Entscheidungsdatum: 19.12.2018
Der aus § 541 BGB folgende Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verjährt während des laufenden Mietverhältnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauert.
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 5. Januar 2018 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen mietrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen vertragswidriger Nutzung von Gewerberäumen zu Wohnzwecken geltend.
Mit Vertrag vom 28. Mai 2010 mietete die Beklagte von der damaligen Eigentümerin des Gebäudes das Erdgeschoss (275 qm), das erste Obergeschoss (205 qm), drei Kellerräume (75 qm) sowie eine anteilige Fläche des Eingangsbereichs im Erdgeschoss (ca. 20 qm). Mietbeginn war der 1. Juni 2010. In § 2 des Mietvertrags heißt es: "Die Vermietung erfolgt zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros".
Der Kläger erwarb die Immobilie von der damaligen Vermieterin. Die Beklagte nutzt seit Bezug der Immobilie das gesamte erste Obergeschoss zu Wohnzwecken. Einen auf den 2. Mai 2011 datierten Nachtrag zum Mietvertrag, der ihr rückwirkend die Nutzung des ersten Obergeschosses zu Wohnzwecken erlaubt hätte, unterzeichnete die Beklagte nicht. Mit Schreiben vom 14. Juli 2016 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 29. Juli 2016 auf, die Nutzung des ersten Obergeschosses zu Wohnzwecken zu unterlassen.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, das erste Obergeschoss der Immobilie zu Wohnzwecken zu nutzen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2018, 499 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch nach § 541 BGB zu. Die teilweise Nutzung des Mietobjekts als Wohnung stelle keinen vertragsgemäßen Gebrauch dar, weil der Beklagten auf der Grundlage des geschlossenen Mietvertrags eine Nutzung des Objekts zu Wohnzwecken nicht erlaubt sei. Die Regelung in § 2 des Mietvertrags sei eindeutig und keiner anderslautenden Interpretation zugänglich. Die Vermietung erfolge zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros (Nr. 1) und die Nutzung der Mieträume zu jedwedem anderen Zweck bedürfe der ausdrücklichen schriftlichen Genehmigung (Nr. 3). Eine solche schriftliche Genehmigung hinsichtlich einer Nutzung zu Wohnzwecken liege aber nicht vor. Die Beklagte habe auch nicht bewiesen, dass sich der Vermieter mündlich mit einer Nutzung zu Wohnzwecken einverstanden erklärt habe. Die gemäß § 541 BGB erforderliche Abmahnung sei erfolgt.
Der Unterlassungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Wenn der Beklagten nur die Nutzung zu Bürozwecken erlaubt gewesen sei und sie sich sodann geweigert habe, den ersten Nachtrag zum Mietvertrag zu unterschreiben, welcher ihr die Nutzung zu Wohnzwecken erlaubt hätte, handele vielmehr die Beklagte rechtsmissbräuchlich, wenn sie nunmehr im Prozess geltend mache, der Unterlassungsanspruch sei verwirkt.
Der Unterlassungsanspruch sei auch nicht verjährt. Zwar verjähre auch ein Unterlassungsanspruch in drei Jahren, wobei die Verjährungsfrist grundsätzlich mit der Zuwiderhandlung zu laufen beginne. Im vorliegenden Fall sei jedoch von einem Dauerverstoß mit der Folge auszugehen, dass der Anspruch des Vermieters auf Unterlassung während der Mietzeit ständig neu entstehe und mithin während der Mietzeit nicht verjähre. Die (vertragliche) Pflicht, bei Gewerberaummietverhältnissen eine Wohnnutzung ohne Erlaubnis des Vermieters zu unterlassen, stelle eine in die Zukunft gerichtete Dauerverpflichtung dar. Diese Pflicht des Mieters erschöpfe sich nicht in einer einmaligen Unterlassung, sondern gehe dahin, die Mietsache während der Mietzeit zu keinem Zeitpunkt als Wohnung zu nutzen, und entstehe daher während des Mietverhältnisses ständig neu. Bei dem Verstoß gegen (Dauer-)Unterlassungspflichten sprächen auch Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften nicht für eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs, weil keine Verdunkelungsgefahr durch Zeitablauf bestehe.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Zu Recht ist das Oberlandesgericht zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger gemäß § 541 BGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der vertragswidrigen Nutzung der Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss des Mietobjekts zu Wohnzwecken zusteht.
a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht hierbei davon ausgegangen, dass im Rahmen eines Mietverhältnisses ein Unterlassungsanspruch wegen einer vertragswidrigen Nutzung der Mietsache nicht auf § 1004 BGB gestützt werden kann, sondern allein § 541 BGB anwendbar ist. Für den Bereich der Wohnraummiete hat dies der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH Beschluss vom 17. April 2007 - VIII ZB 93/06 - NJW 2007, 2180). Bei Mietverhältnissen über Gewerberäume gilt nichts anderes. Aus der systematischen Stellung des § 541 BGB im "Untertitel 1. Allgemeine Vorschriften für Mietverhältnisse" folgt, dass die Vorschrift für alle Mietverhältnisse gilt und daher stets § 1004 BGB verdrängt (vgl. Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 13. Aufl. § 541 BGB Rn. 2).
b) Nach § 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt.
aa) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts haben die Mietvertragsparteien ausschließlich eine gewerbliche Nutzung der Mieträume, nämlich zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros (§ 2 Nr. 1 des Mietvertrags), vereinbart. Eine andere Nutzung der Mieträume ist dem Mieter nach § 2 Nr. 3 des Mietvertrags nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung gestattet. Das Vorliegen einer solchen Genehmigung hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Schließlich ist auch die Würdigung des Oberlandesgerichts, die Beklagte habe eine mündliche Vereinbarung, mit der ihr die Nutzung der Räume im ersten Obergeschoss zu Wohnzwecken gestattet wurde, nicht beweisen können, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch die Revision erinnert hiergegen nichts.
bb) Die tatsächliche Nutzung der angemieteten Räume im ersten Obergeschoss zu Wohnzwecken durch die Beklagte hält sich nicht innerhalb des vereinbarten Nutzungszwecks.
cc) Schließlich hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass die nach § 541 BGB erforderliche Abmahnung der Beklagten erfolgt ist. Danach hat der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 14. Juli 2016 unter Fristsetzung bis zum 29. Juli 2016 aufgefordert, die Nutzung des ersten Obergeschosses zu Wohnzwecken zu unterlassen.
2. Rechtsfehlerfrei ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagte dem Unterlassungsanspruch des Klägers nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten kann.
a) Grundsätzlich unterliegt der Anspruch des Vermieters aus § 541 BGB der regelmäßigen Verjährung des § 195 BGB mit einer Frist von drei Jahren (Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer/Mersson Gewerberaummiete § 541 BGB Rn. 25; Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 13. Aufl. § 548 BGB Rn. 64). Für den Beginn der Verjährung kommt es dabei nach § 199 Abs. 5 BGB - neben dem Vorliegen der in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB genannten subjektiven Voraussetzungen - statt auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs grundsätzlich auf den der Zuwiderhandlung an. Ob diese Regelung zum Verjährungsbeginn auch dann eingreift, wenn der Mieter - wie im vorliegenden Fall - die Mietsache dauerhaft vertragswidrig nutzt, ist im mietrechtlichen Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung umstritten.
aa) Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass auch bei einer vertragswidrigen Handlung, die eine dauernde Beeinträchtigung nach sich zieht, der Anspruch auf Beseitigung bzw. Unterlassung bereits mit Beginn der Beeinträchtigung entstehe (OLG Brandenburg NJ 2008, 176, 178; LG Halle ZMR 2014, 644, 645; LG Saarbrücken Urteil vom 24. Oktober 2008 - 5 T 48/08 - juris Rn. 57 ff. zu dem Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB iVm § 15 Abs. 3 WEG; Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2014] § 199 Rn. 109).
bb) Die Gegenansicht nimmt an, dass bei einem andauernden vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache - wie der unerlaubten Nutzung von Gewerberäumen zu Wohnzwecken - der Anspruch des Vermieters aus § 541 BGB während des bestehenden Mietverhältnisses nicht verjähren kann (LG Hamburg ZMR 2013, 632, 634; Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 13. Aufl. § 548 BGB Rn. 64; MünchKommBGB/Bieber 7. Aufl. § 541 Rn. 17; BeckOK BGB/Fritzsche [Stand: 1. November 2018] § 1004 Rn. 121).
b) Die letztgenannte Ansicht trifft zu. Der aus § 541 BGB folgende Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verjährt während des laufenden Mietverhältnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauert.
aa) Der Bundesgerichtshof hat für den Bereich des Wohnungseigentumsrechts bereits entschieden, dass bei einer zweckwidrigen Nutzung einer Teileigentumseinheit als Wohnraum der Unterlassungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer aus § 1004 Abs. 1 BGB bzw. § 15 Abs. 3 WEG nicht verjährt, solange die Nutzung andauert (BGH Urteil vom 8. Mai 2015 - V ZR 178/14 - NJW-RR 2015, 781 Rn. 9; vgl. auch BGH Beschluss vom 16. Juni 2011 - V ZA 1/11 - ZMR 2011, 967 Rn. 7). Zur Begründung wurde dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass in diesem Fall der Schwerpunkt der Störung nicht vornehmlich in der Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung liegt, sondern die übrigen Wohnungseigentümer in gleicher Weise dadurch beeinträchtigt werden, dass die zweckwidrige Nutzung dauerhaft aufrechterhalten wird (BGH Urteil vom 8. Mai 2015 - V ZR 178/14 - NJW-RR 2015, 781 Rn. 9).
bb) Diese Erwägung trägt auch im vorliegenden Fall. Nutzt ein Mieter die von ihm zu gewerblichen Zwecken angemieteten Räumlichkeiten als Wohnung, liegt der Schwerpunkt seines vertragswidrigen Verhaltens ebenfalls nicht in der Aufnahme, sondern in der dauerhaften Aufrechterhaltung der unerlaubten Nutzung der Mietsache. Dadurch verletzt der Mieter fortwährend die ihm während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses obliegende mietvertragliche Verpflichtung, die Mietsache nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Verwendungszwecks zu nutzen. Dieser Dauerverpflichtung des Mieters entspricht die aus § 535 Abs. 1 BGB folgende Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten (vgl. Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer/Mersson Gewerberaummiete § 541 BGB Rn. 2; Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 13. Aufl. § 548 BGB Rn. 64). Zu dieser hat der Bundesgerichtshof ebenfalls bereits entschieden, dass sie eine vertragliche Dauerverpflichtung darstellt, die während des Bestehens des Vertragsverhältnisses schon begrifflich nicht verjähren kann, weil sie während dieses Zeitraums gleichsam ständig neu entsteht (vgl. BGHZ 184, 253 = NJW 2010, 1292 Rn. 17). Für eine davon abweichende verjährungsrechtliche Behandlung der Verpflichtung des Mieters, die Mietsache während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses nur zu dem vertraglich vereinbarten Zweck zu nutzen, besteht kein Grund. In beiden Fällen handelt es sich jeweils um eine in die Zukunft gerichtete Dauerverpflichtung. Für solche Dauerverpflichtungen hat der Bundesgerichtshof indes auch in anderem rechtlichen Zusammenhang mehrfach entschieden, dass die Verjährung nicht beginnen kann, solange der Eingriff noch andauert (vgl. BGH Urteile vom 18. September 2018 - II ZR 152/17 - NZG 2018, 1301 Rn. 18; vom 22. April 2016 - V ZR 189/15 - NJW-RR 2017, 210 Rn. 35 f.; vom 12. Juni 2015 - V ZR 168/14 - NJW-RR 2016, 24 Rn. 31 und vom 27. April 2012 - V ZR 177/11 - NJW-RR 2012, 910 Rn. 10).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision stehen auch Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften der Annahme nicht entgegen, dass der Unterlassungsanspruch des Vermieters nach § 541 BGB während des laufenden Mietverhältnisses nicht verjähren kann. Die Verjährung beruht auf den Gedanken des Schuldnerschutzes, des Rechtsfriedens (BGH Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16 - NJW 2017, 2755 Rn. 9) und der Rechtssicherheit (Senatsurteil BGHZ 128, 74 = NJW 1995, 252, 253). Sie soll den Schuldner davor schützen, wegen länger zurückliegender Vorgänge in Anspruch genommen zu werden, die er nicht mehr aufklären kann, weil ihm Beweismittel für etwa begründete Einwendungen abhanden gekommen oder Zeugen nicht mehr auffindbar sind (BGHZ 184, 253 = NJW 2010, 1292 Rn. 18 und BGHZ 122, 241 = NJW 1993, 2054, 2055). Dabei stellt das Verjährungsrecht die Vermutung auf, dass ein Anspruch, der aus weit zurückliegendem Entstehungsgrund erhoben wird, möglicherweise nie entstanden oder bereits erloschen ist. Dies soll dem Schuldner die Möglichkeit geben, einen Anspruch abzuwehren, ohne ihn inhaltlich bekämpfen zu müssen. Sollte der Anspruch doch bestehen, hat der Berechtigte den Nachteil der Verjährung durch seine Nachlässigkeit in der Regel selbst verschuldet (BGH Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 253/16 - NJW 2018, 2056 Rn. 25).
Diese Schuldnerschutzgedanken der Verjährungsregelungen kommen hier nicht zum Tragen. Mit seinem Unterlassungsbegehren macht der Vermieter keinen Anspruch geltend, für dessen Entstehung es auf einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang ankommt. Voraussetzung für den Anspruch des Vermieters aus § 541 BGB ist, dass der Mieter im Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme die Mietsache entgegen dem vertraglich vereinbarten Zweck nutzt. Der Vermieter reagiert daher mit der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs auf ein gegenwärtiges und aus seiner Sicht vertragswidriges Verhalten des Mieters, um eine vertragsgemäße Nutzung der Mieträume für die Zukunft sicherzustellen. Da somit der Anknüpfungspunkt des Unterlassungsanspruchs aus § 541 BGB die gegenwärtige Nutzung der Mietsache durch den Mieter ist, treffen diesen die Nachteile, vor denen das Verjährungsrecht den Schuldner schützen will, nicht. Ob hierbei im Einzelfall der Mieter aufgrund des Zeitablaufs Schwierigkeiten hat, eine vom ihm behauptete nachträgliche Änderung des Mietzwecks zu beweisen, ist ein allgemeines beweisrechtliches Problem und für die Frage, ob die Schuldnerschutzgedanken der Verjährungsregelungen im vorliegenden Fall berührt sind, ohne Bedeutung.
dd) Könnte bei einer andauernden vertragswidrigen Nutzung der Mietsache durch den Mieter der Anspruch aus § 541 BGB bereits während des laufenden Vertragsverhältnisses verjähren, würde dies schließlich zu einem Ergebnis führen, das mit den Rechtsfolgen der Verjährung nicht in Einklang stünde. Grundsätzlich führt der Eintritt der Verjährung nicht zum Erlöschen des Anspruchs (Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2014] § 214 Rn. 36). Mit Ablauf der Verjährungsfrist darf der Schuldner lediglich die geschuldete Leistung verweigern und erhält die Möglichkeit, durch Erhebung der Verjährungseinrede (§ 214 Abs. 1 BGB) die Durchsetzbarkeit des gegen ihn gerichteten Anspruchs zu verhindern. In der hier zu entscheidenden Fallkonstellation hätte die Erhebung der Verjährungseinrede jedoch zur Folge, dass der Vermieter anschließend keine Möglichkeit mehr hätte, die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache zu verhindern. Ihm bliebe lediglich die Möglichkeit, den Mietvertrag nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB außerordentlich zu kündigen, wobei hierfür eine erhebliche Gefährdung der Mietsache sowie der Rechte des Vermieters hinzutreten müssten. Will der Vermieter aber am Vertrag festhalten, müsste er die vertragswidrige Nutzung durch den Mieter bis zur Beendigung des Mietverhältnisses dulden. Der Mieter wäre somit durch die Erhebung der Verjährungseinrede nicht nur vor seiner Inanspruchnahme geschützt, sondern er hätte es in der Hand, nur durch Zeitablauf und Erhebung der Verjährungseinrede das Mietverhältnis inhaltlich umzugestalten, etwa - wie im vorliegenden Fall - von der gewerblichen Nutzung zur Wohnnutzung. Dies ist nicht Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 13. Aufl. § 548 BGB Rn. 64 mwN).
3. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Anspruch des Klägers auf Unterlassung der vertragswidrigen Nutzung der Mieträume zu Wohnzwecken auch nicht verwirkt.
a) Zwar kann der Anspruch nach § 541 BGB grundsätzlich verwirkt werden (BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. November 2018] § 541 Rn. 15). Eine Verwirkung kommt jedoch nach allgemeinen Grundsätzen nur in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 133/17 - FamRZ 2018, 589 Rn. 12). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen zum reinen Zeitablauf also besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (Senatsurteile vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - NJW-RR 2014, 195 Rn. 11 mwN und BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698, 1699). Dementsprechend kann ein bloßes Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs für sich genommen kein berechtigtes Vertrauen des Schuldners auslösen (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 133/17 - FamRZ 2018, 589 Rn. 15), da der Vertrauenstatbestand nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden kann (Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - NJW-RR 2014, 195 Rn. 11 mwN). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - NJW-RR 2014, 195 Rn. 7 mwN).
b) Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist das Oberlandesgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass im vorliegenden Fall eine Verwirkung nach § 242 BGB ausscheidet. Denn es fehlt jedenfalls an der Verwirklichung des Umstandsmoments.
Das Oberlandesgericht hat keine ausreichenden Umstände festgestellt, die ein Vertrauen der Beklagten rechtfertigen würden, dass der Kläger mit einer dauerhaften Nutzung der Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss zu Wohnzwecken einverstanden war. Die Revision rügt zwar in diesem Zusammenhang, das Oberlandesgericht habe den Vortrag der Beklagten nicht angemessen gewürdigt, wonach diese im Vertrauen darauf, dass ihr die Wohnnutzung gestattet gewesen sei, hohe Investitionen getätigt habe. Dabei verkennt sie allerdings, dass auch der als übergangen gerügte Vortrag der Beklagten nicht ausreichend gewesen wäre, das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment zu begründen. Die Beklagte hat weder substantiiert vorgetragen, welche Investitionen von ihr getätigt worden sind, noch hat sie dargelegt, wann die Investitionen erfolgt sind. Der Beklagten wurde jedoch im Mai 2011 durch die Übersendung des Nachtrags zum Mietvertrag, der ihr die Wohnnutzung erlaubt hätte, deutlich gemacht, dass der damalige Vermieter mit einer Nutzung der Mieträume im ersten Obergeschoss des Anwesens ohne eine entsprechende Änderung des Mietvertrags nicht einverstanden war. Zur Begründung des Umstandsmoments wäre daher ein nachfolgendes Verhalten des Klägers erforderlich gewesen, aus dem die Beklagte redlicher Weise den Schluss hätte ziehen können, der Kläger sei dauerhaft mit der vertragswidrigen Nutzung der Mieträume einverstanden. Ein solches vertrauensbegründendes Verhalten des Klägers hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Es ergibt sich auch nicht aus dem von der Revision als übergangen gerügten Vortrag der Beklagten.
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