Entscheidungsdatum: 09.04.2014
1. Eine Beteiligung i.S.v. § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG kann auch konkludent erfolgen, etwa durch das Übersenden von Schriftstücken oder die Ladung zu Terminen.
2. Die Rechtskraft einer die Hinzuziehung ablehnenden Entscheidung nach § 7 Abs. 5 FamFG erstreckt sich allein darauf, dass der Antragsteller nicht zu beteiligen ist. Eine zuvor tatsächlich erfolgte Beteiligung und eine damit einhergehende Beschwerdebefugnis nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG lässt sie nicht entfallen.
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 3 wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 4. Oktober 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 5.000 €
I.
Die Beteiligte zu 3 begehrt die Aufhebung der für ihre Mutter eingerichteten Betreuung oder einen Betreuerwechsel.
Das Amtsgericht ist dieser Anregung nach Durchführung verschiedener Ermittlungen nicht gefolgt. Es hat die Beteiligte zu 3 in seinem - die Begehren ablehnenden - Beschluss vom 5. Juli 2013 nicht als Beteiligte angesehen und sie dementsprechend auch nicht als solche im Rubrum aufgeführt.
Am 11. Juli 2013 hat die Beteiligte zu 3 beantragt, am Verfahren beteiligt zu werden. Diesen Antrag hat das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 22. Juli 2013 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 12. September 2013 als unzulässig verworfen, weil die Beschwerdefrist nicht gewahrt sei.
Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 4. Oktober 2013 hat das Beschwerdegericht schließlich die Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss des Betreuungsgerichts vom 5. Juli 2013 als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 3 mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Unrecht als unzulässig verworfen.
1. Das Beschwerdegericht hat die Verwerfung der Beschwerde damit begründet, dass die Beteiligte zu 3 im ersten Rechtszug formell nicht beteiligt worden sei. Ihr entsprechender Antrag sei vom Amtsgericht abgelehnt und die dagegen gerichtete Beschwerde vom Beschwerdegericht wegen Ablaufs der Beschwerdefrist als unzulässig verworfen worden. Somit fehle es an der Beschwerdebefugnis.
2. Dies hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand. Für die Beschwerdebefugnis nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG kommt es allein darauf an, dass die Beteiligte zu 3 tatsächlich im ersten Rechtszug beteiligt worden ist. Eine der tatsächlichen Beteiligung nachfolgende, im Zwischenverfahren nach § 7 Abs. 5 FamFG ergangene rechtskräftige Entscheidung, wonach die Antragstellerin nicht nach § 7 FamFG zum Verfahren hinzuzuziehen ist, steht der einmal erlangten Beschwerdebefugnis nicht entgegen.
a) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist die Beteiligte zu 3 vom Amtsgericht i.S.v. § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG beteiligt worden.
aa) Gemäß § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG können im Betreuungsverfahren im Interesse des Betroffenen die Abkömmlinge beteiligt werden. Nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG steht unter anderem den Abkömmlingen des Betroffenen das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung im Interesse des Betroffenen zu, wenn sie im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt wurden. Ist ein Angehöriger aus dem privilegierten Personenkreis des § 303 Abs. 2 FamFG nicht am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt worden, wird ihm nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 303 Abs. 2 FamFG die Beschwerdebefugnis unabhängig davon versagt, aus welchen Gründen eine Beteiligung am erstinstanzlichen Verfahren nicht erfolgte (Senatsbeschluss vom 30. März 2011 - XII ZB 692/10 - FamRZ 2011, 966 Rn. 6).
Dabei kann die Hinzuziehung eines Beteiligten auch konkludent erfolgen (MünchKommFamFG/Pabst 2. Aufl. § 7 Rn. 33 f. mwN), etwa durch das Übersenden von Schriftstücken oder die Ladung zu Terminen (BT-Drucks. 16/6308 S. 179). Zu Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Nichterwähnung im Rubrum einer tatsächlichen Hinzuziehung zum Verfahren im Sinne des § 7 FamFG nicht entgegensteht (Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - XII ZB 531/11 - FamRZ 2012, 1049 Rn. 9).
bb) Gemessen hieran ist die Beteiligte zu 3 im ersten Rechtszug beteiligt worden und demgemäß nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zur Beschwerde befugt.
Die Rechtsbeschwerde hat zutreffend ausgeführt, dass die Beteiligte zu 3 im erstinstanzlichen Verfahren tatsächlich hinzugezogen war. Der Beschluss über die Bestellung der Verfahrenspflegerin ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3 zugestellt worden. Er ist gemäß Verfügung vom 22. Februar 2013 auch von dem auf den 7. März 2013 terminierten Anhörungstermin benachrichtigt worden. Dabei sind ihm Schriftsätze anderer Beteiligter übersandt worden. Dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3 ist zudem eine Abschrift des Anhörungsvermerks übermittelt worden. Schließlich hat das Betreuungsgericht ihm noch weitere Schriftsätze zur Kenntnis- und möglichen Stellungnahme übersandt.
Da diese Verfahrenshandlungen bereits eine Beteiligung i.S.d. § 303 Abs. 2 Nr. 1 begründen, kommt es auf die - von der Rechtsbeschwerde bejahte - Frage, ob allein in dem Umstand, dass das Betreuungsgericht auf Anregung eines Angehörigen in eine sachliche Prüfung eingetreten ist, dessen Beteiligung zu sehen ist, nicht mehr an (ablehnend Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 303 Rn. 27).
cc) Dem steht die Feststellung des Amtsgerichts in seiner Hauptsacheentscheidung vom 5. Juli 2013, wonach die Tochter nicht Beteiligte sei, nicht entgegen. Da die Entscheidung angefochten ist, steht sie zur vollen Überprüfung durch das Beschwerdegericht. Dieses hat selbst zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren beteiligt worden ist.
b) Die nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens rechtskräftig erfolgte Ablehnung, die Beteiligte zu 3 zum Verfahren hinzuzuziehen, ändert an ihrer zu diesem Zeitpunkt bereits begründeten Beschwerdebefugnis nichts.
aa) Richtig ist zwar, dass das Beschwerdegericht an die im Zwischenverfahren nach § 7 Abs. 5 FamFG rechtskräftig erfolgten Ablehnung der Beteiligung gebunden ist. Ist der Beschluss rechtskräftig, kann die Frage der Richtigkeit der Ablehnung der Beteiligtenstellung wegen § 58 Abs. 2 FamFG nicht mehr der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen (Keidel/Zimmermann FamFG 18. Aufl. § 7 Rn. 33). Ein doppelter Rechtsschutz gegen den ablehnenden Beschluss ist nicht eröffnet; vielmehr ist der Kreis der Beteiligten aus Gründen der Rechtssicherheit für die anderen Verfahrensbeteiligten zeitnah endgültig festzustellen (MünchKommFamFG/Pabst 2. Aufl. § 7 Rn. 36).
bb) Jedoch dient § 7 Abs. 5 FamFG allein dem Zweck, denjenigen, die sich aus sozialen, familiären und ideellen Gründen an einem Betreuungs- oder Unterbringungsverfahren beteiligen möchten, eine Beteiligung zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 179). Für Fälle, in denen sie - wie hier - bereits in erster Instanz beteiligt worden sind, ist dieses Zwischenverfahren nicht gedacht; insofern dürfte regelmäßig auch ein Rechtsschutzbedürfnis für einen entsprechenden Antrag fehlen.
Demgemäß erstreckt sich die Rechtskraft einer die Hinzuziehung ablehnenden Entscheidung allein darauf, dass der Antragsteller nicht zu beteiligen ist. Eine bereits tatsächlich erfolgte Beteiligung und eine damit einhergehende Beschwerdebefugnis nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG lässt sie indes - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend ausführt - nicht entfallen.
Dose Weber-Monecke Schilling
Nedden-Boeger Guhling