Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 12.06.2013


BGH 12.06.2013 - XII ZB 604/12

Versorgungsausgleich: Ausgleich der arbeitsvertraglich von einer Religionsgesellschaft zugesagten Versorgung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
12.06.2013
Aktenzeichen:
XII ZB 604/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 25. September 2012, Az: 14 UF 33/12vorgehend AG Jever, 1. Februar 2012, Az: 3 F 251/11 S
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Der Ausgleich der von einer Religionsgesellschaft arbeitsvertraglich zugesagten Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erfolgt grundsätzlich durch interne Teilung (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 23. Januar 2013, XII ZB 575/12, FamRZ 2013, 608).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats - 5. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 25. September 2012 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.901 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.

2

Auf den am 31. Mai 2011 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 22. September 1967 geschlossene Ehe des Antragstellers (Ehemann) und der Antragsgegnerin (Ehefrau) rechtskräftig geschieden.

3

Der Ehemann war als Angestellter bei der Beteiligten zu 2, einem Bischöflichen Offizialat, beschäftigt. Sein Gehalt richtete sich anfangs nach der Besoldungsgruppe A 9. In § 5 des Vertrages hat sich die Beteiligte zu 2 zur Gewährung von Versorgungsbezügen nach Maßgabe der Vorschriften für Beamte im Dienst des Landes Niedersachsen verpflichtet. Auf die Versorgungsbezüge sind die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, in die die Beteiligte zu 2 sämtliche Beiträge leistet, anzurechnen.

4

Das Familiengericht hat die von beiden Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte intern geteilt. Das bei der Beteiligten zu 2 erworbene Anrecht hat es mit einem Ausgleichswert von monatlich 958,40 € und einem korrespondierenden Kapitalwert von 202.184,44 € im Wege der externen Teilung ausgeglichen. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das Oberlandesgericht zu Lasten des Anrechts des Ehemanns bei der Beteiligten zu 2 zugunsten der Ehefrau im Wege der internen Teilung ein Anrecht in Höhe von monatlich 491,83 €, bezogen auf den 31. Dezember 2001 als das zwischen den Eheleuten vereinbarte Ehezeitende, übertragen. Mangels vorliegender Teilungsordnung hat das Oberlandesgericht in der Beschlussformel angeordnet, die Übertragung müsse gewährleisten, dass das Anrecht die gleiche Wertentwicklung sowie den gleichen Risikoschutz wie das Anrecht des Ehemanns biete. Die Anschlussbeschwerde des Ehemanns, mit dem dieser das Absehen von der Teilung des bei der Beteiligten zu 2 erworbenen Anrechts verfolgt hat, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns, mit der er die externe Teilung des bei der Beteiligten zu 2 erworbenen Anrechts erstrebt.

II.

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Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

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1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Familiengericht habe einen unrichtigen Ausgleichswert angesetzt. Bei der Bemessung der erworbenen Versorgungsanwartschaften sei zu berücksichtigen, dass der Ehemann auch Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben habe, die auf die von der Beteiligten zu 2 zu erwartende Leistung anzurechnen seien. Vermindert um die anzurechnende Rente verblieben als ehezeitliches Ruhegehalt 983,67 € mit einem Ausgleichswert von 491,83 €. Auch sei das Anrecht nicht extern, sondern intern zu teilen. Die interne Teilung der in der Ehezeit erworbenen Anrechte bilde den gesetzlichen Regelfall. Eine externe Teilung komme nur unter den Voraussetzungen der §§ 14, 16 VersAusglG in Betracht. Diese Regelungen seien abschließend und keiner erweiternden Auslegung zugänglich. Die Voraussetzungen für eine externe Teilung nach § 16 VersAusglG lägen nicht vor, da der Ehemann in keinem Beamtenverhältnis und in keinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehe. Der Anstellungsvertrag und die erteilte Versorgungszusage seien privatrechtlicher Natur. Nicht entscheidend sei das Versorgungssystem, in dem der Ausgleich durchzuführen sei. Einer Abänderung der familiengerichtlichen Entscheidung und der Anordnung der internen Teilung stehe auch nicht entgegen, dass die Beteiligte zu 2 mit ihrer Beschwerde nur den Ausgleichswert und nicht die Art der Teilung angegriffen habe. Die weiter getroffene Anordnung, dass das Anrecht der Ehefrau die gleiche Wertentwicklung sowie den gleichen Risikoschutz wie das Anrecht des Ehemanns bieten müsse, diene der Klarstellung, um die Anforderungen nach § 11 VersAusglG zu konkretisieren. Die Anschlussbeschwerde des Ehemanns sei unbegründet, da ein Ausgleich auch der bei der Beteiligten zu 2 erworbenen Anwartschaft dem Halbteilungsgrundsatz entspreche und nicht unbillig sei.

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2. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Antragstellers erkennen.

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a) Das bei der Beteiligten zu 2 erworbene Versorgungsanrecht ist ausgleichsreif und deshalb einem Wertausgleich bei der Scheidung zugänglich, was auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht.

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b) Gemäß §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 VersAusglG überträgt das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei dem Versorgungsträger, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht (interne Teilung). Nach § 9 Abs. 3 VersAusglG ist ein Anrecht nur dann nach §§ 14 bis 17 VersAusglG extern zu teilen, wenn ein Fall des § 14 Abs. 2 oder des § 16 Abs. 1, 2 VersAusglG vorliegt.

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c) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist eine externe Teilung zulässig, wenn die ausgleichsberechtigte Person und der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person dies vereinbaren. Einer solchen Vereinbarung hat die Antragsgegnerin als ausgleichsberechtigte Person ausdrücklich widersprochen. Soweit der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person die externe Teilung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG auch ohne Zustimmung der ausgleichsberechtigten Person verlangen kann, ist dies ausdrücklich auf Ausgleichswerte bis zu dem dort genannten Höchstbetrag beschränkt. Der hier relevante Ausgleichswert eines Rentenbetrages von monatlich 491,83 € übersteigt den für das rechtliche Ende der Ehezeit (30. April 2011, § 3 Abs. 1 VersAusglG) geltenden Rentenhöchstbetrag von 51,10 € (FamRZ 2013, 182) deutlich, so dass auch nach dieser Vorschrift keine externe Teilung möglich ist.

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d) Als weitere Ausnahme von dem Grundsatz der internen Teilung wird durch § 16 Abs. 1 VersAusglG bestimmt, dass, solange der Träger einer Versorgung aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis keine interne Teilung vorsieht, ein dort bestehendes Anrecht zu dessen Lasten durch Begründung eines Anrechts bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung - somit extern - auszugleichen ist.

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aa) Wie das Oberlandesgericht zutreffend erkannt hat, liegen die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift jedoch nicht vor. Der Ehemann stand nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, sondern in einem privatrechtlichen Anstellungsverhältnis, aus dem er einen Anspruch auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erwarb. Solche Versorgungszusagen werden vom Wortlaut des § 16 VersAusglG nicht erfasst.

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bb) Auch ist, wie der Senat bereits entschieden hat, § 16 Abs. 1 VersAusglG nicht analog auf Versorgungsanrechte anzuwenden, bei denen ein Anspruch auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen besteht. Denn diesbezüglich enthält das Gesetz weder eine planwidrige Regelungslücke noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Anwendung des § 10 VersAusglG auf privatrechtlich begründete Anrechte auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen dem Willen des Gesetzgebers widerspricht (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2013 - XII ZB 575/12 - FamRZ 2013, 608 Rn. 13 ff.).

14

Der gesetzlichen Regelung liegt nämlich die Vorstellung zugrunde, dass es aus Sicht des Versorgungsausgleichs erstrebenswert sei, auch bei Beamtenversorgungen den Grundsatz der internen Teilung jedes Anrechts umzusetzen. Deshalb wurde im Bereich der Bundesbeamten eine entsprechende Lösung durch das Gesetz über die interne Teilung beamtenversorgungsrechtlicher Ansprüche von Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten im Versorgungsausgleich vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700, 716 - BVersTG) getroffen. Allein weil der Bund nicht die Gesetzgebungskompetenz für das Versorgungsrecht der Beamtinnen und Beamten der Länder und Kommunen besaß, konnte durch Bundesgesetz nicht auch die interne Teilung dieser Anrechte angeordnet werden (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 59). Diese Ausnahme könnte zwar auch auf die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse der Kirchen zutreffen, deren Ausgestaltung zu den innerkirchlichen Angelegenheiten gehört, welche jede Religionsgesellschaft gemäß Art. 140 GG iVm Art. 137 Abs. 3 WRV selbständig ordnet (vgl. v. Mangold/Klein/v. Campenhausen GG 5. Aufl. Art. 137 WRV Rn. 236 ff.). Hier geht es jedoch um eine privatrechtliche Versorgungszusage der Beteiligten zu 2, die der Bundesgesetzgeber aufgrund seiner auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, Art. 12 GG beruhenden Gesetzgebungskompetenz in die mit § 10 VersAusglG getroffene Grundsatzregelung einschließen konnte. Bei der privatrechtlichen Regelung der Dienstverhältnisse ist die Gestaltungsfreiheit der Kirchen durch die Bindung an zivilrechtliche Ordnungsgrundsätze begrenzt (v. Mangold/Klein/v. Campenhausen GG 5. Aufl. Art. 137 WRV Rn. 78). Bedienen sich die Kirchen wie jedermann der Privatautonomie, so gelten deren Begrenzungen, wenn sie für die Kirche dieselbe Bedeutung haben wie für jedermann (s. BVerfGE 42, 312, 334; 66, 1, 20). Die nicht dispositiven Vorschriften über den Versorgungsausgleich haben nicht die Religionsausübung als solche zum Gegenstand, sondern knüpfen an einen religionsneutralen Vorgang an und durften deshalb durch ein für alle geltendes Gesetz, das auch die Religionsgesellschaften bindet, angeordnet werden (vgl. BVerfGE 19, 129, 133).

15

Das verfassungsrechtliche Privileg der Kirche, ihre inneren Angelegenheiten selbständig zu ordnen, hindert es auch nicht, in der Beschlussformel auszusprechen, dass die Durchführung der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemanns erfolgt (aA: OLG Celle FamRZ 1983, 191, 192). Welche Rechtsfolgen sich im Einzelnen aus der Belastung des Anrechts des Ehemanns ergeben, bleibt der innerkirchlichen Regelung vorbehalten. Das in § 11 Abs. 1 VersAusglG enthaltene Gebot, die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherzustellen, schränkt das kirchliche Gestaltungsrecht in Bezug auf die Umsetzung der Folgen des Versorgungsausgleichs für den kirchlichen Mitarbeiter nicht ein. Insbesondere wäre die Religionsgemeinschaft nicht gehindert, ihrem Mitarbeiter nach Durchführung des Versorgungsausgleichs eine höhere Versorgung zu gewähren, als es einer Halbteilung des ehezeitlich erworbenen Anrechts entspricht.

16

e) Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Oberlandesgericht habe nicht anordnen dürfen, dass das Anrecht der Ehefrau die gleiche Wertentwicklung sowie den gleichen Risikoschutz wie das Anrecht des Ehemanns bieten müsse, weil darin ein Eingriff in die Vertragsautonomie liege und die Anordnung gegen das Prinzip des Versorgungsausgleichs verstoße, einen klaren Schnitt zu machen, ist der Ehemann als Rechtsmittelführer durch die Entscheidung nicht beschwert. Die Prüfung der gleichwertigen Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten (§ 11 VersAusglG) und die zu deren Sicherstellung getroffenen Anordnungen berühren nur das bei der Durchführung der Teilung entstehende neue Versorgungsverhältnis zwischen der ausgleichsberechtigten Ehefrau und der Beteiligten zu 2. Allein diese könnten durch die insoweit getroffenen Anordnungen beschwert sein und ihre Beschwer mit Rechtsmitteln angreifen.

17

f) Eine Beschränkung oder den Wegfall des Versorgungsausgleichs (§ 27 VersAusglG) hat das Oberlandesgericht mit zutreffender Begründung abgelehnt. Hiergegen hat auch die Rechtsbeschwerde nichts erinnert.

18

g) Soweit das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung unbeachtet gelassen hat, dass über das Ehezeitende nicht durch Vereinbarung der Ehegatten disponiert werden kann (Senatsbeschluss vom 4. Oktober 1989 - IVb ZB 106/88 - FamRZ 1990, 273, 274), wirkt sich dies zugunsten des Ehemanns aus und kann deshalb vom Senat auf sein Rechtsmittel hin nicht abgeändert werden.

Dose                               Schilling                         Günter

           Nedden-Boeger                          Botur