Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 14.12.2017


BVerwG 14.12.2017 - 1 WB 16/17

Verwendungsentscheidung nach der Auswahlkonferenz; Akteneinsichts- und Auskunftsanspruch


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat
Entscheidungsdatum:
14.12.2017
Aktenzeichen:
1 WB 16/17
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:141217B1WB16.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung, ihm über die seit der Perspektivkonferenz 2013 (Zuordnungszeitraum 1. April 2014 bis 31. März 2016) ergangenen Auswahl- und Versetzungsentscheidungen für Oberstabsfeldwebel-Dienstposten Auskunft zu erteilen, für die auch er selbst nach Eignung, Leistung und Befähigung grundsätzlich in Betracht gekommen wäre, für die jedoch andere Kandidaten ausgewählt worden sind.

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...

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Zum Vorlagetermin 30. September 2012 wurde der Antragsteller am 6. Juli 2012 planmäßig beurteilt. Er erreichte nach seiner Darstellung einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten von 7,30 und die Entwicklungsprognose "Förderung bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn". Diese Beurteilung hob das Bundesamt für das Personalmanagement am 14. März 2013 auf. Mit der am 12. April 2013 neugefassten planmäßigen Beurteilung zum 30. September 2012, die einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 7,25 und die Entwicklungsprognose "Förderung bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn" enthielt, wurde der Antragsteller in der Perspektivkonferenz 2013 vorgestellt. Am 15. April 2015 wurde diese Neufassung ebenfalls aufgehoben. Die am 13. Juli 2015 erstellte (zweite) Neufassung der planmäßigen Beurteilung enthielt einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 8,13 und - unverändert - die Entwicklungsprognose der höchsten Stufe.

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Ausweislich der Akten und nach eigener Mitteilung wurde der Antragsteller in der Perspektivkonferenz 2013 nicht dem Anwärter- oder Kandidatenkreis für Oberstabsfeldwebel-Verwendungen zugeordnet.

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Mit Schreiben vom 7. Juli 2016 bat der Antragsteller das Bundesamt für das Personalmanagement um eine rechtsverbindliche Stellungnahme zu der zweimal aufgehobenen Beurteilung zum Vorlagetermin 30. September 2012 im Zusammenhang mit der Perspektivkonferenz 2013. Insbesondere erbat er Auskunft, wie die ihm entstandenen Laufbahnnachteile geheilt werden könnten. In seiner Antwort vom 29. Juli 2016 erklärte das Bundesamt für das Personalmanagement, dass für Überlegungen zu Heilungen und Schadlosstellungen keine Veranlassung bestehe. In der Perspektivkonferenz 2013 sei der Antragsteller mit der im Jahr 2013 neu gefassten planmäßigen Beurteilung vorgestellt und betrachtet worden. Das sei trotz der zwischenzeitlich gegen diese Beurteilung eingelegten Beschwerde zulässig gewesen. Mit der zweiten neu erstellten planmäßigen Beurteilung habe man den Antragsteller dann in der Perspektivkonferenz 2015 betrachtet und dem Anwärterkreis für Oberstabsfeldwebel-Verwendungen zugeordnet. Auf dieser Basis sei er im Rahmen der Bestenauslese für die Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A 9 mZ bewerteten Dienstpostens beim Bundesamt für das Personalmanagement zum 1. Januar 2018 ausgewählt worden. Eine Benachteiligung sei hiernach nicht erkennbar.

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Mit seiner dagegen unter dem 1. September 2016 erhobenen Beschwerde machte der Antragsteller im Wesentlichen geltend, dass er in der Perspektivkonferenz 2013 bei der Auswahl für Oberstabsfeldwebel-Dienstposten zum Zuge gekommen wäre, wenn man ihn damals mit der zweiten Neufassung seiner planmäßigen Beurteilung betrachtet hätte. Die Beschwerde wies das Bundesministerium der Verteidigung mit Beschwerdebescheid vom 18. Januar 2017 als unzulässig zurück; das angefochtene Schreiben wertete es als nicht anfechtbare Maßnahme. Den dagegen eingelegten Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Februar 2017 hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 23. März 2017 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (Verfahren BVerwG 1 WB 10.17).

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In seinem Beschwerdeschreiben vom 1. September 2016 beantragte der Antragsteller außerdem, ihm aufzuzeigen, welche förderlichen Auswahl- und Versetzungsentscheidungen in der Zeit seit der Perspektivkonferenz 2013 (Zuordnungszeitraum 1. April 2014 bis 31. März 2016) stattgefunden hätten, bei denen er aufgrund seiner Nichtzuordnung zum Anwartschaftskreis entweder nicht mitbetrachtet worden sei oder unterlegen gewesen sei, für die er aber aufgrund seiner Eignung, Leistung und Befähigung grundsätzlich in Betracht gekommen wäre. Er bat insoweit um Mitteilung der Ergebnisse. Zugleich beantragte er die Schadlosstellung in dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlicher Hinsicht für den Fall, dass er bei derartigen förderlichen Auswahlentscheidungen zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sei.

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Den Schadlosstellungsantrag des Antragstellers hat das Bundesamt für das Personalmanagement in einem gesonderten Verfahren behandelt und mit Bescheid vom 11. Juli 2017 abgelehnt. Dagegen hat der Antragsteller nach Mitteilung seiner Bevollmächtigten Beschwerde eingelegt.

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Mit Bescheid vom 10. Januar 2017 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement das Auskunftsbegehren bezüglich förderlicher Verwendungsentscheidungen nach der Perspektivkonferenz 2013 ab. Zur Begründung führte es aus, dass der Antragsteller kein Akteneinsichtsrecht in Personalunterlagen habe, die andere Soldaten beträfen. Das gelte auch für Konferenzunterlagen. Die strittigen Verwendungsentscheidungen seien Teil der Konferenzunterlagen, für die auch aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG kein Einsichtsrecht bestehe. Unabhängig von einem konkreten Konkurrentenstreitverfahren oder isoliert - ohne Anfechtung einer Auswahlentscheidung - könne der Antragsteller einen Akteneinsichtsanspruch nicht geltend machen.

10

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 1. Februar 2017 Beschwerde ein. Bereits mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 27. Januar 2017 trug er zur Begründung vor, dass die Rechtsschutzgarantien des Art. 33 Abs. 2 GG und des Art. 19 Abs. 4 GG durch den Dienstherrn nur dann erfüllt werden könnten, wenn er Beamte bzw. Soldaten von förderlichen Verwendungsentscheidungen unterrichte, damit sie rechtzeitig gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen könnten, um die Bestandskraft derartiger Entscheidungen zu verhindern. Eine Eröffnung rechtzeitigen Rechtsschutzes unterlaufe die Bundeswehr jedoch dadurch, dass sie unterlegene Soldaten nicht darüber informiere, dass überhaupt Auswahlentscheidungen stattgefunden hätten, bei denen sie grundsätzlich hätten mitbetrachtet werden können. Deshalb müsse es möglich sein, in einem Hauptsacheverfahren einen isolierten, vorab zu verfolgenden Informations- bzw. Auskunftsanspruch geltend zu machen.

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Die Beschwerde des Antragstellers wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit Beschwerdebescheid vom 14. Februar 2017 zurück; es bestätigte den Inhalt des angefochtenen Ausgangsbescheids.

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Dagegen hat der Antragsteller unter dem 27. Februar 2017 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 22. Mai 2017 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

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Zur Begründung wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen.

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Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Bescheids des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 10. Januar 2017, mit welchem sein Antrag vom 1. September 2016 auf Auskunft über getroffene förderliche Verwendungsentscheidungen nach der Auswahlkonferenz der Anwärter zum Oberstabsfeldwebel seit dem Jahr 2013 zurückgewiesen wurde, in Gestalt der Beschwerdeentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. Februar 2017 das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, ihm, dem Antragsteller, die beantragte Auskunft zu erteilen.

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Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

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Es verteidigt den Inhalt des Beschwerdebescheids und betont ergänzend, dass es dem Antragsteller verwehrt sei, in Gestalt des geltend gemachten Auskunftsbegehrens eine Ausforschung zu betreiben. Er drehe das Prinzip um, dass eine getroffene Auswahlentscheidung erst nach Kenntnis angefochten werden und zur Untermauerung des eigenen Anspruchs Einsicht in die relevanten konkreten Auswahlerwägungen genommen werden könne. Der Antragsteller begehre in unzulässiger Weise pauschal und umfassend Auskunft. Einen rechtlichen Nachteil erleide er nicht, weil ihm die Möglichkeit eines Rechtsmittels im Falle einer späteren Kenntnis in der vorgegebenen Frist unbenommen bleibe. Soweit die in Rede stehenden Auswahlentscheidungen bereits unanfechtbar geworden sein sollten, bliebe ihm immer noch die Möglichkeit, Schadensersatz geltend zu machen.

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Den Antrag des Antragstellers, ihm hinsichtlich seines Auskunftsbegehrens vom 1. September 2016 vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, hat der Senat mit Beschluss vom 2. Juni 2017 - BVerwG 1 WDS-VR 3.17 - abgelehnt.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - 262/17 -, die Gerichtsakten BVerwG 1 WB 10.17 und BVerwG 1 WDS-VR 3.17 sowie die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

20

Der im gerichtlichen Verfahren gestellte Sachantrag bedarf der korrigierenden Auslegung, weil darin das ursprüngliche Rechtsschutzbegehren des Antragstellers unzutreffend wiedergegeben und pauschal eine Auskunft "über getroffene förderliche Verwendungsentscheidungen nach der Auswahlkonferenz der Anwärter zum Oberstabsfeldwebel seit dem Jahr 2013" als Gegenstand des Verpflichtungsbegehrens bezeichnet wird. Der Antragsteller hatte jedoch sein Auskunftsbegehren vorgerichtlich in seinem Schreiben vom 1. September 2016 präzise auf "förderliche Auswahl- und Versetzungsentscheidungen in der Zeit seit der Perspektivkonferenz 2013 (Zuordnungszeitraum 1. April 2014 bis 31. März 2016)" bezogen. Der Senat sieht die Einbeziehung der Auswahlentscheidungen in den Antrag und die genannte zeitliche Beschränkung auch für das gerichtliche Verfahren als sach- und interessengerecht an. Denn die förmlichen Auswahlentscheidungen sind die essentielle Basis und Rechtsgrundlage für die nur ihrem Vollzug dienenden Versetzungsentscheidungen; sie müssen deshalb im gerichtlichen Antragsbegehren mit erfasst werden. Ferner wird mit der gewählten korrigierenden Auslegung die erforderliche Identität des Streitgegenstandes im vorgerichtlichen und im gerichtlichen Verfahren gewährleistet (vgl. dazu stRspr, z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Mai 2014 - 1 WB 59.13 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 2 Rn. 36 und vom 22. Juni 2017 - 1 WB 15.17 - juris Rn. 23). Schließlich wird mit der dargestellten Auslegung der Tatsache Rechnung getragen, dass der Antragsteller in der Perspektivkonferenz 2015 dem Anwärterkreis für Oberstabsfeldwebel-Verwendungen zugeordnet und für die Verwendung auf einem der Besoldungsgruppe A 9 mZ bewerteten Dienstposten ausgewählt worden ist. Für eine zeitlich unbeschränkte Auskunft "seit dem Jahr 2013" ist danach kein Rechtsschutzinteresse erkennbar.

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Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 10. Januar 2017 und der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. Februar 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskunft.

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1. Ein derartiger Anspruch ergibt sich nicht aus § 29 Abs. 8 Satz 1 und 3 SG. Nach dieser Vorschrift hat ein Soldat - neben seinem Einsichts- und Auskunftsrecht bezüglich seiner eigenen Personalakte aus § 29 Abs. 7 SG - ein Recht auf Einsicht auch in andere Akten, die personenbezogene Daten über ihn enthalten und für sein Dienstverhältnis verwendet werden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist; dies gilt nicht für Sicherheitsakten. Die Einsichtnahme ist unzulässig, wenn die Daten des Betroffenen mit Daten Dritter oder geheimhaltungsbedürftigen nicht personenbezogenen Daten derart verbunden sind, dass ihre Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist. In diesem Fall ist dem Soldaten Auskunft zu erteilen. Bei den "anderen Akten" im Sinne des § 29 Abs. 8 SG handelt es sich nicht um Personalakten, sondern um Sachakten mit darin enthaltenen personenbezogenen Sachaktendaten (Walz/Eichen/Sohm, SG, 3. Aufl. 2016, § 29 Rn. 95; Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 9. Aufl. 2013, § 29 Rn. 28). § 29 Abs. 8 in Verbindung mit § 29 Abs. 7 SG eröffnet mithin keinen Anspruch eines Soldaten auf Einsicht in oder Auskunft aus Personalakten anderer Soldaten. Deshalb besteht auch kein Anspruch eines Soldaten auf Auskunft über die in den Personalakten anderer Soldaten enthaltenen Verfügungen über deren Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten. Abgesehen davon regelt eine derartige Verfügung lediglich die neue haushalts-, status- und truppendienstrechtliche Stellung des versetzten Soldaten, ohne das Wehrdienstverhältnis des auskunftbegehrenden Soldaten rechtlich zu tangieren. Eine Versetzungsverfügung auf einen höherwertigen Dienstposten dient lediglich dem Vollzug der vorangegangenen Auswahlentscheidung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle bzw. des zuständigen Trägers der Auswahlentscheidung; sie trifft keine eigenständige Regelung über die Verwendung des auskunftbegehrenden Soldaten.

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Zu den Sachakten im Sinne des § 29 Abs. 8 Satz 2 und 3 SG, auf die sich ein Einsichts- und Auskunftsrecht beziehen kann, können allerdings grundsätzlich die Teile der Akten über Auswahlentscheidungen oder Auswahlkonferenzen zur Besetzung höherwertiger Dienstposten gehören, die Dokumentationen über die wesentlichen Auswahlerwägungen enthalten. Das Einsichtsrecht in diese Sachakten besteht aber nur in dem Umfang, in dem eine Pflicht zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen zu erfüllen ist (dazu im Einzelnen: BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 1 WB 4.12 - BVerwGE 145, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 55 Rn. 38). Einem diesbezüglichen Einsichts- und Auskunftsanspruch des Antragstellers steht hier entgegen, dass er im Zuordnungszeitraum zur Perspektivkonferenz 2013 (1. April 2014 bis 31. März 2016) in kein Auswahlverfahren für Oberstabsfeldwebel-Dienstposten einbezogen und bei keiner förderlichen Besetzungsentscheidung mitbetrachtet worden ist. Dies hat das Bundesamt für das Personalmanagement im Bescheid vom 11. Juli 2017 (betreffend den Schadlosstellungsantrag des Antragstellers) auf Seite 3, Absatz 2, im Einzelnen dargelegt. Auch der Antragsteller hat im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 20. März 2017 mitgeteilt, dass er im strittigen Zeitraum bei Auswahlentscheidungen für Oberstabsfeldwebel-Dienstposten nicht mitbetrachtet worden sei. Vor diesem Hintergrund fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, dass es für den genannten Zuordnungszeitraum Auswahldokumentationen mit personenbezogenen Sachaktendaten über den Antragsteller geben könnte.

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2. Ein Auskunftsanspruch des Antragstellers mit dem gewünschten Inhalt lässt sich auch nicht aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG herleiten. Nach der Rechtsprechung des Senats (dazu im Einzelnen: BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 1 WB 4.12 - BVerwGE 145, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 55 Rn. 26, 28) ergibt sich aus den genannten Bestimmungen ein der Dokumentationspflicht des Entscheidungsträgers korrespondierender Anspruch des betroffenen Soldaten auf Akteneinsicht in die so dokumentierten Auswahlerwägungen. Insoweit gebieten es der Zweck der Dokumentationspflicht für den Entscheidungsträger und ihre Herleitung aus der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes, dass ein unterlegener Bewerber durch Einblick in die tragenden Erwägungen einer Auswahlentscheidung einschätzen kann, ob er den Grundsatz der Bestenauslese und seinen diesbezüglichen Bewerbungsverfahrensanspruch als verletzt sieht.

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Dieser Anspruch kann allerdings nicht - wie es der Antragsteller anstrebt - isoliert verfolgt werden, sondern nur innerhalb eines konkreten Antrags- bzw. Beschwerdeverfahrens im Konkurrentenstreit. Mit Blick auf das beamtenrechtliche Auswahlverfahren hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der aus Art. 33 Abs. 2 GG herzuleitende Bewerbungsverfahrensanspruch eines Beförderungsbewerbers die Ausgestaltung schon des vorgerichtlichen Verfahrens in einer Art und Form verlangt, die Rechtsschutz nicht vereitelt oder unzumutbar erschwert (BVerfG, Beschlüsse vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 <402 ff.> und vom 5. September 2007 - 2 BvR 1855/07 - BVerfGK 12, 106 <110>). Auf dieser Basis hat auch der Senat ausgesprochen, dass die besondere Verfahrensabhängigkeit des Bewerbungsverfahrensanspruchs eine angemessene Ausgestaltung des Auswahlverfahrens erfordert, um die Durchsetzung der in Art. 33 Abs. 2 GG und in § 3 Abs. 1 SG garantierten Rechte sicherstellen zu können (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2011 - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 63 Rn. 36). Da der Akteneinsichts- und gegebenenfalls der Auskunftsanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG essentiell an den Bewerbungsverfahrensanspruch anknüpft, setzt er erst ein, wenn sich ein Interessent für eine (höherwertige) Verwendung auch als Bewerber zu erkennen gibt. Einem Interessenten für eine höherwertige Verwendung Akteneinsicht in oder Auskunft aus den Auswahlakten unabhängig von einem Antrags- oder Beschwerdeverfahren zu gewähren, lässt sich aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch nicht herleiten. Erst wenn dieser Interessent für eine höherwertige Verwendung einen Versetzungsantrag stellt oder gegen seine unterbliebene Auswahl Beschwerde einlegt, steht ihm ein Einsichtsrecht in die maßgeblichen Auswahlunterlagen zu. Zwar besteht für die Besetzung militärischer Dienstposten keine Ausschreibungspflicht (vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2014 - 1 WB 7.14 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 90 Rn. 17 und vom 13. Juli 2015 - 1 WB 12.15 - juris Rn. 23). Dem Senat ist aber aus zahlreichen Verfahren bekannt, dass die Bundeswehr bestimmte (förderliche oder höherwertige) Dienstposten im Vorfeld einer Besetzung in einer bundeswehrintern zugänglichen Stellenbörse bekannt gibt. Im Übrigen kann sich jeder Soldat in einem Personalgespräch mit der personalbearbeitenden Stelle - ausgehend von seinen in Beurteilungen geäußerten oder auch unabhängig davon entwickelten Verwendungswünschen - über freie bzw. demnächst zu besetzende Dienstposten informieren, die er dann zum Gegenstand eines Versetzungsantrags machen kann. Der Antragsteller hat im Zuordnungszeitraum für förderliche Auswahlentscheidungen nach der Perspektivkonferenz 2013 keine Bewerbung für eine Oberstabsfeldwebel-Verwendung abgegeben. Damit steht ihm auch nicht das Akteneinsichts- bzw. Auskunftsrecht eines Bewerbers zu.

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3. Dem Antragsteller steht auch kein isolierter Auskunfts- oder Akteneinsichtsanspruch für die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses oder eines Antrags auf Schadlosstellung zu. Nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO in Verbindung mit § 44a VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen, zu denen die Verweigerung einer Akteneinsicht gehört, nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 22. September 2016 - 2 C 16.15 - Buchholz 310 § 44a VwGO Nr. 13 Rn. 15 ff.). In einem bereits eingeleiteten Verfahren auf Schadensersatzleistung bzw. Schadlosstellung, das hier mit dem Antrag vom 1. September 2016 begonnen worden ist, könnte der Antragsteller aber von der personalbearbeitenden Stelle Auskunft darüber verlangen, wie er bei rückwirkender Einbeziehung seiner neugefassten Beurteilung vom 13. Juli 2015 in die vergleichende Betrachtung mit anderen Stabsfeldwebeln im Zuordnungszeitraum der Perspektivkonferenz 2013 positioniert gewesen wäre und wann er sich mit einem entsprechend hohen Punktsummenwert in der Personalauswahl für einen seiner Ausbildung und seinem Werdegang entsprechenden Oberstabsfeldwebel-Dienstposten durchgesetzt hätte. Hingegen ist eine isolierte Geltendmachung dieses Informationsanspruches nicht möglich.

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4. Ein Akteneinsichts- bzw. Auskunftsrecht ergibt sich auch nicht aus § 23a Abs. 1 WBO in Verbindung mit § 3 WDO.

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Die Vorschrift über Akteneinsicht nach der Wehrdisziplinarordnung, die zur Ergänzung der Bestimmungen der Wehrbeschwerdeordnung entsprechend gilt, dehnt die Dokumentationspflicht im Rahmen eines Auswahlverfahrens nicht aus und erweitert damit auch nicht den Umfang der schriftlich niederzulegenden Auswahlerwägungen, auf deren Kenntnisnahme ein unterlegener Bewerber Anspruch hat. Ein auf § 3 WDO gestütztes Akteneinsichtsrecht geht deshalb nicht über dasjenige nach Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG hinaus.

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5. Das Akteneinsichtsrecht aus § 29 VwVfG wird durch § 29 Abs. 8 SG verdrängt (vgl. Walz/Eichen/Sohm, SG, 3. Aufl. 2016, § 29 Rn. 99; Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 9. Aufl. 2013, § 29 Rn. 28) und ist daher jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang nicht entsprechend anwendbar.

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6. Der - grundsätzlich im Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 82 Abs. 1 SG) geltend zu machende, hier gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG vom Senat mit zu prüfende - Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, ggf. in der Form der Akteneinsicht, nach § 1 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), ist nach § 5 Abs. 2 IFG ausgeschlossen.

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Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers (nach dem Informationsfreiheitsgesetz) das schutzwürdige Interesse des Dritten (§ 2 Nr. 2 IFG) am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Nachdem eine Einwilligung der Dritten, d.h. hier: der übrigen Bewerber um Oberstabsfeldwebel-Dienstposten, nicht vorliegt, kommt die gesetzliche Interessenabwägung des § 5 Abs. 2 IFG zum Tragen, wonach das Informationsinteresse nicht überwiegt bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen, sowie bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen. Die Voraussetzungen dieses absoluten und abwägungsresistenten Ausschlussgrunds (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 19 und Beschluss vom 20. November 2012 - 1 WB 4.12 - BVerwGE 145, 102, Rn. 40; vgl. auch Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 5 Rn. 82) liegen hier vor. Der Begriff der in § 5 Abs. 2 IFG umschriebenen Unterlagen, die mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis eines Dritten in Zusammenhang stehen, umfasst nach allgemeiner Meinung Personalakten in einem weiten materiellen, alle Unterlagen mit personenbezogenen Daten einbeziehenden Sinne (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 24; vgl. auch Schoch, a.a.O., § 5 Rn. 71; Rossi, IFG, 2006, § 5 Rn. 14), der über den engeren, formalen Begriff der Personalakte im Sinne von § 29 Abs. 7 SG hinausgeht. Die Begründung des Entwurfs des Informationsfreiheitsgesetzes nennt als ein Beispiel für solche Unterlagen ausdrücklich "Vermerke über die Auswahl unter verschiedenen konkurrierenden Bewerbern" (siehe BTDrucks 15/4493 S. 13).