Entscheidungsdatum: 12.04.2017
Der Betroffenen wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 17. August 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 5.000 €
I.
Die Betroffene wendet sich gegen die Verlängerung ihrer Betreuung und des damit verbundenen Einwilligungsvorbehalts im Bereich der Vermögenssorge.
Für die Betroffene besteht seit dem Jahr 2001 eine Betreuung, zuletzt mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit, Vermögenssorge sowie Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten. Seit Oktober 2005 besteht zudem ein Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der Vermögenssorge. Nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht die Betreuung unter Aufrechterhaltung der bisherigen Aufgabenkreise und des Einwilligungsvorbehalts mit Überprüfungsfrist bis zum 19. Februar 2023 verlängert. Das Landgericht hat nach erneuter Anhörung der Betroffenen deren Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zu Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Voraussetzungen für die Verlängerung der Betreuung lägen vor. Betreuungsbedürftigkeit und Betreuungsbedarf seien im Hinblick auf die aus dem Beschluss des Amtsgerichts hervorgehenden Aufgabenkreise gegeben. Daneben lägen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts vor, nämlich das Vorliegen einer erheblichen Gefahr für das Vermögen der Betroffenen. Insbesondere stehe unter Berücksichtigung der Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen fest, dass die Betroffene aufgrund der bei ihr vorliegenden Psychose und der damit einhergehenden fehlenden Krankheitseinsicht nicht in der Lage sei, die eigenen Vermögensangelegenheiten zu erfassen und sich sachgerecht darum zu kümmern. Anderweitige Hilfsmöglichkeiten, die die Fortsetzung der Betreuung ganz oder teilweise entbehrlich machen würden, seien nicht vorhanden.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die getroffenen Feststellungen tragen weder die Aufrechterhaltung der Betreuung in den in der amtsgerichtlichen Entscheidung genannten Aufgabenkreisen noch die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts im Bereich der Vermögenssorge.
a) Soweit das Beschwerdegericht die Voraussetzungen für eine Verlängerung der bestehenden Betreuung in den angeordneten Aufgabenkreisen bejaht hat, reichen die bislang getroffenen Feststellungen nicht aus, um einen entsprechenden Betreuungsbedarf für die Betroffene zu begründen.
aa) Nach § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Dieser Grundsatz verlangt für die Bestellung eines Betreuers die konkrete tatrichterliche Feststellung, dass sie - auch unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit - notwendig ist, weil der Betroffene auf entsprechende Hilfen angewiesen ist und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen. Die Erforderlichkeit einer Betreuung darf sich dabei nicht allein aus der subjektiven Unfähigkeit des Betroffenen ergeben, seine Angelegenheiten selbst regeln zu können (Betreuungsbedürftigkeit). Hinzutreten muss ein konkreter Bedarf für die Bestellung eines Betreuers. Ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Januar 2015 - XII ZB 324/14 - FamRZ 2015, 649 Rn. 7 mwN).
bb) Gemessen daran kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Das Beschwerdegericht hat die Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen und einen fortbestehenden Betreuungsbedarf in den vom Amtsgericht bestimmten Aufgabenkreisen nicht ausreichend begründet. Seine Ausführungen hierzu beschränken sich zunächst auf die Angabe, Betreuungsbedürftigkeit und Betreuungsbedarf seien im Hinblick auf die aus dem Beschluss des Amtsgerichts hervorgehenden Aufgabenkreise gegeben. Lediglich zu dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge findet sich unter Bezugnahme auf das eingeholte Sachverständigengutachten die kurze Erläuterung, dass die Betroffene aufgrund der bei ihr vorliegenden Psychose und der damit verbundenen fehlenden Krankheitseinsicht nicht in der Lage sei, die eigenen Vermögensangelegenheiten zu erfassen und sich sachgerecht darum zu kümmern. Zu den weiteren Aufgabenkreisen der Sorge für die Gesundheit und der Vertretung in Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten verhält sich die Beschwerdeentscheidung nicht.
b) Überdies tragen die getroffenen Feststellungen auch die Verlängerung des angeordneten Einwilligungsvorbehalts nicht.
aa) Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsgericht nach § 1903 Abs. 1 BGB an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt). Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen. Auch bei einem umfangreichen Vermögen des Betreuten kann ein Einwilligungsvorbehalt allerdings nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegen. Der Grundsatz der Erforderlichkeit bedeutet dabei auch, dass der Einwilligungsvorbehalt je nach den Umständen auf einen einzelnen Vermögensgegenstand oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt werden kann (Senatsbeschlüsse vom 7. Dezember 2016 - XII ZB 458/15 - FamRZ 2017, 474 Rn. 25 und vom 28. September 2016 - XII ZB 275/16 - FamRZ 2016, 2088 Rn. 6 mwN).
bb) Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung ebenfalls nicht gerecht. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts zur Erforderlichkeit des Einwilligungsvorbehalts beschränken sich auf die Feststellung, dass eine erhebliche Gefahr für das Vermögen der Betroffenen vorliege. Konkrete Feststellungen, wodurch die Betroffene ohne die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts zukünftig ihre Vermögensinteressen gefährden könnte, finden sich in der Beschwerdeentscheidung nicht.
3. Die angegriffene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil die Sache mangels hinreichender Tatsachenfeststellung noch nicht entscheidungsreif ist (vgl. § 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG). Die angegriffene Entscheidung ist daher aufzuheben; die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Klinkhammer |
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Günter |
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Guhling |
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Krüger |
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