Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 13.07.2010


BVerwG 13.07.2010 - 1 C 14/09

Vorlage zur Vorabentscheidung; Voraussetzungen für die Entstehung eines unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechts


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
13.07.2010
Aktenzeichen:
1 C 14/09
Dokumenttyp:
EuGH-Vorlage
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 28. April 2009, Az: OVG 2 B 22.07, Urteilvorgehend VG Berlin, 14. Februar 2007, Az: 27 A 11.07, Gerichtsbescheidnachgehend EuGH, 21. Dezember 2011, Az: C-424/10 und C-425/10, Urteilnachgehend BVerwG, 31. Mai 2012, Az: 10 C 8/12, Urteil
Zitierte Gesetze
Art 21 AEUV
Art 267 AEUV
Art 12 EWGV 1612/68
Art 1 EGRL 38/2004
Art 6 EGRL 38/2004
Art 7 Abs 1 EGRL 38/2004
Art 14 EGRL 38/2004
Art 16 Abs 1 S 1 EGRL 38/2004
Art 37 EGRL 38/2004

Leitsätze

Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Recht auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG entsteht.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:

1. Ist Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG so auszulegen, dass er einem Unionsbürger, der sich seit über fünf Jahren nur aufgrund nationalen Rechts rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, in dieser Zeit aber die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG nicht erfüllt hat, ein Recht auf Daueraufenthalt in diesem Mitgliedstaat verleiht?

2. Sind auf den rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG auch Aufenthaltszeiten des Unionsbürgers im Aufnahmemitgliedstaat vor dem Beitritt seines Herkunftsstaats zur Europäischen Union anzurechnen?

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, begehrt die Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts.

2

Der 1977 geborene Kläger reiste im September 1989 mit seiner Mutter und seinem Bruder nach Berlin (West) ein. Nach einem erfolglosen Asylverfahren erhielt er ab Juli 1991 bis April 2006 Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen. Nach Abschluss der Hauptschule erteilte ihm das Arbeitsamt im Mai 1994 eine unbefristete und unbeschränkte Arbeitsgenehmigung. Der Kläger brach eine Lehre ab; sein Versuch, ein Reinigungsunternehmen zu eröffnen, blieb ohne Erfolg. Er bezieht seit seiner Einreise Sozialhilfe.

3

Im Juli 2005 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen bzw. die Ausstellung einer Bescheinigung über sein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht. Im Oktober 2005 erteilte ihm das beklagte Land letztmalig eine bis April 2006 gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Gleichzeitig wies es darauf hin, die Aufenthaltserlaubnis nicht über diesen Zeitpunkt hinaus verlängern zu wollen, wenn der Kläger weiterhin auf die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel angewiesen sei.

4

Mit Bescheid vom 22. März 2006 lehnte der Beklagte die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab, da der Lebensunterhalt des Klägers nach wie vor nicht gesichert sei. Die Voraussetzungen für Aufenthaltsansprüche nach dem Freizügigkeitsgesetz erfülle er nicht, da er weder Arbeitnehmer sei noch einen gesicherten Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nachweisen könne. Bis auf den gescheiterten Versuch selbstständiger Tätigkeit seien keine Arbeitsbemühungen nachgewiesen worden. Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Polen für den Fall nicht fristgerechter Ausreise binnen 14 Tagen nach Unanfechtbarkeit des Bescheids angedroht. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Beklagte nicht entschieden.

5

Das Verwaltungsgericht gab der Klage, die auf Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines unbefristeten Daueraufenthaltsrechts gerichtet war, im Februar 2007 statt. Dabei ging es davon aus, dass Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG jedem Unionsbürger, der sich fünf Jahre rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten habe, ein Daueraufenthaltsrecht gewähre, ohne dass es darauf ankomme, ob er über ausreichende Existenzmittel verfüge. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 28. April 2009 den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als allgemeine Leistungsklage zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger erfülle nicht die Anforderungen für das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a FreizügG/EU. Er halte sich zwar seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet auf. Rechtmäßig im Sinne dieser Vorschrift sei aber nur ein Aufenthalt, der nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU auf einem Freizügigkeitsrecht beruhe. Berücksichtigungsfähig seien zudem nur Zeiten, in denen der Herkunftsstaat Mitglied der Europäischen Union gewesen sei. Nach dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 sei der Kläger nicht freizügigkeitsberechtigt gewesen, da er als nichterwerbstätiger Unionsbürger nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt habe (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU). Anders als bei Arbeitnehmern und selbstständig Erwerbstätigen seien in diesem Fall Zeiten des Sozialleistungsbezugs nicht als Zeiten rechtmäßigen Aufenthalts zu berücksichtigen. Dies stehe im Einklang mit Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG. Erfülle ein Unionsbürger die Voraussetzungen des Art. 7 der Richtlinie nicht über einen Zeitraum von fünf Jahren, erwerbe er kein Daueraufenthaltsrecht. Bei Nichterwerbstätigen verlange Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie, dass sie über ausreichende Existenzmittel verfügten, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssten.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Er ist der Auffassung, dass der nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU und Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG geforderte fünfjährige rechtmäßige Aufenthalt nicht voraussetze, dass der Unionsbürger während dieser Zeit freizügigkeitsberechtigt im Sinne des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU gewesen sei. Unionsbürger hätten ein allgemeines Freizügigkeitsrecht und benötigten keinen konstitutiven Aufenthaltstitel. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts werde durch die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nicht in Frage gestellt. Für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts sei auch unerheblich, ob während des Aufenthalts ein Grund bestanden habe, der die Ausländerbehörde zu einer Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts berechtigt hätte.

7

Der Beklagte tritt der Revision entgegen. Er ist der Auffassung, dass der Erwerb des Daueraufenthaltsrechts einen Aufenthalt verlange, der die in der Richtlinie 2004/38/EG genannten Bedingungen erfülle.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt. Er hält die Revision ebenfalls für unbegründet, ist aber der Auffassung, dass nach § 4a FreizügG/EU jeder nach nationalem Recht erlaubte Aufenthalt rechtmäßig sei. Aus dem Wortlaut der Regelung ergebe sich jedoch, dass sich der Aufenthalt zuletzt nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU gerichtet haben müsse. § 4a Abs. 1 FreizügG/EU setze damit die Vorgaben des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2004/38/EG um.

II.

9

Der Rechtsstreit ist auszusetzen. Es ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) zur Auslegung des Art. 16 der Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (ABl EU Nr. L 158 S. 77) einzuholen (Art. 267 AEUV). Da es um die Auslegung von Unionsrecht geht, ist der Gerichtshof zuständig. Die vorgelegten Fragen zur Auslegung des Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG sind entscheidungserheblich und bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof. Es wird darauf hingewiesen, dass die Fragen Gegenstand eines weiteren - gleichlautenden - Vorabentscheidungsersuchens sind (vgl. Beschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 15.09).

10

1. Folgende nationale Vorschriften aus dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (Richtlinienumsetzungsgesetz) vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) bilden den rechtlichen Rahmen dieses Rechtsstreits:

"§ 2 Recht auf Einreise und Aufenthalt

(1) Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(2) Gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind:

1. bis 4. ...,

5. nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4,

6. und 7. ...,

(3) bis (6) ...

§ 4 Nicht erwerbstätige Freizügigkeitsberechtigte

Nicht erwerbstätige Unionsbürger, ihre Familienangehörigen und ihre Lebenspartner, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, haben das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. ...

§ 4a Daueraufenthaltsrecht

(1) Unionsbürger, ihre Familienangehörigen und Lebenspartner, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, haben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht).

(2) bis (7) ...

§ 5 Bescheinigungen über gemeinschaftsrechtliche Aufenthaltsrechte, Aufenthaltskarten

(1) bis (5) ...

(6) Auf Antrag wird Unionsbürgern unverzüglich ihr Daueraufenthalt bescheinigt. ...

(7) ...

§ 11 Anwendung des Aufenthaltsgesetzes

(1) ...

(2) Hat die Ausländerbehörde das Nichtbestehen oder den Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 festgestellt, findet das Aufenthaltsgesetz Anwendung, sofern dieses Gesetz keine besonderen Regelungen trifft.

(3) ...

§ 13 Staatsangehörige der Beitrittsstaaten

Soweit nach Maßgabe des Vertrages vom 16. April 2003 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (BGBl. 2003 II S. 1408) oder des Vertrages vom 25. April 2005 über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (BGBl. 2006 II S. 1146) abweichende Regelungen anwendbar sind, findet dieses Gesetz Anwendung, wenn die Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 284 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genehmigt wurde."

11

2. Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich. Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich das vom Kläger mit der allgemeinen Leistungsklage verfolgte Begehren, ihm eine Bescheinigung über ein Daueraufenthaltsrecht auszustellen. Die Ablehnung des Beklagten, die dem Kläger aus humanitären Gründen erteilte Aufenthaltserlaubnis zu verlängern, sowie die Abschiebungsandrohung sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden. Der Kläger hat nach nationalem Recht keinen Anspruch auf Ausstellung der begehrten Bescheinigung (a). Seine darauf gerichtete Klage kann daher nur Erfolg haben, wenn er unmittelbar aus Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG ein Recht auf Daueraufenthalt erworben hat (b).

12

a) Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 FreizügG/EU wird Unionsbürgern auf Antrag unverzüglich ihr Daueraufenthalt bescheinigt.

13

Das Freizügigkeitsgesetz/EU findet gemäß § 13 FreizügG/EU Anwendung auf den Kläger, der mit dem Beitritt der Republik Polen am 1. Mai 2004 Unionsbürger geworden ist. Denn er ist seit Mai 1994 im Besitz einer unbefristeten und unbeschränkten Arbeitsgenehmigung. Damit kommt es auf die in den Beitrittsverträgen und -akten festgelegten Übergangsregelungen mit ihren Beschränkungen nicht an.

14

Dem Begehren des Klägers steht aber entgegen, dass er die Voraussetzungen des § 4a FreizügG/EU für das Entstehen eines Rechts auf Daueraufenthalt nicht erfüllt. Nach der hier allein in Betracht kommenden Grundnorm des § 4a Abs. 1 FreizügG/EU haben Unionsbürger, ihre Familienangehörigen und Lebenspartner, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). In § 2 Abs. 2 FreizügG/EU sind die nach Unionsrecht freizügigkeitsberechtigten Personengruppen aufgezählt. Aus dem Zusatz "unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2" ergibt sich, dass nicht jeder nach nationalem Recht rechtmäßige Aufenthalt ausreicht, sondern das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts voraussetzt, dass der Betroffene nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt war, und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht durch einen späteren Wegfall der Freizügigkeitsberechtigung nicht mehr berührt wird.

15

Dabei kann dahinstehen, ob für das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU erforderlich ist, dass der Betroffene - wie vom Berufungsgericht angenommen - während des gesamten Zeitraums von fünf Jahren freizügigkeitsberechtigt war, oder ob es - wie vom Vertreter des Bundesinteresses vertreten - ausreicht, wenn der Aufenthalt fünf Jahre lang erlaubt war und jedenfalls zuletzt auf einem Freizügigkeitsrecht beruhte (so auch Nr. 4a.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 26. Oktober 2009 - VwV-FreizügG/EU - GMBl S. 1270). Denn der Kläger hält sich zwar seit über fünf Jahren ununterbrochen erlaubt im Bundesgebiet auf. Er war während seines Aufenthalts im Bundesgebiet aber zu keinem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt.

16

Als Rechtsgrundlage einer Freizügigkeitsberechtigung käme hier nur § 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 Satz 1 FreizügG/EU in Betracht. Danach sind nicht erwerbstätige Unionsbürger - wie der Kläger - freizügigkeitsberechtigt, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nach den Feststellungen der Ausländerbehörde in ihrem ablehnenden Bescheid nicht (vgl. § 11 Abs. 2 FreizügG/EU). Auch das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 nie freizügigkeitsberechtigt war. Damit kommt es bei der Anwendung des nationalen Rechts auch nicht auf die Frage an, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Staatsangehörigen neuer Mitgliedstaaten auf den Fünfjahreszeitraum Aufenthaltszeiten vor dem Beitritt ihres Heimatstaats in die Europäische Union anzurechnen sind, da auch in diesem Fall erforderlich wäre, dass der Betroffene mit dem Beitritt - zumindest für eine logische Sekunde - freizügigkeitsberechtigt war.

17

b) Enthalten die nationalen Vorschriften für den Kläger keine günstigeren Regelungen (vgl. Art. 37 der Richtlinie 2004/38/EG), kommt es für den Ausgang des Verfahrens darauf an, ob er unmittelbar aus Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG ein Recht auf Daueraufenthalt erworben hat. Dies hängt zunächst davon ab, ob Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie so auszulegen ist, dass er einem Unionsbürger ein Recht auf Daueraufenthalt verleiht, der sich seit über fünf Jahren nur aufgrund nationalen Rechts rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, in dieser Zeit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie erfüllt (1. Vorlagefrage). Zudem kommt es im vorliegenden Fall darauf an, ob auf den rechtmäßigen Aufenthalt auch Aufenthaltszeiten des Unionsbürgers im Aufnahmemitgliedstaat vor dem Beitritt seines Herkunftsstaats zur Europäischen Union anzurechnen sind (2. Vorlagefrage). Nach ständiger Rechtsprechung des vorlegenden Gerichts ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen (vgl. Urteile vom 16. Juni 2004 - BVerwG 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88> m.w.N.; vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329, Leitsatz 3 und Rn. 37 ff. und vom 1. Dezember 2009 - BVerwG 1 C 32.08 - juris Rn. 12). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - im Wege einer allgemeinen Leistungsklage die Ausstellung einer Bescheinigung über ein Daueraufenthaltsrecht begehrt wird. Da der Beitritt Polens im hiernach maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 28. April 2009 noch keine fünf Jahre zurücklag, könnte die Klage mithin nur Erfolg haben, wenn auf die Fünfjahresfrist auch vor dem Beitritt liegende Aufenthaltszeiten anzurechnen sind.

18

3. Die vorgelegten Fragen bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof.

19

a) Nach Auffassung des vorlegenden Senats sind beide Vorlagefragen zu verneinen mit der Folge, dass der Kläger auch aus dem Unionsrecht kein Recht auf Daueraufenthalt herleiten kann.

20

Nach Art. 21 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - (ex-Art. 18 EGV) hat jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Die Bedingungen, unter denen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten genießen, sowie das Recht auf Daueraufenthalt und die Beschränkungen dieser Rechte aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit sind in der Richtlinie 2004/38/EG geregelt (Art. 1 der Richtlinie). Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie hat jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten.

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aa) Der Senat ist der Auffassung, dass die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts sich nicht nach dem im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat geltenden - möglicherweise günstigeren (vgl. Art. 37 der Richtlinie) - nationalen Recht richtet, sondern nach Unionsrecht. Er sieht sich hierin durch die Ausführungen der Generalanwältin Trstenjak in ihren Schlussanträgen vom 11. Mai 2010 in der beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache C-162-09, Secretary of State for Works and Pensions / Lassal (Rn. 88 und 93) bestärkt.

22

Für eine unionsrechtliche Sichtweise dürften neben den klaren Hinweisen in den Erwägungsgründen auch systematische Gründe und die Entstehungsgeschichte der Richtlinie sprechen:

23

Den der Richtlinie vorangestellten Erwägungsgründen 17 und 18, die zwar keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben, bei der Auslegung der Richtlinie aber als Auslegungshilfe herangezogen werden können, ist zu entnehmen, dass das einmal erlangte Recht auf Daueraufenthalt keinen Bedingungen unterworfen ist (es mithin auch beim Bezug von Sozialhilfeleistungen bestehen bleibt), für seinen Erwerb hingegen erforderlich ist, dass der Betroffene sich "gemäß den in der Richtlinie festgelegten Bedingungen" fünf Jahre lang ununterbrochen in dem Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat. Aus diesem ausdrücklichen Verweis auf die in der Richtlinie festgelegten Bedingungen und damit auf das Unionsrecht ist zu folgern, dass es für das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG in keinem Fall genügt, wenn der Aufenthalt des Betroffenen immer nur nach Maßgabe nationaler Bestimmungen rechtmäßig war und ist.

24

Hierauf deutet auch die der Richtlinie 2004/38/EG immanente Systematik hin, die mit ihrem dreistufigen System aufeinander aufbauender und sich verfestigender Aufenthaltsrechte für Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, ein in sich geschlossenes Regelungswerk für die Einreise und den (Dauer-)Aufenthalt der von ihr erfassten Personen enthält: Auf der ersten Stufe haben Unionsbürger und sie begleitende oder nachziehende Familienangehörige nach Art. 6 der Richtlinie das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten. Hierzu müssen sie lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein und brauchen ansonsten keine weiteren Bedingungen zu erfüllen oder Formalitäten zu erledigen. Dieses Recht bleibt bei Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats erhalten, solange die Inanspruchnahme nicht unangemessen ist (Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie). Für einen Zeitraum von über drei Monaten besteht - auf der zweiten Stufe - nach Art. 7 der Richtlinie das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Ist der Unionsbürger weder Arbeitnehmer noch Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat (Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie) und absolviert er dort auch keine Ausbildung (Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie), ist auf dieser Stufe erforderlich, dass der Unionsbürger für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, sodass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen. Außerdem müssen sie über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie). Dieses Aufenthaltsrecht besteht, solange die Betroffenen die in Art. 7, 12 und 13 genannten Voraussetzungen erfüllen (Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie). In Art. 16 ff. der Richtlinie ist schließlich - auf der dritten und letzten Stufe - das Recht auf Daueraufenthalt geregelt. Nach der allgemeinen Regelung in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie hat jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen in einem Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III (Aufenthaltsrecht) geknüpft und geht nur nach einer mehr als zweijährigen Abwesenheit (Art. 16 Abs. 4 der Richtlinie) oder nach einer Ausweisung (Art. 27, 28 Abs. 2 der Richtlinie) verloren. Dieser der Richtlinie 2004/38/EG zugrunde liegenden Systematik widerspräche es, wenn das Recht auf Daueraufenthalt, das dem Betroffenen die stärkste aufenthaltsrechtliche Position vermittelt, allein durch die Erfüllung nationaler Tatbestände erworben werden könnte, ohne dass die Voraussetzungen für ein längerfristiges unionsrechtliches Aufenthaltsrecht jemals vorgelegen haben.

25

Dies zeigt auch die Entstehungsgeschichte des Art. 16 der Richtlinie. Nach dem ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission (Art. 14 des Kommissionsentwurfs) vom 23. Mai 2001 (KOM <2001> 257 endg.) sollte der Erwerb des Daueraufenthaltsrechts bei Unionsbürgern voraussetzen, dass sie sich rechtmäßig vier Jahre lang ununterbrochen im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufgehalten haben. Dies wurde auf Nachfrage Dänemarks in den Beratungen von der Kommission dahin präzisiert, dass die Bedingungen nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie in den vier Jahren Aufenthalt, die dem Recht auf Daueraufenthalt vorausgehen, erfüllt werden müssten und sie erst nach dem Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt keine Anwendung mehr fänden (vgl. Protokoll über die Beratungsergebnisse der Gruppe "Freizügigkeit" vom 10. Juli 2002, Ratsdokument 10572/02 S. 36 Fn. 67). Später wurde die Aufenthaltsdauer auf fünf Jahre erhöht und zur Präzisierung des Begriffs "rechtmäßiger Aufenthalt" der 17. Erwägungsgrund um die Formulierung "die sich gemäß den in der Richtlinie festgelegten Bedingungen fünf Jahre ununterbrochen in dem Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben" ergänzt (vgl. 17. Erwägungsgrund im Gemeinsamen Standpunkt Nr. 6/2004 vom Rat festgelegt am 5. Dezember 2003, 2004/C 54 E/02, und Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament gemäß Art. 251 Abs. 2 Unterabs. 2 EG-Vertrag betreffend den vom Rat angenommenen gemeinsamen Standpunkt im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten vom 30. Dezember 2003, SEK <2003> 1293 endg. S. 10, abgedruckt in: Übermittlungsvermerk des Rats der Europäischen Union vom 12. Januar 2004, Ratsdokument 5191/04).

26

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck des Daueraufenthaltsrechts. Dieses soll das Gefühl der Unionsbürgerschaft verstärken und zum sozialen Zusammenhalt beitragen (17. Erwägungsgrund). Beide Gedanken gebieten bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zwar keine Anknüpfung an die unionsrechtlichen Bestimmungen, stehen dem aber auch nicht entgegen.

27

bb) Reicht allein ein nach nationalem Recht rechtmäßiger Aufenthalt für das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts nicht aus, stellt sich die weitere Frage, ob bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit auf Unionsebene ausschließlich auf die Richtlinie 2004/38/EG abzustellen ist. Die Frage stellt sich nicht nur in Übergangsfällen hinsichtlich der Berücksichtigung von Aufenthaltszeiten, die vor Umsetzung bzw. Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2004/38/EG liegen und nach den damals geltenden Vorgängerregelungen rechtmäßig waren, sondern auch im Hinblick auf andere unionsrechtliche Aufenthaltsrechte, die durch die Richtlinie 2004/38/EG nicht ersetzt wurden, sondern daneben weiter Bestand haben. Diese Frage bedarf hier indes keiner Entscheidung, da der Kläger sich während seines Aufenthalts im Bundesgebiet nie auf ein unionsrechtliches Aufenthalts- oder Freizügigkeitsrecht berufen konnte.

28

Nach den im Revisionsverfahren nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllte der Kläger nie die Voraussetzungen des Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG für ein Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate. Denn er verfügt jedenfalls seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 als nicht erwerbstätiger Unionsbürger nicht über ausreichende Existenzmittel und bezieht Sozialhilfeleistungen. Dabei ist unerheblich, dass dieser Umstand nach Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie nicht automatisch zu einer Ausweisung führen darf. Diese Bestimmung regelt die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, setzt also ein unionsrechtliches Aufenthalts- oder Freizügigkeitsrecht voraus. Davon zu trennen ist die hier entscheidungserhebliche Frage, ob trotz Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen ein unionsrechtliches Aufenthalts- oder Freizügigkeitsrecht bestand. Dies hängt von der erreichten Aufenthaltsstufe ab: Nach dem Erwerb eines Rechts auf Daueraufenthalt - der höchsten Stufe - spielt der Bezug von Sozialhilfeleistungen keine Rolle mehr (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie). Dagegen hängt das Aufenthaltsrecht für einen Aufenthalt bis zu drei Monaten nach Art. 6 der Richtlinie davon ab, dass Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch genommen werden (Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie). Nach diesem Zeitraum kommt es bis zum Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts darauf an, ob der Nichtbezug von Sozialhilfeleistungen Anspruchsvoraussetzung ist (Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie). Dies ist bei nichterwerbstätigen Unionsbürgern der Fall. Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 20. September 2001 in der Rechtssache Grzelczyk (Rs. C-184/99, Slg. 2001, I - 06193). Denn diese Entscheidung betrifft ebenfalls nur die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein - im dortigen Verfahren auf der Richtlinie 93/96 beruhendes - Aufenthaltsrecht beim Bezug von Sozialhilfeleistungen entfällt und der Mitgliedstaat aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergreifen darf. Soweit der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass sich ein Unionsbürger hinsichtlich der Leistungen der Sozialhilfe auf das Diskriminierungsverbot wegen der Staatsangehörigkeit berufen kann, wenn er sich im Aufnahmemitgliedstaat für eine bestimmte Zeit rechtmäßig aufgehalten hat oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. März 2005 - Rs. C-209/03, Bidar - Slg. 2005, I - 02119 Rn. 37), lässt sich auch dieser zum Diskriminierungsverbot ergangenen Rechtsprechung nichts für die hier entscheidungserhebliche Frage entnehmen, ob ein nicht erwerbstätiger Unionsbürger trotz Bezugs von Sozialhilfeleistungen ein Recht auf Daueraufenthalt erwerben kann. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger nach anderen Vorschriften auf Unionsebene ein Aufenthaltsrecht erworben hat.

29

cc) Ist Voraussetzung für das Entstehen eines Daueraufenthaltsrechts nach Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG, dass der Unionsbürger sich fünf Jahre ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat und sein Aufenthalt in dieser Zeit nach Maßgabe des Unionsrechts rechtmäßig war, dürften bei Staatsangehörigen neuer Mitgliedstaaten auch vor dem Beitritt liegende Aufenthaltszeiten, während derer der Aufenthalt nur nach nationalem Recht rechtmäßig war, weil kein unionsrechtliches Aufenthalts- oder Freizügigkeitsrecht bestand und bestehen konnte, nicht anzurechnen sein. Ansonsten stünden Neu-Unionsbürger besser als Alt-Unionsbürger.

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b) Der Senat sieht sich allerdings angesichts des beim Gerichtshof bereits anhängigen Vorabentscheidungsersuchens des Supreme Court of the United Kingdom vom 5. November 2009 in der Rechtssache Shirley McCarthy ·/· Secretary of State for the Home Department (Rs. C-434/09 - ABl EU 2010 Nr. C 11 S. 18) an einer eigenen Entscheidung ohne Anrufung des Gerichtshofs gehindert.

31

Jenes Vorabentscheidungsersuchen betrifft zwar primär die - hier nicht entscheidungserhebliche - Frage, ob sich ein Unionsbürger, der neben der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats auch die Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaats besitzt, in dem er sich sein Leben lang aufgehalten hat, "Berechtigter" im Sinne des Art. 3 der Richtlinie 2004/38/EG ist. In diesem Zusammenhang wurde dem Gerichtshof aber die weitere Frage vorgelegt, ob sich eine "solche Person" im Sinne von Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, wenn sie die Erfordernisse von Art. 7 der Richtlinie nicht erfüllen konnte. Auch wenn man die Formulierung "solche Person" auf den speziellen Fall der dortigen Klägerin bezieht, ist der Fragestellung zu entnehmen, dass der Supreme Court offensichtlich Zweifel hat, ob der Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nach Art. 16 der Richtlinie stets das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 der Richtlinie voraussetzt. Die gleiche Frage stellt sich im vorliegenden Fall. Im Hinblick auf das beim Gerichtshof anhängige Vorabentscheidungsersuchen des obersten Gerichts eines anderen Mitgliedstaats ist daher von einer unionsrechtlichen Zweifelsfrage auszugehen.