Entscheidungsdatum: 04.05.2017
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie nicht die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG erfüllt. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie unzulässig ist. Die Beschwerdeführerin hat nicht fristgerecht substantiiert dargelegt (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG), dass sie den Rechtsweg erschöpft hat (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG).
I.
Die Beschwerdeführerin betreibt einen Versandhandel mit Bild- und Tonträgern und wendet sich gegen die Verurteilung zur Zahlung der Anwaltskosten eines urheberrechtlichen Abmahnverfahrens, nachdem sie im Internet eine nicht autorisierte DVD zum Kauf angeboten hatte. Sie trug im Ausgangsverfahren vor, zur Vermeidung von Abmahnungen müsse sie ihr gesamtes Sortiment fortlaufend auf Urheberrechtsverstöße überprüfen. Dies sei nur mit mehreren hundert Mitarbeitern möglich und daher wirtschaftlich unzumutbar. Mit ihrer Revision zum Bundesgerichtshof machte sie geltend, die Gerichte hätten übergangen, dass dieser Vortrag unwidersprochen geblieben und insbesondere in der Berufungserwiderung nicht bestritten worden sei.
Der Bundesgerichtshof führte hierzu lediglich aus, die Klägerin des Ausgangsverfahrens habe diesen nicht weiter konkretisierten Vortrag in der Berufungserwiderung bestritten. Hiergegen wandte sich die Beschwerdeführerin mit der Anhörungsrüge und machte geltend, der Bundesgerichtshof habe entscheidungserhebliches Vorbringen und die darauf bezogene Rüge in ihrer Revisionsbegründung nicht hinreichend berücksichtigt und in seine Erwägungen einfließen lassen.
Der zurückweisende Anhörungsrügebeschluss ging bei den Prozessbevollmächtigten vor dem Bundesgerichtshof am 7. September 2016 ein. Vorgelegt wurde die Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht am 15. November 2016. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin keine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG geltend.
II.
Die Beschwerdeführerin hätte die Rechtswegerschöpfung substantiiert darlegen müssen. Hier fehlt es an der rechtzeitigen Vorlage der Entscheidung über die Anhörungsrüge.
1. Im Falle einer Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs gehört die Anhörungsrüge zum zu beschreitenden Rechtsweg (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; stRspr). Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, gilt dies jedoch nur dann, wenn ein eigenständiger Gehörsverstoß des Rechtsmittelgerichts geltend gemacht wird (vgl. BVerfGE 133, 143 <155 f. Rn. 33>).
Dies war hier der Fall, da die Beschwerdeführerin mit ihrer Anhörungsrüge einen eigenständigen Gehörsverstoß des Bundesgerichtshofs geltend gemacht hat, nämlich die nicht hinreichende Berücksichtigung ihrer Rüge aus der Revisionsbegründung.
2. Zwar hat die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfassungsbeschwerde keine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG gerügt. Beschwerdeführer können aber gleichwohl gehalten sein, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen, durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. BVerfGE 134, 106 <115 Rn. 27>). Dies gilt dann, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden; ferner, wenn die anderweitigen Grundrechtsrügen denselben Streitgegenstand betreffen (vgl. BVerfGE 134, 106 <115 f. Rn. 28, 30>).
Hier lag angesichts der knappen Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur betreffenden Revisionsrüge der Beschwerdeführerin ein Gehörsverstoß nahe und wurde von ihr auch mit der Anhörungsrüge geltend gemacht. Ebenso betrafen ihre Rügen in der Verfassungsbeschwerde denselben Streitgegenstand.
3. Gehörte die Anhörungsrüge zum zu erschöpfenden Rechtsweg, oblag es der Beschwerdeführerin aber nicht lediglich, sie zu erheben. Die Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG vielmehr innerhalb der Monatsfrist nicht nur einzulegen, sondern auch zu begründen. Dabei muss sich aus der Verfassungsbeschwerde hinreichend deutlich ergeben, dass eine Korrektur des gerügten Verfassungsverstoßes unterblieben ist. Dies wiederum erfordert regelmäßig die - fristgemäße - Vorlage oder zumindest inhaltliche Wiedergabe der Rechtsbehelfsentscheidung, auch wenn diese nicht selbst angegriffen wird. Im Falle des Erhebens einer Anhörungsrüge beginnt die Monatsfrist mit der Bekanntgabe der Entscheidung über die Anhörungsrüge (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Dezember 2011 - 1 BvR 1681/11 -, juris, Rn. 3, 6 m.w.N.).
Diese Frist hat die Beschwerdeführerin nicht gewahrt. Die Entscheidung über die Anhörungsrüge wurde erst weit nach Ablauf der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG vorgelegt. Dass die Beschwerdeführerin den Anhörungsrügebeschluss selbst nicht angreift, ist unerheblich.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.