Entscheidungsdatum: 11.07.2018
Nutzt ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Duldung des anderen das im hälftigen Miteigentum beider stehende Haus nach der Trennung weiterhin und trägt wie bisher die Lasten, ohne zu erkennen zu geben, einen hälftigen Ausgleich geltend machen zu wollen, und ohne dass der andere Partner ihm ein Nutzungsentgelt abverlangt, so ist sein Ausgleichsanspruch in Höhe des hälftigen Nutzungswerts des Anwesens beschränkt (Fortführung von Senatsurteil vom 13. Januar 1993, XII ZR 212/90, FamRZ 1993, 676 und Senatsbeschluss vom 20. Mai 2015, XII ZB 314/14, FamRZ 2015, 1272).
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 3. November 2017 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin hinsichtlich der Hauptsacheforderung in Höhe von 1.683,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Januar 2016 sowie wegen außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 157,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht Celle zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten sich nach dem Ende ihrer nicht als Lebenspartnerschaft eingetragenen gleichgeschlechtlichen Beziehung um wechselseitige finanzielle Ansprüche.
Sie lebten seit 2002 in einem Hausanwesen, das ursprünglich im hälftigen Miteigentum der Klägerin und einer anderen Person stand, zusammen. Mitte November 2004 erwarb die Klägerin auch den weiteren Miteigentumsanteil und übertrug diesen mit notariellem Vertrag vom 9. Dezember 2004 auf die Beklagte. Diese übernahm im Außenverhältnis die gesamtschuldnerische Mithaftung für die in Höhe von 290.000 DM bestehenden Grundpfandrechte und die durch diese gesicherten Darlehensverbindlichkeiten sowie im Innenverhältnis die Hälfte dieser Darlehensverbindlichkeiten.
Am 10. Februar 2011 zog die Beklagte aus dem Anwesen aus. Die Klägerin, die das Anwesen bis November 2013 allein weiter bewohnte und anschließend auszog, zahlte in den Jahren 2011 bis 2014 an Grundstückslasten insgesamt 31.825,89 €; die Beklagte beteiligte sich hieran im Januar und Februar 2011 mit jeweils 200 € und von März bis Mai 2011 mit jeweils 300 €. Im Sommer 2014 veräußerten die Parteien das Anwesen für 162.500 €. Von dem nach Abzug der noch bestehenden Bankverbindlichkeiten verbleibenden Resterlös von 53.554,26 € erhielt jede Partei die Hälfte ausgezahlt.
Mit ihrer im November 2015 erhobenen Klage hat die Klägerin - neben weiteren Beträgen - von der Beklagten 14.612,93 € als Beteiligung an den in den Jahren 2011 bis 2014 erbrachten Zahlungen auf das Anwesen nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gefordert. Hiergegen hat sich die Beklagte - unter anderem - mit einem Nutzungsentschädigungsanspruch verteidigt, den sie erstmals im August 2015 geltend gemacht hat.
Das Landgericht hat der Klägerin den von ihr für die in den Jahren 2011 bis 2014 erbrachten Zahlungen geforderten Ausgleich zwar dem Grunde nach zugesprochen, ihn aber um eine Nutzungsentschädigung für den Zeitraum von März 2011 bis November 2013 von insgesamt 12.680 € gekürzt und daher lediglich 1.932,93 € nebst den sich hieraus ergebenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von 255,85 € und Zinsen zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das Oberlandesgericht hat der Klägerin auf ihre Berufung weitere Zinsen zuerkannt. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen und die Revision "hinsichtlich des Klageanspruches zu Ziffer II Nr. 1" zugelassen. Unter diesem Gliederungspunkt ist im Berufungsurteil der "Anspruch auf Aufwendungsersatz für die Zeit von 2011 bis 2014" abgehandelt.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin den restlichen Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 12.680 € nebst weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 157,79 € sowie Zinsen geltend.
Die Revision hat teilweise Erfolg.
I.
Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Die Beklagte sei als hälftige Miteigentümerin gemäß §§ 426 Abs. 1, 748, 755 BGB verpflichtet, der Klägerin die Hälfte der von ihr verauslagten Kosten für das Hausgrundstück für die Zeit von Januar 2011 bis Oktober 2014 zu erstatten, weil die Parteien als Miteigentümer des Grundstücks Gesamtschuldner der von der Klägerin erfüllten Grundstückslasten gewesen seien. Diese Ausgleichsforderung sei aber in Höhe der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Nutzungsersatzansprüche untergegangen. Zwar könne ein solcher Anspruch grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt gefordert werden, zu dem der weichende Miteigentümer eine solche Entschädigung ausdrücklich verlange. Etwas anderes gelte aber ausnahmsweise, wenn ein Grundstückseigentümer vom anderen die Erstattung von verauslagten Aufwendungen begehre und die Beteiligten das Grundstück zuvor als gemeinsame Wohnung für ihre Lebensgemeinschaft genutzt hätten. Dann könne der Weichende dem Anspruch auf Ausgleich der Grundstückskosten einen anteiligen Anspruch auf Nutzungsentschädigung entgegenhalten, ohne dass er zuvor ausdrücklich eine Neuregelung der Verwaltung und die Zahlung einer Nutzungsentschädigung begehrt haben müsse. Diese von der Rechtsprechung auf das Verhältnis von Ehegatten entwickelten Grundsätze seien auch auf nichteheliche Partnerschaften oder andere emotional verbundene Lebensgemeinschaften anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise würde zu unerträglich unbilligen Ergebnissen führen. Es sei mit Treu und Glauben unvereinbar, wenn beide Partner nach dem Scheitern der Beziehung zunächst untätig blieben, der eine jedoch später rückwirkend Zahlung wegen der Grundstückslasten verlangen könnte, während eine Neuregelung und damit ein Nutzungsentgelt nur die Zukunft beträfe.
Die Parteien hätten bis zur Trennung jahrelang auf einem Hausgrundstück gelebt und einen gemeinsamen Haushalt geführt. Nach der Trennung hätten sie zunächst Verhandlungen über ihre wirtschaftliche Auseinandersetzung geführt und seien sich dem Grunde nach sogar zeitweise einig gewesen, dass die Klägerin das Objekt übernehme und die Beklagte von den Verbindlichkeiten freigestellt werde. Nur wegen eines Streits um Nebenabreden und Kosten sei es nicht zum Abschluss der entsprechenden notariellen Vereinbarung gekommen. Nachdem die Verhandlungen im Frühjahr 2012 ergebnislos "eingeschlafen" seien, hätten die Parteien den bisherigen Zustand unverändert aufrechterhalten. Die Klägerin habe das Hausgrundstück allein bewohnt und alle Lasten für das Objekt allein getragen. Da sie einen Ausgleichsanspruch nicht angekündigt habe, habe die Beklagte auch keine Veranlassung gehabt, einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung zu aktivieren. Dies gelte insbesondere unter Beachtung des Umstands, dass die Kosten für das Grundstück und die Nutzungsentschädigung in etwa gleich hoch gewesen seien.
Der Höhe nach sei der Anspruch auf Nutzungsentschädigung entsprechend dem gutachterlich ermittelten objektiven Nutzungswert zu bemessen. Geschuldet werde eine Entschädigung für die entgangene Nutzung. Diese habe einen objektiven Wert, der der erzielbaren Marktmiete entspreche. Soweit das Landgericht den der Klägerin nach Verrechnung mit der Nutzungsentschädigung verbleibenden Ausgleichsanspruch auf 1.932,93 € festgestellt habe, seien Einwendungen zur Höhe nicht erhoben worden.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung zum überwiegenden Teil stand.
1. Die Klägerin hat die Revision - entsprechend der vom Oberlandesgericht im Urteilsausspruch und in den Entscheidungsgründen eindeutig vorgenommenen Beschränkung der Revisionszulassung - auf den Ausgleichsanspruch hinsichtlich der für die Jahre 2011 bis 2014 gezahlten Hauslasten beschränkt. Diese Beschränkung ist wirksam. Sie betrifft einen prozessual selbständigen Anspruch, mithin einen Teil des zweitinstanzlichen Streitstoffs, der in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig vom übrigen Streitstoff beurteilt werden und bei dem auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 209, 105 = NJW 2016, 1441 Rn. 16 mwN; BGH Beschluss vom 10. April 2018 - VIII ZR 247/17 - NJW 2018, 1880 Rn. 21 mwN).
Die vom Oberlandesgericht vorgenommene beschränkte Revisionszulassung bezieht sich ohne weiteres auch auf die Nebenforderungen zu dem von der Zulassung erfassten prozessualen Anspruch.
2. Die Revision ist nur in geringem Umfang begründet. Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis zutreffend für den Zeitraum 2011 bis einschließlich November 2013 einen Anspruch der Klägerin auf Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 Abs. 1 BGB bzw. auf anteiligen Ausgleich der für die Bruchteilsgemeinschaft erbrachten Aufwendungen mit Blick auf die alleinige Nutzung des Anwesens durch die Klägerin verneint. Wegen der für die Zeit ab Dezember 2013 von der Klägerin gezahlten Hauslasten kann ein über den bereits zuerkannten Betrag hinausgehender Anspruch der Klägerin hingegen auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden.
a) Im Ausgangspunkt hat das Oberlandesgericht richtig erkannt, dass der Klägerin gegen die Beklagte ab dem Ende der Lebensgemeinschaft und damit der gemeinsamen Haushaltsführung Ausgleichsansprüche wegen der ab diesem Zeitpunkt fällig werdenden und von ihr getragenen Zins- und Tilgungsraten auf die Darlehen und wegen der Hausunterhaltungskosten zustehen können, wenn ihre Leistung an die Gläubiger ihre Haftungsquote im Innenverhältnis zur mithaftenden Beklagten übersteigt. Diese Ansprüche folgen, soweit die Parteien für die Darlehen als Gesamtschuldner haften, aus § 426 Abs. 1 BGB. Daneben können sie sich unabhängig vom Bestehen einer Gesamtschuld auch aus den Vorschriften der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 748, 755 BGB) ergeben, da die Parteien hälftige Miteigentümerinnen des Hausanwesens waren. Denn es entspricht im Zweifel dem Willen der Bruchteilseigentümer, dass derjenige Teilhaber einen entsprechenden Erstattungsanspruch hat, der im Einverständnis mit den übrigen Teilhabern Aufwendungen zugunsten der Gemeinschaft macht (vgl. Senatsurteile vom 25. März 2015 - XII ZR 160/12 - FamRZ 2015, 993 Rn. 26 mwN und vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 677 mwN). Um derartige Aufwendungen geht es hier.
Gemäß § 426 Abs. 1 BGB haften Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Anteilen, wenn sich nicht aus Gesetz, einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung, Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens etwas anderes ergibt. In ähnlicher Weise lässt sich aus den Bestimmungen über die Bruchteilsgemeinschaft (§§ 748, 755 BGB) ableiten, dass die Teilhaber für Verbindlichkeiten in Bezug auf den gemeinschaftlichen Gegenstand nach dem Verhältnis ihrer Anteile haften, wenn sich nicht aus einer Vereinbarung oder aus den besonderen Umständen des Falles etwas anderes ergibt (vgl. Senatsurteile vom 25. März 2015 - XII ZR 160/12 - FamRZ 2015, 993 Rn. 27 mwN und vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 677 f. mwN).
b) Während einer Ehe kann die grundsätzliche Haftung von Gesamtschuldnern zu gleichen Teilen von der ehelichen Lebensgemeinschaft der Partner in der Weise überlagert werden, dass sich im Innenverhältnis eine andere Aufteilung ergibt, etwa dergestalt, dass der alleinverdienende Teil zugunsten des haushaltführenden Teils die gemeinsamen Verpflichtungen allein trägt und daher ein Ausgleichsanspruch ausscheidet. Daraus kann sich bis zum Scheitern der Ehe eine anderweitige Bestimmung ohne besondere Vereinbarung ergeben (Senatsurteile vom 25. März 2015 - XII ZR 160/12 - FamRZ 2015, 993 Rn. 28 mwN und vom 3. Februar 2010 - XII ZR 53/08 - FamRZ 2010, 542 Rn. 10 mwN).
Auch bei bestehender nichtehelicher Lebensgemeinschaft kann "aus der Natur der Sache", also der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens, zu folgern sein, dass - wenn die Partner nicht etwas Besonderes unter sich geregelt haben - persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Insofern werden etwa Beiträge geleistet, sofern Bedürfnisse auftreten und, wenn nicht von beiden, so von demjenigen erbracht, der dazu in der Lage ist. Nach der Rechtsprechung des Senats kommen zwar nach Beendigung einer solchen Lebensgemeinschaft wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen wurde, Ausgleichsansprüche nach Gesellschaftsrecht, ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB) oder nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht. Ausgleichsansprüche scheiden jedoch grundsätzlich hinsichtlich solcher Leistungen aus, die das Zusammenleben in der gewollten Art erst ermöglicht haben, die also auf das gerichtet sind, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt. Wegen solcher Leistungen kann auch die grundsätzliche Haftung der Gesamtschuldner zu gleichen Teilen im Innenverhältnis im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch anderweitige Bestimmung in dem Sinne überlagert sein, dass nur einer der Partner bestimmte Leistungen zu erbringen hat (Senatsurteil vom 3. Februar 2010 - XII ZR 53/08 - FamRZ 2010, 542 Rn. 11 mwN). Eine derartige abweichende Regelung der Parteien hat das Oberlandesgericht festgestellt: Die Klägerin beglich die Grundstückskosten und die Beklagte zahlte hierauf monatlich 200 €.
c) Mit dem Scheitern der Beziehung entfällt jedoch regelmäßig der Grund für eine von der hälftigen Ausgleichsregel abweichende Gestaltung. Denn nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft besteht für einen Partner im Zweifel kein Anlass mehr, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen. Das bedeutet indessen noch nicht, dass damit die hälftige Ausgleichsregelung ohne weiteres wieder zum Tragen kommt. Es ist vielmehr danach zu fragen, ob an die Stelle derjenigen Rechtsbeziehungen, die durch die Besonderheiten der Lebensgemeinschaft geprägt waren, eine andere rechtliche oder tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse tritt, die in ähnlicher Weise wie zuvor Einfluss auf das Ausgleichsverhältnis nehmen kann. Denkbar sind nämlich auch andere Umstände, die - als anderweitige Bestimmung - einem hälftigen Ausgleichsanspruch eines Partners nach Scheitern der Beziehung entgegenstehen können (vgl. Senatsurteile vom 25. März 2015 - XII ZR 160/12 - FamRZ 2015, 993 Rn. 28 und vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 678 mwN).
aa) Nutzt ein Ehegatte mit Duldung des anderen das Haus nach der Trennung weiterhin und trägt wie bisher die Lasten, ohne zu erkennen zu geben, einen hälftigen Ausgleich geltend machen zu wollen, und ohne dass der andere Ehegatte ihm ein Nutzungsentgelt abverlangt, so kann darin nach gefestigter Rechtsprechung ein solcher Umstand zu sehen sein (Senatsurteil vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 678 mwN; Senatsbeschluss vom 20. Mai 2015 - XII ZB 314/14 - FamRZ 2015, 1272 Rn. 23).
Zwar löst die alleinige Nutzung durch einen Teilhaber normalerweise noch keine Entschädigungsrechte des anderen Teilhabers aus. Dass dieser seine Befugnis zum Mitgebrauch aus § 743 Abs. 2 BGB nicht wahrnimmt, ist für sich genommen kein Grund für eine von der hälftigen Ausgleichsregel abweichende Lastenverteilung. Eine Nutzungsentschädigung steht dem weichenden Teilhaber frühestens ab dem Zeitpunkt zu, ab dem er gemäß § 745 Abs. 2 BGB eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangen kann und auch tatsächlich mit hinreichender Deutlichkeit verlangt. Gleichgültig, ob der Anspruch auf Neuregelung auf eine Geldentschädigung oder darauf gerichtet ist, dass der nutzende Teilhaber die Lasten allein übernimmt, wirkt er jedenfalls nur ex nunc. Das bedeutet andererseits aber nicht, dass die alleinige Nutzung des im Haus verbleibenden Ehegatten bei der Beurteilung seines Ausgleichsanspruchs und der Frage, ob eine anderweitige Bestimmung im Sinne der Ausgleichsregeln des § 426 BGB und der Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft vorliegt, nicht berücksichtigt werden dürfte (Senatsurteil vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 678 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 20. Mai 2015 - XII ZB 314/14 - FamRZ 2015, 1272 Rn. 23).
Insoweit spielt zum einen eine Rolle, dass eine gemeinschaftliche Berechtigung von Ehegatten auch nach dem Scheitern ihrer Ehe mit anderen Maßstäben zu messen ist als eine übliche Bruchteilsgemeinschaft. Bei letzterer ist es einem Teilhaber in der Regel zuzumuten, von seinem Nutzungsrecht Gebrauch zu machen. Er kann sich durch freiwilligen Nichtgebrauch nicht seiner Pflicht zur anteiligen Lastentragung entziehen, sondern wird davon allenfalls frei, wenn ihm der Mitgebrauch durch den anderen Teilhaber absichtlich entzogen oder sonst verweigert wird. Haben dagegen Ehegatten ein in ihrem Miteigentum stehendes Haus gemeinsam als Ehewohnung genutzt und scheitert ihre Lebensgemeinschaft, ist dem trennungswilligen Ehegatten ein weiteres Zusammenleben unter einem Dach in aller Regel nicht mehr zumutbar, auch wenn ihm der andere Ehegatte die Mitbenutzung in Gestalt einer Aufteilung der Räumlichkeiten anbietet. Daher ergäbe sich die unbillige Konsequenz, dass der weiter nutzende und die Lasten tragende Ehegatte rückwirkend einen hälftigen Ausgleichsanspruch hätte, während dem weichenden Ehegatten nur ein in die Zukunft wirkender Anspruch auf Neuregelung bzw. Nutzungsentgelt zustünde, mit dem er die bisher aufgelaufenen Ausgleichsansprüche nicht abwehren könnte. Dies wäre insbesondere dann unbillig, wenn die Ehegatten nach der Trennung zunächst stillschweigend von der bisherigen Handhabung ausgegangen sind und der weichende Ehegatte nicht sogleich ein Nutzungsentgelt verlangt hat, sondern die alleinige Nutzung des Hauses durch den anderen hinnimmt und darauf vertraut, dass dieser dafür auch die Lasten trägt (Senatsurteil vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 678; vgl. auch Senatsbeschluss vom 20. Mai 2015 - XII ZB 314/14 - FamRZ 2015, 1272 Rn. 23).
Deshalb ist in einer solchen Fallgestaltung der Ausgleichsanspruch des die Lasten tragenden Ehegatten von vornherein gemäß § 242 BGB beschränkt, ohne dass es - wie hier das Oberlandesgericht meint - einer Aufrechnungserklärung des weichenden Ehegatten bedürfte. Je nachdem, in welchem Verhältnis der Nutzungswert einerseits und die Lasten und Kosten andererseits stehen, kann sich ein Restausgleich ergeben oder ein Ausgleich ganz ausscheiden. Dadurch wird der Ehegatte, der das gemeinschaftliche Haus nicht nutzt, ebenso gestellt, als wenn er einen rückwirkenden Nutzungsentgeltanspruch dem anderen Ehegatten im Wege der Einwendung entgegenhalten würde (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 678 mwN und Senatsbeschluss vom 20. Mai 2015 - XII ZB 314/14 - FamRZ 2015, 1272 Rn. 23; vgl. auch Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011, 25 Rn. 22).
Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der von der Revision zitierten vereinzelten Kritik (vgl. MünchKommBGB/Bydlinski 7. Aufl. § 426 Rn. 18) fest. Das insoweit angeführte Argument, dem Bleibenden werde die Nutzung in aller Regel "aufgedrängt" (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2010, 1176, 1177 unter Bezugnahme auf OLG Hamburg OLGR 2006, 512, 513, wo es jedoch um eine Miterbengemeinschaft ging), ist als Abgrenzungskriterium ungeeignet. Billigt man dem trennungswilligen Ehegatten das Recht zu, auszuziehen, dann verbleibt notwendiger Weise (erst einmal) der andere Ehegatte im gemeinsamen Anwesen. Es ist ihm dann jedoch rechtlich unbenommen, seinerseits sofort auf eine andere Benutzungsregelung zu dringen und insbesondere die hälftige Beteiligung des anderen Ehegatten an den Hauslasten zu verlangen, oder ggf. auch selbst die Nutzung aufzugeben.
bb) Diese Rechtsprechung ist entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung auch auf nichteheliche Lebensgemeinschaften zu übertragen (aA offensichtlich - ohne nähere Begründung - OLG Koblenz FamRZ 2010, 1176, 1177). Ausgangspunkt der Senatsrechtsprechung ist nicht der von der Verfassung gebotene Schutz der Ehe, sondern die gegenüber dem Normalfall der Bruchteilsgemeinschaft besondere Situation zweier Partner einer Lebensgemeinschaft, die hälftige Miteigentümer des vormals gemeinsam bewohnten Hausanwesens sind und denen trennungsbedingt die gemeinschaftliche Nutzung nicht mehr zuzumuten ist. Für die sich daraus ergebenden Folgerungen macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine eheliche oder um eine nichteheliche Lebensgemeinschaft handelt, was das Oberlandesgericht - der Sache nach zutreffend - mit dem Begriff der emotional verbundenen Lebensgemeinschaft zum Ausdruck gebracht hat. Hier wie dort ist dem weichenden Partner eine Weiternutzung seines Miteigentums nicht zumutbar, woraus sich die Treu und Glauben widersprechende Diskrepanz zwischen dem ohne weiteres bestehenden Ausgleichsanspruch des das Haus weiter nutzenden und die Hauslasten tragenden Partners und dem von dem eindeutigen Verlangen abhängigen Nutzungsentschädigungsanspruch des weichenden Partners ergibt. Mithin geht es insoweit nicht um die - der Rechtsordnung auch in bestimmten vermögensrechtlichen Zusammenhängen nicht fremde (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 2010 - XII ZR 53/08 - FamRZ 2010, 542 Rn. 10 f.) - Gleichbehandlung nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit Ehen, sondern um die gleiche Beurteilung vergleichbarer Bruchteilsgemeinschaften.
cc) Es ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall den Ausgleichsanspruch der Klägerin als nach den vorstehenden Maßstäben beschränkt angesehen hat. Die Klägerin hat das gemeinschaftliche Hausanwesen nach dem Auszug der Beklagten allein genutzt und die Hauslasten ab diesem Zeitpunkt - von den ersten drei Monaten abgesehen, in denen die Beklagte jeweils 300 € beigesteuert hat - auch allein getragen.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Oberlandesgericht habe bei seiner Beurteilung klägerischen Vortrag übergangen, wonach die Klägerin noch vor dem Auszug der Beklagten von dieser verlangt habe, sich sofort mit der Hälfte an den gemeinsamen Grundstücksbelastungen zu beteiligen, so dass sich ein Vertrauen der Beklagten, nicht auf Ausgleich in Anspruch genommen zu werden, nicht habe bilden können. Denn das Oberlandesgericht hat die von den Parteien im zeitlichen Zusammenhang mit dem Auszug der Beklagten geführten Verhandlungen über ihre wirtschaftliche Auseinandersetzung insgesamt gewürdigt. Dabei ist es zu dem auch von der Revision nicht in Zweifel gezogenen Ergebnis gelangt, dass diese Verhandlungen ergebnislos "eingeschlafen" sind, ohne dass die Klägerin einen Ausgleich für die Hauslasten gefordert hätte. Vielmehr haben die Parteien den bisherigen Zustand, dass die Beklagte ab Mai 2011 insoweit keinerlei Beitrag mehr geleistet hat, beibehalten. Der vom Oberlandesgericht gezogene Schluss, dass für die Beklagte in dieser Situation keine Veranlassung bestand, eine neue Nutzungsvereinbarung und die Zahlung einer Nutzungsentschädigung zu verlangen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
d) Allerdings trifft die Berechnung des der Klägerin zustehenden Anspruchs durch die Vorinstanzen teilweise auf durchgreifende rechtliche Bedenken.
aa) Soweit es den Zeitraum vom Auszug der Beklagten und damit dem Scheitern der von den Parteien geführten Beziehung im Februar 2011 bis zur Aufgabe der Nutzung des Hausanwesens durch die Klägerin im November 2013 anbelangt, stehen der Klägerin keine Ausgleichsansprüche gegen die Beklagte zu.
Der Tatrichter hat zur Bestimmung des Nutzungswerts mit sachverständiger Hilfe die für das Hausanwesen erzielbare monatliche Marktmiete mit 730 € für das Jahr 2011, 790 € für das Jahr 2012 und 780 € für das Jahr 2013 ermittelt und hiervon die Hälfte angesetzt. Gegen diesen im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu beanstandenden Weg (vgl. Senatsurteil vom 13. April 1994 - XII ZR 3/93 - FamRZ 1994, 822 f.) erinnert die Revision ebenso wenig etwas wie gegen den auf dieser Grundlage gefundenen Nutzungswert. Für den Zeitraum der Alleinnutzung durch die Klägerin übersteigt der Nutzungswert die Lasten und Kosten des Hauses, so dass für einen Ausgleichsanspruch der Klägerin kein Raum ist. Dies gilt, obwohl die Vorinstanzen für das Jahr 2011 nicht beachtet haben, dass die von der Klägerin für Januar und Februar erbrachten Leistungen ebenso unberücksichtigt bleiben müssen wie die beiden Beitragszahlungen der Beklagten hierfür, da insoweit noch eine gemeinsame Nutzung auf der Grundlage der während intakter Beziehung getroffenen Abreden stattfand. Denn selbst bei Berücksichtigung der gesamten von der Klägerin für 2011 angesetzten Zahlungen (8.104,91 €) bleibt die Hälfte hiervon hinter der Summe aus dem hälftigen Nutzungswert für den Zeitraum März bis Dezember 2011 (3.650 €) und den von der Beklagten für März bis Mai 2011 schon erbrachten Beiträgen (900 €) zurück.
bb) Anders liegt es dagegen für den Zeitraum ab dem Auszug der Klägerin. Denn mit dem Ende der (Allein-)Nutzung durch die Klägerin entfiel auch die Rechtfertigung für die Beschränkung ihres Ausgleichsanspruchs durch den Nutzungswert, so dass sie für die ab Dezember 2013 getragenen Hauslasten mit Erfolg hälftigen Ausgleich von der Beklagten verlangen kann. Maßgeblich ist insoweit, wann die entsprechenden Zahlungen fällig geworden sind (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 2010 - XII ZR 53/08 - FamRZ 2010, 542 Rn. 13), weil für die vor Dezember 2013 fälligen Hauslasten ein Ausgleichsanspruch durch den diese übersteigenden Nutzungswert ganz ausschied. Entgegen der von den Vorinstanzen vorgenommenen Berechnung kann hingegen der den Ausgleichsanspruch übersteigende hälftige Nutzungswert nicht mit Ausgleichsansprüchen für Zeiträume nach der Nutzungsaufgabe durch die Klägerin saldiert werden. Denn über die Grundsätze von Treu und Glauben wird nicht ein Nutzungsentschädigungsanspruch des weichenden Partners "geschaffen", sondern allein der Ausgleichsanspruch des verbleibenden Partners beschränkt. Mithin steht der Beklagten, die eine Neuregelung der Nutzung nach § 745 Abs. 2 BGB und damit eine Nutzungsvergütung nicht verlangt hatte, kein überschießender Anspruch auf Nutzungsvergütung zu, mit dem sie gegen die Ausgleichsansprüche der Klägerin für die auf den Zeitraum ab Dezember 2013 fälligen und gezahlten Hauslasten aufrechnen könnte.
Für das Jahr 2014 hat die Klägerin 6.103,58 € gezahlt, so dass ihr insoweit ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 3.051,79 € gegen die Beklagten zusteht. Bereits dieser liegt über dem der Klägerin zugesprochenen Betrag von 1.932,93 €. Hinzu kommen die von der Klägerin im Dezember 2013 erbrachten Zahlungen, die sich aus der vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Aufstellung mit insgesamt 1.128,50 € ergeben und für die der Klägerin ein hälftiger Ausgleichsanspruch in Höhe von 564,25 € zustehen kann. Für den Zeitraum ab Dezember 2013 kann sich der Ausgleichsanspruch der Klägerin mithin auf 3.616,04 € belaufen und damit 1.683,11 € höher sein als der bislang zuerkannte Betrag.
3. Soweit es daher diesen weitergehenden Ausgleichsanspruch betrifft, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Dieses wird zu klären haben, ob die von der Klägerin für die Zeit ab Dezember 2013 geltend gemachten Zahlungen auf Hauslasten erfolgt sind, die auch erst nach der Nutzungsaufgabe der Klägerin fällig geworden sind. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren stellt der insoweit auf 413,64 € lautende Antrag der Klägerin, der sich aus einer vorgerichtlichen Geltendmachung nur eines Teilbetrags ergibt, die Obergrenze dar. Die unterschiedlichen, vom für § 291 BGB maßgeblichen Zeitpunkt geringfügig abweichenden Zinszeitpunkte entsprechen dem Antrag der Klägerin, dem das Landgericht insoweit unter Hinweis auf einen Verzug der Beklagten gefolgt ist.
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