Entscheidungsdatum: 26.11.2013
1. Die Pflicht des Geheimschutzbeauftragten, dem Betroffenen vor der Feststellung eines Sicherheitsrisikos Gelegenheit zur persönlichen Äußerung zu geben (§ 14 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG), ist verletzt, wenn dem Betroffenen lediglich angeboten wird, sich in schriftlicher Form zu äußern.
2. Die Verletzung des Rechts auf persönliche Anhörung führt nur dann zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten, wenn sich die Vorenthaltung der Möglichkeit, sich gerade persönlich und nicht nur schriftlich zu äußern, entscheidungserheblich auf die Feststellung eines Sicherheitsrisikos ausgewirkt hat.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seiner einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü1/Sabotageschutz) und seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü2/A2).
Der 1973 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich am 31. März 2028. Zum Hauptfeldwebel wurde er am 27. Mai 2003 befördert. Der Antragsteller war auf einem Dienstposten als ... beim ... in L. eingesetzt; im Zuge der Auflösung des ... und der Aufstellung des ... wurde er dort mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 auf den Dienstposten eines Technischen Betriebsführungsmeisters ... versetzt; beide Dienstposten erfordern eine Sicherheitsüberprüfung. Im Hinblick auf die hier strittige Feststellung eines Sicherheitsrisikos genehmigte die Stammdienststelle der Bundeswehr mit Bescheid vom 19. Januar 2012 die nicht-dienstpostengerechte Verwendung des Antragstellers auf dem Dienstposten eines Heimfeldwebels für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 31. Dezember 2014.
Für den Antragsteller war zuletzt am 25. April 2008 eine Aktualisierung seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü2/A2) ohne Auflagen, Einschränkungen oder personenbezogene Hinweise abgeschlossen worden.
Mit Nachbericht vom 1. Oktober 2009 meldete der Sicherheitsbeauftragte des ... dem Militärischen Abschirmdienst sicherheitserhebliche Veränderungen. Aus der beigefügten Erklärung des Antragstellers über seine finanziellen Verhältnisse vom 29. September 2009 sowie mehreren Mitteilungen der Wehrbereichsverwaltung ... geht hervor, dass der Antragsteller Schulden in Höhe von insgesamt rund 209 000 € habe und gegen ihn am 10. Juli 2009 ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über einen Betrag in Höhe von rund 50 000 € ergangen sei.
Mit Nachbericht vom 26. Mai 2011 meldete der Sicherheitsbeauftragte des ... dem Militärischen Abschirmdienst weitere sicherheitserhebliche Veränderungen. Insbesondere wurde mitgeteilt, dass über das Vermögen des Antragstellers mit Beschluss des Amtsgerichts R. vom 21. April 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Dem Nachbericht war ferner eine Stellungnahme des Chefs des Antragstellers vom 30. Mai 2011 beigefügt, in der dieser erklärte, dass aus seiner Sicht durch die Privatinsolvenz mögliche Sicherheitsrisiken gemindert würden.
Aus einer weiteren Erklärung des Antragstellers über seine finanziellen Verhältnisse vom 24. Juni 2011 ergibt sich ein Schuldenstand des Antragstellers bei drei verschiedenen Gläubigern in Höhe von rund 130 000 €.
Der Antragsteller wurde am 1. Dezember 2009, 15. Dezember 2009, 2. Februar 2010, 1. Februar 2011, 22. Februar 2011 und 12. April 2011 durch den Militärischen Abschirmdienst zu den sicherheitserheblichen Erkenntnissen befragt. Dabei erklärte er, dass er im Jahre 2002 gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Haus gebaut habe, dessen Finanzierung ohne Eigenkapital erfolgt sei. Das erforderliche Fremdkapital habe er durch - über einen Bekannten vermittelte - Darlehen der Commerzbank (96 000 €) und der Eurohypo AG (122 000 €) aufgebracht. Als Sicherheit für die Kredite habe er einen Bausparvertrag abgeschlossen, auf den er - auf Anraten des Bekannten - jedoch keine Einzahlungen vorgenommen habe. Außerdem habe er einen Konsumentenkredit bei der Von Essen Bank über 50 000 € aufgenommen, den er u.a. für einen PKW (6 500 €), eine neue Küche (20 000 €), den Ausgleich eines Dispositionskredits (2 500 €) sowie für Gutachter- und Gerichtskosten (15 000 €) verwendet habe. Da bei einer Prüfung durch die Commerzbank aufgefallen sei, dass der Bausparvertrag nicht die vereinbarte Summe aufwies, sei er aufgefordert worden, umgehend 32 000 € auf den Bausparvertrag einzuzahlen. Nachdem ihm das nicht möglich gewesen sei, sei der gesamte Kredit sofort fällig gestellt worden. Auch die beiden anderen Kreditinstitute hätten daraufhin die sofortige Rückzahlung der Darlehen verlangt. In der Folge sei es zu den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und schließlich zur Zwangsversteigerung des Hauses gekommen, die jedoch nur einen Erlös von 154 000 € erbracht habe. Daher seien letztlich noch rund 100 000 € an Forderungen offen geblieben. Da er diese nicht begleichen konnte, habe er sich an die Schuldnerberatung gewandt, wo man ihm zur Privatinsolvenz geraten habe. Er sehe sich nach wie vor nicht in der Lage, allen seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.
Mit Schreiben vom 18. August 2011 gab die Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt dem Antragsteller Gelegenheit, unter Verwendung eines beigefügten Beiblatts zu den sicherheitserheblichen Umständen Stellung zu nehmen.
In seiner Stellungnahme vom 29. August 2011 erklärte der Antragsteller seine Schulden unter anderem mit Baumängeln des Hauses, mit der Insolvenz der Baufirma, mit einem Beratungsfehler hinsichtlich des Bausparvertrags sowie mit einem nicht korrekten Verlauf der Zwangsversteigerung des Hauses. Er sei sich bewusst, durch eigene Schuld in die schlechte finanzielle Situation geraten zu sein. Seine Insolvenzverwalterin habe ihm jedoch erklärt, dass in seinem Fall die Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren gesichert sei. Sein Verfügungsrahmen betrage derzeit rund 2 600 €, der seiner Ehefrau etwa 1 600 € monatlich. Mit Schreiben vom 5. September 2011 äußerte sich der Chef des Antragstellers nochmals positiv über dessen Verhalten und dienstliche Leistungen. Der Antragsteller habe ihn stets offen über seine private und finanzielle Situation informiert; er halte ihn für glaubwürdig, zuverlässig und vertrauenswürdig.
Mit Schreiben vom 16. September 2011 teilte die Geheimschutzbeauftragte dem Antragsteller mit, dass auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse von der Feststellung eines Sicherheitsrisikos nicht abgesehen werden könne, und gab ihm nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Antragsteller äußerte sich unter dem 4. Oktober 2011 und legte dabei ein Schreiben der Insolvenzverwalterin vom selben Tage sowie eine Gläubigertabelle gemäß § 175 der Insolvenzordnung (InsO) vor.
Mit Schreiben vom 12. Oktober 2011 bat die Geheimschutzbeauftragte den Antragsteller um weitere Erläuterungen zum Zustandekommen seiner Zahlungsunfähigkeit, zu den Ursachen der Gläubigerforderungen und zu den Zeitpunkten von deren Entstehung. Die Gesamtsituation deute auf ein nicht an die Einnahmen angepasstes Konsum-/Ausgabeverhalten, auf nicht an die Einnahmen angepasste Finanzplanungen und damit auf ein sorgloses Finanzgebaren hin.
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2011 äußerte sich der Antragsteller nochmals zu einzelnen Schuldenpositionen. Hinsichtlich des Hauskaufs sei er leider so naiv gewesen, einem Bekannten zu vertrauen, der bei der Deutschen Vermögensberatung tätig gewesen sei und der ihm zu dem eingeschlagenen Weg der Finanzierung geraten habe.
Mit formularmäßigem Bescheid vom 9. November 2011, im Auftrag der personalbearbeitenden Stelle durch den Disziplinarvorgesetzten eröffnet am 4. Januar 2012, stellte die Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt fest, dass die einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü1/Sabotageschutz) und die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü2/A2) Umstände ergeben hätten, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellten. Die Entscheidung umfasse auch die Verwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der Überprüfungsart Ü1/Verschlusssachenschutz. Mit Schreiben vom 9. November 2011 informierte die Geheimschutzbeauftragte den Antragsteller vorab über das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung.
Die sicherheitsmäßige Bewertung durch die Geheimschutzbeauftragte in den Entscheidungsgründen lautet wie folgt:
"Insgesamt vermögen die Einlassungen des Betroffenen nicht zu überzeugen. Bei der gebotenen Sorgfalt hätte er seine Finanzplanungen mehr an seinen Einkünften ausrichten, mehr Spielraum für unabwägbare Ausgaben lassen und einen als Sicherheit gegebenen Bausparvertrag bedienen müssen; Zweifel im Sinne der ZDv 2/30 Nr. 2414 (1) sind noch begründet.
Zudem bleibt die mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auch dokumentierte Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung und die damit objektiv auch verbundene besondere nachrichtendienstliche Gefährdungslage im Sinne der ZDv 2/30 Nr. 2414 (2) bestehen. So ist bei einem laufenden Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit (öffentlich bekannt, auch im Internet) die besondere Gefährdung in Bezug auf die Ansprechbarkeit durch fremde Nachrichtendienste, die bekanntermaßen nach Personen - insbesondere in sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten - forschen, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, objektiv gegeben. Derart zu erwartende Gefahrensituationen hat der Dienstherr im Interesse der Sicherheit und auch im Interesse des Betroffenen und seiner Angehörigen (um ihn und seine Familie aus dem Fokus eines fremden Nachrichtendienstes zu nehmen) möglichst auszuschließen. Eine verlässliche positive Prognose kann dem Betroffenen aus sicherheitsmäßiger Bewertung bei dieser Sachlage, zumindest bis zur Restschuldbefreiung, die nicht automatisch eintritt, noch nicht gestellt werden.
Dem steht auch die positive Stellungnahme des Vorgesetzten vom 05.09.2011 nicht entgegen. Auch wenn diese Einschätzung grundsätzlich für den Betroffenen spricht, vermag sie die sicherheitserheblichen Umstände nicht hinreichend zu entkräften.
Zum Schutz der Militärischen Sicherheit und zur Erfüllung des Verteidigungsauftrages der Bundeswehr sollen nur solche Soldaten Zugang zu sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten, zu vertraulichen, geheimen Unterlagen und zu Tätigkeiten in einer besonders sicherheitsempfindlichen Stelle im militärischen Sicherheitsbereich erhalten, bei denen keinerlei Sicherheitsbedenken bestehen. Die dazu notwendige Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsbedenken nach Möglichkeit ausschließen soll.
Im Interesse der Sicherheit, das gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (ZDv 2/30 Nr. 2705) im Zweifel Vorrang vor anderen Belangen hat, ist bei der sich derzeit darstellenden Sachlage die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß ZDv 2/30 Nr. 2414 (1) und (2) aus sicherheitsmäßiger Sicht als vorbeugende Maßnahme noch geboten.
Die sicherheitserheblichen Umstände lassen auch unter Berücksichtigung der Fürsorgegesichtspunkte der ZDv 2/30 Nr. 2709 keine andere sicherheitsmäßige Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt zu.
Auch positive dienstliche/fachliche Leistungen, auch in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, stehen dieser sicherheitsmäßigen Bewertung nicht entgegen, da sie die sicherheitserheblichen Umstände nicht revidieren bzw. kompensieren können. Ein Einsatz in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit kann das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung nicht vorwegnehmen.
Im Interesse der Sicherheit ist dem Betroffenen derzeit die Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit noch zu verwehren, den Sicherheitsbedenken kann mit einer Auflagenentscheidung nicht ausreichend begegnet werden."
Nach Auskunft des Bundesministers der Verteidigung (Schreiben vom 23. Oktober 2013) wurde der Antragsteller mit Bekanntwerden der Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten faktisch nicht mehr in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit verwendet, sondern - soweit er nicht "krank zu Hause" war - bis zum Beginn seiner genehmigten nicht-dienstpostengerechten Verwendung am 1. April 2012 in der Offizierheimgesellschaft/Unteroffizierheimgesellschaft und in der Schwimmhalle der Kaserne als Aufsicht/Rettungsschwimmer eingesetzt.
Mit gleichlautenden Schreiben vom 7. Dezember 2011, 29. Dezember 2011 und 10. Januar 2012 legte der Antragsteller "Einspruch" gegen die Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten ein. Zur Begründung verwies er insbesondere darauf, dass er nach Bekanntwerden seiner finanziellen Probleme im Jahre 2009 noch drei Jahre lang ohne Einschränkungen in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit geblieben sei. Er habe alle notwendigen Maßnahmen ergriffen, seine finanziellen Probleme mittelfristig zu lösen. Seine direkten Vorgesetzten stünden geschlossen hinter ihm. Außerdem liege ein Verfahrensfehler vor, weil ihm eine persönliche Anhörung nicht gewährt worden sei.
Mit Bescheid vom 29. März 2012, ausgehändigt am 13. April 2012, wies der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - die als Beschwerden gewerteten Rechtsbehelfe des Antragstellers zurück. Tatsächliche Anhaltspunkte, die Zweifel an der Zuverlässigkeit begründeten, könnten auch aus einer hohen Verschuldung entstehen. Zwar sei aus einer erheblichen Schuldenlast alleine nicht zwingend auf das Bestehen eines Sicherheitsrisikos zu schließen, solange der Soldat seinen finanziellen Verpflichtungen nachkomme und eine seiner Dienststellung entsprechende Lebensführung sicherstellen könne. Erreiche der Schuldenstand jedoch einen Umfang, der einen Abbau in überschaubarer Zeit auch bei sparsamster Lebensführung als ausgeschlossen erscheinen lasse und Mittel für eine angemessene Lebensführung kaum noch ausreichend vorhanden seien, rechtfertige dies die Annahme eines Sicherheitsrisikos. Dass der Antragsteller nicht in der Lage sei, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, ergebe sich aus der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens, mit der die Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners objektiv feststehe. Zwar bestehe die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung, die jedoch nicht bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesichert sei. Auch lasse das Zustandekommen der finanziellen Probleme auf Sorglosigkeit und Nachlässigkeit im Umgang mit Finanzen schließen. Der Antragsteller habe sich bei der Aufnahme der Kreditsumme von über 200 000 € auf den Rat eines Bekannten verlassen und keine Einzahlungen auf den zur Sicherheit abgeschlossenen Bausparvertrag vorgenommen. Wegen der Leichtfertigkeit im Umgang mit Geld bestehe die Besorgnis, dass der Antragsteller auch im Umgang mit sicherheitsempfindlichem Material nicht die erforderliche Sorgfalt und das von einem Geheimnisträger geforderte Pflichtbewusstsein an den Tag legen könnte. Neben dem Sicherheitsrisiko gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG lägen auch tatsächliche Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste vor. Diese nützten schwierige persönliche Situationen, insbesondere finanzielle Schwierigkeiten, von Personen aus, um sie durch Versprechen von finanziellen Zuwendungen zur Mitarbeit zu bewegen. Situationen einer erhöhten Ansprechbarkeit seien auch im Rahmen der Verbraucherinsolvenz nicht ausgeschlossen. Zudem würden die Beschlüsse des Amtsgerichts im Insolvenzverfahren im Internet veröffentlicht, wodurch die Identifizierung für einen angreifenden Nachrichtendienst erleichtert werde.
Eine positive Prognose, dass der Antragsteller seine finanzielle Situation in den Griff bekomme, könne derzeit noch nicht gestellt werden. Zu einer Restschuldbefreiung komme es nur dann, wenn der Betroffene den ihm gemäß § 295 InsO obliegenden Verpflichtungen nachkomme. Es bedürfe daher noch eines längeren Zeitraums, um eine verlässliche Aussage treffen zu können, wie sich die finanzielle Situation des Antragstellers in den kommenden Jahren entwickle. Der Umstand, dass der Disziplinarvorgesetzte den Antragsteller als glaubwürdig und zuverlässig bezeichne, sei als positiver Aspekt zu werten, räume aber die sicherheitserheblichen Bedenken nicht aus. Die Zuverlässigkeit im Sinne des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes sei nicht mit der Zuverlässigkeit im dienstlichen Bereich gleichzusetzen. Auch der Umstand, dass der Antragsteller nach Bekanntwerden seiner finanziellen Probleme und sogar noch nach Einleitung des Insolvenzverfahrens weiterhin in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit eingesetzt gewesen sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Entscheidung über die Zuverlässigkeit sei erst nach umfassenden Ermittlungen, mehrfachen Befragungen durch den Militärischen Abschirmdienst sowie den Anhörungen durch die Geheimschutzbeauftragte möglich gewesen. Die beanstandungsfreie Tätigkeit auf einem sicherheitsempfindlichen Dienstposten stehe der Feststellung eines Sicherheitsrisikos ferner deshalb nicht entgegen, weil diese Feststellung vorliegend auch auf der Gefahr einer nachrichtendienstlichen Ansprechbarkeit beruhe. Dafür sei unerheblich, ob der Antragsteller bereits konkret in den Fokus eines fremden Nachrichtendienstes geraten sei, weil aus fremder nachrichtendienstlicher Tätigkeit entspringende Gefährdungslagen präventiv vermieden werden sollten.
Ein Anhörungsfehler liege nicht vor, weil dem Antragsteller insgesamt drei Mal die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben und diese von ihm auch wahrgenommen worden sei. Den Wunsch nach einem zusätzlichen persönlichen bzw. mündlichen Gespräch habe er dabei nicht geäußert.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 14. Mai 2012 beantragte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 22. November 2012 dem Senat vorgelegt.
Ergänzend zu seinem Vorbringen im Beschwerdeverfahren trägt der Antragsteller zur Begründung insbesondere vor:
Den Verbindlichkeiten in Höhe von rund 130 000 € stehe ein Nettoeinkommen von monatlich 2 656,60 € (Antragsteller) bzw. 1 682,22 € (Ehefrau) gegenüber, und zwar nach Abzug der Überweisungen an Dritte. An festen Ausgaben seien monatlich für Miete ca. 800 €, für Strom ca. 32 €, für Wasser ca. 130 €, für Gas ca. 130 €, für Telefon ca. 150 €, für Versicherungen ca. 60 € sowie für Kraftstoff für zwei Autos ca. 400 € zu leisten. Seine, des Antragstellers, finanzielle Situation und die seiner Familie könne angesichts des relativ hohen Nettoeinkommens trotz der bestehenden Privatinsolvenz als geordnet angesehen werden. Er habe sich zudem sofort, als die finanziellen Unregelmäßigkeiten wegen des Versagens des damaligen Beraters zum Problem geworden seien, seinem Disziplinarvorgesetzten offenbart und die gesamte Situation offen gelegt. Sein Einsatz als Geschäftsführer der OHG/UHG am Standort L. bestätige zudem das uneingeschränkte und hohe Vertrauen, das ihm seine Disziplinarvorgesetzten entgegenbrächten.
Die Geheimschutzbeauftragte habe ihre Entscheidung auf eine rein abstrakt formulierte Besorgnis gestützt, ohne dass konkrete Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko feststellbar gewesen wären. Sie habe auch versäumt zu prüfen, ob einem möglicherweise bestehenden Sicherheitsrisiko mit Auflagen im Sinne der Nr. 2705 Abs. 1 ZDv 2/30 hätte begegnet werden können. Nicht weiterführend seien die Spekulationen über eine mögliche nachrichtendienstliche Ansprache. Im Grunde stehe heute jeder Angehörige der Bundeswehr unter dem permanenten Risiko, in den Fokus eines fremden Nachrichtendienstes zu geraten. Warum gerade bei ihm, dem Antragsteller, ein besonders hohes Risiko erkannt werde, sei nicht klar. Jeder, der sich bei Facebook oder sonst im Internet als Soldat zu erkennen gebe, sei einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt.
Gerügt werde schließlich die Verletzung von zwingendem Verfahrensrecht. Die persönliche Anhörung des Betroffenen sei gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG zwingend vorgeschrieben. Er habe weder einen entsprechenden Hinweis noch die Gelegenheit zu einer persönlichen Äußerung erhalten. Die Geheimschutzbeauftragte habe sich damit keinen persönlichen Eindruck von ihm machen können.
Der Antragsteller beantragt,
den Bescheid der Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt vom 9. November 2011 und die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 29. März 2012 aufzuheben.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Ungeachtet der Gegenüberstellung der Nettoeinkommen des Antragstellers und seiner Ehefrau mit den festen monatlichen Ausgaben verbleibe es dabei, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Feststellung verbunden sei, dass der Schuldner zahlungsunfähig bzw. überschuldet sei. Am Ende des Insolvenzverfahrens müssten die Gläubiger auf den Großteil ihrer Forderungen verzichten. Der Umstand, dass es trotz eines gemeinsamen Nettoeinkommens von über 4 000 € monatlich zu Schulden in Höhe von 130 000 € gekommen sei, mache deutlich, dass der Antragsteller mit den ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln über Jahre hinweg sorglos umgegangen sei. Er habe über Jahre hinweg ein unverantwortliches Verhalten im Hinblick auf seine Finanzen gezeigt und weit über seine finanziellen Verhältnisse gelebt.
Eine positive Prognose könne für den Antragsteller derzeit noch nicht gestellt werden. Eine Restschuldbefreiung könne erst im April 2017 eintreten. Der Antragsteller müsse im Insolvenzverfahren zeigen, dass er eine nachhaltige Verhaltensänderung im Umgang mit seinen Finanzen vollzogen habe. Von der Feststellung eines Sicherheitsrisikos könne auch nicht deshalb abgesehen werden, weil der Antragsteller nach Einleitung des Insolvenzverfahrens weiterhin in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit eingesetzt gewesen sei. Zum Schutz des Betroffenen sei ein umfangreiches und manchmal auch zeitaufwändiges Verfahren erforderlich, um letztlich bewerten zu können, ob sicherheitserhebliche Umstände zur Feststellung eines Sicherheitsrisikos führten. Würden die betroffenen Soldaten bereits unmittelbar nach Bekanntwerden eines sicherheitserheblichen Umstands von jeglicher sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entbunden, würden ohne ausreichende Entscheidungsgrundlage nachteilige Fakten geschaffen. Ein gewisser Zeitaufwand bei der Beiziehung von Informationen sei deshalb gerade auch Ausdruck des Fürsorgegedankens. Die beanstandungsfreie Tätigkeit im sicherheitsempfindlichen Bereich stehe der Feststellung eines Sicherheitsrisikos im Übrigen auch deshalb nicht entgegen, weil die Gefahr einer nachrichtendienstlichen Ansprache rein objektiv zu ermitteln sei. Insbesondere die zahlreichen Auslandseinsätze des Antragstellers verdeutlichten, dass diese Gefahr real gewesen und auch zukünftig gegeben sei.
Eine Auflagenentscheidung sei nicht in Betracht gekommen. Anhaltspunkte für eine beständige Verhaltensänderung im finanziellen Bereich könnten aus dem bisherigen Verhalten des Antragstellers im Insolvenzverfahren noch nicht abgeleitet werden. Erforderlich sei vor dem Hintergrund der mehrjährigen Schuldenhistorie des Antragstellers ein längerer Zeitraum, in dem der Antragsteller zeigen müsse, dass er den Umgang mit seinen finanziellen Mitteln geändert habe. Die Dauer dieses Zeitraums sei dabei an der einfachgesetzlichen Regelung des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO (sechs Jahre) auszurichten.
Eine persönliche Anhörung des Betroffenen sei weder gesetzlich noch aus anderen Erwägungen heraus gefordert. Vielmehr sei eine Anhörung im schriftlichen Verfahren ausdrücklich zugelassen. Eine solche komme insbesondere dann in Betracht, wenn, wie vorliegend, der persönliche Eindruck nicht ausschlaggebend für die Bewertung der sicherheitserheblichen Erkenntnisse sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: .../12 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zwar zulässig.
Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß § 14 Abs. 3 SÜG kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten mit dem Ziel der Aufhebung des entsprechenden Bescheids angefochten werden. Die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) folgende Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte für Streitigkeiten, die die dienstliche Verwendung eines Soldaten betreffen, erstreckt sich auch auf die Überprüfung sicherheitsrechtlicher Bescheide im Sinne des § 14 Abs. 3 SÜG, weil mit der Feststellung des Geheimschutzbeauftragten über die Frage des Bestehens eines Sicherheitsrisikos im Kern über die sicherheitsrechtliche Eignung eines Soldaten für eine bestimmte dienstliche Verwendung entschieden wird (vgl. zum Ganzen Beschluss vom 20. November 2012 - BVerwG 1 WB 21.12 und 1 WB 22.12 - juris Rn. 24 m.w.N.).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid der Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt vom 9. November 2011 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 29. März 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
a) Die Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14
Der Geheimschutzbeauftragten steht bei der Entscheidung, ob in der Person eines Soldaten ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Geheimschutzbeauftragte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (stRspr, vgl. Beschluss vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 25
Wegen der präventiven Funktion der Sicherheitsüberprüfung und wegen des hohen Ranges der zu schützenden Rechtsgüter liegt ein Sicherheitsrisiko bereits dann vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit oder eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste begründen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SÜG, Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZDv 2/30). Dabei hat im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen (§ 14 Abs. 3 Satz 3 SÜG). Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose über die künftige Zuverlässigkeit und Integrität des Soldaten darstellt, darf sich nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen. Dabei gibt es keine "Beweislast", weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB 54.01 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 11 S. 17, vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 63.06 - Rn. 22 und vom 22. Juli 2009 - BVerwG 1 WB 53.08 - Rn. 24; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <353>).
Maßgeblich für die gerichtliche Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage des Antrags auf gerichtliche Entscheidung durch den Bundesminister der Verteidigung beim Senat (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 21. Juli 2010 - BVerwG 1 WB 68.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 23 Rn. 21 sowie zuletzt vom 28. August 2012 - BVerwG 1 WB 10.12 - Rn. 26). Bis zu diesem Zeitpunkt - und damit auch durch den Beschwerdebescheid oder das Vorlageschreiben - können tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos einschließlich der dabei zu treffenden Prognose in Ergänzung zu der Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten in das Verfahren eingeführt werden (vgl. - auch zum Folgenden - Beschlüsse vom 27. September 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 7.07 - Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 13 Rn. 23 und vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14
b) Die Feststellung im Bescheid vom 9. November 2011, dass in der Person des Antragstellers ein Sicherheitsrisiko vorliegt, hält in der Fassung des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 29. März 2012 (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) die Grenzen des vorbezeichneten Beurteilungsspielraums ein.
aa) Bei der Überprüfung der Feststellung eines Sicherheitsrisikos sind neben den Gründen des Bescheids der Geheimschutzbeauftragten auch die ergänzenden Ausführungen in dem Beschwerdebescheid und in dem Vorlageschreiben des Bundesministers der Verteidigung zu berücksichtigen.
Nach den vom Bundesminister der Verteidigung vorgelegten umfangreichen Unterlagen hat im vorgerichtlichen Beschwerdeverfahren im Rahmen der Abhilfeprüfung zunächst die Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt (interne Mitteilung vom 11. Januar 2012, dass nicht abgeholfen wird) und sodann an der Erstellung des Beschwerdebescheids vom 29. März 2012 und des Vorlageschreibens vom 22. November 2012 der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung mitgewirkt.
Gegen die Mitwirkung des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung an der Erstellung des Beschwerdebescheids und des Vorlageschreibens und gegen den entsprechenden Wechsel in der Wahrnehmung der Aufgaben der zuständigen Stelle (§ 3 Abs. 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 SÜG) im Beschwerdeverfahren bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Der Senat hat bereits in einem Fall, in dem der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung an Stelle des grundsätzlich zuständigen Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt den Erstbescheid in einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) erlassen hatte, entschieden, dass der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung befugt ist, im Rahmen der ihm zustehenden Fachaufsicht (Nr. 2422 ZDv 2/30; vgl. auch Nr. 2705 Abs. 4 ZDv 20/3) in die Zuständigkeit des ihm fachlich nachgeordneten Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt einzutreten (vgl. - auch zum Folgenden - Beschluss vom 14. Dezember 2010 - BVerwG 1 WB 13.10 - Rn. 17 f.). Soweit - wie im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung - die Zuständigkeiten nicht durch eine Rechtsnorm, sondern (nur) durch Verwaltungsvorschrift (hier: Nr. 2416 ZDv 2/30) verteilt sind, bedarf es für den Eintritt der übergeordneten Behörde in die Entscheidungszuständigkeit im Wege der Fachaufsicht keiner speziellen gesetzlichen Ermächtigung. Der gesetzliche Rahmen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SÜG ist nicht berührt, weil durch diese Vorschriften außenwirksame Zuständigkeiten noch nicht definitiv festgelegt sind bzw. die Zuständigkeit des Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt insoweit unter dem Vorbehalt einer Übernahme durch die oberste Bundesbehörde in Gestalt des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung steht.
Diese Erwägungen gelten erst recht für die hier vorliegende Konstellation, dass der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung im Beschwerdeverfahren an die Stelle der Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt tritt, nachdem diese zuvor die Möglichkeit der Abhilfe geprüft hat. Insoweit erfüllt der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung im Beschwerdeverfahren zulässigerweise die von einer von der Personalverwaltung getrennten Organisationseinheit (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SÜG) wahrzunehmenden Aufgaben der zuständigen Stelle; ihm ist insoweit der gerichtlich nur beschränkt überprüfbare Beurteilungsspielraum zugewiesen.
Der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung hat sowohl zu dem Beschwerdebescheid als auch zu dem Vorlageschreiben nach eigener Befassung vorab Stellung genommen (Schreiben vom 2. März 2012 bzw. vom 30. Oktober 2012) und sowohl den Beschwerdebescheid als auch das Vorlageschreiben intern mitgezeichnet (LoNo-Nachricht vom 27. März 2012 bzw. vom 14. und 20. November 2012). Die inhaltlichen Aussagen erfolgten damit mit seiner Zustimmung. Die ergänzenden Ausführungen in dem Beschwerdebescheid und dem Vorlageschreiben beziehen sich dabei nur auf die Bewertung des Sachverhalts, der bereits dem Bescheid der Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt vom 9. November 2011 zugrunde liegt; neue entscheidungserhebliche Tatsachen, die eine erneute Anhörung des Antragstellers erfordert hätten, wurden nicht in das Verfahren eingeführt.
bb) Die Geheimschutzbeauftragte ist nicht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen. Die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers und deren Entwicklung, die der Antragsteller gegenüber seinen Vorgesetzten, dem Militärischen Abschirmdienst und der Geheimschutzbeauftragten offengelegt und die die Geheimschutzbeauftragte in den Gründen ihres Bescheids vom 9. November 2011 (Seite 2 bis 7) zusammengefasst dargestellt hat, sind - was die Fakten betrifft - in allen wesentlichen Punkten unstrittig.
Danach hat der Antragsteller im Jahre 2002 gemeinsam mit seiner Ehefrau ohne Einsatz von Eigenkapital den Bau eines Hauses unternommen. Die Fremdfinanzierung erfolgte über Darlehen der Commerzbank (96 000 €) und der Eurohypo AG (122 000 €). Als Sicherheit für diese Kredite hat der Antragsteller einen Bausparvertrag abgeschlossen, auf den er allerdings entgegen der Sicherungsabrede keine Einzahlungen leistete. Darüber hinaus hat der Antragsteller einen Konsumentenkredit bei der Von Essen Bank über 50 000 € aufgenommen. Als Anfang 2009 die fehlende Deckung des Bausparvertrags auffiel und der Antragsteller nicht in der Lage war, die geforderte Einzahlung von 32 000 € zu leisten, wurden sämtliche Kredite fällig gestellt. In der Folgezeit kam es zu Pfändungen, zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, zur Zwangsversteigerung des Hauses, die einen Erlös von 154 000 € erbrachte, und schließlich mit Beschluss des Amtsgerichts R. vom 21. April 2011 zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers. Gläubigertabellen zum 24. Juni 2011 weisen für den Antragsteller eine Summe der Forderungen in Höhe von 128 216,81 €, für die Ehefrau des Antragstellers eine Summe der Forderungen in Höhe von 130 410,40 € aus, wobei es sich allerdings in Höhe der Schulden des Antragstellers um eine gesamtschuldnerische Haftung handeln dürfte. Nach den von der Geheimschutzbeauftragten zugrunde gelegten Angaben des Antragstellers beträgt sein aktueller Verfügungsrahmen rund 2 600 €, der seiner Ehefrau rund 1 600 € monatlich. Seit der Zwangsversteigerung seines Hauses bewohnt der Antragsteller mit seiner Familie ein 128 qm großes Einfamilienhaus zu einer Kaltmiete von 800 € monatlich; an weiteren regelmäßigen Ausgaben hat der Antragsteller nach seinen Angaben monatlich für Strom ca. 32 €, für Wasser ca. 130 €, für Gas ca. 130 €, für Telefon ca. 150 €, für Versicherungen ca. 60 € und für Kraftstoff für zwei Autos ca. 400 € zu leisten.
cc) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Geheimschutzbeauftragte und der Bundesminister der Verteidigung in dem wirtschaftlichen Verhalten des Antragstellers und seiner finanziellen Situation hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Zweifel an seiner Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit und eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste erkannt haben. Mit dieser Einschätzung haben die Geheimschutzbeauftragte und der Bundesminister der Verteidigung weder den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen können, verkannt noch allgemeingültige Wertmaßstäbe missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats können sich tatsächliche Anhaltspunkte, die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG) und/oder eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG) und damit ein Sicherheitsrisiko begründen, aus einer hohen Verschuldung des Betroffenen ergeben (vgl. - auch zum Folgenden - Beschlüsse vom 30. Januar 2001 - BVerwG 1 WB 119.00 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 10, vom 6. September 2007 - BVerwG 1 WB 61.06 -, vom 15. Dezember 2009 - BVerwG 1 WB 58.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 22 und vom 28. August 2012 - BVerwG 1 WB 10.12 - Rn. 35). Aus der Tatsache einer erheblichen Schuldenlast allein kann allerdings noch nicht zwingend auf das Bestehen eines Sicherheitsrisikos geschlossen werden, jedenfalls solange nicht, wie der Soldat seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommt und eine seiner Dienststellung entsprechende Lebensführung sicherstellen kann. Deshalb ist stets - auch in Fällen eines Insolvenzverfahrens des Betroffenen - eine wertende Beurteilung des Einzelfalls erforderlich.
Die angefochtenen Bescheide halten dem Antragsteller Sorglosigkeit, Nachlässigkeit und Leichtfertigkeit im Umgang mit seinen Finanzen vor. Sie stützen dies darauf, dass der Antragsteller mit der Kreditsumme von über 200 000 € für einen rein fremdfinanzierten Hausbau und mit einer erheblichen weiteren Kreditaufnahme für Konsumgüter und Wohnungseinrichtung seine Finanzplanung nicht hinreichend an seinen Einkünften ausgerichtet habe, dass er sich ungeachtet der offenkundigen Risikolage maßgeblich auf den Rat eines Bekannten verlassen habe, dass er abredewidrig den als Sicherheit abgeschlossenen Bausparvertrag nicht bedient habe, dass er bei Aufdeckung der fehlenden Deckung im Jahre 2009 auch nicht nachträglich in der Lage war, die erforderlichen 32 000 € auf den Bausparvertrag einzuzahlen, um die Fälligstellung der Kredite, die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und schließlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verhindern. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Geheimschutzbeauftragte und der Bundesminister der Verteidigung aus diesem wirtschaftlich fahrlässigen, teilweise vertragswidrigen und nicht zuletzt erheblich fremdschädigenden Verhalten Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers auch bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG) abgeleitet haben.
Nicht zu beanstanden ist auch die Einschätzung der Geheimschutzbeauftragten und des Bundesministers der Verteidigung, dass - neben den Zuverlässigkeitsbedenken - durch die Verschuldung des Antragstellers darüber hinaus eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG) gegeben ist. Der Schuldenstand des Antragstellers betrug im maßgeblichen Zeitpunkt rund 130 000 €. Mit der am 21. April 2011 erfolgten Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens, die u.a. das Scheitern einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern voraussetzt (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO), steht darüber hinaus objektiv die Zahlungsunfähigkeit des Antragstellers fest (§ 17 i.V.m. § 304 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zutreffend verweisen die angefochtenen Bescheide darauf, dass fremde Nachrichtendienste schwierige persönliche Situationen, insbesondere finanzielle Zwangslagen, ausnützten, um an Geheimnisträger heranzutreten. Plausibel ist auch der Hinweis in dem Beschwerdebescheid, dass die Entstehungsgeschichte von Schulden regelmäßig mit einem erhöhten Lebensstandard zusammenfalle, der sich in der Wohlverhaltensphase eines Insolvenzverfahrens mit den damit verbundenen finanziellen Restriktionen nicht aufrechterhalten lasse, so dass auch im Rahmen eines geordneten Insolvenzverfahrens Anreize bestünden, auf finanzielle Verlockungen einzugehen. Von Bedeutung ist schließlich auch die mit der Pflicht zur sofortigen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses (§ 30 InsO) bewirkte Publizität des Insolvenzverfahrens. Es leuchtet ein, dass es auf diese Weise fremden Nachrichtendiensten erleichtert wird, geeignete Personen für Anbahnungs- und Werbungsversuche zu identifizieren. Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass inzwischen viele Soldaten insbesondere über soziale Netzwerke als solche erkennbar seien, liegt insoweit ein Unterschied vor, weil mit der Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses zugleich auch der mögliche Ansatzpunkt für Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste publik gemacht wird.
dd) Keinen durchgreifenden Bedenken begegnet schließlich die Beurteilung der Geheimschutzbeauftragten und des Bundesministers der Verteidigung, dem Antragsteller im Hinblick auf sein leichtfertiges wirtschaftliches Verhalten und seine durch Zahlungsunfähigkeit gekennzeichnete finanzielle Situation keine positive Prognose auszustellen.
Eine positive Prognose wird insbesondere nicht durch die im April 2011 erfolgte Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens gefordert (vgl. zum Folgenden Beschlüsse vom 6. September 2007 a.a.O. Rn. 32 und vom 28. August 2012 a.a.O. Rn. 39). Zwar ermöglicht die Durchführung des Insolvenzverfahrens die Erteilung einer Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht (§§ 300, 301 InsO). Dies setzt voraus, dass der Schuldner sein pfändbares Einkommen für die Dauer einer - hier im April 2017 endenden - sog. Wohlverhaltensperiode von sechs Jahren an einen Treuhänder abtritt (§ 287 Abs. 2 Satz 1 InsO) und während dieser Zeit weitere Obliegenheiten erfüllt (§ 295 InsO). Die Ankündigung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht (§ 291 InsO) löst jedoch keinen Automatismus aus, sondern eröffnet dem Schuldner lediglich die Chance, durch sein eigenes (Wohl-)Verhalten Befreiung von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern zu erlangen. Die Ankündigung der Restschuldbefreiung und erst recht die bloße Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens bedingen oder bewirken deshalb auch nicht zwangsläufig eine positive Prognose der künftigen Entwicklung der Persönlichkeit des Antragstellers und seiner finanziellen Verhältnisse im Sinne des Sicherheitsüberprüfungsrechts.
Die Geheimschutzbeauftragte und der Bundesminister der Verteidigung haben ihren Beurteilungsspielraum auch nicht dadurch überschritten, dass sie die positiven Stellungnahmen des Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers, zuletzt vom 5. September 2011, zwar berücksichtigt, ihnen aber keine ausschlaggebende Bedeutung zugemessen haben. Die Verantwortung für die sicherheitsmäßige Einschätzung liegt bei den nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz zuständigen Stellen. Es ist danach nicht zu beanstanden, dass die Geheimschutzbeauftragte und der Bundesminister der Verteidigung bei der vorliegenden Sachlage - entgegen der zugunsten des Antragstellers abgegebenen Vertrauenserklärung des Disziplinarvorgesetzten - dem Sicherheitsinteresse den Vorrang eingeräumt haben (§ 14 Abs. 3 Satz 3 SÜG). Eine abweichende Bewertung gebietet dabei auch nicht die Tatsache, dass der Antragsteller aktuell als Geschäftsführer der OHG/UHG am Standort L. eingesetzt wird; hierbei handelt es sich offenkundig nicht um eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit im Sinne des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes.
Nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falls steht der negativen Prognose durch die Geheimschutzbeauftragte und den Bundesminister der Verteidigung schließlich nicht entgegen, dass der Antragsteller nach Bekanntwerden seiner finanziellen Probleme und zunächst auch noch nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens am 21. April 2011 bis zur Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten in seiner sicherheitsempfindlichen Tätigkeit verblieben ist.
Wird ein Soldat trotz Bekanntwerden sicherheitserheblicher Erkenntnisse über einen längeren Zeitraum ohne Einschränkungen weiter in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit verwendet, so muss nach der Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 15. Dezember 2009 - BVerwG 1 WB 58.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 22 Rn. 29 ff. und vom 21. Juli 2010 - BVerwG 1 WB 68.09 - Rn. 33) der zuständige Geheimschutzbeauftragte diesen Umstand vor seiner Entscheidung über die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seine Prognoseerwägungen einbeziehen. Das ist hier zwar nicht bereits durch den Bescheid der Geheimschutzbeauftragten, jedoch - in zulässiger Ergänzung der dortigen Ausführungen (siehe oben II.2.b.aa) - durch den Bundesminister der Verteidigung in dessen Beschwerdebescheid und Vorlageschreiben geschehen. Der Bundesminister der Verteidigung hat sich dabei zum einen darauf berufen, dass die Entscheidung über die Zuverlässigkeit erst nach mehrfachen Befragungen durch den Militärischen Abschirmdienst und mehrfachen Anhörungen durch die Geheimschutzbeauftragte möglich gewesen sei; ein - wie hier - umfangreiches und zeitaufwändiges Ermittlungsverfahren sei auch zum Schutz des Betroffenen erforderlich und nicht zuletzt Ausdruck des Fürsorgegedankens; würden betroffene Soldaten bereits unmittelbar nach Bekanntwerden eines sicherheitserheblichen Umstands von jeglicher sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entbunden, so würden häufig ohne ausreichende Entscheidungsgrundlage nachteilige Fakten geschaffen. Zum anderen hat der Bundesminister der Verteidigung auf die fortlaufende Veränderung des Sachverhalts bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 21. April 2011 hingewiesen; so habe der Antragsteller in der Sicherheitserklärung vom 13. Februar 2008 noch angegeben, keine finanziellen Schwierigkeiten zu haben, und in seiner Erklärung vom 29. September 2009 versichert, dass es durch einen Beratungsfehler zur Zwangsvollstreckung gekommen sei, er sich um eine Umfinanzierung bemühe und er die Schulden mit seinem Gehalt bedienen könne. Schließlich hat der Bundesminister der Verteidigung auf die - unabhängig von der vorläufigen Weiterverwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit - objektiv gegebene Gefahr einer nachrichtendienstlichen Ansprechbarkeit verwiesen.
Auf der Grundlage dieser Erwägungen ist es unter dem Blickwinkel der Gefahrenprognose nicht widersprüchlich und damit rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsteller während des laufenden Sicherheitsüberprüfungsverfahrens in seiner sicherheitsempfindlichen Tätigkeit verblieben ist. Zu der Tatsache, dass der Antragsteller auch nach Feststellung des Sicherheitsrisikos weiterhin auf Dienstposten geführt wurde und bis heute geführt wird, für die eine positive Sicherheitsüberprüfung erforderlich ist, hat der Bundesminister der Verteidigung unwidersprochen erläutert, dass der Antragsteller nach Bekanntwerden der Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten faktisch nicht mehr in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit verwendet, sondern - soweit er nicht "krank zu Hause" war - in der Offizierheimgesellschaft/Unteroffizierheimgesellschaft und in der Schwimmhalle der Kaserne als Aufsicht/Rettungsschwimmer eingesetzt wurde. Seit dem 1. April 2012 wird der Antragsteller auch formal korrekt mit Zustimmung der Stammdienststelle der Bundeswehr (Bescheid vom 19. Januar 2012) nicht-dienstpostengerecht auf dem Dienstposten eines Heimfeldwebels verwendet.
ee) Ohne Erfolg beanstandet der Antragsteller ferner, dass in seinem Fall von der Möglichkeit einer positiven Entscheidung unter Auflagen, Einschränkungen oder personenbezogenen Sicherheitshinweisen (Nr. 2705 Abs. 1 ZDv 2/30) kein Gebrauch gemacht worden sei.
Auch insoweit hat der Bundesminister der Verteidigung die - apodiktische - Aussage in dem Bescheid der Geheimschutzbeauftragten, dass den Sicherheitsbedenken mit einer Auflagenentscheidung nicht ausreichend begegnet werden könne, in dem Vorlageschreiben ergänzt. Er hat dabei insbesondere darauf abgestellt, dass - vor dem Hintergrund der mehrjährigen Schuldenhistorie des Antragstellers - die für eine Auflagenentscheidung erforderlichen Anhaltspunkte für eine beständige Verhaltensänderung im finanziellen Bereich noch nicht allein daraus abgeleitet werden könnten, dass der Antragsteller im Insolvenzverfahren bisher seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nachgekommen sei. Diese Einschätzung überschreitet nicht die Grenzen des Beurteilungsspielraums.
ff) Im Ergebnis ohne Erfolg rügt der Antragsteller schließlich eine Verletzung seines Anhörungsrechts nach § 14 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG.
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats muss die Anhörung des Betroffenen im Verfahren einer Sicherheitsüberprüfung nicht notwendig persönlich erfolgen; sie kann auch im schriftlichen Verfahren durchgeführt werden (vgl. Beschluss vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 16.10 - Buchholz 402.8 § 6 SÜG Nr. 1 Leitsatz). Es liegt in der Initiative des anzuhörenden Betroffenen, es entweder mit einer schriftlichen Äußerung bewenden zu lassen oder auf einer persönlichen Anhörung - ggf. nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Satz 2 SÜG mit einem Rechtsanwalt - zu bestehen (Beschluss vom 21. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 44).
Diese Rechtsprechung ist wie folgt klarzustellen:
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG ist vor der Ablehnung der Zulassung zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Der Betroffene kann zur Anhörung mit einem Rechtsanwalt erscheinen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 SÜG; siehe auch Nr. 2708 ZDv 2/30). Aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut folgt damit nicht nur, dass die Anhörung als solche zwingend vorgeschrieben ist, sofern sie nicht aus den Gründen des § 6 Abs. 1 Satz 4 SÜG (erheblicher Nachteil für die Sicherheit des Bundes oder eines Landes) ausnahmsweise unterbleibt. Zwingend angeordnet ist vielmehr auch, dass dem Betroffenen Gelegenheit zu geben ist, sich persönlich, das heißt: unter Anwesenden, sowie ggf. im Beisein eines Rechtsanwalts, zu äußern. Dasselbe ergibt sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Sicherheitsüberprüfungsgesetz, wonach der Betroffene sich persönlich äußern und keinen Vertreter schicken solle; bei der Anhörung komme es wesentlich auch auf den persönlichen Eindruck an, den die zu überprüfende Person hinterlasse (vgl. BTDrucks 12/4891, S. 21).
Zu dieser Gesetzesauslegung steht es nicht im Widerspruch, dass eine Anhörung auch im schriftlichen Verfahren erfolgen kann (Beschluss vom 21. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 44). Denn der Betroffene muss nur - dies allerdings vorbehaltlos - Gelegenheit erhalten, sich persönlich zu äußern. Die persönliche Anhörung ist keine Vorladung zu einer Vernehmung, sondern ein Recht des Betroffenen (siehe die Überschrift zu § 6 SÜG), wie überhaupt die Sicherheitsüberprüfung nur mit Zustimmung des Betroffenen durchgeführt wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 SÜG). Der Betroffene ist daher weder verpflichtet, sich überhaupt zu äußern, noch, seine Äußerung gerade in persönlicher Form abzugeben. Möchte der Betroffene von der Gelegenheit zur Äußerung zwar grundsätzlich, nicht jedoch in einem persönlichen Gespräch Gebrauch machen, so steht es ihm deshalb - gleichsam als Minus zur persönlichen Äußerung - frei, sich schriftlich zu äußern.
Verpflichtet zur persönlichen Anhörung ist - schließlich - die "zuständige Stelle", also der Geheimschutzbeauftragte (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG, Nr. 2416 ZDv 2/30). Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 3 Satz 1 und 4 SÜG, wonach die zuständige Stelle, wenn sie über das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos entscheidet, § 6 Abs. 1 und 2 SÜG zu beachten hat. Eine Anhörung oder Befragung durch den Militärischen Abschirmdienst als mitwirkender Behörde (§ 3 Abs. 2 SÜG, Nr. 2411 ZDv 2/30) ist nicht geeignet, die persönliche Anhörung durch den Geheimschutzbeauftragten zu ersetzen.
(2) Mit diesen Grundsätzen ist die Anhörungspraxis der Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt, wie sie vorliegend auch ihrem Anhörungsschreiben vom 18. August 2011 zugrunde liegt, nicht in vollem Umfang vereinbar.
Nach dieser Praxis wird dem Betroffenen in einem standardisierten Schreiben mitgeteilt, dass in seinem Fall bestimmte, in einer Anlage 1 näher aufgeführte Umstände vorlägen, die geeignet seien, ein Sicherheitsrisiko zu begründen; dies habe nach derzeitigem Sachstand zur Folge, dass der Betroffene eine sicherheitserhebliche Tätigkeit nicht bzw. nicht mehr ausüben dürfe. Vor einer Entscheidung erhalte der Betroffene Gelegenheit, binnen einer bestimmten Frist (hier: von drei Wochen nach Erhalt des Schreibens) zu den in Anlage 1 aufgeführten Umständen unter Verwendung des anliegenden Beiblattes (Anlage 2) Stellung zu nehmen.
Mit diesen Formulierungen im Anhörungsschreiben wird dem Betroffenen keine Gelegenheit zu einer persönlichen Äußerung, sondern von vornherein nur Gelegenheit zu einer Stellungnahme "unter Verwendung des anliegenden Beiblattes (Anlage 2)", also nur zu einer schriftlichen Äußerung gegeben. Es ist nicht Aufgabe des Betroffenen, von dem oder der Geheimschutzbeauftragten eine persönliche Anhörung zu verlangen. Vielmehr ist es Aufgabe des oder der Geheimschutzbeauftragten, dem Betroffenen in erster Linie eine persönliche Anhörung im Sinne der "Gelegenheit ..., sich persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern" (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG), anzubieten. Dieses Angebot kann - in zweiter Linie - mit dem Hinweis verbunden werden, dass es dem Betroffenen freistehe, sich auch in schriftlicher Form zu den ihm vorgehaltenen Umständen zu äußern.
(3) Eine Verletzung des Rechts auf persönliche Anhörung führt jedoch nur dann zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des oder der Geheimschutzbeauftragten, wenn sich die Vorenthaltung der Möglichkeit, sich gerade persönlich und nicht nur schriftlich zu äußern, entscheidungserheblich auf die Feststellung eines Sicherheitsrisikos ausgewirkt hat.
Der Antragsteller hat zwar mehrfach (in seinen Beschwerdeschreiben sowie in den Schriftsätzen seines Bevollmächtigten vom 10. Januar 2013, unter II.2., und vom 10. Mai 2013, unter 1.) eine Verletzung von § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG gerügt und zur Auslegung dieser Bestimmung Stellung genommen. Er hat jedoch nichts dazu vorgetragen, inwiefern im vorliegenden Fall der persönliche Eindruck von Bedeutung für die Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten gewesen wäre oder zu welchen sicherheitserheblichen Umständen er, der Antragsteller, sich nur im persönlichen Gespräch, nicht aber schriftlich hätte erklären wollen. Eine entscheidungserhebliche Bedeutung einer persönlichen Anhörung des Antragstellers drängt sich auf der Basis der Entscheidungsgründe der Geheimschutzbeauftragten auch im Übrigen nicht auf. Soweit die Geheimschutzbeauftragte die Feststellung eines Sicherheitsrisikos auf eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG) gestützt hat, hat sie im Kern auf objektive, von dem Antragsteller nicht (mehr) beeinflussbare Umstände, nämlich auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dessen Publizität, abgestellt. Da es sich insoweit - im Verhältnis zu den außerdem angeführten Zweifeln an der Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG) - um eine selbstständig tragende Begründung für die Feststellung des Sicherheitsrisikos handelt, fehlt es bereits aus diesem Grund an der Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensverstoßes.
gg) Keine rechtlichen Bedenken bestehen schließlich dagegen, dass die Geheimschutzbeauftragte die Feststellung eines Sicherheitsrisikos auch auf die Verwendung des Antragstellers in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit der Überprüfungsart Ü 1 (Verschlusssachenschutz) erstreckt hat. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Antragstellers und für die Risikoeinschätzung ergeben sich insoweit keine abweichenden Gesichtspunkte.