung" orientiert. Damit sei eine Berücksichtigung der Einzelleistung nicht erfolgt.
Als Reaktion auf die Beschwerden des Antragstellers und weiterer Teilnehmer des SOL 1/2011 gegen die Bewertung der Klausuren im Prüfungsfach HSW ordnete der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr im Rahmen seiner Abhilfeprüfung am 27. Mai 2011 an, dass alle von Dr. G. als Erst- oder Zweitprüfer bewerteten Klausuren im SOL 1/2011 durch einen unabhängigen weiteren Prüfer erneut zu bewerten seien, weil Zweifel bestünden, dass Dr. G. als Erst- und Zweitprüfer die im gültigen Prüfungsbefehl festgelegte Prüfsystematik sachgerecht angewendet habe.
Nach Aufhebung der beanstandeten Klausurnote bewertete der Drittkorrektor die Prüfungsleistung des Antragstellers mit 3,65. Unter Berücksichtigung der von der Zweitkorrektorin vergebenen Teilnote 3,35 wurde die neue Einzelnote im Fach HSW auf 3,50 festgesetzt. Dadurch ergab sich bei der bestätigten Abschlussnote des Stabsoffizierlehrgangs "befriedigend" für den Antragsteller eine Verschiebung der Platzziffer von 69,20 auf 70,00.
Unter Hinweis auf die veranlasste Abhilfe wies der Amtschef des Streitkräfteamtes die Beschwerde des Antragstellers mit Bescheid vom 17. Juni 2011 als unzulässig zurück. Im Rahmen seiner dienstaufsichtlichen Feststellungen führte er aus, dass nach Aussage des Dozenten Dr. G. auch die Sekundärliteratur aus dem Reader Ausgangspunkt für die Prüfung gewesen sei. Darauf habe Dr. G. während des Seminars mehrfach hingewiesen. Diese Aussage bestätige die im Fachbereich "Human- und Sozialwissenschaften" allgemein gehandhabte Prüfungspraxis.
Mit Schreiben vom 20. Juli 2011 legte der Antragsteller weitere Beschwerde ein und machte geltend, dass trotz der Abhilfeentscheidung des Kommandeurs der Führungsakademie seine Beschwerde nur zum Teil bearbeitet worden sei. Es sei nicht zielführend, den Drittkorrektor aus dem Kreis der HSW-Dozenten oder der Angehörigen der Führungsakademie zu wählen. Insoweit müsse er Zweifel an der Neutralität des Drittkorrektors äußern. Die vergebenen Kennzahlen zur Anonymisierung könnten problemlos zwischen den Prüfern abgeglichen werden. In der Sache weise er erneut darauf hin, dass die Sekundärliteratur zu umfangreich gewesen sei. Angesichts dessen könne von einer rechtzeitigen Bekanntmachung des prüfungsrelevanten Prüfungsstoffes nicht gesprochen werden. Dr. G. habe gegen Nr. 301 (5) ZDv 3/6 verstoßen. Überdies sei die Entscheidung über die Durchführung einer Klausur als Prüfungsleistung im Stabsoffizierlehrgang 1/2011 erst nach Beginn des Lehrgangs vorhanden gewesen. Der Prüfungsbefehl für die Klausur habe noch viele thematische Inhalte für die Bearbeitung einer Hausarbeit enthalten. Offensichtlich sei wenig Zeit für die Vorbereitung der Dozenten gewesen; es habe wohl die Neigung bestanden, die Inhalte von Hausarbeiten einfach auf eine Klausur umzubiegen. Dr. G. habe mehrfach erklärt, dass er kein Freund des neuen Prüfungsmodus sei.
Die weitere Beschwerde des Antragstellers wies der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis mit Beschwerdebescheid vom 25. Oktober 2011 zurück. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass die Angriffe gegen den Drittkorrektor unbegründet seien. Außerdem habe Oberst H. als Leiter der Lehrgruppe A und als Prüfungsausschussvorsitzender eine allgemeine Einweisung der Lehrgangsteilnehmer des SOL 1/2011 durchgeführt und in diesem Rahmen dargelegt, dass zum Prüfungsgegenstand das gemacht werden dürfe, was rechtzeitig vorher bekanntgegeben worden sei. Im Seminar seien die im Reader entsprechend angeführten fünf prüfungsrelevanten Themen behandelt worden. Gegen einen zu umfangreichen Prüfungsstoff spreche der Umstand, dass es mehreren Lehrgangsteilnehmern gelungen sei, eine gute Note in der HSW-Klausur zu erzielen.
Gegen diese ihm am 10. November 2011 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 30. November 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis mit seiner Stellungnahme vom 22. Dezember 2011 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen. Er erklärt insbesondere, prüfungsrelevant sei der Reader einschließlich der Texte von Thomas Hobbes und von Immanuel Kant gewesen. Dr. G. selbst habe am Ende des Lehrgangs zugestanden, dass der Prüfungsstoff zu umfangreich gewesen sei. Außerdem habe er, der Antragsteller, zu Beginn des Seminars einen sogenannten Studienapparat in Empfang genommen, in dem noch weitere Literatur aus Zeiten der Seminararbeit enthalten gewesen sei. Zu Beginn der zweiten Hälfte des Seminars habe er dann Dr. G. angesprochen und sich erkundigt, ob er diesen Studienapparat wieder abgeben könne, weil aufgrund des Umfangs des Readers kein Seminarteilnehmer zusätzlich den Studienapparat empfangen wolle. Darauf habe Dr. G. mit der Aussage "Dann ist das so" reagiert. Aus der Gestaltung des Prüfungsverfahrens im SOL 1/2011 ergäben sich außerdem erhebliche Nachteile im Hinblick auf das Auswahlverfahren für den Lehrgang "Nationale Generalstabsausbildung". In der jährlichen Auswahl für diesen Lehrgang würden drei Durchgänge des Stabsoffizierlehrgangs zusammengefasst. Demzufolge würden der Durchgang SOL 3/2010, der noch eine Seminararbeit im Fach HSW habe absolvieren dürfen, der SOL 1/2011 (Klausur) und der SOL 2/2011, der eine Klausur mit reduziertem Prüfungsstoff habe schreiben dürfen, für die Auswahl betrachtet. Hieraus ergebe sich innerhalb der verschiedenen Durchgänge des Stabsoffizierlehrgangs eine erhebliche Ungleichbehandlung.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschwerdebescheid des Amtschefs des Streitkräfteamtes vom 17. Juni 2011 in der Gestalt des Beschwerdebescheides des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis vom 25. Oktober 2011 aufzuheben und ihn, den Antragsteller, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Inspekteur der Streitkräftebasis beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält das Bundesverwaltungsgericht auch nach Inkrafttreten der Neufassung des § 22 WBO durch Art. 12 des "Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr (Bundeswehrreform-Begleitgesetz)" vom 21. Juli 2012 für sachlich zuständig. Er weist darauf hin, dass er als Inspekteur der Streitkräftebasis weiterhin Vorgesetzter des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr sei. Der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr werde ab dem 1. Oktober 2012 direkt dem Inspekteur der Streitkräftebasis unterstellt. Auf die Abänderungs- oder Anweisungsbefugnis zum vorliegenden Verfahrensgegenstand habe dies keine Auswirkungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebiete es die nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts gewährleistete Rechtsmittelsicherheit, dass bei einer Gesetzesänderung ein bereits eingelegtes Rechtsmittel zulässig bleibe, sofern das (ändernde) Gesetz nicht mit hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimme. Mit dem Bundeswehrreform-Begleitgesetz habe der Gesetzgeber aber nicht auf anhängige Verfahren einwirken wollen. Deshalb könne die Änderung des § 22 WBO nur solche Anträge auf gerichtliche Entscheidung betreffen, die nach Inkrafttreten der Neuregelung gestellt worden seien. In der Sache sei der Antrag des Antragstellers aus den Gründen des Beschwerdebescheides vom 25. Oktober 2011 unbegründet.
Dem Antragsteller und den übrigen Lehrgangsteilnehmern ist während des Seminars "Human- und Sozialwissenschaften" ein sogenannter Reader überreicht worden. Dieser gliedert sich in sieben Teile. Der erste Teil umfasst einen Text von Thomas Hobbes aus "Leviathan"; der zweite Teil enthält Auszüge aus der Schrift "Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf" von Immanuel Kant. Die weiteren fünf Teile des Readers betreffen folgende Texte:
1. "Der klassische Realismus - Hans Morgenthau" (mit einem Primärtext, einem Reader mit vier weiteren Texten und mehreren zusätzlichen Textempfehlungen),
2. "Der neue Kulturalismus - Samuel P. Huntington" (mit einem Primärtext und einem Zeitungsinterview aus der Zeitung "Die Zeit", ferner einem Reader mit weiteren fünf Texten und mehreren zusätzlichen Textempfehlungen),
3. "Frieden durch Demokratisierung der Staatenwelt - Ernst-Otto Czempiel" (mit einem Primärtext und einem Reader mit vier weiteren Texten sowie mehreren zusätzlichen Textempfehlungen),
4. "Friede durch Errichtung einer Weltrepublik - Otfried Höffe" (mit einem Primärtext und einem Reader mit vier weiteren Texten sowie mehreren zusätzlichen Textempfehlungen),
5. "Gerechter Friede (Die deutschen Bischöfe von 2000)" (mit einem Primärtext, einem Reader mit vier weiteren Texten und mehreren zusätzlichen Textempfehlungen).
Der Reader umfasst nach Mitteilung des Inspekteurs der Streitkräftebasis insgesamt 232 Seiten im Format DIN A 4 an Primärtexten und weiteren Texten. Die vom Antragsteller angegebene Zahl von 450 Seiten Text könnte sich dann ergeben, wenn man die einzelnen auf DIN A 5-Format kopierten Seiten jeweils addiert. Das HSW-Seminar begann am Mittwoch, dem 16. Februar 2011, und endete am Donnerstag, dem 24. Februar 2011. Der 25. Februar 2011 stand für die Vorbereitung der Klausur zur Verfügung, die am 11. März 2011 geschrieben wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Streitkräfteamtes - .../11 - und des Inspekteurs der Streitkräftebasis - Fü S/RB - Az. ... .11 und ... .11 sowie der vollständige "Reader", die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, und die Gerichtsakten im Verfahren BVerwG 1 WB 64.11 (Hauptmann B.) sowie die in jenem Verfahren entstandenen Beschwerdeakten des Streitkräfteamtes - .../11 - und des Inspekteurs der Streitkräftebasis - Fü S/RB - Az. ... .11 und ... .11 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist unter Berücksichtigung des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 24. Januar 2012 sachgerecht dahin auszulegen, dass er neben der Aufhebung der Beschwerdebescheide vom 17. Juni 2011 und vom 25. Oktober 2011 auch die Aufhebung der Bewertung seiner Klausur im Prüfungsfach HSW mit der Note 3,50 anstrebt und seinen Neubescheidungsantrag auf eine Neubewertung der Klausur erstreckt.
Mit diesem Inhalt hat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung Erfolg.
1. Der Sachantrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
a) Für den Antrag ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 WBO kann sich ein Soldat gegen eine Verletzung seiner in den §§ 6 bis 23, 26 bis 29 und 32 bis 36 SG niedergelegten Rechte sowie gegen die Verletzung der insoweit ihm gegenüber bestehenden Vorgesetztenpflichten mit der Behauptung wenden, eine dienstliche Maßnahme oder Unterlassung eines Vorgesetzten sei rechtswidrig. Mit der erfolgreichen Teilnahme am Stabsoffizierlehrgang erfüllt ein Soldat die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 SG in Verbindung mit § 25 Abs. 2 SLV und erwirbt das notwendige Grundlagenwissen für eine Verwendung als Stabsoffizier. § 27 SG mit der darin in Bezug genommenen Soldatenlaufbahnverordnung ist in den Geltungsbereich des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO ausdrücklich eingeschlossen. Darüber hinaus entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Teilnahme an dem Stabsoffizierlehrgang nicht nur Ausbildungs-, sondern auch Prüfungscharakter hat. Prüfungsentscheidungen, die für die Gestaltung der Laufbahn des Soldaten und damit letztlich für seine dienstliche Verwendung von Bedeutung sind, stellen Maßnahmen truppendienstlicher Art dar, die im Rechtsweg vor den Wehrdienstgerichten überprüfbar sind (vgl. z.B. Beschlüsse vom 24. Januar 1995 - BVerwG 1 WB 68.94 - BVerwGE 103, 200 = Buchholz 236.11 § 20 SLV Nr. 1 = NZWehrr 1995, 249 und vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 50.03 - BVerwGE 124, 317 = Buchholz 236.110 § 27 SLV 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2006, 124). Dass die gerichtliche Klärung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen über die dienstliche Verwendung eines Soldaten in die Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte fällt, hat der Senat jüngst im Beschluss vom 26. Oktober 2012 - BVerwG 1 WDS-VR 6.12 und 1 WDS-VR 7.12 - erneut festgestellt.
b) Das Bundesverwaltungsgericht ist weiterhin für die Entscheidung des Verfahrens des Antragstellers sachlich zuständig.
Bei Eingang des Antrags auf gerichtliche Entscheidung war diese Zuständigkeit nach § 21 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 22 WBO gegeben, weil der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis als zuständige Beschwerdestelle entsprechend § 22 WBO mit seinem Beschwerdebescheid vom 25. Oktober 2011 über die weitere Beschwerde des Antragstellers entschieden hatte. An der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts hat sich durch die am 26. Juli 2012 in Kraft getretene Neufassung des § 22 WBO durch Art. 12 des "Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr (Bundeswehrreform-Begleitgesetz)" vom 21. Juli 2012 (BGBl I S. 1583, 1594) nichts geändert. Nach § 22 WBO neuer Fassung gilt das privilegium fori nicht mehr für die Inspekteure der Teilstreitkräfte und der Organisationsbereiche, sondern nur noch für den Generalinspekteur der Bundeswehr. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum prozessrechtlichen Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit ist aber zu berücksichtigen, dass eine prozessrechtliche Einschränkung der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln oder die Verschärfung ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen grundsätzlich nicht solche Rechtsmittel unzulässig werden lässt, die noch nach altem Rechtszustand zulässig eingelegt wurden. Anderes gilt nur, wenn dies durch eine hinreichend deutliche gesetzliche Übergangsregelung angeordnet wird. Der allgemeine Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts, wonach eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, erfährt damit für anhängige Rechtsmittelverfahren eine einschränkende Konkretisierung; beim Fehlen abweichender Bestimmungen führt eine nachträgliche Beschränkung von Rechtsmitteln nicht zum Fortfall der Statthaftigkeit eines bereits eingelegten Rechtsmittels (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631, 1728/90 - BVerfGE 87, 48, 64; vgl. ferner z.B. BVerwG, Urteil vom 24. März 2010 - BVerwG 4 CN 3.09 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 178 Rn. 16). Das Bundeswehrreform-Begleitgesetz enthält für Art. 12 keine Übergangsvorschrift und auch im Übrigen keine Bestimmung, mit der es für bereits anhängige Anträge auf gerichtliche Entscheidung, die zulässigerweise beim Bundesverwaltungsgericht gestellt worden sind, eine anderslautende Regelung festlegt.
c) Die mit dem Antrag angegriffene Einzelnote des Antragstellers im Prüfungsfach HSW stellt eine selbstständige dienstliche Maßnahme dar, die im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 (hier in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1) WBO isoliert angefochten werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind nicht nur Prüfungs-Abschlussnoten als solche selbstständig gerichtlich anfechtbar, sondern auch Einzelnoten, jedenfalls dann, wenn ihnen eine Außenwirkung zukommen kann (grundlegend: Beschluss vom 18. Mai 1982 - BVerwG 1 WB 148.78 - BVerwGE 73, 376; vgl. ebenso Beschlüsse vom 24. Januar 1995 a.a.O. und vom 9. November 2005 a.a.O.). Eine Außenwirkung der angefochtenen Einzelnote ist dann anzunehmen, wenn sich eine bessere Einzelnote unmittelbar auf die Abschlussnote oder auf die Platzziffer und damit unter Umständen auf die spätere Laufbahn auswirken könnte (Beschluss vom 9. November 2005 a.a.O. m.w.N.).
Der Einzelnote im Prüfungsfach HSW kommt in diesem Sinne eine Außenwirkung zu, weil sie sich unmittelbar auf die Abschlussnote des Stabsoffizierlehrgangs 1/2011 auswirken konnte. Nach § 25 Abs. 2 sowie § 44 SLV in Verbindung mit Nr. 107 ZDv 20/7 sowie nach Nr. 6 der Vorbemerkung zur ZDv 3/6 "Das Prüfungswesen der Streitkräfte" in Verbindung mit Nr. 9 der Prüfungsordnung für den SOL vom 3. Februar 2011 sowie nach Nr. 14 und Nr. 26 des Prüfungsbefehls des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr vom 7. Februar 2011 sind die Leistungen in den Prüfungsfächern des Stabsoffizierlehrgangs mit Notenstufen zwischen Note "1" (sehr gut) bis Note "6" (ungenügend) zu bewerten. Aus den in den Prüfungsfächern erzielten Einzelnoten ist mit deren Gewichtung 0,5 oder 1,0 nach Maßgabe der Nr. 9 Buchst. d und e der Prüfungsordnung die Abschlussnote zu berechnen. Nach Nr. 11 der Prüfungsordnung gilt die Teilnahme am Lehrgang als bestanden, wenn mindestens die Abschlussnote "4" erzielt wurde. Der Lehrgang gilt hingegen als nicht bestanden, wenn in mehr als einem Prüfungsfach eine nicht ausreichende Leistung erbracht wurde. In diesem Fall wird keine Abschlussnote erteilt. Diese Bestimmungen entsprechen den Regelungen in Nr. 503 und 508 ZDv 3/6.
Nach Anlage 1 zur Prüfungsordnung stellt das Prüfungsfach HSW ein eigenständiges Fach dar, in dem ein Leistungsnachweis für den SOL mit gesonderter Bewertung zu erbringen ist. Das wird in Nr. 14 des Prüfungsbefehls des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr bestätigt. Die Einzelnote in diesem Prüfungsfach geht mit der Gewichtung 1,0 in die Abschlussnote des SOL ein. Unabhängig davon, dass der Antragsteller den Stabsoffizierlehrgang bereits mit der Note "befriedigend" bestanden hat, würde eine Verbesserung der bisherigen Note "3,50" nicht nur zu einer Änderung der Abschlussnote für den Lehrgang, sondern vor allem zu einer Verbesserung seiner Platzziffer führen. Eine bessere Einzelnote könnte sich damit unmittelbar auch auf die spätere Laufbahn des Antragstellers auswirken. Daher kommt der Einzelnote im Prüfungsfach HSW im dargelegten Sinne Außenwirkung zu.
d) Die Neubewertung der Klausurnote des Antragstellers mit dem Ergebnis 3,50 ist ebenfalls Gegenstand des Wehrbeschwerdeverfahrens geworden. Der Antragsteller war nicht genötigt, insoweit ein gesondertes Beschwerdeverfahren durchzuführen. Mit seiner weiteren Beschwerde vom 20. Juli 2011 hatte er erklärt, dass mit der Abhilfeentscheidung des Kommandeurs seine Beschwer nur zum Teil entfallen sei, und seine Beschwerde ausdrücklich auch auf den Drittkorrektor erstreckt. Insoweit hatte er weitere Rügen erhoben, zugleich aber noch einmal auf nicht beschiedene Rügen aus seiner Beschwerde vom 12. April 2011 hingewiesen. Der Inspekteur der Streitkräftebasis hat sodann im Beschwerdebescheid vom 25. Oktober 2011 dieses erweiterte Beschwerdevorbringen beschieden. Damit hat auch der Inspekteur der Streitkräftebasis im Rahmen seiner umfassenden Prüfungs-, Abänderungs- und Kontrollbefugnis (§ 16 Abs. 4, § 13 WBO) schon im Laufe des vorgerichtlichen Beschwerdeverfahrens den Gegenstand des Verfahrens auf die Neubewertung erstreckt. Mit diesem Inhalt ist der Streitgegenstand sodann mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung dem Senat vorgelegt worden.
2. Der Antrag ist begründet.
Die Bewertung der Klausur des Antragstellers im Prüfungsfach HSW im SOL 1/2011 an der Führungsakademie der Bundeswehr mit der Note 3,50 und die diese Bewertung bestätigenden Beschwerdebescheide sind rechtswidrig und verletzen den Antragsteller in seinen Rechten. Dieser hat Anspruch darauf, dass über die Bewertung seiner Klausur unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden wird.
Die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist nur beschränkt möglich. Sie erstreckt sich darauf, ob der Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen ist, ob er allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder gegen Verfahrensvorschriften - vor allem gegen die einschlägigen Prüfungsbestimmungen - verstoßen hat, ob er sich bei der Bewertung der Leistungsnachweise von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen und ob die äußeren Prüfungsbedingungen für alle Prüfungsteilnehmer gleich waren (stRspr: Beschlüsse vom 24. Januar 1995 a.a.O. und vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 50.03
Die Bewertung der Klausur des Antragstellers im Prüfungsfach HSW ist rechtswidrig, weil sie unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften und gegen den Grundsatz der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren zustande gekommen ist.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat das Prüfungswesen der Streitkräfte in der ZDv 3/6 näher geregelt und in Kapitel 3 "Grundsätze für Prüfungen und Lehrgänge mit Prüfung" aufgestellt. Nach Nr. 301 ZDv 3/6 gelten für alle Prüfungen, also auch für die Prüfungen in den einzelnen Prüfungsfächern des Stabsoffizierlehrgangs, die nachfolgenden Grundregeln.
a) Nach Nr. 301 (7) ZDv 3/6 müssen die Aufgaben und Anforderungen für eine Prüfung klar, unmissverständlich und inhaltlich eindeutig formuliert werden. Diese Pflicht zur inhaltlich bestimmten und eindeutigen Formulierung der Anforderungen für die Einzelprüfung im Prüfungsfach HSW hat der Seminarleiter Dr. G. vor der Durchführung der strittigen Klausur verletzt.
Der Antragsteller hat schon mit seiner Beschwerde mitgeteilt, dass als Anforderung für die schriftliche Einzelprüfung im Fach HSW aus der Sicht von Lehrgangsteilnehmern - wie dies bei Eröffnung der Klausurbewertung formuliert wurde - nur der im Seminar mündlich behandelte Stoff des Readers und die Primärliteratur prüfungsrelevant gewesen seien. Zu diesem Sachverhalt hat Dr. G. im Rahmen seiner mehrfachen Anhörungen im vorgerichtlichen Verfahren wechselnde und sich inhaltlich widersprechende Erläuterungen gegeben. In seiner Äußerung vom 19. April 2011 hat er erklärt, er habe mehrfach auf die Prüfungsrelevanz der "für die Lehrgangsteilnehmer zur Verfügung gestellten Literatur" hingewiesen; diese habe keineswegs "zur Ablage" gedient. In seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2011 hat er dargelegt, dass sowohl die im Seminar behandelten Themen als auch "der Reader" als Anforderung für die Lehrgangsteilnehmer maßgeblich gewesen seien. Auch die Sekundärliteratur "aus dem Reader" sei prüfungsrelevant gewesen; darauf habe er mehrfach hingewiesen. In seiner weiteren Stellungnahme vom 16. August 2011 hat Dr. G. dann erklärt, er habe auf die Prüfungsrelevanz "des gesamten Readers" bereits zu Beginn des Seminars hingewiesen. Im Seminar habe er fünf prüfungsrelevante Themen behandelt, die auch im Reader so ausgewiesen und entsprechend nummeriert worden seien. Die Texte zu Thomas Hobbes und Immanuel Kant seien allerdings nicht als prüfungsrelevante Themen behandelt worden. In seinen weiteren Stellungnahmen vom 18. Mai 2011 und vom 6. November 2011 hat Dr. G. ausgeführt, dass insgesamt sieben verschiedene Themen Inhalt des Readers waren, aber nach der Prüfungsrelevanz differenziert. Der Antragsteller hat in seiner Beschwerde indessen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Dr. G. am Beginn des Kurses erklärt habe, es gelte das gesprochene Wort und das, was behandelt worden sei. Deshalb sei es bei der Klausurnachbesprechung zu der Nachfrage eines anderen Lehrgangsteilnehmers nach dem Prüfungsstoff gekommen. Diese Äußerungen des Antragstellers und des Seminarleiters Dr. G. belegen, dass es über die Prüfungsrelevanz des Unterrichtsstoffs und der verschiedenen Texte im Reader während des Seminars und vor Beginn der Klausur keine Klarheit bei den Lehrgangsteilnehmern gegeben hat.
Abgesehen davon dokumentiert bereits der Umstand, dass es bei der Klausurnachbesprechung überhaupt zu Fragen nach dem Inhalt und Umfang des prüfungsrelevanten Stoffes gekommen ist, dass diese Anforderungen den Lehrgangsteilnehmern vor der Klausur nicht unmissverständlich und nicht eindeutig mitgeteilt worden sind.
Eine zusätzliche, durch Nr. 301 (7) ZDv 3/6 nicht gedeckte Irritation der Lehrgangsteilnehmer vor der Klausur ist dadurch eingetreten, dass - vom Inspekteur der Streitkräftebasis nicht in Frage gestellt - während des HSW-Seminars den Lehrgangsteilnehmern ein sogenannter Studienapparat zur Verfügung gestellt wurde, der Materialien zum Prüfungsfach HSW enthielt, die noch aus der Zeit stammten, als der schriftliche Leistungsnachweis in diesem Fach in Gestalt einer Seminararbeit zu erbringen war. Hierzu hat die Führungsakademie der Bundeswehr mit Schreiben vom 22. März 2012 ausgeführt, dass ein Studienapparat an die Lehrgangsteilnehmer ausgegeben worden sei. Er habe Sekundärliteratur (Bücher und Aufsätze in Herausgeber-Literatur) zum Thema umfasst. Seine Nutzung sei rein fakultativ bei weitergehendem eigenen Interesse gewesen. Für das erfolgreiche Bestehen der HSW-Prüfung sei er nicht notwendig gewesen. Außerdem seien im Reader Hilfen gegeben worden, zu jeder Thematik ein Verweis auf vier weitere Aufsätze, die sich im Studienapparat befunden hätten, sodass der Teilnehmer sich besser hätte orientieren können, wenn er den Apparat hätte nutzen wollen. Diese Verfahrenshandhabung musste bei den Lehrgangsteilnehmern zusätzliche Unklarheit über den Umfang des prüfungsrelevanten Stoffes auslösen. Wenn der Studienapparat - wie die Führungsakademie der Bundeswehr umfassend formuliert - "Sekundärliteratur zum Thema" enthielt, hätte Dr. G. im Seminar eindeutig erklären müssen, ob und, wenn ja, inwieweit diese "Sekundärliteratur zum Thema" identisch war mit der im Reader angebotenen und aus seiner Sicht prüfungsrelevanten Sekundärliteratur. Dr. G. hätte in diesem Zusammenhang den Lehrgangsteilnehmern auch unmissverständlich erläutern müssen, welche Prüfungsrelevanz die zahlreichen weiteren Textempfehlungen im Reader hatten. Das ist aber nach der unbestrittenen Darlegung des Antragstellers unterblieben.
b) Ein weiterer Verfahrensverstoß liegt in der Verletzung der Bestimmung in Nr. 301 (5) ZDv 3/6. Nach dieser Vorschrift dürfen zum Gegenstand der Prüfung nur die zuvor vermittelten Lehr- und Ausbildungsinhalte gemacht werden; zum weiteren Prüfungsinhalt darf gemacht werden, was rechtzeitig vorher bekannt gegeben worden ist. Die Verwaltungspraxis zur Anwendung dieser Bestimmung hat der Leiter der Lehrgruppe A (Oberst H.) in seiner Stellungnahme vom 19. Juli 2011 so beschrieben, dass "grundsätzlich nur das abgeprüft wird, was vorher in den Unterrichtungen vermittelt" worden sei. Zum Prüfungsinhalt dürfe gemacht werden, was rechtzeitig vorher bekannt gegeben werde. Hieraus ergibt sich für den Senat, dass mit dem Begriff der "vermittelten Lehr- und Ausbildungsinhalte" im Sinne der Nr. 301 (5) ZDv 3/6 der Prüfungsstoff gemeint ist, der in dem persönlich und mündlich durchgeführten Unterricht im Seminar zur Sprache gekommen und behandelt ("unterrichtet") worden ist, dass hingegen die nicht mündlich behandelten, nur schriftlich zur Verfügung gestellten Lehr- und Ausbildungsinhalte lediglich bei rechtzeitiger Bekanntgabe in die Prüfung einbezogen werden dürfen.
Hiernach hat Dr. G. den Prüfungsstoff nicht "rechtzeitig" im Sinne der Nr. 301 (5) ZDv 3/6 den Teilnehmern des Seminars HSW im SOL 1/2011 bekannt gegeben. In seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2011 hat Dr. G. erklärt, dass er sich auf das genaue Datum der Ausgabe der prüfungsrelevanten Unterlagen nicht hundertprozentig festlegen könne. Er könne aber sagen, dass er das "Arbeitsheft" mit einem Überblick über den Seminarinhalt zu Beginn des Seminars verteilt habe. Da das Seminar neben einer Einleitung aus fünf Themen bestanden habe, habe er - was den Reader angehe - jeweils einen Tag vor der behandelten Thematik den Lesestoff ausgeteilt. Dieses Verfahren der sukzessiven Bekanntgabe des aus seiner Sicht prüfungsrelevanten Stoffes des Seminars erfüllt nicht das Kriterium der "Rechtzeitigkeit" der Bekanntgabe im Sinne der Nr. 301 (5) ZDv 3/6.
Was im Sinne der Vorschrift als rechtzeitig anzusehen ist, lässt sich nicht generalisierend beantworten, sondern hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Dieser ist im Fall des Antragstellers dadurch gekennzeichnet, dass die Teilnehmer des SOL 1/2011 im Prüfungsfach HSW nach einer langjährigen Praxis des Leistungsnachweises in Gestalt einer schriftlichen Seminararbeit erstmals eine schriftliche Klausur mit einer Bearbeitungsdauer von vier Stunden zu absolvieren hatten. Aus dieser Umstellung des Leistungsnachweises ergaben sich besondere Anforderungen für die Bekanntgabe des maßgeblichen Prüfungsstoffs. Mit der Umstellung des Leistungsnachweises auf eine Klausur wurde den Lehrgangsteilnehmern im Verhältnis zu der früheren Art des Leistungsnachweises eine höhere Gedächtnisleistung abverlangt, weil sie sich der Primär- und Sekundärliteratur nicht als möglicher Hilfsmittel während der Klausur bedienen konnten. Darüber hinaus erlegten ihnen der Bewertungsbogen in der Prüfungsordnung und das "Lösungsfeld Klausur HSW" im Prüfungsbefehl zusätzliche Zitier- und Belegpflichten auf, die nur erfüllt werden konnten, wenn den Lehrgangsteilnehmern eine möglichst lange Zeit zur Verfügung stand, sich den maßgeblichen Prüfungsstoff einzuprägen. Dabei war auch relevant, dass die Klausur HSW ausweislich des Bewertungsbogens nicht als reine Verständnisprüfung, sondern in erheblichem Umfang als Wissensprüfung angelegt ist. Dementsprechend hat die Führungsakademie der Bundeswehr in ihrer Stellungnahme vom 22. März 2012 auch hervorgehoben, dass im Seminar nicht jeder Primärtext im Unterrichtszeitraum habe gelesen werden können, weil der Diskussionsbedarf bei und nach den Vorträgen außergewöhnlich hoch gewesen sei. Das ist nach Einschätzung des Verfassers dieser Stellungnahme dadurch motiviert gewesen, dass die Lehrgangsteilnehmer erhebliche Ängste aufgrund der Umstellung von der früher verlangten Studienarbeit zur Klausur zu bewältigen hatten. Zwar hat ein Prüfer im Regelfall eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, zu welchem Zeitpunkt er den prüfungsrelevanten Stoff den Lehrgangsteilnehmern mitteilt. Da aber die Prüfungsordnung des Bundesministeriums der Verteidigung und der Prüfungsbefehl des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr für die Umstellung des Leistungsnachweises im Prüfungsfach HSW keine Übergangsvorschrift vorgesehen hatten, war es die Aufgabe des Seminarleiters in diesem Prüfungsfach, mit Rücksicht auf die erst unmittelbar vor Lehrgangsbeginn festgelegte Änderung der Art des Leistungsnachweises sicherzustellen, dass sich die Lehrgangsteilnehmer auf die neue Art des Leistungsnachweises über einen möglichst langen Zeitraum vorbereiten konnten. Deshalb wäre es bei der hier gegebenen außergewöhnlichen Sachlage geboten gewesen, den Teilnehmern den gesamten maßgeblichen Prüfungsstoff bereits am Beginn des Seminars bekanntzugeben. Das ist unstreitig nicht geschehen.
c) Die Bewertung der Klausur des Antragstellers im Prüfungsfach HSW ist außerdem unter Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit zustande gekommen. Denn der zugrunde gelegte Prüfungsstoff war inhaltlich zu umfangreich.
Das Gebot der Chancengleichheit erfordert es, dass die in einer Prüfung gestellten Aufgaben das Fachwissen und die Qualifikation des Prüfungskandidaten dem Ziel und dem Zweck der Prüfung angemessen abfragen. Dabei muss der Prüfungsstoff insbesondere geeignet sein, die Kandidaten, die das Ausbildungsziel erreicht haben, von denen zu unterscheiden, die es nicht erreicht haben (Urteil vom 9. August 1996 - BVerwG 6 C 3.95 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 372). Der Grundsatz der Chancengleichheit ist verletzt, wenn für vergleichbare Prüfungskandidaten nicht so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gegeben sind (Urteil vom 9. August 1996 a.a.O.). Insoweit bestimmt Nr. 301 (4) ZDv 3/6, dass die Prüfung auf das Ausbildungsziel ausgerichtet sein muss und dass das zu überprüfende Ausbildungsziel den Bewertungsmaßstab für die Beurteilung der Leistungen des Prüfungsteilnehmers vorgibt. Aus dem Ausbildungsziel müssen sich auch die Mindestanforderungen ergeben, die der Prüfungsteilnehmer zu erfüllen hat, damit seine Leistungen noch als "ausreichend" gewertet werden können (Minimalforderung). Das Ausbildungsziel ist in der "Ausbildungsweisung Nr. 124654" des Bundesministeriums der Verteidigung für den Stabsoffizierlehrgang vom 3. Februar 2011 dahin definiert, dass es Ziel des SOL sei, durch Vermittlung sicherheitspolitischer sowie bundeswehr- und streitkräftegemeinsamer Grundlagen, der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Aspekten des Militärs und des beruflichen Selbstverständnisses teilnehmende Offiziere aller Uniformträgerbereiche zu befähigen, erste Verwendungen als Stabsoffizier im Einsatz und Grundbetrieb der Streitkräfte wahrnehmen zu können. Die zu vermittelnden Lehr- und Ausbildungsinhalte leiten sich aus den Richt- und Grobzielen ab und werden in vier Lehrfächern vermittelt, nämlich in "Sicherheitspolitik und Strategie", in "Human- und Sozialwissenschaften", in "Militärische Führung und Organisation" und in "Führung und Einsatz von Streitkräften". Hinzu tritt als fünftes Lehrfach der Sport.
Bezogen auf dieses Ausbildungsziel des Stabsoffizierlehrgangs ist es danach die Aufgabe des Seminarleiters, in Ermangelung entsprechender normativer Vorgaben für Inhalt und Umfang des Prüfungsstoffs die prüfungsrelevanten Inhalte nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ so ein- und abzugrenzen, dass die Vorbereitung der Lehrgangsteilnehmer auf die Prüfung angemessen und unter Beachtung der Chancengleichheit in den einzelnen Durchgängen des Stabsoffizierlehrgangs sichergestellt ist. Bei einer Einzelprüfung in einem von mehreren Lehrfächern müssen Auswahl und Umfang des Prüfungsstoffs die Belastung der Lehrgangsteilnehmer durch den gesamten Lehrgang berücksichtigen. Obwohl einem Seminarleiter als Prüfer grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zukommt, die Inhalte und den quantitativen Umfang des Prüfungsstoffs zu definieren, ist er jedoch verpflichtet zu verhindern, dass durch einseitige Überfrachtung des Prüfungsstoffs in einem Durchgang des Stabsoffizierlehrgangs die Prüfungsbedingungen für die Kandidaten der jährlichen Durchgänge des Stabsoffizierlehrgangs ungleich gestaltet sind.
Diese Voraussetzungen wurden bei der Festlegung des quantitativen Umfangs des Prüfungsstoffs für die Klausur im Prüfungsfach HSW im SOL 1/2011 nicht eingehalten. Nach der unbestrittenen Darstellung des Hauptmanns B. in dessen Beschwerde vom 11. April 2011 hat Dr. G. schon im Rahmen der Besprechung der Klausurergebnisse erklärt, dass "sein Ansatz wohl zu groß" gewesen sei und er zukünftig weniger Literatur verwenden werde. Dies hat Dr. G. in seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2011 bestätigt und ausgeführt, dass er künftig nur noch vier statt fünf Themen im Prüfungsfach HSW behandeln und dies bei der Planung des neuen Seminars im SOL berücksichtigen werde. Diese Absicht hat Dr. G., wie er auch selbst in seiner Stellungnahme vom 19. Januar 2012 erklärt hat, im nächstfolgenden SOL 2/2011 umgesetzt und den Umfang des Prüfungsstoffs im Prüfungsfach HSW auf lediglich vier Themenkomplexe reduziert. Daraus muss gefolgert werden, dass der Prüfungsstoff für die Klausur im Prüfungsfach HSW im SOL 1/2011 quantitativ zu umfangreich war.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Erwägung Dr. G.s, dass im Prüfungsfach HSW kein Lehrgangsteilnehmer "durchgefallen" sei. Rechtsschutz gegen verfahrensfehlerhaft zustande gekommene Prüfungsnoten ist nicht nur und nicht erst dann zu gewähren, wenn eine bestimmte (hohe) Misserfolgsquote bei den Prüflingen vorliegt. Vielmehr hat ein Prüfungskandidat - gerade im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum der Prüfer - Anspruch darauf, dass zur Ermittlung seines fachlichen Leistungsvermögens die Prüfung jedenfalls verfahrensfehlerfrei durchgeführt wird.
3. Die Bewertung der strittigen Klausur des Antragstellers und die angefochtenen Beschwerdebescheide sind deshalb gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO aufzuheben. Da die Sache angesichts des Beurteilungsspielraums der Prüfer nicht entscheidungsreif ist, ist der Inspekteur der Streitkräftebasis gemäß § 19 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO zu verpflichten, eine Neubewertung der strittigen Klausur des Antragstellers durch die Führungsakademie der Bundeswehr zu veranlassen. Im Rahmen der vom Antragsteller angestrebten Neubescheidung kommt eine Wiederholung der Prüfungsklausur HSW oder das ersatzlose Streichen der angefochtenen Einzelnote nicht in Betracht. Damit würde der das Prüfungsverfahren beherrschende Grundsatz der Chancengleichheit im Verhältnis zwischen dem Antragsteller und den übrigen Teilnehmern des SOL 1/2011, deren Abschlussnote bestandskräftig geworden ist, gravierend beeinträchtigt, weil der Antragsteller im ersten Fall mit einem neuen Prüfungsstoff konfrontiert würde und weil im zweiten Fall in seinem Berechnungsmodus für die Abschlussnote eine wesentliche - mit 1,0 gewichtete - Notenkomponente entfiele. Um "soweit wie möglich" vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1992 - BVerwG 6 C 3.92 - BVerwGE 91, 262 <273>) bei der Neubescheidung sicherzustellen, ist die am wenigsten die Chancengleichheit der Lehrgangsteilnehmer berührende Möglichkeit eine Neubewertung der Klausur des Antragstellers. Dabei bestehen rechtlich keine Bedenken gegen die Heranziehung der bisherigen Prüfer (Urteil vom 9. Dezember 1992 a.a.O.), unter Umständen auch des Seminarleiters Dr. G., der den Prüfungsstoff vollständig überblicken kann und einen Vergleichsmaßstab für dessen Umfang in den nachfolgenden Durchgängen des Stabsoffizierlehrgangs gewonnen hat, in denen nur noch vier Themenkomplexe für die HSW-Klausur prüfungsrelevant waren. Bei der Neubewertung werden die Bewertungsmaßstäbe an der Tatsache auszurichten sein, dass der dem Antragsteller abverlangte Prüfungsstoff zu umfangreich war.
Für die Neubewertung ergeben sich keine rechtlichen Anweisungs- oder Vollzugshindernisse, weil der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr, dem die strittige Notengebung organschaftlich zuzurechnen ist, nach wie vor dem Inspekteur der Streitkräftebasis unterstellt ist. Sofern die Neubewertung zu einer Änderung der Einzelnote des Antragstellers im Prüfungsfach HSW führt, ist der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr von Amts wegen verpflichtet, entsprechend Nr. 9 Buchst. d und e der Prüfungsordnung die Neufestsetzung der Abschlussnote des Antragstellers zu veranlassen.