Entscheidungsdatum: 11.11.2015
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 8. Mai 2012 aufgehoben, soweit die dem weiteren Beteiligten zu 2 zustehende Vergütung für den Zeitraum vom 30. Juni 2010 bis zum 29. Dezember 2010 festgesetzt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 13. Mai 2011 auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert: 626 €
I.
Der Beteiligte zu 2, ein Diplom-Pädagoge, war seit dem 29. Juni 2010 Berufsbetreuer des mittellosen, im verfahrensgegenständlichen Vergütungszeitraum nicht in einem Heim lebenden Betroffenen. Er hatte den seit Anordnung der Betreuung am 13. August 2009 bestellten ehrenamtlichen Betreuer, den Sohn des Betroffenen, abgelöst, da dieser seine Pflichten seit längerem nicht mehr wahrgenommen hatte. Die Betreuung umfasste den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, alle Vermögensangelegenheiten, Vertretung bei Behörden, die Befugnis zum Empfang von Post und Wohnungsangelegenheiten. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 22. November 2010 wurde der Aufgabenkreis der Betreuung um die Geltendmachung von Regressansprüchen gegen den früheren Betreuer und die Vertretung des Betroffenen in Strafsachen erweitert.
Für die Zeit vom 30. Juni 2010 bis zum 29. Dezember 2010 hat der Beteiligte zu 2 die Festsetzung einer pauschalen Betreuervergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 44 € nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG und eines nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 - 2 VBVG gestaffelten Stundenansatzes, ausgehend von einem Betreuungsbeginn am 30. Juni 2010, beantragt.
Das Betreuungsgericht hat dem Antrag nur unter Zugrundelegung eines Stundenansatzes von fünf bzw. dreieinhalb statt sieben bzw. fünfeinhalb Stunden pro Monat gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 - 4 VBVG stattgegeben, da es darauf abgestellt hat, dass die Betreuung am 13. August 2009 begonnen hat. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht die Vergütung für den Zeitraum vom 30. Juni 2010 bis zum 29. Dezember 2010 antragsgemäß in voller Höhe festgesetzt. Die darüber hinausgehende Festsetzung des Amtsgerichts für den Zeitraum vom 30. Dezember 2010 bis 13. Februar 2011 hat das Landgericht aufgehoben und das Verfahren insoweit zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, da diesbezüglich noch kein Antrag des Betreuers vorgelegen habe.
Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Staatskasse) die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung im Hinblick auf den Zeitraum vom 30. Juni 2010 bis zum 29. Dezember 2010.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und insoweit zur Zurückweisung der Beschwerde des Beteiligten zu 2.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, für den Stundenansatz sei ausnahmsweise nicht auf den Beginn der Betreuung, sondern auf den Beginn der Tätigkeit des Beteiligten zu 2 abzustellen. Zwar sei grundsätzlich auch in Fällen, in denen ein Wechsel vom ehrenamtlichen Betreuer zum Berufsbetreuer stattfinde, für die Bemessung der Betreuervergütung nach § 5 Abs. 2 VBVG die erstmalige Begründung des Betreuungsverhältnisses maßgebend. Zweck der Pauschalierung der Betreuervergütung sei die Vereinfachung und Streitvermeidung. Deshalb kämen Ausnahmen generell nicht in Betracht. Wenn aber wegen Pflichtwidrigkeit des ursprünglichen Betreuers Regressansprüche in erheblichem Umfang im Raum stünden, die vom neuen Betreuer geltend gemacht werden müssten, könne der nach Entlassung neu bestellte Berufsbetreuer Vergütung nach den Grundsätzen der Erstbetreuung verlangen. In diesem Fall seien durch die Tätigkeit des ursprünglichen Betreuers neue Aufgaben erwachsen, die vorher nicht zu erledigen gewesen seien. Der Gesetzgeber habe Abweichungen vom Grundsatz der Pauschalierung nur soweit wie möglich begrenzen, jedoch nicht grundsätzlich und für alle Fälle ausschließen wollen. In den Fällen, in denen zusätzlich die Geltendmachung von Regressansprüchen gegen den früheren Betreuer ausdrücklich als Wirkungskreis des neuen Betreuers bestimmt sei, sei der Mehrbedarf nicht als ein mit dem Betreuerwechsel regelmäßig einhergehender Mehrbedarf zu qualifizieren.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Berechnung der Dauer der Betreuung nach § 5 VBVG mit der Anordnung der Erstbetreuung beginnt und bei einem sich daran anschließenden Betreuerwechsel - auch von einem ehrenamtlichen zu einem Berufsbetreuer - nicht neu beginnt, sondern weiter läuft. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, lässt die Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuung um die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die bisherigen Betreuer keine Ausnahme von der für die Berechnung der Vergütung nach § 5 VBVG maßgeblichen Dauer der Betreuung zu (Senatsbeschluss vom 9. Mai 2012 - XII ZB 481/11 - FamRZ 2012, 1211 Rn. 17 f.). Zwar kann davon ausgegangen werden, dass der Arbeitsaufwand des Betreuers durch die Erweiterung des Aufgabenkreises größer geworden ist. Der Zweck der Vergütungspauschalierung liegt jedoch darin, keine Differenzierung zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Betreuungen zuzulassen. Deshalb ist das Pauschalierungssystem vom Umfang des Aufgabenkreises unabhängig. Der durch eine aufwändige Betreuung entstandene Mehraufwand ist in die Bemessung der pauschalen Stundenansätze eingeflossen (BT-Drucks. 15/2494 S. 34). Den im Einzelfall nicht vergüteten Zeitaufwand kann der Berufsbetreuer aufgrund einer der Pauschalvergütung zugrundeliegenden Mischkalkulation durch die weiteren von ihm übernommenen Betreuungen kompensieren. Denn die Mischkalkulation führt dazu, dass der pauschale Stundenansatz im Einzelfall geringer, aber auch höher als der tatsächlich angefallene Zeitaufwand sein kann (Senatsbeschluss vom 9. Mai 2012 - XII ZB 481/11 - FamRZ 2012, 1211 Rn. 19 ff.). An dieser Auffassung hält der Senat fest.
3. Danach ist die Entscheidung des Amtsgerichts in dem angefochtenen Umfang wiederherzustellen. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Nedden-Boeger Guhling