Entscheidungsdatum: 09.08.2016
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 23. März 2016 im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter unerlaubter Durchfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen übernahm der Angeklagte am 16. Oktober 2015 in Südafrika einen mit Heroingemisch präparierten Koffer von seinem nicht näher bekannten Auftraggeber namens " A. " zum Weitertransport nach Rom in Italien. Er hatte den Auftrag, den Koffer einem dort ansässigen Hintermann zu übergeben. Hierfür wurden ihm 2.000 Euro in Aussicht gestellt. Der Angeklagte gab den Koffer am Flughafen Johannesburg in Südafrika als Transitgepäck auf und trat den von seinem Auftraggeber vorgebuchten und im Voraus bezahlten Flug über München nach Rom an.
Der Angeklagte reiste am Morgen des Folgetags am Flughafen München in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beabsichtigte, noch am selben Tag nach Rom weiterzureisen. In dem von ihm als Transitgepäck aufgegebenen Koffer befanden sich etwas mehr als 2,5 kg Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 52,1 % Diacetylmorphin-Hydrochlorid. Bei der Einreise hatte der Angeklagte keinen Zugriff auf die Betäubungsmittel.
II.
Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Nachprüfung des Urteils auf die allgemeine Sachrüge führt zur Aufhebung im Strafausspruch. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Schuldspruch wird von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Demgegenüber hat der Strafausspruch keinen Bestand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
"Sieht das Gesetz einen minder schweren Fall vor und ist – wie hier gemäß § 27 Abs. 2 S. 2, § 49 Abs. 1 StGB – auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, muss bei der Strafrahmenwahl im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht nur geprüft werden, ob die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles tragen. Dies ist vielmehr nur der erste Schritt. Vermögen die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles zu tragen, stehen die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände für eine (weitere) Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen, sind in die weitere Prüfung die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände einzubeziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (std. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2015 – 1 StR 629/14, NStZ 2015, 696).
Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Indem das Landgericht für die Verneinung eines minder schweren Falls lediglich allgemeine Strafzumessungsgründe gewürdigt hat, hat es die Prüfung versäumt, ob nicht wegen Vorliegens des vertypten Milderungsgrundes nach § 27 Abs. 2 S. 2 StGB ein minder schwerer Fall des § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, der einen dem Angeklagten günstigeren Strafrahmen eröffnet.
Da insbesondere vor dem Hintergrund der zu Recht mit deutlichem Gewicht zugunsten des Angeklagten berücksichtigten, die Identifizierung des Hintermanns in Südafrika gestattenden Angaben in der Hauptverhandlung (UA S. 17) nicht auszuschließen ist, dass die Strafkammer bei Beachtung der gebotenen Prüfungsreihenfolge zu einer anderen Strafrahmenwahl gekommen wäre, deren Obergrenze mit der ausgeurteilten Strafe überschritten ist, muss der Strafausspruch aufgehoben werden. Die bisherigen Feststellungen können bestehen bleiben, nachdem es sich lediglich um Wertungsfehler handelt. Die neu entscheidende Strafkammer ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen."
Dem schließt sich der Senat an.
Graf Jäger Cirener
Mosbacher Fischer