Entscheidungsdatum: 04.07.2012
1. Im Erkenntnisverfahren darf eine öffentliche Zustellung nur angeordnet werden, wenn die begünstigte Partei alle der Sache nach geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen angestellt hat, um den Aufenthalt des Zustellungsadressaten zu ermitteln und ihre ergebnislosen Bemühungen gegenüber dem Gericht dargelegt hat.
2. Allein die ergebnislose Anfrage beim Einwohnermeldeamt und dem Zustellungspostamt des letzten Wohnsitzes des Zustellungsadressaten genügt hierfür in der Regel nicht.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 14. Mai 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger verlangt nach der Kündigung eines Mietvertrages von der Beklagten die Räumung und Herausgabe von gewerblich genutzten Räumen.
Der Kläger vermietete im August 2002 ein in seinem Eigentum stehendes Appartement an die Beklagte zur Nutzung als Wohnraum. Beim Abschluss des schriftlichen Mietvertrages wurde der Kläger durch die Streithelferin der Beklagten (nachfolgend: Streithelferin) vertreten, die mit der Verwaltung der Wohnung beauftragt war. Gleichzeitig mietete die Beklagte in dem Gebäude zwei angrenzende Wohnungen anderer Eigentümer an, wobei diese beim Vertragsschluss ebenfalls von der Streithelferin vertreten wurden. Die drei Wohnungen waren durch verschiedene bauliche Maßnahmen, insbesondere durch den Einbau einer gemeinsamen Eingangstür, zu einer räumlichen Einheit verbunden, in der die Beklagte ein Bordell betreibt.
Nachdem der Kläger Kenntnis von der tatsächlichen Nutzung des Appartements als Bordellbetrieb erfahren hatte, kündigte er im August 2008 das Mietverhältnis fristlos. Das Kündigungsschreiben wurde als Einschreiben mit Rückschein an die Adresse der Mietwohnung versandt und konnte der Beklagten dort auch zugestellt werden.
Nachdem die Räumungsklage der Beklagten unter dieser Adresse nicht zugestellt werden konnte, hat das Amtsgericht auf Antrag des Klägers die öffentliche Zustellung der Klage angeordnet und nach Ablauf der gesetzten Fristen im schriftlichen Vorverfahren antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte erlassen. Das Versäumnisurteil ist der Beklagten ebenfalls durch öffentliche Bekanntmachung am 2. März 2009 zugestellt worden.
Am 20. Mai 2009 hat die Beklagte gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist beantragt.
Das Amtsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und den Einspruch wegen Verfristung als unzulässig verworfen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtstreits an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, das Amtsgericht habe zu Unrecht den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils wirke nicht gegen die Beklagte, so dass ihr Einspruch nicht verfristet sei. Die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung setze voraus, dass der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und daher die Zustellung nicht möglich sei. An die Feststellung dieser Voraussetzungen seien durchweg hohe Anforderungen zu stellen, um das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Eine Partei, die eine öffentliche Zustellung beantrage, habe daher darzutun und nachzuweisen, dass sie das Erforderliche und Mögliche zur Prüfung des unbekannten Aufenthalts des Zustellungsadressaten getan habe.
Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Kläger habe lediglich eine Nachfrage beim Einwohnermeldeamt sowie eine Anschriftenprüfung durch die Deutsche Post AG veranlasst. Ihm seien jedoch weitere Nachforschungen unschwer möglich gewesen. So habe er bei der Streithelferin als Verwalterin der Wohnung nachfragen können, ob die Beklagte vor Ort aufhältlich sei. Solche Nachforschungen oder auch nur ein Anruf bei dem Bordell hätten zweifellos zur Klärung der Aufenthaltsfrage geführt.
Somit hätten die Voraussetzungen einer öffentlichen Bekanntmachung für das Amtsgericht erkennbar nicht vorgelegen. Die Zustellung sei zwar grundsätzlich wirksam; Rechtsmittelfristen würden durch sie jedoch nicht in Gang gesetzt. Daher sei der Einspruch der Beklagten nicht verfristet gewesen. Eine Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag sei nicht erforderlich gewesen.
Der Kläger könne allerdings nicht die Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangen, weil er den Mietvertrag nicht ohne die Mitwirkung der Vermieter der beiden anderen Wohnungen habe kündigen können.
Da die drei Wohnungen baulich zu einer Einheit verbunden gewesen seien, die von der Beklagten insgesamt gewerblich genutzt werde, bestehe auf Vermieterseite eine Bruchteilsgemeinschaft gemäß § 741 BGB.
Grundsätzlich sei bei einer Mehrheit von Vermietern, die untereinander durch das Miteigentum an dem Mietgegenstand verbunden seien, davon auszugehen, dass eine Gemeinschaft im Sinne von § 741 BGB vorliege. Die Kündigung sei in einem solchen Fall wegen der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses von allen Gemeinschaftern zu erklären. Ein solcher Fall sei vorliegend gegeben. Die Beklagte habe zwar drei Wohnraummietverträge mit verschiedenen Eigentümern, die jeweils durch die Streithelferin vertreten worden seien, abgeschlossen. Diese Wohnraummietverträge seien jedoch als Scheingeschäfte gemäß § 117 Abs. 1 BGB unwirksam. Tatsächlich sei von der Beklagten und der Streithelferin als Vertreterin der Eigentümer der Abschluss eines gewerblichen Mietvertrages für ein einheitliches Objekt, bestehend aus den drei Wohnungen, beabsichtigt gewesen. Dies ergebe sich aus den bei dem durchgeführten Ortstermin getroffenen Feststellungen. Die drei Wohnungen seien durch bauliche Veränderungen zu einer Einheit verbunden gewesen. Schon vor der Anmietung der Wohnungen durch die Beklagte sei in den gesamten Räumlichkeiten ein "Studio" betrieben worden. Aus Sicht der Streithelferin und der Beklagten habe daher beim Vertragsschluss die Vorstellung bestanden, dass das Objekt als Einheit angemietet werde und auch nur einheitlich gekündigt werden könne. Dieses Vorstellungsbild der Streithelferin müsse sich der Kläger nach § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Die Voraussetzungen für ein kollusives Zusammenwirken der Beklagten und der Streithelferin zum Nachteil des Klägers seien nicht erfüllt.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings eine Sachentscheidung über die mit dem Einspruch erhobenen Einwände der Beklagten getroffen, ohne über den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten gegen die Versäumung der Einspruchsfrist zu entscheiden. Denn das am 2. März 2009 öffentlich zugestellte Versäumnisurteil, gegen das die Beklagte erst am 20. Mai 2009 Einspruch eingelegt hat, war nicht rechtskräftig geworden. Durch die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils wurde die Einspruchsfrist (§ 339 Abs. 2 ZPO) nicht in Gang gesetzt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 185 Nr. 1 ZPO) für eine öffentliche Zustellung erkennbar nicht vorgelegen haben (vgl. BGHZ 149, 311 = NJW 2002, 827, 830).
a) Nach § 185 Nr. 1 ZPO kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Unbekannt ist der Aufenthalt einer Person nur dann, wenn nicht nur das Gericht, sondern auch die Allgemeinheit den Aufenthalt des Zustellungsadressaten nicht kennt (BGHZ 149, 311 = NJW 2002, 827, 828). Dabei ist es zunächst Sache der Partei, die durch die Zustellung begünstigt wird, alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anzustellen, um den Aufenthalt des Zustellungsempfängers zu ermitteln und ihre ergebnislosen Bemühungen gegenüber dem Gericht darzulegen. Dies gilt auch, wenn die Zustellung von Amts wegen vorzunehmen ist (MünchKommZPO/Häublein 3. Aufl. § 185 Rn. 6).
b) In welchem Umfang die Partei Nachforschungen zum Aufenthalt des Zustellungsadressaten anzustellen hat, wird in Rechtsprechung und Schrifttum allerdings unterschiedlich beurteilt. Vereinzelt wird es für ausreichend angesehen, wenn die Partei ergebnislos beim Einwohnermeldeamt und dem Zustellungspostamt des letzten Wohnsitzes des Zustellungsadressaten angefragt hat (vgl. OLG Naumburg NJW-RR 2001, 1148 f.; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 33. Aufl. § 185 Rn. 7). Wegen der besonderen Bedeutung der Zustellung für die Gewährung rechtlichen Gehörs sind jedoch an die Feststellung, dass der Aufenthalt des Zustellungsadressaten unbekannt ist, im Erkenntnisverfahren hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BGH Urteil vom 14. Februar 2003 - IXa ZB 56/03 - NJW 2003, 1530 f. unter ausdrücklicher Abgrenzung zum Vollstreckungsverfahren; vgl. auch Zöller/Stöber ZPO 29. Aufl. § 185 Rn. 2; Dornhöfer in BeckOK ZPO [Stand: April 2012] § 185 Rn. 2). Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum verlangt deshalb zu Recht, dass die begünstigte Partei alle der Sache nach geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anstellt, um den Aufenthalt des Zustellungsadressaten zu ermitteln. Die begünstigte Partei ist daher beispielsweise auch gehalten, durch persönliche Nachfragen beim ehemaligen Arbeitgeber, bei dem letzten Vermieter oder bei Hausgenossen und Verwandten des Zustellungsadressaten dessen Aufenthalt zu ermitteln (vgl. OLG Köln Urteil vom 16. Februar 2011 - 11 U 183/10 - juris Rn. 8; OLG Frankfurt MDR 1999, 1402; OLG Zweibrücken FamRZ 1983, 630; MünchKommZPO/Häublein 3. Aufl. § 185 Rn. 2; Zöller/Stöber ZPO 29. Aufl. § 185 Rn. 2; Musielak/Wittschler ZPO 9. Aufl. § 185 Rn. 2). Die vorgenommenen Nachforschungen und deren Ergebnis muss die begünstigte Partei gegenüber dem Gericht darlegen. Hat das Gericht Zweifel an der Darstellung der Partei, ist es, sofern die Zustellung von Amts wegen vorzunehmen ist, auch zu eigenen Überprüfungen verpflichtet (MünchKommZPO/Häublein 3. Aufl. § 185 Rn. 7).
c) Auf dieser rechtlichen Grundlage durfte sich das Amtsgericht für die Anordnung der öffentlichen Zustellung des Versäumnisurteils nicht mit den vom Kläger vorgelegten Unterlagen begnügen und hätte die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils ablehnen müssen. Das Berufungsgericht weist insoweit zutreffend darauf hin, dass dem Kläger weitere geeignete Maßnahmen zur Ermittlung des Aufenthaltsorts der Beklagten zur Verfügung standen, die er ungenutzt ließ. Naheliegend wäre gewesen, dass sich der Kläger zunächst mit der Streithelferin als Verwalterin der Eigentumswohnanlage in Verbindung setzt und dort nachfragt, ob ihr der Aufenthalt der Beklagten bekannt ist. Da dem Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits bekannt war, dass die Beklagte in der Wohnung ein Bordell betreibt, war ihm auch zuzumuten, sich unmittelbar telefonisch oder schriftlich an das in der Wohnung betriebene Bordell zu wenden, um dort Erkenntnisse über den Aufenthaltsort der Beklagten zu erhalten. Dazu bestand auch deshalb Anlass, weil dem Kläger bekannt war, dass zuvor die Kündigung des Mietvertrages unter dieser Anschrift an die Beklagte zugestellt werden konnte.
d) Eine unter Verstoß gegen § 185 ZPO angeordnete öffentliche Zustellung löst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Zustellungsfiktion des § 188 ZPO nicht aus und setzt damit keine Frist in Lauf (BGHZ 149, 311, 321 = NJW 2002, 827, 830; BGH Urteil vom 6. Oktober 2006 - V ZR 282/05 - NJW 2007, 303 Rn. 12). Das gilt jedenfalls dann, wenn die öffentliche Zustellung bei sorgfältiger Prüfung der Unterlagen nicht hätte angeordnet werden dürfen, deren Fehlerhaftigkeit für das Gericht also erkennbar war (BGHZ 149, 311, 323 = NJW 2002, 827, 830). In einem solchen Fall, von dem das Berufungsgericht hier ausgeht, kommt das Verfahren nicht zum Abschluss. Es ist bei Entdeckung des Fehlers fortzusetzen, ohne dass es dazu einer Wiedereinsetzung bedarf (BGHZ 149, 311, 322 = NJW 2002, 827, 831; BGH Urteil vom 6. Oktober 2006 - V ZR 282/05 - NJW 2007, 303 Rn. 12).
2. Soweit das Berufungsgericht dagegen die vom Kläger erklärte Kündigung mit der Begründung für unwirksam hält, dieser bilde zusammen mit den Eigentümern der beiden anderen Wohnungen eine Bruchteilsgemeinschaft und habe daher die Kündigung des Mietverhältnisses nicht allein erklären können, sind die Erwägungen nicht frei von Rechtsirrtum. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Annahme, dass zwischen dem Kläger und den Eigentümern der beiden anderen Wohnungen eine Bruchteilsgemeinschaft besteht, nicht.
a) Zwar geht das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass eine Mehrheit von Vermietern, die Miteigentümer des vermieteten Gegenstandes sind, eine Bruchteilsgemeinschaft nach § 741 BGB bilden, wenn sie keinen weiteren gemeinsamen Zweck verfolgen, ihr Interesse sich mithin allein am Miteigentum an dem vermieteten Gegenstand erschöpft (vgl. Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 10. Aufl. vor § 535 BGB Rn. 269). Dass an den Mietwohnungen Miteigentum der drei Vermieter besteht, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es führt in der angegriffenen Entscheidung vielmehr selbst aus, dass die an die Beklagte vermieteten Wohnungen jeweils im Alleineigentum der Vermieter stehen. Da die Eigentumsverhältnisse an den Wohnungen weder durch die rein tatsächlichen baulichen Veränderungen noch durch die Vermietung der drei Wohnungen an dieselbe Mieterin verändert werden, kann unter diesem Gesichtspunkt nicht auf das Vorliegen einer Bruchteilsgemeinschaft geschlossen werden.
b) Eine Bruchteilsgemeinschaft kann jedoch auch rechtgeschäftlich begründet werden (Palandt/Sprau BGB 71. Aufl. § 741 Rn. 2). Dies ist der Fall, wenn ein Recht durch Rechtsgeschäft als gemeinschaftliches begründet wird (MünchKommBGB/K. Schmidt 5. Aufl. § 741 Rn. 30). Deshalb führt die rechtsgeschäftliche Begründung einer gemeinschaftlichen Forderung zur Entstehung einer Bruchteilsgemeinschaft, wenn die Beteiligten keinen weiteren gemeinsamen Zweck verfolgen (MünchKommBGB/K. Schmidt 5. Aufl. § 741 Rn. 30). Ob eine rechtsgeschäftlich begründete Bruchteilsgemeinschaft nur an einzelnen Rechten und Forderungen oder auch an einem Rechtsverhältnis - z.B. einem Mietverhältnis - bestehen kann, ist allerdings umstritten (vgl. MünchKommBGB/K. Schmidt 5. Aufl. § 741 Rn. 18 mwN). Diese Frage kann im vorliegenden Fall jedoch dahingestellt bleiben.
c) Voraussetzung für die rechtsgeschäftliche Begründung einer Bruchteilsgemeinschaft ist stets, dass die Beteiligten gemeinsam gehandelt haben oder wirksam vertreten wurden (Gehrlein in BeckOK/BGB [Stand: 1. Mai 2012] § 741 Rn. 7). Hierzu verhält sich das Berufungsurteil nicht. Das Berufungsgericht hat die Frage der wirksamen Vertretung des Klägers nur unter dem Gesichtspunkt des Vollmachtsmissbrauchs behandelt und einen solchen verneint, da ein Zusammenwirken der Beklagten und der Streithelferin zum Nachteil des Klägers nicht erkennbar sei. Auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung, die Streithelferin habe als Stellvertreterin des Klägers einen einheitlichen Mietvertrag über alle drei Wohnungen abgeschlossen, hätte das Berufungsgericht zunächst prüfen müssen, ob die Streithelferin beim Abschluss des Mietvertrages die Grenzen einer ihr erteilten Vollmacht überschritten und damit insoweit als Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 177 BGB) gehandelt hat.
aa) Ein Vollmachtsmissbrauch liegt vor, wenn sich ein Vertreter bei seinem rechtsgeschäftlichen Handeln im Außenverhältnis zwar im Rahmen der ihm erteilten Vertretungsmacht bewegt, dabei jedoch nicht die ihm im Innenverhältnis zum Vertretenen für ihre Ausübung gezogenen Grenzen beachtet (MünchKommBGB/Schramm 6. Aufl. § 164 Rn. 106). Die Prüfung eines Vollmachtsmissbrauchs setzt daher voraus, dass das abgeschlossene Rechtsgeschäft grundsätzlich von der erteilten Vollmacht erfasst wird. Überschreitet ein Vertreter dagegen die ihm im Außenverhältnis gesetzten Grenzen der erteilten Vollmacht, handelt er insoweit als Vertreter ohne Vertretungsmacht und die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts hängt von der Genehmigung durch den Vertretenen ab (§ 177 Abs. 1 BGB).
bb) Im vorliegenden Fall war die Streithelferin vom Kläger mit der Verwaltung seiner Eigentumswohnung beauftragt. Inwieweit sie in dieser Funktion überhaupt berechtigt war, für den Kläger Mietverträge abzuschließen, ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen nicht. Das Berufungsgericht geht zwar offensichtlich von der Annahme aus, dass die Streithelferin vom Kläger bevollmächtigt war, für eine Vermietung der Wohnung Sorge zu tragen und in seinem Namen entsprechende Mietverträge abzuschließen. Aber auch dann kann nicht ohne genauere Prüfung davon ausgegangen werden, dass die Streithelferin zu einer Vermietung der Wohnung zur gewerblichen Nutzung - gar zur Nutzung als Bordell - oder dazu bevollmächtigt war, Verträge abzuschließen, die den Kläger zu einem Mitglied einer Bruchteilsgemeinschaft werden lassen.
cc) Die Annahme einer Bruchteilsgemeinschaft hätte nicht nur zur Folge, dass der Kläger den Mietvertrag ohne die Mitwirkung der beiden anderen Wohnungseigentümer nicht kündigen könnte (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 25/09 - NJW 2011, 61 Rn. 20 mwN). Der Kläger würde auch in anderen Belangen erheblich in seinen Rechten beschränkt. Insbesondere könnte der Kläger von der Beklagten nicht mehr unmittelbar die Zahlung der Miete fordern. Der Grundsatz der gemeinsamen Verwaltung (§§ 744, 745 BGB) schließt die Anwendung des § 420 BGB auf Forderungen der Gemeinschaft gegen einen Mieter aus; die Forderungen sind auf eine im Rechtssinne unteilbare Leistung (§ 432 BGB) gerichtet (BGH Urteil vom 28. Mai 2005 - VIII ZR 399/03 - NJW 2005, 3781, 3782). Dem Kläger stünde daher nur ein Anspruch auf einen entsprechenden Teil des Ertrages aus dem gesamten Mietverhältnis zu, der sich ausschließlich gegen die anderen Teilhaber richtet (vgl. BGH Urteil vom 29. Januar 1969 - VIII ZR 20/67 - NJW 1969, 839). Auch sonstige Verwaltungsmaßnahmen wie Reparaturarbeiten, Modernisierungsmaßnahmen und ähnliches wären gemäß §§ 744, 745 BGB ohne die Mitwirkung der beiden anderen Wohnungseigentümer nicht mehr möglich. Zudem wäre der Kläger gemäß § 748 BGB entsprechend seinem Anteil an den Lasten und Kosten beteiligt, die durch die Nutzung und Verwaltung der beiden anderen Wohnungen anfallen.
d) Das Berufungsgericht hat zum Umfang der Vollmacht der Streithelferin keine Feststellungen getroffen. Die bei dem im Berufungsverfahren durchgeführten Ortstermin gewonnenen Erkenntnisse über den tatsächlichen baulichen Zustand der drei Wohnungen lassen keine zwingenden Rückschlüsse auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen oder den Umfang der der Streithelferin erteilten Vollmacht zu. Die von der Beklagten beabsichtigte Nutzung der Räumlichkeiten zum Betrieb eines Bordells verlangt auch nicht notwendig die Annahme eines einheitlichen Mietverhältnisses mit allen drei Wohnungseigentümern. Dies mag zwar für die Beklagte vorteilhaft und auch von der Streithelferin intendiert worden sein. Feststellungen, inwieweit die Vollmacht der Streithelferin reicht, werden hierdurch jedoch nicht entbehrlich.
3. Nach alldem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Auf die Revision ist es aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil weitere Feststellungen, insbesondere zum Umfang der der Streithelferin erteilten Vollmacht, zu treffen sind. Das Verfahren ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dose Schilling Günter
Nedden-Boeger Botur