Entscheidungsdatum: 12.01.2017
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 7. März 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen besonders schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richten sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensbeanstandungen kommt es nicht mehr an.
I.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
1. Der Angeklagte S. erwarb im Jahr 2002 das spätere Brandobjekt, ein in H. gelegenes Wohnhaus mit Nebengebäuden, zum Kaufpreis von 70.000 Euro zu Alleineigentum und lebte dort zuletzt gemeinsam mit seiner Ehefrau und drei volljährigen Kindern. Abgesehen von dem Einbau einer neuen Heizungsanlage im Jahr 2007 nahm er seit dem Erwerb keinerlei Renovierungsarbeiten vor. Im Oktober 2014 wurde ihm ein Renovierungsdarlehen in Höhe von 80.000 Euro gewährt, über welches er vor dem Tatgeschehen am 30. Dezember 2014 bereits in Höhe von 45.000 Euro durch Barabhebungen verfügte, ohne jedoch Sanierungsarbeiten am Wohnhaus zu finanzieren. Unmittelbar vor dem Tatgeschehen befand sich das Wohnhaus in einem maroden und stark renovierungsbedürftigen Zustand. Es war mit einfachverglasten Holzfenstern ausgestattet. Weder die Außenwände noch das Dach waren isoliert. Im Keller waren tragende Dachbalken an mehreren Stellen mit Holzverstrebungen abgestützt. Die dort befindlichen Heizöltanks waren fast ganz leer.
Für das Haustürschloss existierten zwei Schlüssel; einen hatte die Ehefrau des Angeklagten S. stets bei sich. Den zweiten Schlüssel nutzten die übrigen Familienmitglieder im Wechsel.
Am Nachmittag des 29. Dezember 2014 hielten sich der Angeklagte S. und sein Bruder, der Angeklagte A. , als letzte aus der Familie am späteren Brandobjekt auf. Die übrigen Familienmitglieder waren bereits zu Feierlichkeiten im etwa 60 Kilometer entfernten St. aufgebrochen. Beiden Angeklagten war bekannt, dass sämtliche Familienmitglieder dort auch übernachten wollten. Diesen Umstand wollten sie bewusst ausnutzen, um das Wohnhaus unter Ausschluss einer Gefährdung für die Bewohner anzuzünden, auf diese Weise zu zerstören und im Anschluss daran den entstandenen Schaden unrechtmäßig gegenüber der Versicherung geltend zu machen.
Während sich der Angeklagte S. vom 29. auf den 30. Dezember 2014 gemeinsam mit seiner Familie in St. aufhielt, verließ der Angeklagte A. die dortigen Feierlichkeiten bereits gegen 23.00 Uhr und traf gegen 23.50 Uhr an seinem Wohnort in W. - etwa sechs Kilometer von H. entfernt - ein. Gegen 1.15 Uhr setzte der Angeklagte A. - entsprechend dem zuvor mit seinem Bruder gemeinsam gefassten Tatplan - das Wohnhaus des Bruders mit Benzin in Brand, wodurch dieses vollständig ausbrannte. In das Haus gelangte er mit einem Haustürschlüssel, welcher ihm vom Angeklagten S. am 29. Dezember 2014 zu diesem Zweck übergeben und der später im Flur des Wohnhauses im Brandschutt aufgefunden wurde. Noch am 30. Dezember 2014 meldete der Angeklagte S. - ebenfalls dem gemeinsamen Tatplan entsprechend - den entstandenen Schaden der Versicherung, bei welcher seit dem 1. Februar 2010 eine Versicherung zum gleitenden Neuwert mit einer Versicherungssumme von 410.000 Euro bestand. Bis dahin war das Wohngebäude noch zum jeweiligen Zeitwert versichert. Zu einer Auszahlung der Versicherungsleistungen kam es in der Folge nicht.
2. Die Strafkammer stützt die Tatbeteiligung des die Tat bestreitenden und in der Hauptverhandlung schweigenden Angeklagten A. maßgeblich darauf, dass er den Brand vorsätzlich unter Verwendung von Benzin als Brandbeschleuniger im wirtschaftlichen Interesse seines Bruders S. gelegt habe. Sie schließe eine Brandlegung durch außenstehende Dritte - etwa aus einer fremdenfeindlichen Motivation heraus - aufgrund der Tatortspuren aus. Das unmittelbare Anzünden des Tatobjekts könne ausschließlich durch den Angeklagten A. erfolgt sein, der den Schlüssel zum Betreten des Hauses von dem Angeklagten S. vor Tatbegehung zur Verfügung gestellt bekommen habe. Die Auswertung der Mobilfunkverbindungsdaten des vom Angeklagten A. genutzten Handys habe ergeben, dass er sich am 29. Dezember 2014 um 23.50 Uhr an seinem Wohnort in W. aufgehalten habe, so dass es ihm zeitlich möglich gewesen sei, den Brand am etwa sechs Kilometer entfernten Tatort zu legen.
Für den Nachweis der Täterschaft des Angeklagten A. sei es nicht von Bedeutung gewesen, dass bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 26. Februar 2015 ein Bargeldbetrag von 12.000 Euro aufgefunden worden sei. Gleiches gelte für zwei anonyme, an die Ermittlungsbehörden gerichtete Schreiben vom 5. Januar 2015, in denen der Verdacht geäußert worden sei, die Familie des Angeklagten S. und der Angeklagte A. hätten den Brand „organisiert“ und das Feuer gelegt, um auf diese Weise Versicherungsleistungen zu erlangen. Auch etwaige weitere mögliche strafbare Handlungen des Angeklagten A. , u.a. der Verdacht einer Brandlegung in seiner eigenen Wohnung im Jahr 2003 seien unberücksichtigt geblieben.
II.
Die Beweiswürdigung des Landgerichts, mit der es sich von der Täterschaft der Angeklagten überzeugt hat, hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatgerichts, das sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGH, Urteile vom 30. März 2004 - 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238 und vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesicherten Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich so weit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420 mwN). Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass das Tatgericht solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt worden sein (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87 und vom 2. April 2015 - 3 StR 635/14).
2. Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht gerecht. Die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten A. ist nicht tragfähig begründet, so dass die vom Landgericht gezogenen Schlussfolgerungen sich als bloße Vermutungen erweisen (dazu unten a). Dieser Rechtsfehler lässt auch die Grundlage für die Verurteilung des Angeklagten S. als Mittäter entfallen (dazu unten b).
a) Die vom Landgericht in seine Gesamtwürdigung einbezogenen Beweistatsachen genügen nicht, um eine Täterschaft des Angeklagten A. bei der unmittelbaren Brandlegung tragfähig zu begründen. Die Strafkammer zeigt lediglich auf, dass er die Möglichkeit zur Tatausführung gehabt habe, weil er in Besitz des Haustürschlüssels durch dessen Überlassung seitens des Angeklagten S. vor Tatbegehung gekommen sein kann und die Tat aufgrund seiner Nähe zum Tatort in zeitlicher Hinsicht begangen haben kann.
aa) Der Umstand, dass dieser Schlüssel nach dem Brand im Brandschutt des Wohnhauses aufgefunden wurde, besagt zur Täterschaft des Angeklagten A. jedoch nichts. Das Landgericht trifft insoweit auch keine Feststellungen dazu, dass der Angeklagte S. nach der Tat nicht (mehr) im Besitz eines Haustürschlüssels gewesen ist.
bb) Die Möglichkeit des Angeklagten A. , zum Tatzeitpunkt am Tatort gewesen zu sein, reicht allein zu dessen Überführung nicht aus. Die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte könnte sein Handy, das zuletzt an seinem Wohnort in W. und nicht am Tatort eingebucht war, nicht zum Tatort mitgenommen oder ausgeschaltet haben, belegt seine Anwesenheit am Tatort nicht. Die Begründung des Landgerichts, dass dieser Umstand seiner Täterschaft nicht entgegenstehe, weil der Angeklagte sich „unter Berücksichtigung des gesamten Tatbildes, das eine detaillierte Planung der Tat“ (UA S. 26) belege, über die Möglichkeit der Erhebung von Telekommunikationsverbindungsdaten bewusst gewesen sei und deshalb Vorkehrungen getroffen habe, ist jedenfalls kreisschlüssig. Die nachzuweisende Tatbeteiligung des Angeklagten A. wird daraus hergeleitet, dass er die Tat mit dem Angeklagten S. detailliert geplant habe und deshalb sein Handy nicht am Tatort eingeloggt war. Die zu beweisende Tatsache, nämlich die detaillierte Tatplanung der Täter, wird insoweit zum Tatnachweis der Täterschaft des Angeklagten A. vorausgesetzt.
cc) Das Landgericht begründet des Weiteren nicht, warum ausschließlich der Angeklagte A. als Tatausführender in Betracht kommt. Nach den Feststellungen ist der Angeklagte S. in der Tatnacht gegen 2.00 Uhr von seinem Schwager angerufen worden, der ihm vom Brand des Wohnhauses berichtet habe. Es stellt angesichts der vorliegenden Beweislage einen Erörterungsmangel dar, weshalb der Schwager des Angeklagten S. trotz zeitnaher Kenntnis vom Brandgeschehen als Täter ausscheidet.
dd) Die übrigen Beweistatsachen, die sich aus den wirtschaftlichen Interessen des Angeklagten S. an der Brandlegung herleiten, betreffen den Angeklagten A. nicht unmittelbar; sie sind daher ohne weitere Beweisanzeichen nicht dazu geeignet, den Angeklagten A. als unmittelbaren Täter der Inbrandsetzung zu überführen.
b) Die Verurteilung des Angeklagten S. ist - obwohl gewichtige Umstände für seine Tatbeteiligung sprechen - bereits deswegen aufzuheben, weil seine Mittäterschaft im Rahmen der Beweiswürdigung untrennbar aus dem Zusammenwirken mit dem Angeklagten A. hergeleitet wird, dessen Täterschaft indes nicht rechtsfehlerfrei begründet wurde.
3. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
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