Entscheidungsdatum: 07.09.2016
1. Auf die Revisionen der Angeklagten S. und J. wird das Urteil des Landgerichts München I vom 13. November 2015 aufgehoben,
a) mit den Feststellungen, soweit die Angeklagten und der Mitangeklagte K. wegen Verabredung zu einem Verbrechen des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen verurteilt worden sind;
b) in dem den Angeklagten S. betreffenden Einzelstrafausspruch im Fall II.2.f. der Urteilsgründe und im Gesamtstrafausspruch;
c) im gesamten den Angeklagten J. betreffenden Strafausspruch.
2. Auf die Revision des Angeklagten Se. wird das oben genannte Urteil in dem diesen betreffenden Einzelstrafausspruch im Fall II.2.f. der Urteilsgründe und im Gesamtstrafausspruch aufgehoben.
3. Auf die Revision der Angeklagten F. wird das oben genannte Urteil aufgehoben,
a) soweit die Angeklagte im ersten Fall zu 4. der Urteilsgründe (Aufbewahrung der Uhren) verurteilt worden ist
b) und in dem diese Angeklagte betreffenden Gesamtstrafausspruch.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.
5. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen „schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem schweren Bandendiebstahl in Tatmehrheit mit Diebstahl in Mittäterschaft, jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, in Tatmehrheit mit Verabredung zu einem Verbrechen des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen … unter Einbeziehung der Verurteilung durch das Amtsgericht München … zur Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten sowie zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten“, den Angeklagten J. wegen „schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen in Tatmehrheit mit Diebstahl in Mittäterschaft, jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, in Tatmehrheit mit Verabredung zu einem Verbrechen des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten“ verurteilt und beide Angeklagte im Übrigen freigesprochen. Den Angeklagten Se. hat es wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem schweren Bandendiebstahl jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, die Angeklagte F. wegen Hehlerei in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Von einer Anordnung des Verfalls hat es im Hinblick auf Ansprüche von Verletzten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen. Den nicht revidierenden Mitangeklagten K. hat es wegen Verabredung zu einem Verbrechen des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
Gegen dieses Urteil wenden sich die mit der Beanstandung sachlichen Rechts und teilweise auch mit Verfahrensrügen geführten Revisionen der Angeklagten S. , J. , Se. und F. , die in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang mit der Sachrüge Erfolg haben und im Übrigen im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet sind. Die Aufhebung war auf die allein wegen Verabredung zu einem Verbrechen in zwei Fällen erfolgte Verurteilung des Mitangeklagten K. zu erstrecken.
I. Die Revisionen der Angeklagten S. und J.
1. Der Schuldspruch wegen der Verabredung zu einem Verbrechen des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
„Zwar belegen die Feststellungen der Kammer zu den beiden unter A.II.3. der Urteilsgründe genannten Fällen (UA S. 34 f.) jeweils die tatsächlichen Voraussetzungen des Tatbestandes der Verabredung zu einem Verbrechen des schweren Bandendiebstahls. … Allerdings verhält sich das Landgericht nicht zu den Gründen, aus welchen es nicht zur weiteren Umsetzung der Tatpläne gekommen ist. Es wird nur mitgeteilt, dass es ‚zu einem unmittelbaren Ansetzen zu einem Einbruch [nicht] kam‘ (UA S. 34 f.). Die Voraussetzungen für den Rücktritt von der Verbrechensverabredung nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB entsprechen denjenigen des § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB; in beiden Fällen wird der Täter straflos, wenn er die Tat verhindert. Die Verhinderung setzt zwar in der Regel ein aktives, auf Verhinderung der Tatvollendung abzielendes Verhalten des Täters voraus; bloßes Nicht-Weiterhandeln reicht aber aus, wenn sämtliche Tatbeteiligte dahin übereinkommen, von der Tat (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 StGB) oder von ihrer Vollendung (§ 24 Abs. 2 Satz 1 StGB) abzusehen (BGH, Urteil vom 14. Mai 1996 – 1 StR 51/96, BGHSt 42, 158, 162). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein neuer Tatrichter zu diesem Komplex noch Feststellungen treffen könnte, die eine Verurteilung des Angeklagten tragen könnten … .“
Dem schließt sich der Senat an. Daher war der Schuldspruch wegen Verabredung zu einem Verbrechen aufzuheben. Der Senat hat auch die zugehörigen Feststellungen mitaufgehoben, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu diesen Taten zu ermöglichen. Da die aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mängel in gleicher Weise den Schuldspruch gegen den Mitangeklagten K. betreffen, war die Aufhebung gemäß § 357 StPO auf dessen Verurteilung, die allein die Verabredung zu einem Verbrechen in zwei Fällen betraf, zu erstrecken.
2. Auch der gesamte, den Angeklagten J. betreffende Strafausspruch im Übrigen kann keinen Bestand haben, da das Landgericht eine mögliche Strafrahmenmilderung nach § 46b StGB nicht ersichtlich erwogen hat.
Es hat die Einzelstrafen für die fünf Fälle des schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung dem Strafrahmen des § 244a Abs. 1 StGB entnommen und die Annahme minder schwerer Fälle – trotz im Fall II.2.c. angenommener Anhaltspunkte hierfür – verneint. Die Strafe für den Diebstahl in Tateinheit mit Sachbeschädigung hat es dem Strafrahmen aus § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB entnommen; Anhaltspunkte für eine Ausnahme von der Regelwirkung hat es nicht für gegeben erachtet. Bei der konkreten Strafzumessung hat es dem Angeklagten J. seine geleistete Aufklärungshilfe zu Gute gehalten. In den Urteilsgründen ist hierzu ausgeführt, der Angeklagte habe bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens umfassende Angaben gemacht. Auf diesen, später wiederholten und glaubhaften Angaben beruhten in „erster Linie“ der Tatnachweis zur Bandenabrede und auch zur Täterschaft des Angeklagten S. in etlichen Fällen, darunter auch solche des schweren Bandendiebstahls.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 Nr. 1 lit. j StPO nicht fernliegend, insbesondere kann auch die Wesentlichkeit der Aufklärungshilfe nicht ausgeschlossen werden (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 15. März 2016 – 5 StR 26/16, BGHR StGB § 46b Voraussetzungen 5 Rn. 10). Das hätte die Prüfung dieses vertypten Milderungsgrundes erforderlich gemacht, das Landgericht hat aber eine mögliche Strafrahmenverschiebung nach § 46b StGB – wobei dieser im Rahmen der Gesamtabwägung, ob ein minder schwerer Fall nach § 244a Abs. 2 StGB (vgl. hierzu nur BGH, Beschluss vom 18. August 2015 – 3 StR 280/15, StV 2016, 283) oder eine Ausnahme von der Regelwirkung des § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. hierzu nur BGH, Beschluss vom 12. November 2015– 2 StR 369/15, StV 2016, 565) angenommen werden kann, nicht nur als allgemeiner strafmildernder Gesichtspunkt, sondern als vertypter Milderungsgrund einzustellen ist – an keiner Stelle ersichtlich in den Blick genommen. Die Aufhebung sämtlicher Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs nach sich.
3. Der Einzelstrafausspruch im Fall II.2.f. der Urteilsgründe (versuchter schwerer Bandendiebstahl) gegen den Angeklagten S. und der diesen Angeklagten betreffende Gesamtstrafausspruch kann ebenfalls keinen Bestand haben.
Das Landgericht ist vom Regelstrafrahmen des § 244a Abs. 1 StGB ausgegangen, die Annahme eines minder schweren Falls nach § 244a Abs. 2 StGB hat es für nicht angemessen erachtet. Sodann hat es diesen Strafrahmen nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert.
Das Landgericht hätte bei der Strafrahmenwahl jedoch zunächst prüfen müssen, ob ein minder schwerer Fall nach § 244a Abs. 2 StGB auch unter Heranziehung des für den Angeklagten angenommenen vertypten Milderungsgrundes des § 23 Abs. 2 StGB hätte angenommen werden können. Erst wenn es auch nach dieser Abwägung keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt gehalten hätte, hätte es seiner Strafzumessung den wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen dürfen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. August 2016 – 1 StR 331/16; vom 2. März 2016 – 5 StR 61/16 und vom 11. Februar 2015 – 1 StR 629/14, NStZ 2015, 696 mwN).
Angesichts der Höhe der verhängten Einzelstrafe vermag der Senat ein Beruhen auf dieser rechtsfehlerhaften Prüfungsreihenfolge nicht auszuschließen. Die Aufhebung einer weiteren Einzelfreiheitsstrafe im Zusammenhang mit der Aufhebung des Schuldspruchs in den zwei Verabredungsfällen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
4. Das neu zuständige Tatgericht wird in den Blick zu nehmen haben, dass sich nicht nur aus den Gründen, sondern schon aus dem Tenor des Urteils ergeben muss, für welche Taten der Angeklagte S. zu welcher Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden ist. Desweiteren gilt es zu beachten, dass im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung keine Verurteilungen, sondern – gegebenenfalls nach Auflösung einer Gesamtstrafe – Strafen aus dieser Verurteilung einbezogen werden.
II. Revision des Angeklagten Se.
Aus den oben unter I.3. für den Angeklagten S. dargestellten Gründen kann der mit demselben Fehler behaftete Strafausspruch betreffend den Angeklagten Se. im Fall II.2.f. der Urteilsgründe ebenfalls keinen Bestand haben. Dies führt zur Aufhebung auch des diesen Angeklagten betreffenden Gesamtstrafausspruchs.
III. Revision der Angeklagten F.
Der Schuldspruch wegen Hehlerei im Fall der Aufbewahrung der Uhren (erster Fall unter 4. der Urteilsgründe) hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:
„Nach den Feststellungen hat die Angeklagte die vorgenannten Gegenstände, übernommen (…), um diese für die Angeklagten S. und J. aufzubewahren‘ (UA S. 35), womit ein Sich-Verschaffen im Sinne von § 259 Abs. 1 StGB nicht dargetan ist. Ein solches erfordert nämlich die Herstellung eigener Herrschaftsgewalt über die Sache im Einverständnis mit dem Vortäter. Der Hehler muss die Sache zur eigenen Verfügungsgewalt erlangen, so dass er über die Sache als eigene oder zu eigenen Zwecken verfügen kann und dies auch will (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 13. November 2012 – 3 StR 364/12 mwN). Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, wonach die Angeklagte‚ aktiv daran beteiligt war, Beutestücke dem Zugriff der Polizei zu entziehen‘ (UA S. 58), ergibt sich lediglich die Absicht zur Sicherung des Vorteils der Tat.“
Dem schließt sich der Senat an. Er hebt den Schuldspruch insoweit auf; der Aufhebung von Feststellungen bedarf es indes nicht. Das neu zuständige Tatgericht kann aber neue, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen treffen. Der Wegfall des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs betreffend die Angeklagte F. .
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RinBGH Dr. Fischer befindet |
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