Entscheidungsdatum: 27.06.2013
Die Aussetzung der Kürzung des Versorgungsausgleichs wegen Unterhalt hat nicht zur Voraussetzung, dass die Unterhaltsbelastung für den Ausgleichspflichtigen ohne die Anpassung eine unzumutbare Härte darstellt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 30. Januar 2013 wird auf Kosten der Antraggegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: bis 5.000 €
I.
Die Beteiligten streiten über die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers.
Auf den am 12. Januar 2010 zugestellten Antrag hatte das Familiengericht die am 18. Mai 1979 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Beteiligten (im Folgenden: Ehefrau) rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Während der Ehezeit (1. Mai 1979 bis 31. Dezember 2009, § 3 Abs. 1 VersAusglG) erwarb der Ehemann Anrechte bei der Baden-Württembergischen Ärzteversorgung (Antragsgegnerin), bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und bei einer kommunalen Zusatzversorgungskasse; die Ehefrau erwarb Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Versorgungsausgleich wurde dahin geregelt, dass im Wege der internen Teilung zulasten des Anrechts des Ehemanns bei der Antragsgegnerin zugunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 1.346,29 € monatlich übertragen und auch seine übrigen Versorgungsanrechte intern geteilt wurden. Zulasten der Anrechte der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung wurden im Wege der internen Teilung 2,6669 Entgeltpunkte auf den Ehemann übertragen.
Seit Dezember 2011 bezieht der Ehemann eine Altersrente von der Baden-Württembergischen Ärzteversorgung in Höhe von monatlich 1.778,59 €. Ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs hätte die Rente des Ehemanns in der Baden-Württembergischen Ärzteversorgung 3.124,88 € betragen.
Daneben bezieht der Ehemann monatlich 407,28 € aus der kommunalen Zusatzversorgung sowie ein Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich rund 10.000 €; dem stehen unterhaltsrechtlich relevante Belastungen von monatlich 1.277,41 € gegenüber. Die Ehefrau bezieht ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.480,21 €, das um Versicherungsbeiträge in Höhe von monatlich 374,32 € zu kürzen ist. Außerdem bewohnt sie ein im Eigentum des Ehemanns stehendes Familienheim bis längstens Dezember 2013 mietfrei.
Die Ehefrau bezieht keine Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich übertragenen Anrecht. Aufgrund einer am 20. September 2011 geschlossen Unterhaltsvereinbarung zahlt der Ehemann ihr einen monatlichen Unterhalt von 1.000 € befristet bis einschließlich Mai 2019.
Das Familiengericht hat dem am 22. November 2011 gestellten Antrag des Ehemanns, die Kürzung seiner laufenden Versorgung gemäß § 33 VersAusglG in Höhe von monatlich 1.000 € auszusetzen, stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Baden-Württembergischen Ärzteversorgung zurückgewiesen; hiergegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 33 VersAusglG sei die Norm auf die Antragsgegnerin als berufsständische Versorgung anwendbar. Der Ehefrau stünde ohne Kürzung durch den Versorgungsausgleich ein fiktiver nachehelicher Unterhalt in Höhe von wenigstens monatlich 1.000 € zu. Ob und in welchem Umfang sich die Kürzung der Versorgung auf den Unterhaltsanspruch auswirke, sei für die Aussetzung der Kürzung unerheblich.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
a) Gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte.
Nach § 32 VersAusglG ist die Anpassung der Rentenkürzung wegen einer fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zwar nur für Regelsicherungssysteme vorgesehen. Zu diesen Regelsicherungssystemen gehört aber die bei der Antragsgegnerin erworbene berufsständige Versorgung, da diese zu einer Befreiung von der Sozialversicherungspflicht führen kann (§ 32 Nr. 3 VersAusglG).
b) Zu Unrecht meint die Beschwerdeführerin, die Anwendung des § 33 VersAusglG setze das Vorliegen einer unzumutbaren Härte voraus, welche dann nicht gegeben sei, wenn bei überdurchschnittlichen Einkünften des Ausgleichspflichtigen die Kürzung seiner Versorgung keine wesentliche Beeinträchtigung seines Lebensstandards bewirke, die Aussetzung der Kürzung jedoch zu einer unzumutbaren Belastung der in der berufsständischen Versorgung zusammengeschlossenen Solidargemeinschaft führe. Denn das Vorliegen einer unzumutbaren Härte gehört nicht zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 VersAusglG.
Der Anwendungsbereich des § 33 VersAusglG ist auch nicht im Wege einer teleologischen Reduktion der Vorschrift auf solche Fälle zu beschränken, in denen sich durch die Kürzung im Wege des Versorgungsausgleichs bei gleichzeitiger Unterhaltspflicht eine unzumutbare Härte für den ausgleichspflichtigen Ehegatten ergäbe (vgl. auch Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 271/12 - FamRZ 2013, 189 Rn. 18 ff.). Zwar mag die Vermeidung unzumutbarer Härten - im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 53, 257, 303 f. = FamRZ 1980, 326, 335) - das Grundmotiv für die Regelungen der §§ 5, 6 VAHRG und jetzt des § 33 VersAusglG dargestellt haben (vgl. BT-Drucks. 9/562 S. 7). Bei der Ausformung des § 33 VersAusglG hat der Gesetzgeber jedoch die durch gleichzeitige Unterhaltsbelastung und Rentenkürzung eintretende Doppelbeanspruchung für sich genommen als Härte eingestuft und die Frage der Unzumutbarkeit (nur) daran angeknüpft, dass bestimmte Wertgrenzen überschritten werden müssen (§ 33 Abs. 2 VersAusglG). Dass darüber hinaus eine Abwägung der Interessen des Ausgleichspflichtigen mit denen der Solidargemeinschaft vorgenommen werden müsste, entspricht nicht der Intention des Gesetzes.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Schilling Nedden-Boeger