Entscheidungsdatum: 02.05.2012
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. Juli 2011 wird auf Kosten des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 333 €
I.
Der Beteiligte zu 2 wurde 2010 zum Berufsbetreuer des mittellosen Betroffenen bestellt.
Er studierte an der Fachhochschule Verfahrenstechnik und schloss das Studium mit dem Diplom ab. Als Schwerpunktfächer belegte er "Prozessautomatisierung" und "Betriebsplanung". Wahlfächer waren "Rechtslehre" und "Englisch". Des Weiteren nahm er an verschiedenen praxisbegleitenden Lehrveranstaltungen teil.
Seinem Antrag auf Festsetzung einer pauschalen Betreuervergütung für die Zeit vom 6. März 2010 bis zum 28. Juni 2010 mit einem Stundensatz von 44 € hat das Amtsgericht durch den Rechtspfleger nur für die Zeit vom 9. März 2010 bis 28. Juni 2010 in Höhe eines Stundensatzes von 27 € stattgegeben. Auf die Erinnerung des Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht den Beschluss dahin abgeändert, dass es die Vergütung ausgehend von einem Stundensatz von 44 € zuerkannt hat. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Bezirksrevisors hat das Landgericht die Vergütung mit einem Stundensatz von 27 € festgesetzt.
Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Beteiligte zu 2 die Wiederherstellung des Beschlusses des Amtsgerichts.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§ 70 Abs. 1 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
a) Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, das von dem Beteiligten zu 2 abgeschlossene Fachhochschulstudium sei im Kernbereich nicht auf die Vermittlung für eine Betreuung besonders nutzbarer Fachkenntnisse gerichtet gewesen. Auch komme es für die Höhe des zu vergütenden Stundensatzes nicht auf in der Praxis erworbene Fachkenntnisse, sondern allein auf die durch Berufs- oder Studienausbildung erworbenen Kenntnisse an.
b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
aa) Ob ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen für eine erhöhte Vergütung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG erfüllt, unterliegt einer wertenden Betrachtungsweise des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 312/11 - FamRZ 2012, 113 Rn. 10 und vom 18. Januar 2012 - XII ZB 409/10 – FamRZ 2012, 629 Rn. 8).
bb) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts stand, nach der der Beteiligte zu 2 die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Stundensatzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG nicht erfüllt.
(1) Besondere Kenntnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG sind Kenntnisse, die - bezogen auf ein bestimmtes Sachgebiet - über ein Grundwissen deutlich hinausgehen. Für die Führung einer Betreuung nutzbar sind Fachkenntnisse, die ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Januar 2012 - XII ZB 409/10 – FamRZ 2012, 629 Rn. 10). Nach Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG ist deshalb ein erhöhter Stundensatz nicht bereits gerechtfertigt, wenn die Ausbildung wegen ihrer Komplexität gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass sie in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet ist. Davon ist auszugehen, wenn ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet und nach Inhalt und Umfang der Ausbildung sichergestellt ist, dass dieses über bloßes Grundwissen deutlich hinausgeht (Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 231/11- juris Rn. 10 mwN).
(2) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts entfiel nur ein untergeordneter Teil der Ausbildung des Beteiligten zu 2 auf möglicherweise betreuungsrelevante Fächer. Es ist danach nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht diese Fächer nicht als zum Kernbereich des Studiums gehörend angesehen hat.
(3) Zu Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass Lebens- und Berufserfahrung grundsätzlich nicht als Quelle für den Erwerb von vergütungserhöhenden nutzbaren Fachkenntnissen anzuerkennen sind (Senatsbeschluss vom 18. Januar 2012 - XII ZB 409/10 – FamRZ 2012, 629 Rn. 13 mwN). Denn § 4 VBVG knüpft ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang an. Mit dem nach Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern (für §§ 1836 Abs. 2 Satz 2, 1836 a BGB aF i.V.m. § 1 BVormVG vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 14, 28).
Dose Vézina Klinkhammer
Schilling Günter