Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 08.08.2017


BGH 08.08.2017 - 1 StR 519/16

(Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels: Wesen des Glücksspiels; Schätzung von Besteuerungsgrundlagen bei der Steuerhinterziehung; Zusammentreffen von Freiheitsstrafe und Einzelgeldstrafen).


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
08.08.2017
Aktenzeichen:
1 StR 519/16
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2017:080817U1STR519.16.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend LG Chemnitz, 8. April 2016, Az: 13 Ss 658/16
Zitierte Gesetze

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 8. April 2016 mit den Feststellungen aufgehoben

a) soweit der Angeklagte wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels in 73 Fällen verurteilt worden ist;

b) im gesamten verbleibenden Strafausspruch.

2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das oben genannte Urteil im Gesamtstrafausspruch und im Ausspruch über die Kompensation für die unangemessene Verfahrensdauer aufgehoben.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsmittel – an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die weitergehenden Rechtsmittel werden verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels in 73 Fällen in Tatmehrheit mit Steuerhinterziehung in sieben Fällen, „jeweils im besonders schweren Fall“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Gesamtgeldstrafe von 340 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt und von dieser Strafe vier Monate und von der Gesamtgeldstrafe 40 Tagessätze für vollstreckt erklärt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Die Staatsanwaltschaft erhebt eine Verfahrensrüge und beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts.

I.

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Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

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1. Der Angeklagte war Geschäftsführer der „N.                     GmbH“, die in mehreren Städten Spielotheken betrieb und in Gaststätten Automaten aufstellte. Zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 2. Dezember 2008 waren in den Spielotheken 73 Unterhaltungsspielgeräte in Betrieb, die Gewinnmöglichkeiten vorsahen und mit am Tresen zu erwerbenden sogenannten Token, einer Art Spielmünze, vom Kunden bedient wurden. Diese Gewinne wurden entweder bis zur Barauszahlung als aufaddierte Punkte auf internen Konten gespeichert „und/oder“ durch Auszahlung von Token oder von 5-DM-Münzen realisiert. Zumindest den Stammspielern wurden diese Token oder 5-DM-Münzen vom Personal der Spielotheken in Euro umgetauscht. Diese ihm bekannte Verfahrensweise duldete der Angeklagte. Ihm war gleichfalls bekannt, dass die Automaten wegen Verstoßes gegen § 13 der Spielverordnung seit dem 1. Januar 2006 nicht mehr genehmigungsfähig waren und er deswegen von der Stadt L.     zur Entfernung dieser Geräte aus den Spielotheken aufgefordert worden war. Durch den Betrieb dieser Geräte im Tatzeitraum sicherte sich der Angeklagte eine nicht unerhebliche Einnahmequelle zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes, was er billigend in Kauf nahm.

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2. Für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2007 gab der Angeklagte bewusst falsche Steuererklärungen ab. Darin waren seine Umsätze aus dem Spielautomatenbetrieb nur unvollständig erfasst und erklärt. Hierzu hatte er zuvor die Auslesung der Automaten manipuliert, nicht alle Automaten ausgelesen und nicht alle Ausleseergebnisse in die Aufstellung der Erlöse übernommen, die er den Steuererklärungen zugrunde legte. Für das Jahr 2001 war hiervon die Einkommensteuerklärung erfasst, für das Jahr 2002 waren die Einkommen- und Körperschaftsteuererklärung sowie für die Jahre 2003 bis 2007 die Einkommen-, Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen erfasst. Infolge dieser falschen Angaben wurde vom Finanzamt die jeweilige Steuer zu niedrig festgesetzt, was vom Angeklagten beabsichtigt war. Zwar kannte er die genauen Beträge seiner Gewinne nicht, er rechnete aber mit einem verkürzten jährlichen Steuerbetrag von mehr als 50.000 €. Für die Veranlagungszeiträumen 2001 bis 2007 errechnete das Landgericht eine Verkürzung von Steuern in der Höhe von insgesamt 922.181 €.

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Grundlage dieser Berechnung war eine Schätzung der tatsächlich erzielten Einkünfte des Angeklagten aus Geldspiel- und Unterhaltungsautomaten. Diese Schätzung ist auf einen monatlichen Durchschnittsumsatz für das Unternehmen des Angeklagten und einen Schätzzuschlag gestützt. Dieser beläuft sich auf 800 € monatlich für Geldspielgeräte und 400 € monatlich für Unterhaltungsautomaten. Für das Jahr 2001 ist eine Zuschätzung für 80 Automaten, für 2002 für 90 Automaten, für 2003 und 2004 für je 100 Automaten, für 2005 und 2006 für je 120 Automaten und für 2007 für 145 Automaten erfolgt.

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3. Der Angeklagte hat eingeräumt, um die Unzulässigkeit der betriebenen Spielautomaten gewusst und dennoch deren Betrieb geduldet zu haben.

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Er hat weiter eingeräumt, für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2007 geringere Einnahmen als tatsächlich erzielt in den Steuererklärungen angegeben zu haben. Ausleselücken bei den Geldspielgeräten habe es aber nicht gegeben, es seien auch alle aufgestellten Geräte ausgelesen worden und das Ausleseergebnis sei komplett in die „MAS-Dateien“ übernommen worden. Diese Dateien seien daher korrekt, die Steuererklärungen jedoch falsch. Nur für einen Monat sei mittels Auslesesoftware die Auslesung manipuliert gewesen. Er habe „hier und da mal mehr Geräte laufen gehabt als angegeben“, diese Lücken beträfen nur die Unterhaltungsgeräte.

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Demgegenüber hat sich das Landgericht von weitergehenden Manipulationen der Erlöse aus dem Automatengeschäft auch hinsichtlich der Gewinnspielgeräte überzeugt. Dies stützt es auf Ungereimtheiten der Auslesedokumentation und den Umstand, dass der Angeklagte einen Monat vor der Durchsuchung im März 2008 sieben Geldspielautomaten mehr aufgestellt gehabt habe, als er abgerechnet habe sowie dass im Jahr 2003 ein Gerät schon 14 Tage vor der erstmaligen Auslesung in Betrieb gewesen sei.

II.

Die Revision des Angeklagten

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1. Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels in 73 Fällen kann keinen Bestand haben.

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Zwar ist angesichts der ausreichend belegten Feststellung, dass die Gewinnspielautomaten nicht zulassungsfähig waren, der Anwendungsbereich des § 284 StGB eröffnet (vgl. Graf/Jäger/Wittig/Bär, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 284 StGB Rn. 31; Erbs/Kohlhaas/Ambs, GewO, Stand: Juli 2015, § 33c Rn. 10; LK-StGB/Krehl, 12. Aufl., § 284 Rn. 22; jeweils auch zur Abgrenzung zum Anwendungsbereich der §§ 33c ff., § 144 Abs. 1, § 148 Nr. 1 GewO). Es ist aber nicht hinreichend belegt, dass es sich bei den Automaten um Glücksspielgeräte im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB handelt.

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a) Das Wesen eines solchen Glücksspiels besteht nach allgemeiner Auffassung darin, dass die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Vertragsbedingungen nicht wesentlich von den Fähigkeiten, den Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der Spieler abhängt, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall (BGH, Urteil vom 28. November 2002 – 4 StR 260/02, JR 2003, 342; Beschluss vom 11. Januar 1989 – 2 StR 461/88, BGHSt 36, 74, 80; Urteil vom 18. April 1952 – 1 StR 739/51, BGHSt 2, 274, 276). Ob dies auf die vom Angeklagten betriebenen Spielautomaten zutrifft, wird durch die Feststellungen nicht belegt. Denn die Funktionsweise der Automaten wird nicht beschrieben, weswegen offen bleibt, ob es sich nicht um Automaten handelt, bei denen die Entscheidung über Gewinn und Verlust wesentlich von den Fähigkeiten sowie vom Grad der Aufmerksamkeit der Spieler abhängt. Allein die hierzu mitgeteilten Namen der Automaten wie z.B. „Videostar“ oder „Hellraiser“ geben hierzu keine Auskunft.

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b) Um Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB annehmen zu können, bedarf es zudem eines nicht unerheblichen Einsatzes eines Vermögenswertes (BGH, Beschluss vom 29. September 1986 – 4 StR 148/86, BGHSt 34, 171, 176 f. mwN; BayObLG, Urteil vom 12. Dezember 2002 – 5 St RR 296/2002, JR 2003, 386, 387; BeckOK StGB/Feilcke/Hollering, 34. Edition, § 284 Rn. 11; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Rosenau, StGB, 3. Aufl., § 284 Rn. 6; Wohlers, JR 2003, 388). Einsatz ist jede Vermögensleistung, die in der Hoffnung auf Gewinn und mit dem Risiko des Verlustes an den Gegenspieler oder Veranstalter erbracht wird, wobei es sich wegen der notwendigen Abgrenzung zum bloßen Unterhaltungsspiel um einen Einsatz handeln muss, der nicht ganz unbeträchtlich ist (BGH aaO; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 284 Rn. 5; Wohlers aaO; NK-StGB/Gaede, 5. Aufl., § 284 Rn. 13). Auch das Vorliegen dieses Erfordernisses wird durch die Feststellungen nicht belegt. Mit welchen Einsätzen gespielt wird und wie lange es ohne Erzielung eines Gewinns dauert, diesen Einsatz zu verspielen, teilt das Urteil nicht mit. Es kann aber nicht beurteilt werden, ob es sich um einen nicht ganz unbeträchtlichen Einsatz handelt. Damit bleibt offen, ob es sich überhaupt um ein dem § 284 StGB unterfallendes Glücksspiel und nicht nur um ein Unterhaltungsspiel handelt.

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Ob ein Einsatz als nicht ganz unbeträchtlich einzuordnen ist, bestimmt sich jedenfalls bei jedermann offen stehenden Glücksspielen nach den gesellschaftlichen Anschauungen (RG, Urteil vom 28. Mai 1889 – Rep. 1039/89, RGSt 19, 253 f.; OLG Köln, Urteil vom 19. Februar 1957 – Ss 417/56, NJW 1957, 721; LK-StGB/Krehl, 12. Aufl., § 284 Rn. 12; NK-StGB/Gaede, 5. Aufl., § 284 Rn. 13; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 93/10, GRUR 2012, 201, 206). Dabei kann das Kriterium des erforderlichen Aufwands für eine anderweitige unterhaltende Veranstaltung zur Orientierung herangezogen werden (MünchKomm StGB/Hohmann, 2. Aufl., § 284 Rn. 11; NK-StGB/ Gaede aaO; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Rosenau, StGB, 3. Aufl., § 284 Rn. 6; Schönke/ Schröder/Heine/Hecker, StGB, 29. Aufl., § 284 Rn. 8). Danach dürfte derzeit ein möglicher Verlust von mehr als 10 € in der Stunde auf ein Glücksspiel hindeuten. Ob bei dem vorliegenden Fall der Glücksspielcharakter anzunehmen sein wird, hängt aber auch davon ab, ob einerseits der Gewinnzweck im Vordergrund stand und andererseits der Angeklagte und seine Angestellten jeweils von vornherein einen Anspruch auf Barumtausch der erspielten Token einräumten oder ob dies auf eine nachträgliche Anfrage des betreffenden Spielers aus Kulanzgründen erfolgte (vgl. hierzu RG, Urteil vom 2. Juni 1930 – III 289/30, RGSt 64, 219, 220; BayObLG, Urteil vom 12. Dezember 2002 – 5 St RR 296/2002, JR 2003, 386, 387 m. Anm. Wohlers, JR 2003, 388).

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c) Der Senat hebt das Urteil insoweit mit den Feststellungen auf, um dem zuständigen Tatgericht in sich geschlossene neue Feststellungen zu ermöglichen.

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d) Sollte sich das nunmehr zuständige Tatgericht vom Vorliegen eines Glücksspiels im Sinne des § 284 StGB überzeugen, so wird es bei der Prüfung des Qualifikationsmerkmals der Gewerbsmäßigkeit nach § 284 Abs. 3 Nr. 1 StGB darauf abzustellen haben, ob der Täter sich durch die wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. Dies beurteilt sich nach seinen ursprünglichen Planungen sowie seinem tatsächlichen, strafrechtlich relevanten Verhalten über den gesamten ihm jeweils anzulastenden Tatzeitraum (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 181).

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Für die konkurrenzrechtliche Beurteilung wird es in den Blick zu nehmen haben, dass dem gleichzeitigen Betreiben von 73 dieser Spielautomaten mit einem gleichartigen Spielsystem auch ein einheitlicher Entschluss – gegebenenfalls bezogen auf die verschiedenen Spielstätten – zugrunde liegen kann, so dass insoweit Tateinheit bestünde (vgl. MünchKomm StGB/Hohmann, 2. Aufl., § 284 Rn. 34).

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2. Der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen wird von den Feststellungen getragen. Jedoch ist der Schuldumfang rechtsfehlerhaft bestimmt, was zur Aufhebung des Strafausspruchs und den zugrundeliegenden Feststellungen wegen dieser Taten führt. Beim Straftatbestand der Steuerhinterziehung lässt es den Schuldspruch grundsätzlich unberührt, wenn lediglich der Verkürzungsumfang, etwa durch eine fehlerhafte Schätzung, unrichtig bestimmt ist, die Verwirklichung des Tatbestandes aber sicher von den Feststellungen getragen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 1 StR 505/16, StraFo 2017, 254; Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 StR 103/12, Rn. 28, NZWiSt 2012, 299). Dies ist hier der Fall. Das Landgericht hat u.a. auf der Grundlage des Geständnisses des Angeklagten, in den Steuerklärungen für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2007 jeweils nicht alle Umsätze aus dem Spielautomatenbetrieb angegeben zu haben, rechtsfehlerfrei festgestellt, dass eine Steuerverkürzung eingetreten ist.

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Die Bestimmung des Umfangs dieser Steuerverkürzung ist rechtsfehlerhaft. Die vom Landgericht gewählte Schätzung und die mitgeteilten Berechnungsgrundlagen setzen das Revisionsgericht nicht in den Stand, nachvollziehen zu können, wie sich die Schätzungsergebnisse und der jeweils festgestellte Verkürzungserfolg ergeben.

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a) Zwar durfte das Landgericht die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Im Steuerstrafverfahren ist die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen zulässig, wenn feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen aber ungewiss sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 2016 – 1 StR 505/16, StraFo 2017, 254; vom 6. April 2016 – 1 StR 523/15, NStZ 2016, 728 und vom 29. Januar 2014 – 1 StR 561/13, wistra 2014, 276). Das ist hier der Fall. Eine konkrete Berechnung war ausgeschlossen, weil der Angeklagte schon die Aufstellung der Umsätze („MAS-Dateien“, „Querblätter“) manipuliert und die ohnehin nicht alle Umsätze erfassenden Auslesestreifen der Automaten nicht vollständig aufgehoben hat.

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b) Die Darstellung der gewählten Schätzungsmethode ist jedoch rechtsfehlerhaft. Das Landgericht legt zwar noch nachvollziehbar dar, weshalb es von einem monatlichen Umsatz von 800 € für Geldspielgeräte und von 400 € für Unterhaltungsspielgeräte ausgegangen ist. Es fehlen jedoch jegliche Erklärungen für die weiteren Faktoren der Berechnung, insbesondere für die Anzahl der Automaten. So erschließt sich nicht, warum 2001 eine Zuschätzung für 80 Automaten, 2002 eine solche für 90 Automaten, 2003 und 2004 für jeweils 100 Automaten, 2005 und 2006 für jeweils 120 Automaten und 2007 von 145 Automaten erfolgte. Auch ist nicht dargelegt, wie viele von diesen Automaten als Geldspielgeräte mit einem jeweils höheren monatlichen Umsatz angesetzt worden sind. Es ist auch nicht ersichtlich, wieso das Landgericht bei gleichbleibenden geschätzten monatlichen Umsätzen pro Gerät für das Jahr 2005 ausgehend von 120 Automaten 240.000 € als Zuschätzung errechnet und 2006 für dieselbe Anzahl von Automaten 250.000 €. Für das Jahr 2002 errechnet es ausgehend von 90 Automaten eine Zuschätzung von 240.000 €; auf diese Summe kommt es auch für die Jahre 2003 und 2004, geht aber dort von 100 Automaten aus. Genauere Darlegungen zur Anzahl der hinzugeschätzten Automaten wären auch deswegen erforderlich, um nachvollziehen zu können, ob sich dies auf eine ausreichende Tatsachengrundlage stützt.

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Des Weiteren erschließt sich nicht, inwieweit die errechneten Zuschätzungen bei den verschiedenen Steuerarten Berücksichtigung gefunden haben. Eine einheitliche Verfahrensweise lässt sich der Aufstellung der errechneten Verkürzungsbeträge nicht entnehmen. Diese Aufstellung ermöglicht auch nicht durchgängig, wie erforderlich (vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Mai 2017 – 1 StR 176/17), dass für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert die Berechnung der verkürzten Steuern im Einzelnen nachvollzogen werden kann.

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c) Das neu zuständige Tatgericht wird bei der Prüfung, ob ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falls nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO vorliegt, Folgendes zu beachten haben: Soweit die Taten vor dem 1. Januar 2008 begangen wurden, findet § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. Das Regelbeispiel ist in diesem Fall nur dann erfüllt, wenn der Täter zudem aus grobem Eigennutz gehandelt hat, was das Landgericht auch nicht verkannt hat. Grober Eigennutz ist anzunehmen, wenn der Täter sein Verhalten von dem Streben nach Vorteil in besonders anstößigem Maße hat leiten lassen. Dabei muss das Gewinnstreben des Täters das bei jedem Steuerstraftäter vorhandene Gewinnstreben deutlich übersteigen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2016 – 1 StR 99/16, NStZ 2017, 100 mwN). Erforderlich ist eine vom Tatgericht vorzunehmende Gesamtbetrachtung sämtlicher Tatumstände, namentlich der vom Täter gezogenen Vorteile, der Art, Häufigkeit und Intensität der Tatbegehung und des Verwendungszwecks der erlangten Vorteile. Diese Umstände müssen im Zusammenhang gesehen und daraufhin überprüft werden, ob sie den Schluss auf groben Eigennutz des Täters rechtfertigen (BGH aaO; Klein/Jäger, AO, 13. Aufl., § 370 Rn. 283). Der Verweis darauf, dass dem Angeklagten die hinterzogenen Beträge zu Gute gekommen sind, genügt dem nicht.

III.

Die Revision der Staatsanwaltschaft

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1. Verfahrensrüge

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Die Revision rügt eine Verletzung des § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO. Die Rüge erweist sich bereits als unzulässig, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Denn es sind nicht alle Verfahrenstatsachen so vollständig, genau und aus sich heraus verständlich dargelegt, dass der Senat allein auf dieser Grundlage ohne Rückgriff auf die Akten prüfen kann, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden.

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Der Vortrag der Revision erschöpft sich darin, auszugsweise Protokollinhalt wiederzugeben. Dieser enthält schon nicht die bestimmte Behauptung eines verfahrensfehlerhaften tatsächlichen Geschehens (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 – 3 StR 210/13, NJW 2014, 1254). Eine Beanstandung der fehlerhaften Protokollierung lässt sich der Rüge nicht entnehmen (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 29. April 2015 – 1 StR 235/14, NStZ-RR 2015, 278 und vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418). Der Vortrag ist aber auch deswegen nicht vollständig, weil die Inhalte der in Bezug genommenen Vermerke der Vorsitzenden und der Erklärungen der Staatsanwaltschaft nur auszugsweise mitgeteilt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 3. August 2016 – 5 StR 294/16). Die Kenntnis von deren vollständigem Inhalt wäre aber zur Entscheidung erforderlich. Denn anders als in der von der Revision in Bezug genommenen Senatsentscheidung vom 11. Mai 2016 – 1 StR 71/16, in der ein Verstoß gegen Belehrungspflichten gerügt wurde, könnte die Kenntnis des vollständigen Inhalts den relevanten Verfahrensablauf in einem anderen Licht darstellen. Der Vortrag der Revision vermittelt dem Revisionsgericht kein umfassendes Bild über das dem gerügten Verfahrensfehler zugrunde liegende prozessuale Geschehen, auch weil bestimmte Vorgänge, insbesondere zustimmende bzw. initiative Stellungnahmen des Vertreters der Staatsanwaltschaft zu der letztlich erfolgten Verfahrensweise (u.a. S. 6 f. des Protokolls vom 8. April 2016) nicht erwähnt werden.

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Soweit die Revision auf die Urteilsgründe Bezug nimmt, wonach „Der Angeklagte und seine Verteidiger … den Vorschlag angenommen“ haben, ersetzt dies die Mängel des Vortrags nicht. Zwar kann bei einer zusätzlich zur Verfahrensrüge erhobenen Sachrüge ergänzend auf die Urteilsgründe zurückgegriffen werden (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2016 – 4 StR 376/15, StV 2016, 771), allein ergibt sich aber aus dieser Passage nicht, dass eine Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt ist.

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2. Sachrüge

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Die auf die Verletzung des § 46 StGB gestützte Sachrüge hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und des Ausspruchs über die Kompensation für die überlange Verfahrensdauer. Jedoch weist die Zumessung der Einzelstrafen keinen Rechtsfehler auf.

29

a) Soweit beanstandet wird, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft der Strafzumessung eine Verständigung zugrunde gelegt hat, ergibt sich dies aus den Urteilsgründen, die dem Senat im Rahmen der Sachrüge allein zur Verfügung stehen, nicht. Aus der Darstellung, „Der Angeklagte und seine Verteidiger haben den Vorschlag angenommen“ ergibt sich nicht zwingend, dass die übrigen Voraussetzungen einer wirksamen Verständigung nicht vorgelegen haben. Eine zulässige Verfahrensrüge ist nicht erhoben.

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Der Senat besorgt nicht, das Landgericht habe bei der Berücksichtigung der „geständigen Einlassung“ des Angeklagten deren begrenzten Umfang aus dem Blick verloren. Es setzt sich an mehreren Stellen des Urteils damit aus-einander, dass der Angeklagte sämtliche Anklagepunkte dem Grunde nach eingeräumt, aber in größerem Umfang der Manipulation der Umsatzergebnisse überführt worden ist. Soweit die Revisionsführerin die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Gesamtgeldstrafe von 340 Tagessätzen bei einer den festgestellten Schuldumfang nicht voll erfassenden Einlassung als widersprüchlich zu dem im Urteil dargestellten Verständigungsinhalt („maximale Strafobergrenze von 2 Jahren, verbunden mit einer isolierten Geldstrafe von um die 300 Tagessätzen“ für den Fall eines „vollständigen Geständnisses zu allen noch gegenständlichen Anklagepunkten“) beanstandet, zeigt dies keinen revisionsrechtlich relevanten Rechtsfehler auf.

31

Die Gewichtung der strafmildernden Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen den Steuerhinterziehungstaten und dem Urteil erweist sich nicht als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Zwar ist der Revision darin zuzustimmen, dass die Tathandlungen der Abgabe unvollständiger Steuererklärungen nicht – wie das Landgericht bei der Strafzumessung ausführt – zwischen den Jahren 2001 und 2007 erfolgten, sondern die erste Tat am 7. November 2002 und die letzte am 19. März 2009 begangen wurde. Das Landgericht hatte jedoch ersichtlich als Anknüpfungspunkt die Manipulationen an der Buchführung im Blick, die zwischen 2001 und 2007 stattfanden und die es dem Angeklagten wegen der dabei zu Tage getretenen kriminellen Energie strafschärfend angelastet hat. Letztlich kann der Senat ausschließen, dass das Tatgericht ohne diese – angesichts des verbleibenden Zeitabstands – eher marginale Fehleinschätzung hinsichtlich der Zeitpunkte der Tatbegehung auf eine andere Strafhöhe erkannt hätte.

32

b) Jedoch besorgt der Senat, dass sich das Landgericht bei der Gesamtstrafenbildung von rechtsfehlerhaften Gesichtspunkten hat leiten lassen.

33

Ob beim Zusammentreffen einer Freiheitsstrafe mit Einzelgeldstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet wird oder eine Geldstrafe oder Gesamtgeldstrafe selbständig neben der Freiheitsstrafe ausgesprochen wird, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2007 – 5 StR 504/07, NStZ 2009, 27; Urteil vom 17. Januar 1989 – 1 StR 730/88, BGHR StGB § 53 Abs. 2 Einbeziehung 1). Dabei hat es unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungserwägungen zu prüfen, ob eher eine längere Gesamtfreiheitsstrafe oder eine kürzere Freiheitsstrafe neben einer Geldstrafe den Strafzwecken entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 2014 – 4 StR 486/14, NStZ 2015, 334 und vom 11. Juni 2002 – 1 StR 142/02, NStZ-RR 2002, 264). Aus Wortlaut und Systematik des § 53 Abs. 2 StGB ergibt sich, dass die selbständige Verhängung einer Geldstrafe neben einer Freiheitsstrafe die Ausnahme bildet (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2002 – 1 StR 142/02, NStZ-RR 2002, 264); sie bedarf daher – anders als der Regelfall der Gesamtstrafenbildung (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2010 – 1 StR 484/10, wistra 2011, 19) – regelmäßig besonderer Begründung (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 53 Rn. 5 mwN).

34

Diesen Begründungsanforderungen wird das Landgericht nicht gerecht. Es stellt formelhaft allein darauf ab, den Angeklagten auch am Vermögen strafen zu wollen. Vor dem Hintergrund der dargestellten wirtschaftlichen Verhältnisse – der Angeklagte ist auf 450 €-Basis bei seiner Ehefrau angestellt – erschließt sich diese Erwägung für sich genommen nicht. Sie lässt vielmehr besorgen, dass das Landgericht sich nicht an den strafzumessungsrelevanten Umständen nach § 46 StGB ausgerichtet hat, sondern sich allein von dem Bestreben hat leiten lassen, die Gesamtfreiheitsstrafe in jedem Fall noch zur Bewährung aussetzen zu können; das aber wäre rechtlich zu beanstanden (BGH, Urteile vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, NJW 2009, 1979, 1984; vom 19. Dezember 2000 – 5 StR 490/00, BGHR StGB, § 53 Abs. 2 Nichteinbeziehung 3 und vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 321).

35

Der Aufhebung von Feststellungen bedurfte es insoweit nicht, da diese vom Rechtsfehler nicht betroffen sind. Das neu zuständige Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, solange diese den bisherigen nicht widersprechen.

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3. Der Senat hat den Ausspruch über die Kompensation für die unangemessene Verfahrensdauer mit aufgehoben, damit das neu zuständige Tatgericht die Kompensation auf die Gesamtsanktion abstimmen kann.

Graf     

      

Jäger     

      

Bellay

      

Cirener     

      

Hohoff