Entscheidungsdatum: 24.10.2011
Die Verfassungsbeschwerden werden hinsichtlich der unter den Ziffern I 1 a, I 1 b, I 2 b, I 3 b und I 4 genannten Beschlüsse nicht zur Entscheidung angenommen.
Hinsichtlich der unter den Ziffern I 2 a, I 3 a und II genannten Beschlüsse werden die Verfassungsbeschwerden insofern nicht zur Entscheidung angenommen, als die Beschwerdeführerin andere als die Verletzung des gesetzlichen Richters betreffende Rügen erhebt.
Soweit die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen werden, erledigt sich dadurch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Der Beschluss ergeht als Teilentscheidung nach § 25 Abs. 3 BVerfGG. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerden in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang nicht zur Entscheidung an, da insoweit Annahmegründe im Sinne des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht gegeben sind.
1. Abgesehen von der Rüge einer Verletzung des gesetzlichen Richters kommt den Verfassungsbeschwerden weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 BVerfGG). Eine Verletzung solcher Rechte durch die angegriffenen Beschlüsse des Finanzgerichts München ist, soweit die Verfassungsbeschwerden zulässig sind, nicht erkennbar.
a) Insbesondere liegt keine Verletzung der Garantie effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG vor.
Es bedarf keiner Entscheidung, inwieweit die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 1. April 2010 - II B 168/09 - BFHE 228, 149, m.w.N.), die das Finanzgericht in dem Beschluss vom 7. April 2011 über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Aussetzung der Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids zugrunde gelegt hat, in jeder Hinsicht mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, der mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der den angefochtenen Steuerbescheid tragenden Gesetzesvorschrift begründet wird, abzulehnen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles dem Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt, ohne dass es einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bedarf (im Grundsatz zustimmend vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. April 1988 - 1 BvR 146/88 -, juris, und Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. April 1992 - 2 BvR 283/92 -, juris; ablehnend Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rn. 97, und Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 6. Januar 2011 - 7 V 66/10 -, EFG 2011, S. 827; kritisch auch Gräber/Koch, FGO, 7. Auflage 2010, § 69 Rn. 113 und Schallmoser, DStR 2010, S. 297). Hiervon ausgehend versagt der Bundesfinanzhof regelmäßig einstweiligen Rechtsschutz gegen Bescheide nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der Fassung des am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24. Dezember 2008 (Erbschaftsteuerreformgesetz - ErbStRG -, BGBl I S. 3018), sofern der Antrag lediglich mit der behaupteten Verfassungswidrigkeit des Gesetzes begründet wird.
Das Finanzgericht hat die Rechtsgrundsätze des Bundesfinanzhofs seinem Beschluss vom 7. April 2011 vorangestellt, sie auf den konkreten Einzelfall angewandt und nach ihrer Maßgabe die von der Beschwerdeführerin beantragte Aussetzung der Vollziehung des im anhängigen Klageverfahren angefochtenen Erbschaftsteuerbescheids abgelehnt. Die so begründete Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes begegnet schon deshalb keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, weil sich der Beschwerdebegründung keine substanziellen Anhaltspunkte für ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuerreformgesetzes entnehmen lassen (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Beschlüsse des FG Köln vom 13. Oktober 2010 - 9 V 2648/10 und 9 V 2566/10 -, juris). Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin trotz ihres ansonsten detailreichen Vortrags die Verwendung der liquiden Mittel aus dem Nachlass nicht hinreichend substantiiert erläutert. Sie hat nicht zu erklären vermocht, weshalb die ursprünglich im Nachlass befindlichen liquiden Mittel eine Bezahlung der Erbschaftsteuer - und sei es auch nur zu einem Teil - nicht zugelassen haben.
b) Soweit das Finanzgericht der Beschwerdeführerin vor dem zu den Sicherungshypotheken ergangenen Beschluss vom 28. Juni 2011 die von ihr beantragte Akteneinsicht nicht gewährt hat, ohne im Beschluss auf das Akteneinsichtsgesuch und etwaige Gründe für dessen Versagung einzugehen, liegt nach Aktenlage zwar ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor (näher zu den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Akteneinsicht nach § 78 FGO BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. April 2010 - 1 BvR 3515/08 -, juris). Da die Beschwerdeführerin diesbezüglich jedoch eine Anhörungsrüge (vgl. zu deren Erforderlichkeit BVerfGE 122, 190 <198>) gemäß § 133a FGO nicht erhoben, zumindest aber deren Erhebung nicht dargelegt hat, ist die Verfassungsbeschwerde insoweit aus Gründen der Subsidiarität insgesamt unzulässig (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/08 -, NJW 2005, S. 3059, und vom 24. April 2008 - 1 BvR 206/08 -, juris, sowie Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Februar 2011 - 2 BvR 45/11 -, juris).
c) Von einer weiteren Begründung für die überwiegende Nichtannahme der Verfassungsbeschwerden sieht die Kammer nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG ab. Mit der Teilnichtannahme der Verfassungsbeschwerden werden die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insoweit gegenstandslos (vgl. § 40 Abs. 3 GOBVerfG).
2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) rügt, bleibt die Entscheidung über die diesbezügliche Annahme der Verfassungsbeschwerden dem Senat vorbehalten. Denn zu der Frage, ob ein als befangen abgelehnter Richter nach der ohne seine Mitwirkung erfolgten Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs in einem hierauf bezogenen Anhörungsrügeverfahren mitwirken darf, liegen uneinheitliche Entscheidungen oberster Bundesgerichte vor (vgl. einerseits Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12. März 2009 - XI S 17-21/08 -, juris, und andererseits Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09 -, NJW-RR 2011, S. 427), so dass eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung der Verfassungsbeschwerden (vgl. § 93a Abs. 2 Buchst. a BVerfGG) insoweit ernsthaft in Betracht kommt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.