Entscheidungsdatum: 24.06.2015
Zur Behandlung eines endgehaltsbezogenen Versorgungsanrechts im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG, wenn der dem Grunde und der Höhe nach unverfallbare Teil des Anrechts in der Ausgangsentscheidung nach § 3b VAHRG im Wege des erweiterten Splittings vollständig ausgeglichen und der künftige Wertzuwachs aufgrund einer noch verfallbaren Einkommensdynamik dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten worden ist.
Die Rechtsbeschwerden des Antragsgegners und der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20. Juli 2012 werden zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner und der Beteiligten zu 4 jeweils zur Hälfte auferlegt; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Wert: 1.000 €
I.
Die Beteiligten streiten um die Abänderung einer - unter Anwendung des bis zum 31. August 2009 geltenden Rechts ergangenen - Entscheidung zum Versorgungsausgleich.
Die am 27. August 1971 geschlossene Ehe der 1946 geborenen Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und des 1942 geborenen Antragsgegners (im Folgenden: Ehemann) wurde auf den am 13. Juli 1989 zugestellten Scheidungsantrag durch Verbundurteil vom 18. April 1991 rechtskräftig geschieden.
Nach den im Verbundverfahren getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts hatten beide Eheleute Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben; die Ehefrau hatte daneben eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Beteiligten zu 3 (im Folgenden: ZVK) erlangt. Der Ehemann hatte zusätzlich eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung bei der Beteiligten zu 4 (im Folgenden: Bausparkasse S.) in Form einer endgehaltsbezogenen Ruhegeldzusage erworben, deren Dynamik im Anwartschaftsstadium seinerzeit noch verfallbar war. Den Ehezeitanteil der unverfallbaren Anwartschaft hatte die Bausparkasse S. mit monatlich 564,73 DM angegeben.
Das Amtsgericht hatte den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemanns monatliche und auf das Ende der Ehezeit am 30. Juni 1989 bezogene Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 547,62 DM auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen hat. In diesem Betrag war ein Teilbetrag von 58,62 DM enthalten, mit dem die betriebliche Altersversorgung des Ehemanns bei der Bausparkasse S. im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG ausgeglichen wurde. Diesen Betrag hatte das Amtsgericht dadurch bestimmt, dass es den Ehezeitanteil der betrieblichen Versorgung des Ehemanns in Höhe von nominal 564,73 DM unter Anwendung der seinerzeit gültigen Barwertverordnung in einen dynamischen Monatsbetrag von 118,14 DM umgerechnet und der monatlichen ehezeitlichen Anwartschaft der Ehefrau bei der ZVK in dynamisierter Höhe von monatlich 0,89 DM gegenübergestellt hatte.
Mit Antrag vom 19. November 2010 hat die Ehefrau die Abänderung der Ausgangsentscheidung zum Versorgungsausgleich "gemäß § 51 VersAusglG" begehrt. Das Amtsgericht hat neue Versorgungsauskünfte eingeholt. Dabei hat die Bausparkasse S. den Ehezeitanteil des von dem Ehemann erworbenen betrieblichen Anrechts nunmehr mit monatlich 933,49 DM bzw. 477,29 € angegeben. Das Amtsgericht hat die Ausgangsentscheidung abgeändert und die von den Eheleuten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte intern geteilt. Ferner hat es das betriebliche Anrecht des Ehemanns bei der Bausparkasse S. durch Übertragung eines Anrechts in Höhe von monatlich 238,65 € zu Gunsten der Ehefrau intern geteilt und von einem Ausgleich des Anrechts der Ehefrau bei der ZVK wegen Geringfügigkeit abgesehen. Auf die Beschwerden des Ehemanns und der Bausparkasse S. hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Amtsgerichts (nur) um den Ausspruch ergänzt, dass die von dem Amtsgericht angeordnete Abänderung des Versorgungsausgleichs ab dem 1. Dezember 2010 wirkt; die weitergehenden Rechtsmittel hat es zurückgewiesen.
Mit ihren zugelassenen Rechtsbeschwerden begehren der Ehemann und die Bausparkasse S. weiterhin, die Ehefrau wegen des (Rest-)Ausgleichs der betrieblichen Versorgung des Ehemanns auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu verweisen und den auf Totalrevision gerichteten Abänderungsantrag der Ehefrau insgesamt abzulehnen.
II.
Die Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Die Voraussetzungen für eine Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 51 VersAusglG seien gegeben, weil eine wesentliche Änderung im Sinne von § 51 Abs. 3 VersAusglG iVm § 225 Abs. 2 und 3 FamFG eingetreten sei. Der im Scheidungsverbundurteil festgestellte Nominalwert der betrieblichen Versorgung des Ehemanns weiche wesentlich von ihrem dynamisierten und auf den Zeitpunkt der Antragstellung aktualisierten Wert ab. Einer Abänderung des Versorgungsausgleichs stehe auch § 51 Abs. 4 VersAusglG nicht entgegen. Danach sei die Abänderung ausgeschlossen, wenn für das Anrecht nach einem Teilausgleich gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG noch Ausgleichsansprüche nach der Scheidung geltend gemacht werden könnten. Dies sei hier nicht der Fall, weil das betriebliche Anrecht des Ehemanns vollständig nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG ausgeglichen worden und kein dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehaltener Anteil verblieben sei. Der Einwand, wegen der Anwartschaftsdynamik der endgehaltsbezogenen Anrechte seien die Anrechte der Höhe nach noch nicht unverfallbar gewesen und insoweit der schuldrechtliche Ausgleich gegeben, greife nicht durch. Schon nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 4 VersAusglG, der sich ausdrücklich auf einen Teilausgleich nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG beziehe, sei eine erweiternde Anwendung auf einen Teilausgleich wegen eines noch verfallbaren Anteils des Anrechts ausgeschlossen. Die Regelung des § 3 b Abs. 1 VAHRG beziehe sich ausdrücklich nur auf den Ausgleich unverfallbarer Anrechte. Als solche seien die Anwartschaften des Ehemanns auch behandelt und insgesamt ausgeglichen worden. Der Verfallbarkeit der Dynamik im Anwartschaftsstadium sei bereits durch die Dynamisierung nach Tabelle 1 der Barwertverordnung in der Fassung von 1984 Rechnung getragen worden. Außerdem könne der Gesetzesbegründung entnommen werden, dass sich der Vorrang des schuldrechtlichen Ausgleichs nach § 51 Abs. 4 VersAusglG nur auf die Fälle beschränke, in denen Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung wegen der Begrenzung des so genannten Supersplittings auf 2 % der maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nur anteilig ausgeglichen wurden.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis stand.
a) Dabei ist das Beschwerdegericht zunächst mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 VersAusglG erfüllt sind, weil sich bei dem Anrecht des Ehemanns auf betriebliche Altersversorgung der vor der Umrechnung mit der Barwertverordnung ermittelte Wert des Ehezeitanteils wesentlich von dem dynamisierten und aktualisierten Wert unterscheidet. Hiergegen erinnern auch die Rechtsbeschwerden nichts.
b) In den Fällen des § 51 Abs. 3 VersAusglG ist die Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 51 Abs. 4 VersAusglG - was das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt zutreffend erkennt - ausgeschlossen, wenn für ein Anrecht nach einem Teilausgleich gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG noch Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß §§ 20 bis 26 VersAusglG geltend gemacht werden können. Nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht konnte das Familiengericht gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG zum Ausgleich eines auch nach Anwendung des § 1587 b BGB (Splitting) und des § 1 Abs. 2 und 3 VAHRG (Realteilung und Quasisplitting) verbliebenen unverfallbaren, dem schuldrechtlichen Ausgleich unterliegenden Anrechts ein anderes Anrecht des Verpflichteten zum Ausgleich heranziehen (erweitertes Splitting). Der Wert der auf diesem Wege zu übertragenden oder zu begründenden Anrechte war jedoch der Höhe nach begrenzt auf 2 % des auf einen Monat entfallenden Teils der am Ende der Ehezeit maßgebenden Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Der Ausgleich der auch diesen Höchstbetrag übersteigenden Anwartschaften musste einem (späteren) schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten bleiben.
c) Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 4 VersAusglG sind - anders als das Beschwerdegericht meint - im vorliegenden Fall gegeben.
Die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass ein Teilausgleich im Sinne von § 51 Abs. 4 VersAusglG nur dann gegeben sei, wenn nach früherem Recht ein öffentlich-rechtlicher Wertausgleich eines betrieblichen Anrechts allein wegen Überschreitung des Höchstbetrags nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VAHRG, § 18 SGB IV nur teilweise durchgeführt werden konnte, trifft nicht zu. Ein Teilausgleich gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG im Sinne von § 51 Abs. 4 VersAusglG liegt vielmehr auch dann vor, wenn der dem Grunde und der Höhe nach unverfallbare Teil eines Anrechts auf eine betriebliche Altersversorgung in der Ausgangsentscheidung zum Versorgungsausgleich vollständig ausgeglichen, der in dem Anrecht enthaltene und der Höhe nach noch verfallbare Anteil dagegen dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten ist (ebenso OLG München FamRZ 2012, 1944 f.; Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 6. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 16; jurisPK-BGB/Breuers [Stand: Mai 2015] § 51 VersAusglG Rn. 30; Palandt/Brudermüller BGB 74. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 14; Bergner FamFR 2011, 196, 198; Friederici FF 2013, 162 f.; aA wohl Bumiller/Harders/Schwamb 11. Aufl. Anhang zu § 229 FamFG Rn. 15).
aa) Zu dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht hat der Senat entschieden, dass bei Anrechten der privaten betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich zwischen der Unverfallbarkeit einer Anwartschaft dem Grunde und der Höhe nach zu unterscheiden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. April 1989 - IVb ZB 146/86 - FamRZ 1989, 844, 845 und vom 13. Dezember 2000 - XII ZB 52/97 - FamRZ 2001, 477, 479). Unverfallbar sind danach nur diejenigen Anwartschaften, deren Versorgungswert nach den maßgebenden Bestimmungen durch die künftige betriebliche oder berufliche Entwicklung des Versicherten nicht mehr beeinträchtigt werden kann, sondern ihm auch dann verbleibt, wenn er vor Eintritt des Versicherungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Demgegenüber kann bei endgehaltsbezogenen Versorgungsanrechten nicht von Unverfallbarkeit in diesem Sinne ausgegangen werden. Wenn der Versicherte vor dem Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, bemisst sich sein betriebliches Versorgungsanrecht bei endgehaltsbezogenen Anrechten endgültig nach dem zur Zeit des Ausscheidens maßgebenden Einkommen. Damit verbleibt dem Versicherten der Dynamisierungszuwachs der Anwartschaft nur insoweit, als er bis dahin eingetreten ist. Nach dem Ausscheiden entfällt eine weitere Anwartschaftsdynamik gemäß § 2 Abs. 5 BetrAVG. Lässt sich die künftige betriebliche oder berufliche Entwicklung des Versicherten nicht hinreichend prognostizieren und ist infolgedessen in Betracht zu ziehen, dass er vorzeitig aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet, so ist die Höhe des Anrechts, die an den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses bis zum Versicherungsfall gebunden ist, noch nicht endgültig gesichert.
Die Dynamik im Anwartschaftsstadium ist dann beim Wertausgleich als verfallbar anzusehen mit der Folge, dass die Anwartschaft nur mit ihrem statischen Wert in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen ist. Aufgrund der fehlenden Unverfallbarkeit der Höhe nach sind im Ausgangsverfahren zum Versorgungsausgleich Teile des Anrechts nicht in die Bilanz einbezogen, so dass nur ein Teilausgleich vorliegt. Aus diesem Grund war nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich durchzuführen, wenn hinsichtlich eines im Ausgangsverfahren teilweise ausgeglichenen Anrechts auf betriebliche Altersversorgung nachträglich Unverfallbarkeit der Höhe nach eingetreten ist (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 53 f.).
bb) Bei der Anwendung des § 51 Abs. 4 VersAusglG besteht für eine abweichende Beurteilung kein Anlass. Insbesondere ergibt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nichts Gegenteiliges aus dem Wortlaut des Gesetzes oder der Gesetzesbegründung.
Weder § 51 Abs. 4 VersAusglG noch § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG differenzieren zwischen der Unverfallbarkeit der Anwartschaft dem Grunde und der Höhe nach. Seinem Wortlaut nach begrenzt § 51 Abs. 4 VersAusglG den Anwendungsbereich des § 51 Abs. 3 VersAusglG auf diejenigen Fälle, in denen es bei der Ausgangsentscheidung zu einem erweiterten Splitting nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG gekommen ist. Dem Wortlaut des § 51 Abs. 4 VersAusglG lässt sich aber nicht entnehmen, dass ein Teilausgleich im Sinne der Vorschrift nur in denjenigen Fällen vorliegt, in denen der Teilausgleich auf einem Überschreiten des Höchstbetrags nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VAHRG, § 18 SGB IV beruht.
Auch die Gesetzesbegründung zu § 51 Abs. 4 VersAusglG (BT-Drucks. 16/10144 S. 90 und 16/11903 S. 116) schränkt den Anwendungsbereich der Vorschrift nicht in diesem Sinn ein. Der Gesetzgeber hatte vielmehr ausnahmslos alle Fälle vor Augen, in denen betriebliche Anrechte nur anteilig über das erweitere Splitting nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG ausgeglichen werden konnten. In diesen Fällen soll es auch nach neuem Recht möglich sein, Ausgleichsansprüche nach der Scheidung nach den - von § 51 Abs. 4 VersAusglG ausdrücklich in Bezug genommenen - §§ 20 bis 26 VersAusglG geltend zu machen, wobei der zum Teil ausgeglichene Betrag nach § 53 VersAusglG entsprechend seiner tatsächlichen Entwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet wird (BT-Drucks. 16/10144 S. 90).
Dass der damit beabsichtigte Vorrang des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 26 VersAusglG gegenüber der Totalrevision nach § 51 Abs. 3 VersAusglG (BT-Drucks. 16/10144, S. 90) auch diejenigen Fälle erfasst, in denen wegen der Verfallbarkeit eines Anrechts der Höhe nach nur ein Teilausgleich durchgeführt werden konnte, erhellt sich auch aus der Gesetzesbegründung zu § 20 VersAusglG. Als Fallgruppe für die Anwendung des § 20 VersAusglG werden dort ausdrücklich diejenigen Versorgungen genannt, bei denen sich ein Anrecht in zwei Teile spaltet, nämlich einen unverfallbaren und einen verfallbaren Bestandteil (BT-Drucks. 16/10144 S. 63). Ein "nicht ausgeglichenes" Anrecht im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG ist danach auch eine zum Zeitpunkt der (Ausgangs-)Entscheidung noch verfallbare Einkommensdynamik, wie es insbesondere bei endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen vorkommt. Der im Wertausgleich bei der Scheidung nicht ausgeglichene Bestandteil solcher Anrechte soll nach der Gesetzesbegründung jedenfalls nach § 20 Abs. 1 VersAusglG ausgeglichen werden können (BT-Drucks. 16/10144 S. 64; vgl. auch Bergner FamFR 2013, 75, 76).
cc) Soweit das Anrecht des Ehemanns der Höhe nach noch verfallbar war, blieb es dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Dass das Amtsgericht im Tenor der Ausgangsentscheidung vom 18. April 1991 den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nicht ausdrücklich vorbehalten hat, steht dessen Durchführung nicht entgegen. Denn der Anspruch hierauf ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Einem solchen Vorbehalt käme nur deklaratorische Bedeutung zu (Senatsbeschluss vom 3. September 2008 - XII ZB 203/06 - FamRZ 2008, 2263 Rn. 11). Weil die Ehefrau für das betriebliche Anrecht des Ehemanns bei der Bausparkasse S. noch Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 26 VersAusglG geltend machen kann, ist eine Abänderung nach § 51 Abs. 3 VersAusglG wegen § 51 Abs. 4 VersAusglG ausgeschlossen.
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts erweist sich allerdings aus anderen Gründen als richtig (§ 74 Abs. 2 FamFG). Denn die vom Amtsgericht vorgenommene Totalrevision nach neuem Recht kann auf § 51 Abs. 1 VersAusglG gestützt werden.
a) Nach § 51 Abs. 1 VersAusglG kann eine Entscheidung über einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, die nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht getroffen worden ist, im Wege der Totalrevision abgeändert werden, wenn eine wesentliche Wertänderung im Sinne des § 225 Abs. 2 und 3 FamFG vorliegt. Erfasst sind danach alle rechtlichen und tatsächlichen Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ausgleichswert eines Anrechts zurückwirken und zu einer wesentlichen Wertänderung führen. Wesentlich ist die Wertänderung, wenn sie mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswerts des Anrechts beträgt und bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigt.
Eine Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 51 Abs. 1 VersAusglG ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn ein Anrecht auf betriebliche Altersversorgung eine im Sinne von § 225 Abs. 2 und 3 FamFG wesentliche Wertveränderung erfahren hat. Anders als in den Fällen des § 225 Abs. 1 FamFG sind die Abänderungsmöglichkeiten nach § 51 Abs. 1 VersAusglG nach allgemeiner Ansicht nicht auf die in § 32 VersAusglG genannten Anrechte in den Regelsicherungssystemen beschränkt (Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 6. Aufl. § 51 Rn. 4; MünchKommBGB/Dörr 6. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 10; Palandt/Brudermüller BGB 74. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 4; Borth FamRZ 2012, 601, 602; Kemper FuR 2010, 189, 191).
b) Die durch § 51 Abs. 1 VersAusglG angeordnete "Totalrevision" nach neuem Recht beschränkt sich freilich auf diejenigen Anrechte, die auch in die abzuändernde Ausgangsentscheidung "einbezogen" worden waren.
aa) Ein Anrecht, welches in der Ausgangsentscheidung ausschließlich dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten worden ist und keinerlei Einfluss auf die Bilanz im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs genommen hat, ist nach allgemeiner Ansicht nicht in die Ausgangsentscheidung einbezogen (Glockner/Hoenes/Weil Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. § 14 Rn. 57; MünchKommBGB/Dörr 6. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 5 und 12; FAKomm-FamR/Wick 5. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 10; Bergner FamFR 2011, 196; Götsche/Rehbein/Breuers Versorgungsausgleichsrecht § 51 VersAusglG Rn. 19; Borth Versorgungsausgleich 7. Aufl. Rn. 1424).
bb) Im vorliegenden Fall wurde das betriebliche Anrecht des Ehemanns in der Ausgangsentscheidung allerdings nur teilweise in die Ausgleichsbilanz eingestellt; hinsichtlich der noch verfallbaren Einkommensdynamik unterfiel das Anrecht dagegen dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Aber auch Anrechte, die unter der Geltung des alten Rechts aus rechtlichen Gründen nur teilweise in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen werden konnten, sind im Sinne des § 51 Abs. 1 VersAusglG "einbezogene Anrechte" mit der Folge, dass sie bei einer Totalrevision vollständig über § 51 Abs. 1 VersAusglG ausgeglichen werden können (vgl. Wick Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 807; MünchKommBGB/Dörr 6. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 13; Hoppenz/Hoppenz Familiensachen 9. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 12). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für betriebliche Anrechte, die im Wege des erweiterten Splittings (§ 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG) nur bis zu den Höchstbeträgen des § 18 SGB IV in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen werden konnten, sondern auch für solche betrieblichen Anrechte aus endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen, die - wie hier - hinsichtlich ihrer noch verfallbaren Einkommensdynamik dem öffentlich-rechtlichen Ausgleich verschlossen waren (Wick Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 807; Borth FamRZ 2012, 601, 603). Würden solche Anrechte von der Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG nicht erfasst, hätte dies zur Folge, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte nach der Totalrevision wegen des betrieblichen Anrechts seines Ehegatten in vollem Umfang auf den schuldrechtlichen Ausgleich nach §§ 20 bis 26 VersAusglG verwiesen werden müsste; damit stünde er in Bezug auf den Erwerb eines selbständigen Versorgungsanrechts schlechter als unter der Geltung des alten Rechts, nach dem er immerhin im Wege des öffentlich-rechtlichen Teilausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung ein selbständiges Versorgungsanrecht zum Ausgleich des betrieblichen Anrechts seines Ehegatten erlangt hatte.
c) Werden im Falle einer Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG auch solche Anrechte vollständig ausgeglichen, die in der Ausgangsentscheidung aus Rechtsgründen nur teilweise in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen werden konnten, bestehen auch keine Bedenken dagegen, eine Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG auf eine im Sinne des § 51 Abs. 2 VersAusglG, § 225 Abs. 2 und 3 FamFG wesentliche Wertänderung eines solchen Anrechts zu stützen.
aa) § 51 Abs. 4 VersAusglG schränkt nach allgemeiner Ansicht schon aufgrund seines eindeutigen Wortlauts nur die Abänderung der Ausgangsentscheidung nach § 51 Abs. 3 VersAusglG, nicht aber eine Abänderung unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VersAusglG ein (MünchKommBGB/Dörr 6. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 57; Erman/Norpoth BGB 13. Aufl. § 51 VersAusglG Rn. 18; Borth Versorgungsausgleich 7. Aufl. Rn. 1436). Verschließt § 51 Abs. 4 VersAusglG einen Einstieg in die Totalrevision nach neuem Recht unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 VersAusglG, kann die Ausgangsentscheidung auch in Fällen des erweiterten Splittings mit schuldrechtlichem Restausgleich abgeändert werden, wenn eine wesentliche Wertänderung des betrieblichen Anrechts eine Abänderung nach § 51 Abs. 1 VersAusglG gestattet (vgl. Wick Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 807; jurisPK-BGB/Breuers [Stand: Mai 2015] § 51 VersAusglG Rn. 30; Borth FamRZ 2012, 601, 603; Götsche ZFE 2010, 324, 332; Kemper FuR 2010, 189, 194). Dies gilt auch in den Fällen, in denen ein endgehaltsbezogenes Versorgungsanrecht wegen seiner verfallbaren Einkommensdynamik nach altem Recht teilweise dem schuldrechtlichen Restausgleich vorbehalten war und ein im Sinne von § 51 Abs. 2 VersAusglG, § 225 Abs. 2 und 3 FamFG wesentlicher Wertzuwachs dieses Anrechts mit der nachehezeitlich eingetretenen Unverfallbarkeit seiner Einkommensdynamik einhergeht (Borth FamRZ 2012, 601, 603).
bb) Hierin ist keine Umgehung einer in § 51 Abs. 4 VersAusglG enthaltenen gesetzlichen Wertung zu sehen (so aber wohl Bergner FamFR 2010, 508, 510 und FamFR 2013, 75, 77).
Die Abänderungsmöglichkeiten nach § 51 Abs. 1 und 3 VersAusglG schließen einander nicht gegenseitig aus, sondern sie knüpfen an unterschiedliche Sachverhalte an, und ihre Anwendung ist von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig. Die nach § 51 Abs. 1 VersAusglG eröffnete Abänderungsmöglichkeit will nachträglichen und im Sinne von § 51 Abs. 2 VersAusglG, § 225 Abs. 2 und 3 FamFG wesentlichen Änderungen des Ausgleichswerts aufgrund geänderter rechtlicher oder tatsächlicher Verhältnisse Rechnung tragen. Die Vorschrift des § 51 Abs. 3 VersAusglG hat demgegenüber solche unter der Geltung des früheren Rechts erzielte Ausgleichsergebnisse im Blick, bei denen die angemessene Teilhabe an einem Anrecht im Hinblick auf eine sich aus der Umwertung (Dynamisierung) nach der Barwert-Verordnung ergebenden Wertverzerrung verfehlt wurde (vgl. Senatsbeschluss vom 15. April 2015 - XII ZB 30/13 - FamRZ 2015, 1100 Rn. 9). § 51 Abs. 3 VersAusglG knüpft folgerichtig nicht an nachehezeitliche Änderungen an, sondern an das Vorliegen von Dynamisierungsverlusten bei der Umwertung nicht volldynamischer Anrechte nach früherem Recht. Nur für diese Fälle, die allein der Bereinigung einer bereits im Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung nach altem Recht angelegten wesentlichen Wertverzerrung dienen, hat sich der Gesetzgeber ausnahmsweise für den Vorrang der Ausgleichsansprüche nach der Scheidung und gegen den Mehraufwand einer vollständig neuen Ausgleichsentscheidung im Wege der Totalrevision nach neuem Recht entschieden.
d) Eine wesentliche Wertänderung im Sinne von § 51 Abs. 1 und 2 VersAusglG, § 225 Abs. 2 und 3 FamFG liegt in Bezug auf das Anrecht des Ehemanns bei der Bausparkasse S. vor. Nach den getroffenen Feststellungen ist der in der Ausgangsentscheidung zugrunde gelegte Ehezeitanteil der Versorgung in Höhe von umgerechnet monatlich 288,74 € zwischenzeitlich auf monatlich 477,29 € gestiegen; damit sind sowohl die relative (5 % des bisherigen Ausgleichswerts) als auch die absolute (1 % der maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV) Wertgrenze des § 225 Abs. 3 FamFG ersichtlich überschritten.
e) Im Übrigen sind Rechtsfehler bei der Durchführung der Totalrevision durch das Beschwerdegericht nicht gerügt oder ersichtlich.
Dose Klinkhammer Günter
Botur Guhling