Entscheidungsdatum: 16.01.2014
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des 6. Senats für Familiensachen in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Februar 2013 teilweise aufgehoben und insgesamt neu gefasst.
Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 14. April 2011 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die dem weiteren Beteiligten zu 1 aus der Staatskasse zu erstattenden Ansprüche für seine Tätigkeit als berufsmäßiger Ergänzungspfleger werden unter Zurückweisung seines darüber hinausgehenden Vergütungsantrags vom 6. April 2011 auf 139,82 € festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde der Staatskasse wird zurückgewiesen.
Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 289 €
I.
Das Verfahren betrifft die Vergütung des Ergänzungspflegers für einen unbegleitet eingereisten minderjährigen Flüchtling.
Das Amtsgericht bestellte Ende 2009 das Jugendamt zum Vormund des mittellosen Minderjährigen und den Beteiligten zu 1, einen Rechtsanwalt, zum berufsmäßigen Ergänzungspfleger mit dem Aufgabenkreis der Vertretung des Minderjährigen in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten. Der Ergänzungspfleger führte in Anwesenheit eines Dolmetschers ein Gespräch mit dem Minderjährigen und reichte einen Asylantrag für ihn ein. Ferner begleitete er ihn zur Anhörung im Asylverfahren. Er erstattete sodann seinen Bericht gegenüber dem Amtsgericht und beantragte, seine Kosten und Auslagen in Höhe von 428,64 € festzusetzen. Hierbei berechnete er bei einem Gegenstandswert von 3.000 € eine 1,8-Gebühr nach §§ 13, 14 RVG sowie nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG nebst Auslagen und Umsatzsteuer.
Das Amtsgericht hat die dem Ergänzungspfleger aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütungsansprüche in beantragter Höhe festgesetzt. Das Oberlandesgericht hat die zugelassene Beschwerde der Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Staatskasse), mit der diese eine Herabsetzung der Vergütung auf Beratungshilfesätze und damit auf 99,96 € erstrebt hat, zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Staatskasse, die dem Ergänzungspfleger für den Teil seiner Tätigkeit, der seinem "beruflichen Dienst" zuzuordnen sei, zuzuerkennende Vergütung auf die Sätze der Beratungshilfe zu begrenzen. Außerdem sei ihm für die auf eine Stunde zu schätzende Erstellung des Berichts ein Betrag von 33,50 € zu vergüten. Mit Auslagen und Umsatzsteuer ergebe sich daher eine Vergütung von 139,82 €.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Dem Ergänzungspfleger stehen jedenfalls keine über 139,82 € hinausgehenden Ansprüche gegen die Staatskasse zu.
1. Die für vorliegendes Verfahren maßgeblichen Rechtsfragen hat der Senat - nach Erlass der angegriffenen Entscheidung - mit Beschluss vom 4. Dezember 2013 (XII ZB 57/13 - zur Veröffentlichung bestimmt), auf den in vollem Umfang Bezug genommen wird, entschieden.
a) Danach war die Bestellung eines Ergänzungspflegers für den unbegleiteten minderjährigen Flüchtling zwar nicht zulässig, was ihrer Wirksamkeit aber nicht entgegensteht. Sie bindet daher die Gerichte im Vergütungsfestsetzungsverfahren.
b) Der als Ergänzungspfleger bestellte Rechtsanwalt kann eine Pflegschaftstätigkeit gemäß §§ 1915 Abs. 1, 1835 Abs. 3 BGB nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen, wenn und soweit sich die zu bewältigende Aufgabe als eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstellt. Denn der Pflegling - und bei wie hier mittellosen Betroffenen die Staatskasse - soll keinen Vorteil daraus ziehen, dass sein Pfleger zufällig aufgrund einer besonderen beruflichen Qualifikation etwas verrichten kann, wozu ein anderer Pfleger berechtigterweise die entgeltlichen Dienste eines Dritten in Anspruch nehmen würde. Daraus folgt jedoch nicht, dass jedwede Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers, die er im Rahmen der Pflegschaft erbringt (also auch eine solche, die ein nichtanwaltlicher Ergänzungspfleger ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts geleistet hätte), einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 1835 Abs. 3 BGB begründet.
c) Das Oberlandesgericht hat nicht geprüft, ob bzw. inwieweit die vorliegend vom Ergänzungspfleger im Rahmen seiner Amtsführung geleisteten Dienste spezifische anwaltliche Tätigkeiten darstellen, die allein eine Abrechnung gemäß § 1835 Abs. 3 BGB in Verbindung mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz begründen können. Die Rechtsbeschwerde stellt das Bestehen eines solchen Aufwendungsersatzanspruchs dem Grunde nach aber nicht in Frage.
Mit Erfolg macht sie jedoch geltend, dass dem Ergänzungspfleger insoweit jedenfalls kein die Beratungshilfesätze übersteigender Anspruch zusteht (Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 57/13 - zur Veröffentlichung bestimmt). Entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts geht die Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers für den Minderjährigen im verwaltungsrechtlichen Asylverfahren nicht über die Leistungen hinaus, die ein Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe schuldet.
d) Einen Anspruch auf eine nach Stunden berechnete Vergütung gemäß §§ 1915 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 letzter Halbsatz, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB, § 3 Abs. 1 VBVG für nicht anwaltsspezifische Tätigkeiten hat der Beteiligte zu 1 nicht geltend gemacht. Soweit die Rechtsbeschwerde gleichwohl eine Stunde als gemäß § 3 Abs. 1 VBVG vergütungsfähig zugesteht, ist dies der Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren entzogen.
2. Mithin kann der Beteiligte zu 1 jedenfalls nicht mehr als die 139,82 € für seine Tätigkeit als Ergänzungspfleger mit Erfolg geltend machen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Gebühr nach Nr. 2503 VV RVG (in der hier maßgeblichen, vor dem 1. August 2013 geltenden Fassung) nebst Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG, jeweils gemäß Nr. 7008 VV RVG zuzüglich Umsatzsteuer, sowie dem Betrag von 33,50 € nebst Umsatzsteuer (eine Stunde gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG), bezüglich dessen die Rechtsbeschwerde nicht geführt wird.
Dose Weber-Monecke Schilling
Nedden-Boeger Guhling